Der SV Hameln feiert heuer sein 100-jähriges Bestehen. Wie sah die Welt vor 50 Jahren aus? Um das zu ergründen, bin ich in die Katakomben meines Archivs gestiegen. – Im 1. Quartal 1970 gab es eine Neuerung bei den Schachfreunden Badenstedt. Der SCHACHKURIER erschien zum ersten Mal und wurde für zwei Jahrzehnte zur Pflichtlektüre der Vereinsmitglieder. Später wurde der Schachkurier durch den SONNENKÖNIG abgelöst. Heinz-Jürgen Gieseke war damals der 1. Vorsitzende und ich der Spielleiter.
In dieser Erstausgabe war der Mannschaftskampf gegen den SV Hameln das herausragende Thema. Es war die letzte Runde in der Saison 69/70. Landesmeisterklasse nannte sich die höchste Liga Niedersachsens. Der Sieger durfte an den Aufstiegsspielen zur Oberliga Nord teilnehmen. Wir wollten den 3. Platz belegen. Dafür durften wir gegen die Hamelner nicht verlieren. Das gelang uns nach spannendem Spielverlauf. In gedruckter Form las sich das so:
SF Badenstedt 4 : 4 SV Hameln
Brett 1 Brunotte (schwarz) 1 : 0 Röver
Ein souveräner Sieg unseres alten und neuen Vereinsmeisters. Schon nach den ersten Zügen brachte er seinen Gegner in positionelle Schwierigkeiten; gewann einen Bauern und später die Partie.
Brett 2 Braatz (weiß) 0,5 : 0,5 Pape
Dieter Braatz kam nicht wie gewohnt zu seinem gefürchteten Angriff. Schließlich gab es für beide in einer verbauten Stellung kein Durchkommen.
Brett 3 Streich (schwarz) 1 : 0 Schuchard
Die Partie bewies einmal mehr, daß man als Weißer mit der Abtauschvariante (Französisch) keine Lorbeeren ernten kann. Schwarz konnte rasch ausgleichen und im Springerendspiel gewinnen.
Brett 4 Bauer (weiß) 1 : 0 Schulz
Noch nie war sein Sieg so wertvoll wie heute (siehe Spielbericht).
Brett 5 Marciniak (schwarz) 0 : 1 Scherneck
K. Marciniak stand von Beginn an in der Defensive und musste nach einem fehlgeschlagenen Gegenangriff die Waffen strecken.
Brett 6 Heß (weiß) 0,5 : 0,5 Wehking
Dieter Heß verlor durch eine Fehlkombination eine Figur. Er setzte dann geschickt alles auf eine Karte, gewann einen Offizier zurück nebst zwei Bauern, die ihm eigentlich den Sieg hätten bringen müssen.
Brett 7 Herzog (schwarz) 0 : 1 Dr. Wlodasch
G. Herzog vergaloppierte sich in der Eröffnung, was dem Doktor die Initiative und seiner Mannschaft später einen wertvollen Punkt brachte.
Brett 8 Gieseke (weiß) 0 : 1 Möllenhoff
J. Gieseke wollte die für ihn zweifellos besser stehende Partie mit Gewalt zum Sieg führen, was aber zu seinem und unserem Erschrecken ins Gegenteil umschlug.
Am Ende der Saison 69/70 gab es folgende Reihenfolge in der Landesmeisterklasse:
1. SVg Hannover 13:3 (42,5), 2. HSK II 13:3 (42,0), 3. SF Badenstedt 10:6 (31,0), 4. Post Hannover 9:7 (31,5), 5. SV Hameln 7:9 (32,5), 6. Braunschweiger SC 7:9 (31,0), 7. SV Uelzen 6:10 (28,5), 8. SV Hildesheim 4:12 (23,0), 9. SK Goslar 3:13 (26,5)
Auf Seiten der Hamelner war Kurt Pape der 1. Vorsitzende und rund 33 Jahre alt. Dass er nun im Alter von 83 Jahren gestorben ist, gehört zu den traurigen Nachrichten dieser Tage. Ich habe ihn in angenehmer Erinnerung. Wenn ich mich recht entsinne, haben wir zwei Turnierpartien gegeneinander gespielt. Wie freundschaftlich es damals zwischen dem SV Hameln und den SF Badenstedt zuging, belegen die folgenden Schriftstücke, die Kurt Pape an unseren 1. Vorsitzenden, Heinz-Jürgen Gieseke, gerichtet hatte:
Das Programm zur Hundertjahrfeier des SV Hameln kann sich sehen lassen. In einer Zeit, in der viele Schachvereine schwächeln oder von der Bildfläche verschwunden sind, demonstriert der SV Hameln unbändigen Lebenswillen. Das verdient meine Hochachtung!
Was die Hamelner zu ihrem Jubiläum vor 50 Jahren alles auf die Beine gestellt haben, weiß ich nicht, aber zumindest ist ein Jugendblitzturnier überliefert, zu dem der Jugendwart Dittmar Wöltge eingeladen hatte: