Stippvisite in Magdeburg

Mein heutiger Ausflug nach Magdeburg kam mehr oder weniger spontan zustande. Der Deutsche Schachgipfel hatte mich neugierig gemacht. Den Ausflug habe ich nicht bereut. Das letzte Mal war ich vor über 20 Jahren in Magdeburg, und seitdem hat sich dort eine Menge getan. Obwohl das Wetter suboptimal war, verspürte ich bereichsweise den Charme von Köln.

Ich will mich kurz fassen. Noch laufen einige Partien der 2. Runde. Das Ambiente in der Festung Mark gefällt mir außerordentlich gut. Vielleicht ist es ein bisschen zu eng, und vielleicht sind die Lichtverhältnisse an einigen Stellen unzureichend, aber man kann nicht alles haben. Besonders erfreut war ich, einen sympathischen Hamelner, nämlich Wilfried Bode anzutreffen. Wilfried ist als Betreuer des Deutschen Blinden- und Sehbehinderten-Schachbunds tätig. Wir begegnen uns häufig auf Entdeckertagen, Radrennen und manchmal auch, wenn Schach gespielt wird. Im Anschluss findet ihr einige Schnappschüsse vom Auftakt der 2. Runde um 16:00 Uhr. Auf einem der Fotos ist Christian Polster (HSK Lister Turm) zu sehen. Er vertritt die Farben Niedersachsens.

Schach vor 50 Jahren – von Gerhard Völpel

Anm. der Redaktion: Am vergangenen Wochenende meldete sich unser Ehrenmitglied Gerhard Völpel (Jahrgang 1933) bei mir und richtete seine besten Wünsche zum Vereinsjubiläum aus. Er schrieb einen Artikel zum Schach vor 50 Jahren, der hier nun nachfolgend unverändert erscheint.

Schach vor 50 Jahren

in der Schachvereinigung Hannover (SVH)

Vor 50 Jahren gab es die SF. Hannover noch nicht. Die nun schon seit Jahren unter diesem Namen fusionierten Vereine Sf. Badenstedt und Schachvereinigung Hannover waren noch selbständig.

Vor 50 Jahren gab es noch keine Schach-Bundesliga, Tigran Petrosjan war Weltmeister, der 25jährige Bobby Fischer verbreitete Furcht und Schrecken, und die Zahl der deutschen Großmeister konnte man an den Fingern einer Hand abzählen.

Niemand besaß einen Computer, es gab jedoch das Gerücht, daß der Exweltmeister Botwinnik an einem Schachcomputerprogramm arbeite. Daß uns jemals ein Computer schlagen könnte, erschien uns völlig unmöglich.

Das Ziel der SVH. war es, in die damals höchste Klasse, die „Spielgemeinschaft Nord“, aufzusteigen. So kam es im August 1965 in Neumünster zu einem denkwürdigen Aufstiegsstichkampf zwischen dem dortigen Schachverein und der Mannschaft der SVH. Um nicht nach den Strapazen einer langen Anfahrt antreten zu müssen, war man schon am Tag vorher am Spielort eingetroffen, wo. man nun am Abend vor dem Kampf noch ein Weile gemütlich beisammen saß. Die sehr Pflichtbewußten verabschiedeten sich gegen 22.00 Uhr aus der Runde, während einige, ungeachtet der zu erwartenden schweren Partie, leichtsinnig noch bis Mitternacht beim Bier ausharrten. Am anderen Tag ging das wichtige Aufstiegsspiel denn auch mit 3 : 5 verloren. Die früh zu Bett gegangen waren, gaben die Punkte ab. Im Jahr darauf gelang jedoch der Aufstieg.

Die „Spielgemeinschaft Nord“ war vor 50 Jahren eine relativ neue Organisation, in der die 9 stärksten Mannschaften aus Schleswig Holstein, Hamburg, Bremen und Niedersachsen zusammengefaßt waren. Sie war durch die Initiative des Schachklubs Hannover (HSK) entstanden, der weit vorausschauend erkannte, daß es eine Konzentration des Spitzenschachs geben müsse. Später entwickelte sich aus dieser Idee die heutige Bundesliga.

In der Spielzeit 1967/68 gehörten folgende Mannschaften dieser Spielgemeinschaft Nord an  SG. Kiel,  SV Lübeck,  SG. Hamburg,  Concordia (Palamedes) Hamburg, SK. Hamburg; SK. Bremen–Ost, SG. Neumünster  SK. Hannover,  SV Hannover

In dieser Spielklasse dominierte meist unser Nachbar, der SK. Hannover, während die SVH meist gegen den Abstieg kämpfte, leider oft erfolglos.

In der Saison 67/68 jedoch erreichte die Mannschaft nach 3 Siegen (5:3 gegen Concordia Hamburg, 4,5:3,5 gegen Neumünster und Kiel) und einem Unentschieden (gegen SK. Hamburg) mit 7:9 Punkten sogar den 6. Platz.

Mit 14:2 Punkten wurde der HSK norddeutscher Mannschaftsmeister und spielte anschließend in einer Endrunde um die deutsche Mannschaftsmeisterschaft.

Zudem ergab sich in dieser Saison vor 50 Jahren sogar das Vergnügen, den für Kiel am 1. Brett spielenden weltbekannten, aber schon 72-jährigen Großmeister Fritz Sämisch im Punktspiel gegen die Schachvereinigung antreten und verlieren zu sehen. Ein Jahr später aber reichten erzielte 6 Punkte nur zum vorletzten  Platz,  der  den  Abstieg  mit 6 : 10 Punkten bedeutete.

Mit folgenden Mannschaftsaufstellungen wurden in diesen Jahren die Punktspiele bestritten:

1966/67:  1.Sachmann,  2. Völpel,  3. Spanier,  4. H. Brodhuhn,  5. Michel, 6. Bantleon, 7. Hincke, 8. J. Juhnke,  9. A. Friedrich,  10. Gigas

1967/68:  1. Völpel,  2. J. Juhnke,  3. H. Brodhuhn,  4. Spanier,  5. Bantleon, 6. Michel, 7. Sachmann, 8. K. Juhnke,  9. Hincke,  10. A. Friedrich

1968/69:  1. J. Juhnke,  2. Völpel,  3. Rosin,  4. Sachmann,  5. Spanier,  6. K. Juhnke, 7. Bantleon,  8. Michel,  9. H. Brodhuhn,  10. Hincke

Aufstellungsprobleme gab es damals kaum. Fast immer stand die komplette Mannschaft zum Punktspiel bereit.

Nicht einfach war es außerdem in dieser Zeit, die weiten Fahrten zu den Auswärts-spielen (z. B. nach Kiel, Lübeck, Neumünster, Hamburg) zu organisieren. Der Besitz eines Fahrzeugs war damals noch lange keine Selbstverständlichkeit, und es war nicht leicht, 2 PKWs für die Auswärtsspiele zu finden. Oft half dabei der gute Geist der SVH, der Kassenführer Erwin Unverhau. Der übergab einem der Mannschaft am Spielabend vorher seinen Autoschlüssel, gab den Standort seines Wagens an, und am Sonntagmorgen trafen sich dort vier Spieler und fuhren damit los. Abends stand das Fahrzeug. wieder an der alten Stelle. Die Benzinkosten betrachtete der Besitzer als seine  Privatangelegenheit.

Unvergessen bleiben auch die Einladungen, die Erwin U. bei Heimspielen durch den SVH-Mannschaftsführer an die jeweilige Gästemannschaft richten ließ. Auf seine Kosten gab es in unserem Heimspiellokal (1967/68 Gaststätte „Entenfang“ am Entenfangweg) für alle Beteiligten (Betreuer eingeschlossen) eine deftige Schlachteplatte  als  Belohnung  oder  Trost.

Allerdings durfte nicht bekannt werden, wer diese bezahlte. Die Vereinskasse hatte jedenfalls damit nichts zu tun.

Anzumerken ist jedoch, daß damals, vor fünf Jahrzehnten, das Niveau der Partien in allen Klassen etwas niedriger war  als  heute.  In  den  folgenden  Jahren  bewirkten u. a. die zahlreichen Werke spezieller Schachliteratur, immer stärker werdende Computerprogramme, das reiche Angebot an Turnieren aller Art sowie der Zuzug ausländischer Großmeister einen rasanten und erfreulichen Anstieg der Spielstärke auf allen Ebenen.

Was jedoch bis heute konstant bleibt, sind schöne Erinnerungen an sehr interessante schachliche Erlebnisse – nicht nur zu den Mannschaftskämpfen –  im Vereinsleben der Schachvereinigung Hannover

Mai 2019

Gerhard Völpel

Spielgemeinschaft mit Ricklingen!

Wir ihr vielleicht schon wisst, sind die Schachfreunde sind mit dem SK Ricklingen für die kommende Saison eine Spielgemeinschaft eingegangen.

Das gibt Spielern beider Vereine die Möglichkeit Ihrer Spielstärke gemäß eingesetzt zu werden. Also, meldet Euch bitte bei Ulrich oder mir wenn ihr (wieder) Lust habt für die Spielgemeinschaft aus SFH und SKR zu spielen!

Für Spieler des SK Ricklingen, die uns in der Oberliga verstärken möchten haben wir eine besondere Regelung gefunden. Da diese Spieler bei uns eintreten müssen, auf Ebene des DSB gibt es keine Spielgemeinschaften, sind sie bei uns beitragsfrei.

Bis Mitte Juni werde wir Gewissheit haben, mit wie vielen Mannschaften wir in welchen Ligen an den Start gehen werden.

Ich freue mich, von Euch zu hören!

Ich wünsch‘ mir noch ’n geiles Leben – ohne Schach

Als ich vor 6 Jahren mit meinem Rennrad ungebremst auf die Heckscheibe eines VW-Polo geprallt bin, habe ich danach eine Weile gespürt, was es heißt, tot zu sein. Da ist nichts. Nullkommanichts. Glaubt keiner Religion, die euch etwas anderes verspricht. Der Orbitaboden unter meinem rechten Auge war zertrümmert, aber er hat mir mein Leben gerettet. Anders erging es dem Seniorchef eines großen Möbelhauses: Robert Hesse. Er starb im Dezember letzten Jahres im Alter von 82 Jahren, als er mit seinem Auto auf eine Landmaschine prallte. Sein Tod hat mich betroffen gemacht. Im Jahr 2011 hatte ich die Ehre, Robert Hesse persönlich kennenzulernen. Er hat mir bei der Gelegenheit ein Buch über sein Leben und die Geschichte seines Unternehmens geschenkt. Es heißt: HESSE. Visionen für Menschen. Das Buch ist ausgezeichnet gemacht. Es ist gespickt mit persönlichen Erlebnissen des Seniorchefs und der Realisierung seiner Visionen. „Die Zukunft gestalten“, ist ein Stichwort. Wir können die Zukunft nur gestalten, solange wir leben. Das Leben kann von jetzt auf gleich vorbei sein. Gestern früh war ich mit der Bahn auf dem Weg nach Flensburg. Plötzlich kam die Meldung, dass die Strecke gesperrt sei, weil es in der Nähe von Rendsburg einen schweren Unfall gegeben habe. Ihr habt sicher davon gehört: Eine Regionalbahn war auf einen mit einer Baumaschine beladenen LKW geprallt, der auf einem Bahnübergang stehengeblieben war. Das hätte auch meinem Zug widerfahren können. Was dann?

1964 wurde ich Mitglied der Schachfreunde Badenstedt. Ich war 15 Jahre alt. Damit war ich der Jüngste im Verein, und ein Vorstandsmitglied hatte tatsächlich angesichts meines Alters Bedenken. Wer heutzutage mit 15 Jahren nicht den Großmeistertitel erworben hat, gilt in der Schachszene bereits als Loser. Die ersten Jahre im Schachverein waren prägend für mein Leben. Der Homo ludens unterscheidet sich halt vom Homo mercatorius. Danach gab es unterschiedliche Phasen. Unvergessen sind die Siebzigerjahre (meine Zwanziger). Bezirks- und Landesmeisterschaften waren sportliche Höhepunkte. Mindestens genauso prickelnd waren die Doppelkopfabende mit Schöngeistern wie Helmut Reefschläger. Mein 30. Geburtstag war eine Zäsur. Zu meiner Geburtstagsfeier hatte ich ausschließlich Schachfreunde eingeladen. Ein Schachfreund brachte mir das beste Geschenk aller Zeiten mit: Brigitte. Noch im selben Jahr haben wir geheiratet. Seitdem habe ich einen guten Grund, meine Geburtstage doppelt zu feiern. Vor wenigen Tagen waren es die runden Zahlen 70 und 40.

In der Folge geriet Schach immer mehr in den Hintergrund. Das lag nicht nur an meinem Beruf, meinem Eheleben und der Geburt meiner Tochter, sondern vor allem an der Erfüllung eines Jugendtraums: Radrennfahrer zu werden. Den Traum konnte ich trotz meines späten Einstiegs wahrwerden lassen. Mehrere Titel konnte ich einheimsen. Dafür waren Disziplin und hartes Training erforderlich. Der Radsport hat mir viel Freude bereitet; und zwar in der Regel mehr als Schach in seinen besten Momenten. Wer Körper und Geist in Schuss hält, hat gute Aussichten, das Rentenalter nicht nur zu erreichen, sondern dies ohne größere Einschränkungen zu genießen.

Das Rentenalter habe ich vor 5 Jahren erreicht. Nun plane ich eine weitere Zäsur. Schach steht dabei nicht auf der Agenda. Nicht, weil ich etwa verbittert wäre, keineswegs, ich habe nur einfach keine Lust mehr. Im Grunde geht es mir so wie Vladimir Kramnik allerdings mit dem Unterschied, dass ich bereits seit 55 Jahren Turnierschach spiele, von denen ich nur wenige Jahre ausgelassen habe. Nun könnte ich mich ja – wie es viele andere Schachfreunde in der gleichen Situation tun – für Organisationszwecke zur Verfügung stellen, wären da nicht die Strukturen, die

Konrad-Adenauer-Denkmal in Bonn

aus einer Zeit stammen, als Konrad Adenauer Bundeskanzler war. So alt kann ich gar nicht werden, dass sich daran etwas Entscheidendes ändert. Das liegt an der Mehrheit der Funktionäre, die konservativ und autoritär ausgerichtet ist. Es gibt auch die fortschrittlichen – dazu zähle ich unseren NSV-Präsidenten Michael S. Langer -, doch die sind ziemlich machtlos, weil sie seit jeher ausgebremst werden. Darüber hinaus beobachte ich eine zunehmende Selbstgerechtigkeit unter den Hardlinern, die durch die sozialen Medien befeuert wird. Das stößt mich ab. Eine Haltung, die z.B. der Geschäftsführer des DSB-Wirtschaftsdienstes verkörpert, ist nicht mit meinen Wertvorstellungen vereinbar.

In Kürze steht die Neuwahl des DSB-Präsidenten an. Ich hoffe, dass Uwe Pfenning gewählt wird. Auch ihm wird es nicht gelingen, die Strukturen umzukrempeln, aber die Rückkehr zu mehr Menschlichkeit unter uns Schachspielern traue ich ihm zu. Der amtierende Präsident Ullrich Krause hat mich enttäuscht. Seine Ideen fördern nicht die Schachkultur. Außerdem hat er auf die falschen Leute gesetzt, wodurch das Hauen und Stechen unter den Schachfunktionären zugenommen hat. Angesichts des Gezänks habe ich manchmal den Eindruck, Mitglied einer reaktionären Partei zu sein, die sich alternativ nennt.

Bei den Schachfreunden Hannover war die alternative Welt bislang in Ordnung. Gleichwohl sind auch wir vom Aderlass betroffen, mit dem die meisten Schachvereine zu kämpfen haben. Deshalb ist für die nächste Saison eine Spielgemeinschaft mit dem SK Ricklingen beschlossen worden. Ich halte nichts davon. Besser das ehrenvolles Ende einer Ära als das Abgleiten in die Beliebigkeit der Identität. Nichtsdestotrotz wünsche ich denen, die für die Spielgemeinschaft eintreten, viel Erfolg. Meine Vereinszugehörigkeit wird am 30. Juni 2019 enden. Ich blicke zurück auf 55 „feiste“ Jahre mit Höhen und Tiefen. Ohne die Tiefen hätte ich die Höhen nicht wahrgenommen.

Dem Schachspiel bleibe ich natürlich verbunden. Ich werde weiterhin Just for Fun Schachspielen und womöglich hier oder anderswo meine Sicht der Dinge kundtun. Unserem Blog habe ich 5 Jahre lang den Stempel aufgedrückt. Dabei hat es immer wieder gemenschelt. Das hat nicht jedem gefallen. Der Unterhaltungswert hat indes gestimmt. Deshalb möchte ich meinen Beitrag mit dem mir eigenen Humor beenden:

Als ich an meinem 70. Geburtstag vor dem Kölner Dom stand, entsandte der Himmel eine Botschaft in Gestalt zweier Möpse. Mir war sofort klar, was dieses Zeichen bedeuten sollte. Zu den geistreichsten Erkenntnissen unserer Epoche gehört Loriots Satz:

Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.

Für Schachspieler lautet der Umkehrschluss:

Ein Leben mit Schach ist sinnlos, aber möglich.

Amen.

Zwei Möpse für ein Halleluja!