Gelächter! Auch das gibt es unter Schachspielern vor einem ernsten Mannschaftskampf. Auslöser war die Verlesung der Mannschaftsaufstellungen vor unserer letzten Runde in der Verbandsliga Süd: „An Brett 8 Fuchs gegen Wolf“. Genauer gesagt: Dr. Michael Fuchs gegen Dr. Ulrich Wolf. Die Partie endete unentschieden. Dazu später mehr.
In der 9. Runde mussten wir mit unserer 2. Mannschaft bei der SG Weiß-Blau Eilenriede antreten. Die Begegnung war vorverlegt worden. Dass das ein Unding ist, habe ich an anderer Stelle bereits thematisiert. Am nächsten Sonntag läuft das eigentliche Finale auch in der Landes- und in der Oberliga. Dann wird die Abstiegsfrage in dieser und in anderen Klassen endgültig geklärt. Fakt ist, dass die SG BW Eilenriede nach ihrer 3:5 Niederlage gegen uns als Tabellenletzter absteigen muss. Ob sich eine weitere Mannschaft dazugesellt, wird meines Wissens vom Ausgang in der Landesliga Süd abhängen. Wir können jedenfalls mit 8:10 Mannschaftspunkten nicht mehr absteigen. Darauf können wir nach einer durchwachsenen Saison stolz sein.
Der Teamgeist hat gestimmt. Nicht jeder wird mit seinem individuellen Ergebnis zufrieden sein. Zu hadern gibt es immer etwas. Da nehme ich mich nicht aus. Mit 5,5:2,5 Punkten (ohne Niederlage) habe ich mein selbst gestecktes Soll erfüllt; wenngleich es zwei halbe Punkte mehr sein konnten. Unsere Einzel- und Mannschaftergebnisse könnt ihr hier nachlesen:
http://www.nsv-online.de/ligen/nsv-1718/?mannschaft=5088
Mit einem Sieg gegen uns hätten die Weiß-Blauen noch die Chance gehabt, die Rote Laterne in der Verbandliga Süd abzugeben. Aber es sollte nicht sein. Bereits nach kurzer Zeit gab es am zweiten und am dritten Brett Salonremisen, die zum einen der Freundschaft und zum anderen dem fantastischen Wetter geschuldet waren. An den anderen Brettern wurde richtig gekämpft. Zwei davon konnten wir gewinnen, die anderen endeten ebenfalls mit einem Unentschieden. Die vier interessantesten Partien zeige ich euch in Ausschnitten. – Zuvor möchte ich noch etwas Positives loswerden. Am Rande der Veranstaltung habe ich erfahren, dass sich der schwerkranke Fritz-Günther Obert auf dem Weg der Besserung befinden soll. Der allseits beliebte Fritz ist die gute Seele der Weiß-Blauen und die des Schachbezirks Hannover. Hoffentlich wird er bald zur alten Stärke zurückfinden. Als Schachspieler und als Funktionär.
Am 1. Brett spielte unser Martin wie ein Großmeister und das nach wenig Schlaf. Er hatte am Vorabend an einem 50. Geburtstag (nicht seiner) teilgenommen, der zünftig ausgefallen sein soll. Mit einfachen Zügen erreichte Martin ein Endspiel, das für Schwarz kaum zu retten war. Interessant ist dabei die uralte Frage, wer in solchen Endspielen stärker ist, der Läufer oder der Springer? In diesem Fall ist Antwort eindeutig.
Ploog, Dr. Martin (SFH II) – Kleinschroth, Roland (SG WB Eilenriede)
Verbandsliga Süd (9) Brett 1
08.04.2018
Schwarz am Zug
Der naheliegende Zug 32… Kc7 konnte Schwarz nicht retten. Den Rest der Partie könnt ihr hier nachspielen:
Garthof, Günther (SFH II) – Jagst, Hilmar (SG WB Eilenriede)
Verbandsliga Süd (9) Brett 5
08.04.2018
Schwarz am Zug
Nach einer verkorksten Saison hatte Günther diesmal Grund zum Jubeln. Sein Gegner kam ihm durch ein verfehltes Bauernopfer in der h-Linie entgegen. Nach 37 Zügen entstand diese für Schwarz hoffnungslose Stellung. Sein Befreiungsversuch scheiterte unmittelbar:
37… f5+ 38. exf6 e.p. 1-0
„Der Wolf und der Fuchs“ ist ein Tiermärchen der Brüder Grimm. Obwohl der Wolf der Stärkere von beiden ist, triumphiert am Ende der schlauere Fuchs. In diesem Fall haben sich beide neutralisiert. Einmal hatte der Fuchs die Gelegenheit zuzubeißen, als der Wolf im 18. Zug patzte und eine Qualität nebst Bauern verlieren konnte. Als der Fuchs den tödlichen Zugriff verpasste, war der Wolf bis zum Ende dominierend. Es ergab sich eine lehrbuchartige Stellung.
