Unser Schachverein befindet sich im Trend. Im Abwärtstrend, wohlgemerkt. Die Zahl der Schachvereine in Deutschland ist in den letzten 25 Jahren von rund 3.000 auf 2.400 geschrumpft. Im Jahr 2006 hatte der DSB rund 97.000 Mitglieder, jetzt sind es 89.000. Was tun?
Es hilft nicht, diejenigen herabzuwürdigen, die nach Lösungen suchen. Leider ist die Haltung unter Schachfunktionären weit verbreitet, jeden Reformvorschlag als Angriff auf ihre Person zu deuten. Sie nehmen lieber in Kauf, dass sich Schachfreunde mehr und mehr zurückziehen, statt sich selbst den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. In Berlin habe ich das Gegenteil erlebt. Erstaunlich offen wurde auf der erstmals ausgetragenen Bundesvereinskonferenz über die Problematik gesprochen. Den typisch verbohrten und beratungsresistenten Funktionär habe ich dort nicht erlebt. Das macht Mut.
Nun war die Zahl der Teilnehmer an der Konferenz überschaubar. Rund 50 waren es, die sich die Vorträge anhörten und in Workshops einbrachten. Aus Niedersachsen waren außer mir noch Heike Heinze (Schachzentrum Bemerode) und Patrick Wiebe (SK Nordhorn Blanke) dabei. Mit beiden konnte ich am Rande aufschlussreiche Gespräche führen. Die aktuelle Zahl der Schachvereine in Niedersachsen beläuft sich auf knapp 200. Da ich als Privatmann und nicht als Amtsträger teilgenommen habe, waren es somit nur 2 Vereine (1 %) aus Niedersachsen, die sich offiziell beteiligt haben. Den anderen – sowohl in Niedersachsen als auch anderswo – möchte ich hiermit etwas von der Aufbruchsstimmung vermitteln, die ich in Berlin verspürt habe.
Die Veranstaltung begann mit einem Vortrag von Dirk Schröter (DS Sportmarketing). „Vor welchen Herausforderungen steht der Verein der Zukunft – und wie begegnet er ihnen“, war sein Thema. Vermutlich werden demnächst seine und die von den anderen Referenten erstellten Powerpoint-Präsentationen im Netz verfügbar sein. Dann werde ich noch einmal darauf eingehen. Kurz gesagt, Dirk Schröter empfiehlt, dass sich die Vereine Leitbilder schaffen (nicht zu verwechseln mit der unsäglichen Leitkultur, die unser Innenminister gerade aus der Mottenkiste geholt hat). Das heißt, die Bedürfnisse der Mitglieder sollen an erster Stelle stehen. Dafür müssen Strategien entwickelt werden, die sich an zeitgemäßen Methoden orientieren. Der Landessportbund in NRW hat ein Internetportal eingerichtet, das für das Vereinsmanagement wertvolle Tipps gibt, von denen die meisten bundesweit anwendbar sind; guckt ihr hier: http://www.vibss.de/
In den anschließenden Workshops stellten 6 Schachvereine ihre unterschiedlichen Erfolgskonzepte vor. Die vom Veranstalter erstellten Porträts dieser Vereine habe ich eingescannt und am Ende meines Beitrags angefügt. So unterschiedlich die Voraussetzungen dieser Clubs auch sein mögen, etwas haben sie alle gemeinsam. Dahinter steht jeweils ein „Macher“, dem es gelungen ist, um sich herum ein Team zu bilden, das mit Empathie bei der Sache ist. Begeisterung muss entfacht und am Leben gehalten werden, dann lässt sich sogar in der Provinz Großes bewerkstelligen.
Karlheinz Eisenbeiser vom Schachclub Buchen ist so ein Macher. Als Lehrer hat er schon früh erkannt, dass das Schulschach der Schlüssel zum Erfolg ist. Ein Selbstläufer ist das indes nicht; das Drumherum ist mindestens genauso wichtig, z.B. Ausflüge, Kombinationen mit anderen Sportarten, Musik vorm Mannschaftskampf. Auf diese Weise hat er sogar Entwicklungshilfe in Myanmar geleistet; guckt ihr hier: http://www.schachclub-buchen.de/
Schulschach zieht sich wie ein roter Faden durch die Erfolgsgeschichten. Ullrich Krause, 2. Vorsitzender des Lübecker SV und Konkurrent von Herbert Bastian auf den Präsidentenposten, ist davon überzeugt, dass Vereine, die keine Jugendarbeit betreiben, irgendwann aussterben. Soweit würde ich nicht gehen. Natürlich ist Jugendarbeit in Schachvereinen erstrebenswert, gleichwohl kann man diese nicht erzwingen. Wer krampfhaft etwas versucht, was nicht funktioniert, frustriert sich selbst und andere. Manchmal ist Geduld gefragt. Wenn die Zeit reif ist, lassen sich Ziele verwirklichen, die gestern noch undenkbar waren.
An der Podiumsdiskussion, die am Sonntag stattfand, nahm auch Niedersachsens Schachpräsident Michael S. Langer teil. „Was erwarten die Vereine von ihren Verbänden?“, war das Thema. Mehrere Diskussionsteilnehmer plädierten dafür, den Ehrenamtlern die Scheu vor bezahlten Trainern zu nehmen; allen voran das Urgestein Christian Zickelbein, seit 1986 Vorsitzender des Hamburger SK von 1830. Das sehe ich auch so. Ein Schachlehrer, der für seine Tätigkeit Geld erhält, macht sich bezahlt. Tennislehrer arbeiten auch nicht umsonst. Allerdings muss das Geld dafür vorhanden sein. Von nichts kommt nichts.
Michael S. Langer äußerte sich zu den Strukturreformen, die er in Niedersachsen vorhat. Da er das öffentlich tat, verrate ich kein Geheimnis: Michael hat die Absicht, sämtliche Bezirke und Unterbezirke abzuschaffen. Die Arbeit, die sich bislang auf unzählige Ehrenamtler verteilt, reduziert sich schlagartig auf das wirklich Notwendige, und das wird stattdessen von einem hauptamtlichen Mitarbeiter erledigt, der dafür bezahlt wird. Damit geht Michael noch weiter, als ich in diesem Beitrag aus dem Oktober 2015 https://www.schachfreunde-hannover.de/ist-das-schach-oder-kann-das-weg/ angeregt hatte. Meine Unterstützung hat er. Ich bin davon überzeugt, dass der Niedersächsische Schachverband anschließend besser aufgestellt ist. Einwände, der damit verbundene Zentralismus würde die regionalen Belange vernachlässigen, teile ich nicht. Im Gegenteil, jeder, der ein Anliegen hat, kann dieses unmittelbar an eine kompetente Stelle richten, ohne dass dieses auf unterer Ebene versandet.
Überdies könnten Ideen leichter umgesetzt werden. Der Spielbetrieb muss attraktiver werden, war der Tenor unter den Diskutanten. Patrick Wiebe nannte als Beispiel die Mannschaftskämpfe in Holland, an denen er hin und wieder teilnimmt. Dort geht es flexibler und lockerer zu. Der Berliner Schachverband lebe von den freigelassenen Brettern bei Mannschaftskämpfen, sagte jemand scherzhaft. Das muss doch nicht sein. Es gibt mehrere Stellschrauben, auf die aktuellen Bedürfnisse der Schachspieler einzugehen. Wir müssen nur zulassen, dass jemand zeitnah daran drehen darf.
Der 1. Mai stand im Zeichen des Impulsreferats „Ehrenamt – der Spagat zwischen Pflicht und Spaß“, das Malte Ibs (1. Vorsitzender der Deutschen Schachjugend) hielt. Malte ist 36 Jahre alt. Seit 20 Jahren ist er fürs Schach ehrenamtlich tätig. Alles, was er dazu gesagt hat, kann ich unterschreiben. Ich kenne die Szene seit 53 Jahren. An den Empfindlichkeiten der Menschen hat sich in der Zeit nichts geändert. Unsere Lebensbedingungen haben sich jedoch gewandelt. Dem müssen wir Rechnung tragen.
Übrigens habe ich den Eindruck, dass Malte Ibs eine ausgezeichnete Arbeit macht. Die Deutsche Schachjugend ist eine treibende Kraft. Überzeugt hat mich auch Prof. Dr. Uwe Pfenning, Vizepräsident und zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit im DSB. Er ist drahtig, eloquent und aus vollem Herzen Soziologe. Keineswegs enttäuscht bin ich von unserem Präsidenten Herbert Bastian, der bekanntlich nicht unumstritten ist. Inwieweit er für Reformen tatsächlich zugänglich ist, kann ich nicht beurteilen.
P.S. Thomas hatte in meiner Ankündigung (Schaut auf diese Stadt!) bereits ein Foto beigefügt, auf dem ich zum Auftakt der Veranstaltung zu sehen bin. Ein Abschlussfoto findet ihr auf Steffans – auch ansonsten empfehlenswerten – Webseite:
http://www.steffans-schachseiten.de/include.php?path=news&catid=30&type=2
Hallo Gerhard!
Wir möchten nicht die Bezirke per sé abschaffen (wer möchte, kann in „meiner Welt“ natürlich als Kann-Leistung bestehen bleiben). Es geht darum, unsere Strukturen in ihrer verpflichtenden Verknüpfung auf das mögliche Minimum zu reduzieren und so niedersachsenweit ein effizienteres und unsere Vereine erreichendes Arbeiten zu ermöglichen. Dabei halten wir Hauptamtlichkeit für dringend notwendig.
Vielen Dank für Deinen Bericht! Herzliche Grüße! Michael
Michael
Die Bundesvereinskonferenz hat mich neugierig gemacht. Was sagt die Statistik bezüglich der Vereinsgröße? Dazu ist ein Blick auf diese Liste des DSB, Stand 28.12.2016, hilfreich:
http://www.schachbund.de/groesste-vereine-28-12-2016.html
Um es vorwegzunehmen: unser Verein rangiert mit 51 gemeldeten Schachspielern (davon einmal weiblich) auf Platz 550 der 2.394 aufgelisteten Vereine. Spitzenreiter mit 679 Mitgliedern (davon 120 weiblich) ist der Hamburger SK von 1830. In Berlin sagte der 1. Vorsitzende Christian Zickelbein, dass sein Verein 52 Mannschaften gemeldet hätte. Das ist heftig. Störungen im Betriebsablauf können angesichts dieser Vielzahl nicht nur mit Idealismus aufgefangen werden. Eine professionelle Handhabung ist unabdingbar. Offenbar ist die vorhanden.
Mein Ding wäre ein Schachverein dieser Größe nicht. 150 bis 200 Mitglieder halte ich unter bestimmten Bedingungen für erstrebenswert. Es besteht die Gefahr, dass das Zugehörigkeitsgefühl in einem Großverein leidet.
Kurios ist ein Blick aufs Tabellenende der Vereinsrangliste. Es gibt tatsächlich 14 Vereine, die dem DSB nur ein einziges Mitglied gemeldet haben. Wie kann das sein? Schachvereine, die dem DSB angehören wollen, müssen meines Wissens „Eingetragene Vereine“ sein. Nach dem Vereinsrecht müssen die mindestens mit drei Vorstandsposten besetzt sein. Wenn die Schachsparte einem übergeordneten Verein angehört, mag das mit einem gemeldeten Schachspieler formell in Ordnung sein, aber was ist, wenn dieser Verein ausschließlich dem Schachspiel dient?
Aus Niedersachsen ist auch ein Schachverein dabei, der nur ein einziges Mitglied gemeldet hat. Es handelt sich um den Einbecker Schachclub e.V. (Schachbezirk Süd). Der Club betreibt eine Webseite http://www.einbecker-schachclub.de/, hat einen 1. Vorsitzenden, der dem DSB nicht gemeldet ist und unterhält einen aktiven Schachspieler namens Marc H. (DWZ 1385). Immerhin ist die nächste Jahreshauptversammlung für den 21.02.2018 anberaumt. Das nenne ich Weitsicht.