Fuchs, Dr. Michael (SG Blau-Weiß Eilenriede) – Wolf, Dr. Ulrich (SFH II)
Verbandsliga Süd (9) Brett 8
08.04.2018
Schwarz am Zug
59… Kf3? Nach 59 Zügen entscheidet ein kleiner Unterschied die Partie. Richtig war Kf4! und Schwarz gewinnt:
Zum Schluss präsentiere ich euch meine Partie:
Lampe, Thomas (SG Blau-Weiß Eilenriede) – Streich, Gerhard (SFH II)
Verbandsliga Süd (9) Brett 4
08.04.2018
Weiß am Zug
Nachdem die Eröffnung in Bahnen der Theorie verlaufen war, hatte ich mir im Mittelspiel eine vorteilhafte Stellung erarbeitet. Das sah Thomas Lampe auch so und entschloss sich spontan zu diesem inkorrekten Figurenopfer, das sich in psychologischer Hinsicht jedoch auszahlen sollte. Mir war in dem Moment klar, dass Weiß nicht viel für das Opfer bekommt, aber ich wollte einfach nicht zulassen, dass mich mein Gegner vorübergehend unter Druck setzt. Deshalb entschloss ich mich zu der hasenfüßigen Fortsetzung 33… Df4?. Noch schlimmer als diese Fehleinschätzung war indes, dass ich im Anschluss zweimal die Springergabel nach Dxf2+ übersah. Das Ende war humorlos. Guckt ihr hier:
Farbverteilung
Es soll Schachspieler geben, die mit den schwarzen Steinen erfolgreicher sind als mit den weißen. In der Regel ist es jedoch umgekehrt. Insofern sollte es das Ziel in Turnieren und Mannschaftskämpfen sein, dass die Farben gleichmäßig verteilt werden. Das ist die Theorie. In der Praxis kann es in Mannschaftskämpfen jedoch zu einer krassen Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Spieler kommen. Um das zu verdeutlichen, habe ich unsere Einzelergebnisse in der Verbandsliga Süd wie folgt ausgewertet:
In dieser Reihenfolge haben wir gespielt. Hinter dem Gleichheitszeichen steht die Punktausbeute bezogen auf die Anzahl der Einsätze; zwei kampflose Partien habe ich nicht berücksichtigt.
Bei 5 von insgesamt 13 eingesetzten Spielern stimmt die Farbverteilung: Arthur, Gerhard, Günther, Jürgen und Ulrich. Drei Spieler kamen in den Genuss einer Weißhäufung: Martin, Jörg und Willi. Zwei Spieler haben nur je einmal gespielt, bleiben also 3 übrig, die es mit einer Schwarzhäufung zu tun hatten: Uwe, Olaf und Marc.
Da Olaf und Marc nur selten gespielt haben, geht unser Fokus auf Uwe. Uwe hatte das zweifelhafte Vergnügen, in 9 Partien sage und schreibe 8 Mal mit Schwarz antreten zu müssen (1x kampflos). Erst in der vorletzten Runde durfte er zum ersten und einzigen Mal mit Weiß spielen.
Das ist weder lustig noch gerecht. Abhilfe könnte die Abkehr von starren Ranglisten schaffen. Aber so viel Freiheit in unseren Turnierordnungen ist Utopie.
Hej Gerd, in den 80ern konnte man zwei Jahre lang benachbarte Bretter tauschen. Die Farbbilanz in meinem Verein Isernhagen war seinerzeit
1. Hanno Kuhn 18 x Schwarz
2. Uwe Gabriel 18 x Weiß
Vielleicht habe ich da noch ein paar Schwarzpartien gut gehabt 😀
Es ist ein Unterschied, ob du dir freiwillig eine bestimmte Farbe aussuchst oder ein System dich ungewollt dazu zwingt. Die Toleranzklausel, die es damals gab, war allemal besser als das starre System, das heutzutage angewandt wird.
Warum sich nicht jeder Schachspieler in jeder Runde aufs Neue abgestimmt mit der eigenen Mannschaft eines der acht Bretter aussuchen darf, lässt sich nur mit einem übertriebenen Ordnungssinn erklären. So ergibt sich Jahr für Jahr die Situation, dass für einen Zeitraum von rund 9 Monaten im Voraus festgeschrieben wird, an welcher Stelle innerhalb einer Mannschaft jemand spielen muss(!), wenn er denn will. Erfolge, Misserfolge, Tagesform, Farbverteilung, Änderungen im Umfeld usw. werden nicht berücksichtigt. Du bekommst einen Stempel aufgedrückt, auf dem z.B. „5. Brett“ steht, und nun hast du die ganze Saison über am 5. Brett zu spielen, es sei denn, vor dir fallen Spieler aus. Dann rutscht du nach vorn. Da es äußerst selten vorkommt, dass die ersten Acht der Rangliste durchspielen, rutschen ständig mehrere Schachspieler nach vorn.
Ein Beispiel aus der Bundesliga: In der 5 und 6 Runde spielte der SV Hockenheim mit GM Dennis Wagner am 1. Brett, obwohl dieser in der Rangliste erst an neunter Stelle steht. Nummer Eins ist übrigens Anatoly Karpov. Er spielte ein einziges Mal (und verlor). Wenn es also möglich ist, dass ein Spieler, der eigentlich nicht zur Stammbesetzung gehört, legal am 1. Brett spielen darf, warum darf er dort nicht spielen, wenn einige, der vor ihm gemeldeten Spieler, mit von der Partie sind?
Das heißt, je tiefer jemand in der Rangliste aufgestellt ist, desto häufiger wird er(sie) nicht an seinem(ihren) angestammten Platz spielen. Fällt jemand aus, rutscht er(sie) nach oben. Warum nicht in die andere Richtung? Ich schätze, dass unmittelbar vor einem Mannschaftskampf in 50 % aller Fälle unklar ist, wer gegen wen spielt. Diese Prozentzahl würde sich etwas erhöhen, wenn flexibel aufgestellt werden dürfte. Umso größer wäre das Überraschungsmoment und damit die Förderung unserer Kernkompetenz: Kreativität!