„Treffen sich drei Deutsche, gründen sie einen Verein.“ Womöglich gehört dieser Satz zu unserer Leitkultur, gleichwohl impliziert er eine typisch deutsche Redensart: „Wer A sagt muss auch B sagen.“ Soll heißen: Es gibt gute Gründe, Vereinsmeierei doof zu finden, aber wenn der Verein schon mal da ist, sollte er konsequent geführt werden. Im Umkehrschluss sollte ein Verein aufgelöst werden, wenn die Geschäftsgrundlage abhandengekommen ist.
Für mich wären drei Mitglieder das Minimum einer Geschäftsgrundlage. Mutmaßlich haben sowohl die Einbecker als auch viele andere Schachvereine mehr als ein, zwei oder drei Mitglieder. Sie werden dem DSB aber nicht gemeldet, um Geld zu sparen. Insofern besteht z.B. für den Einbecker Schachclub e.V. vor dem Amtsgericht die Existenzberechtigung, der DSB sollte sich indes fragen, ob er sich mit solchen Vereinen weiterhin „schmücken“ sollte. Wenn nicht einmal der 1. Vorsitzende und andere Vorstandsmitglieder das Geld und/oder das Herz haben, ihren Verband zu unterstützen, stellt sich die Sinnfrage. Bei einem Mitgliedsbeitrag von 3,00 € pro Monat kann man natürlich keine großen Sprünge machen. Wer sich nicht mehr leisten kann oder will, sollte respektiert werden, aber nicht erwarten, dass andere für die Fixkosten aufkommen.
Die Einbecker Homepage unterstützt diese Vermutung:
„Einige „Schachhungrige“ des Einbecker Schachclubs nehmen regelmäßig auch an den Spielabenden, Vereins- und Mannschaftsturnieren des SC Schwarz-Weiß Northeim teil.“
In der DWZ-Liste jenes Vereins findet man auch den 1. Vorsitzenden des Einbecker SC.
Auf der Mitgliederversammlung des Bezirks Süd-Niedersachsen hat der Einbecker SC ebenso großes Stimmrecht wie andere Vereine mit bis zu 10 gemeldeten (!) Mitgliedern.
Solange ein Schachverein nicht gegen seine eigene Satzung verstößt, ist er nicht verpflichtet, Mitglied im Deutschen Schachbund zu sein. Der DSB sollte indessen Mindestanforderungen an Vereine stellen, die Mitglied sein wollen. Dazu gehört eine Mindestanzahl von Vereinsmitgliedern, für die Beiträge abgeführt werden. Die sollte meines Erachtens bei 5 liegen. Alles andere ist eine Farce. Schachvereine, die weniger Mitglieder melden, sind entweder nicht lebensfähig oder vertuschen ihre wahre Mitgliederzahl. Wenn 5 Mitglieder die untere Grenze bilden würden, verschwinden theoretisch 50 Vereine und 125 Mitglieder von der Liste. Praktisch würde sich die Zahl der Mitglieder jedoch erhöhen, weil die meisten Vereine dann die Schachspieler melden würden, deren Existenz sie bislang verschwiegen haben.
Prof. Uwe Pfenning hat die Mitgliederumfrage des DSB analysiert:
http://www.schachbund.de/news/mitgliederumfrage-tabellenband-gibt-einblick-analysebericht-gibt-ueberblick.html
Da ich auch mitgemacht habe, war ich vor allem neugierig, wie die persönlichen Erfahrungen in punkto „man trifft öfters sonderbare Charaktere“ ausfallen. Das Ergebnis ist verblüffend:
24,2 % trifft vollkommen zu
24,8 % trifft weitgehend zu
31,5 % trifft eher zu
12,6 % trifft eher nicht zu
5,2 % trifft weitgehend nicht zu
1,8 % trifft überhaupt nicht zu
80,5 % sind demnach der Meinung, dass sonderbare Charaktere in der Schachszene anzutreffen sind. 97,3 % sind derweil überzeugt, dass Schach geistig fit hält. – Das Leben ist kein Zuckerschlecken.
Die Deutsche Schachjugend hat auch resümiert:
http://www.deutsche-schachjugend.de/nc/news/2017/05/bundesvereinskonferenz-setzt-neuen-standard/
Jung und Alt sind auf einer Wellenlänge (abgesehen von der Haarfarbe). „In der Podiumsdiskussion wurde die Verschlankung der Verbandsstrukturen auf allen Ebenen angesprochen“, heißt es. Das Verb „ansprechen“ verspricht im Grunde nichts. „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen!“ (1. Johannes 2, 1-6). „Michael S. Langer übernehmen Sie!“ (Kobra 1966-73)
Okay
Der Smiley fehlt noch 😉
Am 27. Mai findet in Linstow der Kongress 2017 des Deutschen Schachbunds statt. Der Ort liegt in der Mecklenburgischen Seenplatte. Nächstgelegene Stadt ist Krakow am See. So weit, so friedlich. Weniger friedlich wird es vermutlich während des Kongresses zugehen. Wichtigste Frage ist, ob der amtierende Präsident Herbert Bastian oder sein Herausforderer Ullrich Krause (Lübeck) bei den Neuwahlen die Nase vorn hat. Meine Eindrücke, die ich von beiden in Berlin gewonnen habe, reichen nicht aus, um den einen oder anderen zu favorisieren. Ich würde mich jedenfalls nicht um das Amt reißen. Dazu ist mir das Drumherum viel zu abschreckend.
Abschreckend ist z.B. die 240seitige Kongressbroschüre, die man mit einiger Detektivarbeit im Internet findet. Wer Interesse hat, kann sie sich an dieser Stelle herunterladen: http://www.schachbund.de/bundeskongress-2017.html
Warum muss das solch eine Schwarte sein? Wer soll das lesen? Wer Aufmerksamkeit erzeugen will, muss feurig schreiben und sich auf das Wesentliche konzentrieren. Ein bis zwei Seiten pro Referenten reichen vollkommen aus. Bei Protokollen mag das im Einzelfall anders aussehen, aber auch die machen nur Sinn, wenn der Protokollführer unparteiisch ist und das von ihm Protokollierte zeitnah veröffentlicht wird. Protokolle, die den Beteiligten erst ein oder zwei Jahre später zugestellt werden, leisten keinen Beitrag zur Förderung eines Vereins.
Was Niedersachsens Präsident Michael S. Langer beim Hauptausschuss im Oktober 2016 zu sagen bzw. zu fragen hatte, erfahren wir auf den Seiten 15 bis 22. Für euch habe ich seine protokollierten Anliegen herausgesucht:
TOP 4
• Michael Langer merkt an, dass nicht alle Referenten einen Bericht abgegeben haben und die Berichte zu unterschiedlichen Zeiten eingetroffen sind.
• Michael Langer möchte wissen, ob der DSB der Leistungssportreform auf der DOSB Mitgliederversammlung zustimmen wird.
• Weiterhin kritisiert Michael Langer die Finanzpolitik der FIDE und fragt, wie der DSB auf diese Entwicklung reagieren will. Ihm fehlt eine Wertung des DSB zur negativen Entwicklung der Finanzen in der FIDE. Besonders die Anhebung der Deckelung der Gebühren für die Elo-Auswertung von 25.000 € auf 30.000 € hat Auswirkungen auf den DSB.
• Danach geht er [Michael S. Langer] auf die Auseinandersetzung zur Pflicht Kopftuch zu tragen bei der Frauen WM in Teheran ein. Er sieht die Position des Präsidiums (die Spieler bei einer WM sollen selbst entscheiden) kritisch und erwartet vom Präsidium eine klare Position. Der DSB darf sich in dieser Frage nicht wegducken.
• Michael Langer erwartet auch zum Herbst-Hauptausschuss freiwillige Berichte um die Mitgliedsverbände mitzunehmen.
• Michael S. Langer weist daraufhin, dass das Vermögen des DSB in Höhe von 310.000 € ausreichend sei. Die Lage sei auf keinen Fall dramatisch, da der DSB genügend Rücklagen habe.
• Michael S. Langer erwartet einen Finanzplan für das Laskerjahr 2018.
• Michael S. Langer fragt, wer ist wofür zuständig? Das Verbandsprogramm soll ergänzt werden, um das Zusammenspiel zwischen Präsidium, Referenten, Landesverbänden und Vereinen zu klären.
Protokollführer war GM Uwe Bönsch. Ob Michael irgendetwas erreicht hat? Wir wissen es nicht. – Besonders abschreckend finde ich übrigens die Aussagen der Kassenprüfer ab Seite 177. Mit sogenannten Würdigungen geben sie zu jedem Posten ihren Senf ab. Die Barkasse sei nicht ordnungsgemäß, gehört zu deren harmloser Wortwahl. Die Empfehlung, arbeitsrechtliche Schritte gegen einen Geschäftsführer einzuleiten, ist indes starker Tobak. Selbst wenn nicht alles ordnungsgemäß gelaufen ist, sind solche Drohungen unverhältnismäßig und haben unter Schachfreunden nichts zu suchen. Wer solche Kassenprüfer hat, braucht keine Feinde mehr.
Seitdem ich in Berlin war, werde ich vom neuen Vizepräsidenten, Walter Rädler, laufend über Aktivitäten im Bereich der Deutschen Schachjugend unterrichtet. In seiner E-Mail, die ich gerade erhalten habe, wirbt er für den Schulschachkongress, der vom 23. bis 25. Juni in Duisburg stattfindet. Für Interessenten gebe ich das mal so weiter:
Es sind noch Plätze frei, unbedingt anmelden: https://www.deutsche-schachjugend.de/termine/2017/akademie/
Darüber hinaus hat Walter Rädler etwas Bemerkenswertes zum Wechsel in der Führungsriege des Deutschen Schachbunds geschrieben:
„Nochmals ein Merci die vielen Glückwünsche, weil ich Vizepräsident beim Deutschen Schachbund geworden bin. DANKE an meinen Vorgänger Professor Uwe Pfenning, der mit der Umfrage und seiner Arbeit sehr, sehr viel für das Schach in Deutschland gemacht hat. Unser Präsident Herbert Bastian hat die letzten sechs Jahre unglaublich viel Zeit und Arbeit in das deutsche Schach gesteckt und auch viel erreicht. Ohne ihn wären wir international immer noch eine lahme Ente, dank ihm kam die Blitzweltmeisterschaft nach Berlin. Sein Verband half oft bei den Deutschen Meisterschaften aus. In der Welt am Sonntag stand ein riesiger Bericht über den Trendsport Schach drin, diese positive Entwicklung haben wir beiden mitzuverdanken. – Für konstruktive Anmerkungen, Ideen, Verbesserungsvorschläge für das Schach in Deutschland bin ich immer offen, einfach her damit!“
Pizzabeauftragter
Dem Schachbezirk Osnabrück-Emsland gehören 25 Vereine an. Davon waren vier am 16.06.2017 auf der 1. Mini-Vereinskonferenz vertreten:
• SG Ankum/Bersenbrück (17 Mitglieder)
• TUS Bramsche (13 Mitglieder)
• SK Rulle (10 Mitglieder)
• SV Bad Bentheim (21 Mitglieder)
Das Interesse war – vorsichtig ausgedrückt – suboptimal. Dabei war die Einladung durchaus lustig verfasst: „Kennt Ihr schon den Keksbeauftragten oder Geburtstagsminister?“ (SinN Mai 2017) Die Antwort: „Der Pizzabeauftragte heißt Lothar Grade.“ (SinN Juli 2017)
Leidiges Thema: Ehrenämter. Der Schachbezirk Osnabrück-Emsland hat 855 Mitglieder, davon sind auf Bezirksebene rund 50 Personen in irgendwelchen Ämtern (vom Vorstand bis zum Ehrengericht) mehr oder weniger tätig. Von denen war offenbar nur der 1. Vorsitzende auf der Mini-Vereinskonferenz anwesend. Was nützen Ehrenämter, wenn sie nicht zielführend sind?
Das Engagement von Michael S. Langer, Claudia Markgraf und Tessa Kuschnerusch, die sich auf den weiten Weg nach Bersenbrück gemacht hatten, lobe ich ausdrücklich, gleichwohl fehlt mir der Glaube, dass bei der Mini-Vereinskonferenz außer Lippenbekenntnissen etwas Zählbares herausgekommen ist. Ohne Strukturreformen bleibt alles beim Alten.
Bevor Walter Rädler bei 28 Grad mit der Badehose ins Meer bei Sri Lanka gesprungen ist, hat er ein Rundschreiben (Newsletter) verschickt. Darin wirbt er für den Kongress der Deutschen Schachjugend, der vom 1. bis 3. September in Düsseldorf stattfindet und das Reizthema „Mädchen- und Frauenschach“ behandelt. Ich zitiere:
„Wir brauchen mehr Mädchen und Frauen in den Schachclubs. Dies wäre für die Vereine, das Spiel der Königinnen und der Könige ein Segen. Wir hätten wesentlich mehr Mitglieder, ein besseres Vereinsleben, schönere Schachbretter und Figuren, vielleicht sogar mal einen Kuchen am Vereinsabend. Auch wenn es viele Schachclubs nicht hören wollen, sie sind für viele Frauen aus unterschiedlichsten Gründen einfach unattraktiv.“
Stimmt. Ein Schachklub ohne Frauen ist wie Walter Rädler ohne Badehose: Nackt und bloß. Scherz beiseite. Die von Männern geprägten Schachklubs seien für Frauen unattraktiv. Dieser Analyse kann ich mich nur anschließen. Neue Männer braucht das Land.* Oder einen selbstkritischen Blick in den Spiegel.
* https://www.youtube.com/watch?v=I8AzoP7z_Kc
Pack die Badehose aus!
„Ein Freund hat mich gebeten, für den Mädchen- und Frauenschachkongress zu werben, was ich natürlich aus Sri Lanka gemacht habe. Im Ferienmodus zwischen Foto-Dschungel-Safari und planschen im Meer einen Werbebrief fürs Mädchen- und Frauenschach zu schrieben ist mir nicht gelungen, mein Schreiben war, mein Mentor würde sagen, suboptimal.“
Walter Rädler ist zurück. Seine Selbstkritik ehrt ihn. Die Aussicht auf schönere Bretter und Kuchen am Vereinsabend wird womöglich den einen oder anderen Macho in den Schachklub locken, für emanzipierte Mädchen und Frauen ist die Rollenzuweisung jedoch – um Walters Demut zu verwenden – suboptimal.
Optimal wäre eine Mitgliedschaft auf Augenhöhe: schlägst du mich, schlag ich dich. Am besten im Rahmen eines Events. Ja! Dieser Terminus ist en vogue. Anfang dieses Jahres hat mich noch ein Vereinskamerad gescholten, als ich schrieb:
„Ein Dutzend „Events“ im Jahr sind allemal besser als 50 Mal „Tote Hose“.“
Dessen Antwort: „Ich will Schach spielen. Wenn ich Events will, gehe ich woanders hin.“
„Wie veranstalte ich ein Event ist eines der wichtigsten Themen im Schach“, sind die ersten Worte, mit denen Carl Habermann, Jugendsprecher der DSJ, zu entsprechenden Seminaren in Ratzeburg und Berlin einlädt. „Ihr wolltet schon immer mal wissen, wie man ein Event organisiert – egal ob groß oder klein?“ Der Aufruf ist an 14-25 Jährige gerichtet. Aus dem Alter bin ich raus. Und schätzungsweise 99 % unserer Mitglieder auch. Packen wir’s ein, aus oder an. Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt.