Wo laufen sie denn?

Antwort: In Hannover, am kommenden Sonntag, dem 9. April 2017. Die Stadt hat eingeladen und 22.000 Läuferinnen und Läufer, Walkerinnen und Walker, Skaterinnen und Skater, Handbikerinnen und Handbiker werden starten. Schachspielern wird bekanntlich nachgesagt, dass sie Stubenhocker seien. Das mag für viele gelten, aber nicht für alle. Mindestens ein Oberligaspieler ist dabei, und der stammt aus unserem Verein: Bernd Fritze. Bernd hat sich diesmal für den Halbmarathon angemeldet. Er wird die Startnummer 5774 tragen. Sein letztes Ergebnis stammt aus dem Jahr 2013. Damals ist er die ganze Strecke in einer ausgezeichneten Zeit gelaufen (3:10:24 Std.). Das war der 4. Platz von allen in der M55 Klasse!

Beim Training: Bernd (Weiß) gegen Uwe
Beim Freilufttraining: Bernd (Weiß) gegen Uwe

Schachspielen allein macht rammdösig. Deshalb möchte ich mit diesem Beitrag nicht nur auf Bernd aufmerksam machen, sondern möglichst viele animieren, körperlich aktiv zu werden. Laufen ist eine Variante. Das zahlt sich auch am Brett aus; siehe Bernd. Für Sonntag ist schönes Wetter angesagt. Mit ein paar stimmungsvollen Bildern aus meinem Archiv (2015) möchte ich euch die Veranstaltung ans Herz legen: sei es leibhaftig als Zuschauer oder vor eurem Empfangsgerät (der NDR überträgt live von 9:30 bis 12:45 Uhr).

Heike Makatsch wird Mitglied bei den Schachfreunden Hannover

Eilmeldung: Unserem Vorstand ist ein Interview zugespielt worden, das Heike Makatsch einem bekannten Radiosender gegeben hat. Darin hat sie ihre Absicht bekundet, Mitglied bei den Schachfreunden Hannover zu werden. Durch die Diskussion* über ihre Person im Schach-Ticker sei sie auf unseren Schachverein aufmerksam geworden. Sie wolle der chauvinistischen Männerwelt endlich zeigen, wozu Frauen am Schachbrett fähig sind. Dafür sei unser Verein genau richtig.

Zunächst sei Heikes Helferinstinkt geweckt worden, als ihr gewahr wurde, dass unser Verein vom Orakel ständig benachteiligt wird. Als sie dann las, dass die „Toten Hosen“ zu unseren Stammgästen gehören, sei sie endgültig überzeugt gewesen.

Willkommen im Club!

*http://www.chess-international.de/Archive/68883

Stippvisite bei der Zweiten

Der Horrortrip nach Nordhorn blieb mir erspart. Einen Tag vor dem Weltglückstag hatte ich somit die Gelegenheit, vor der Haustür in die Gesichter von Schachspielern zu schauen, die ihr Glück in der Verbandsliga suchen. Das Heimspiel unserer Zweiten gegen die Erste vom SK Ricklingen stand im FZH Linden auf dem Programm. Solange ich denken kann, war der SK Ricklingen das Mauerblümchen unter den hannoverschen Schachvereinen. Nun blüht es auf dank einiger Neuzugänge. Allen voran sei IM Dennes Abel genannt. In den vergangenen Jahren spielte er bei den Schachfreunden Berlin in der 1. Bundesliga. Nach eigenem Bekunden waren ihm die Reisen zu strapaziös. Das kann ich nachvollziehen. Reisen macht Spaß, aber wer kein Vollprofi ist und das Leben noch vor sich hat, stellt sich irgendwann die Sinnfrage, vor allem dann, wenn es Nullen hagelt.

Mit 5 Siegen in 5 Spielen hatte Dennes (DWZ 2446) eine blütenweiße Weste. Umso bravouröser ist das Remis zu bewerten, das ihm Martin Ploog am 1. Brett abknöpfen konnte. Martins Remisserie (5 aus 5) hält damit. Am 2. Brett holte Arthur Kölle einen souveränen Sieg gegen Jan Hendrik de Wiljes (DWZ 2365). 1 ½ Punkte an den ersten beiden Brettern klingt verheißungsvoll. Leider war’s das. Die restlichen Punkte gingen allesamt an die Ricklinger. Das Endergebnis lautete somit:

SF Hannover 2    1,5 : 6,5    SK Ricklingen

Einzelheiten guckt ihr hier: http://www.nsv-online.de/ligen/nsv-1617/?r=&staffel=946

Lobend erwähnt sei die Siegesserie von Torben Schulze (ehemals Hannover 96) auf Seiten der Ricklinger mit 6 Siegen in 6 Partien.

Zum Verlauf der Partien kann ich nichts sagen. Blicke in die Gesichter der Akteure kann ich euch stattdessen im Anschluss bieten. Glückseligkeit drückt keines aus. Betreiben wir etwa die falsche Sportart? Nur mal so gefragt wegen des Weltglückstags.

Vor 40 Jahren in Bad Lauterberg

Anatoli Karpov spielt für die Galerie
Anatoli Karpov spielt für die Galerie

Vom 6. bis 22. März fand in Bad Lauterberg die Internationale Deutsche Schacheinzel-meisterschaft 1977 statt. Es handelte sich um eines der bestbesetzten Schachturniere auf deutschem Boden (Turnierkategorie XII). Zwei Jahre zuvor war Anatoli Karpov Schachweltmeister geworden. Er stand im Zenit seines Könnens und gewann das Turnier deutlich mit 12:3 Punkten. Zweiter wurde Jan Timman (Niederlande) vor Semen Furman (Moskau). Furman war Karpovs Trainer. Das hatte ihm offenbar den Startplatz ermöglicht. Den nutzte er auf eindrucksvolle Weise mit dem 3. Platz vor Gennadi Sosonko (Niederlande) und Robert Hübner. Ein Jahr später verstarb Furman im Alter von 57 Jahren.

Vier der 16 Teilnehmer sind inzwischen verstorben. Die anderen haben nach wie vor einen klangvollen Namen in der Schachszene und sind meines Wissens bis auf Mathias Gerusel (Jahrgang 1938) und Klaus Wockenfuss (Jahrgang 1951) mehr oder weniger aktiv. Karpov und Timman (beide Jahrgang 1951) haben nur wenig von ihrer Spielstärke eingebüßt, auch wenn sie nicht mehr zur absoluten Weltklasse gehören. Robert Hübner (Jahrgang 1948) macht sich am Schachbrett indes rar. Ob Friðrik Ólafsson (Island/Jahrgang 1938) noch Bock auf Schach hat, weiß ich nicht. Von 1978 bis 1982 war er Präsident der FIDE. Remis-König wurde Ulf Andersson (Jahrgang 1951/Schweden) mit 14 Punkteteilungen und einer Niederlage. Derzeit spielt er für den Düsseldorfer SK in der 2. Bundesliga West am 1. Brett. Istvan Csom (Ungarn/Jahrgang 1940) und Raymond Keene (England/Jahrgang 1948) haben wir Hannoveraner in guter Erinnerung. Beide hatten ein Jahr zuvor am Jubiläumsturnier des HSK (100 Jahre) teilgenommen. Csom hatte das Turnier gewonnen.

Die Jüngeren werden womöglich Anthony Miles (England/Jahrgang 1955) nicht kennen. Der Juniorenweltmeister von 1973 war eine schillernde Persönlichkeit. Eine heimtückische Krankheit war wohl die Ursache für seinen frühen Tod im Jahr 2001. Unvergessen ist der Eklat, den er 1985 mit einer ungewöhnlichen Haltung am Brett auslöste. Der Spiegel betitelte die Geschichte mit „Wer liegt, der siegt“. Guckt ihr hier: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13516435.html

Auf einem achtbaren 14. Platz in dem Weltklassefeld landete der Niedersachse IM Manfred Hermann (Jahrgang 1942) mit 5:11 Punkten. Manfred verlor zwar gegen die ersten Sechs der Tabelle, die anderen konnten ihn jedoch nicht besiegen. Acht Remis und ein Sieg gegen Gerusel können sich sehen lassen. Bekanntlich ist Manfred beim SK Union Oldenburg in der Oberliga Nord West aktiv. Gegen uns wurde er allerdings geschont.

Die Abschlusstabelle und sämtliche Partien könnt ihr euch über folgenden Link ansehen: http://www.teleschach.de/historie/lauterberg1977.htm

Tabelle nach der 10. Runde
Tabelle nach der 10. Runde

Es wurden viele sehenswerte Partien gespielt. Die witzigste ist die Partie Keene gegen Wockenfuß aus der 9. Runde. Der Engländer setzte den Deutschen Schacheinzelmeister aus dem Jahr 1976 im 20. Zug kurzerhand matt.

Heinz-Jürgen Gieseke (stehend rechts)
Heinz-Jürgen Gieseke (stehend rechts)

Geleitet wurde das Turnier von einem gebürtigen Hildesheimer: Helmut Nöttger (Jahrgang 1923) war zwischen 1971 und 1991 Spielleiter des Deutschen Schachbundes. Nöttger verstarb 2010. Assistiert wurde Nöttger von Horst Metzing und Heinz-Jürgen Gieseke.

Wer den letztgenannten Vollblutfunktionär nicht kennt, sollte sich diese Geschichte durchlesen: https://www.schachfreunde-hannover.de/nochn-70-geburtstag/

Aus meinem privaten Fotoalbum habe ich einige Fotos herausgesucht, die ich euch im Anschluss zeige. 40 Jahre sind eine verdammt lange Zeit. Die ist an den meisten Schachgrößen von damals nicht spurlos vorbei gegangen; allen voran seien Karpov und Timman genannt. Eine Ausnahme ist Manfred Herrmann. Sein heutiges Antlitz unterscheidet sich kaum von dem im Jahr 1977. Das ist ein Kompliment meinerseits, wohlwissend, dass ich auch 40 Jahre älter geworden bin.

Remis gegen den Tabellenletzten

Erst hatten wir kein Pech, und dann kam auch noch Glück dazu. Wer glaubte, dass wir nach unserem Auswärtssieg beim Tabellenführer der Oberliga Nord West leichtes Spiel mit dem punktlosen Tabellenletzten hätten, sah sich getäuscht. Wenn man von vornherein mit 1:0 führt, weil der Gegner ein Brett nicht besetzt hat, kann man nicht von Pech sprechen, es sei denn, man stellt sich die Frage, ob für den derart beschenkten Spieler der Sonntag nicht ein verlorener Tag ist. Solche Geschenke hat Hannover 96 in dieser Saison bereits fünfmal verteilt. Offenbar steckt bei denen der Wurm drin, was sich im Absturz der beiden ersten Mannschaften widerspiegelt.

Kommen wir zum Glück. Drei Stunden nach dem Anpfiff, den ich live erlebt hatte, kehrte ich in unser Spiellokal zurück. Zwischendurch vernahm ich Gold-Lauras derben Leitspruch, den sie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk lauthals zum Besten gab: „Scheiß da nix, dann feid da nix.“ Mein Wahlspruch: „Ein Leben ohne Magdalena Neuner ist möglich, aber sinnlos“, ist damit obsolet. Auf „obsolet“ komme ich später zurück. – Vor dem Eingang zum Spiellokal hörte ich die frohe Botschaft eines kompetenten Zuschauers: „Alle stehen gut, außer Bernd.“ Davon konnte ich mich selbst überzeugen, gleichwohl kippten im Anschluss die meisten Partien zu unseren Ungunsten.

So sehen Sieger aus: Dennie mit Hightec-Fahrrad
So sehen Sieger aus: Dennie mit Hightec-Fahrrad

Unser Glück wurde auf eine harte Probe gestellt. Bevor ich darauf – wie gehabt – subjektiv eingehe, möchte ich unseren jüngsten Spieler und jüngsten Vater besonders hervorheben. Nachdem Dennie mit Otto Borik zuvor einen Internationalen Meister am Rand einer Niederlage hatte, holte er sich diesmal den Skalp eines anderen IM, und zwar den von Alexander Bangiev. Das tat er so eindrucksvoll, dass ich aus dem Staunen nicht herauskam. Das Staunen begann bereits mit Dennies Anfahrt. Dass er mit seinem Drahtesel, bei dem der Draht völlig losgelöst dem Fahrtwind ausgesetzt war, unversehrt das Spiellokal erreicht hatte, war ein kleines Wunder.

Brett 1   Izrailev, Alexander (Hannover 96)  1-0  Schirm, Friedmar (SFH)

Alexander & Friedmar
Alexander I. & Friedmar

Weiß hatte lang rochiert. Friedmars Angriff auf dem Damenflügel sah verheißungsvoll aus, verpuffte jedoch und endete in einem Endspiel mit ein paar Minusbauern.

 

 

Brett 2  Ackermann, Dennie (SFH)  1-0 IM Bangiev, Alexander (Hann. 96)

Dennie & Alexander B.
Dennie & Alexander B.

Bangievs Stonewall in der Holländischen Verteidigung wurde von Dennie dermaßen zertrümmert, als wolle er dem größten Narzissten aller Zeiten eine Botschaft über den Großen Teich senden: „Mauern sind obsolet.“ Ein taktischer Schlag beendete die einseitige Partie. Bangiev hatte drei Möglichkeiten: auf g7 oder g8 mattgesetzt zu werden oder aufzugeben. Er entschied sich für die letzte Variante.

Brett 3  Piepho, Niels (Hannover 96)  1-0  Kaimer, Thomas (SFH)

Niels & Tom
Niels & Tom

Nach der Eröffnung hatte Tom eine dynamische Stellung erreicht. Leider fasste er einen falschen Plan, der ihn schnell in eine aussichtslose Lage brachte.

 

 

 

Brett 4   Liebau, Andreas (SFH)  ½ – ½  Helmer, Christoph (Hann. 96)

Andreas L.
Andreas L.

Suboptimal war auch der Verlauf von Andreas‘ Partie. Sein vermeintlicher Stellungsvorteil mündete in einer passiven Stellung, die er mangels geeigneten Hebels seines Gegners halten konnte.

 

 

Brett 5   Ljubarskij, Juri (Hannover 96)  1-0  Fritze, Bernd (SFH)

Juri
Juri

Unser Top-Scorer wurde mit seinen eigenen Waffen geschlagen: den Gegner positionell einschnüren, bis der wie das Kaninchen vor der Schlange keinen Ausweg findet. Was Juri in seinem hohen Alter (Jahrgang 1933) immer wieder aufs Schachbrett zaubert, ist bewundernswert.

Bernd
Bernd

Als die Partie eigentlich schon entschieden war, gab es einen ungewöhnlichen Zwischenfall: Bernd hatte – gezeichnet von den Anstrengungen – ein Schachgebot seines Gegners übersehen und stattdessen selbst Schach gegeben. Das war ein unmöglicher Zug. Juri glaubte, die Partie sei damit beendet und begann unversehens, die Figuren einzupacken. Er wurde eines Besseren belehrt. Bernds Zug wurde zurückgenommen. Im Anschluss bekam Bernd Oberwasser. Plötzlich sah es nach einem Remis durch Dauerschach aus. Eine längst abgeschriebene Partie versprach einen halben Punkt abzuwerfen. Glück, ick hör dir trapsen. Irgendwie gelang es Juri doch, den Schachgeboten zu entkommen und Bernd zur Aufgabe zu zwingen.

Brett 6  Meier-Hoffmann, Daniel (Hann. 96) ½ – ½  Herrmann, Andreas

Andreas H.
Andreas H.

Alles Glück dieser Welt hatte diesmal Andreas gepachtet. Seine gute Stellung nach der Eröffnung entpuppte sich als labil. Erst ein, dann zwei, dann drei Bauern waren perdu. Was macht man in solchen Fällen? Richtig, man fischt im Trüben (oder gibt auf). So trübe war die Stellung nicht, aber sein Gegner blickte dennoch nicht durch, verlor einen Springer und wenig später seine ganze Bauernherrlichkeit. Es entstand ein Endspiel mit Turm+Springer gegen Turm. Sowas kann man gewinnen, aber nur wenn der Gegner mitspielt. Der hatte jetzt den Durchblick. Andreas knetete ihn eine Weile. Als Arthur den vollen Punkt eingesackt hatte, willigte Andreas in das Remis ein. Das 4:4 war damit perfekt. Aber ein (unverdienter) 4,5:3,5 Brettpunktesieg lag in der Luft.

Brett 7  Edel, Thomas (SFH)  +-  Phunhon Lopez, Daniel (Hannover 96)

Thomas E. allein am Brett.
Thomas E. allein am Brett

Meinen Kommentar siehe Einleitung.

 

 

 

 

Brett 8   Kölle, Arthur (SFH)  1-0  Kiselev, Alexander (Hannover 96)

Arthur
Arthur

Grübel. Grübel. Ein schlapper Bauer war aus Arthurs überlegenem Mittelspiel übrig geblieben. Das Springerendspiel war kniffelig. Das Brett war leergefegt bis auf Arthurs Bauern, der auf f7 stand und den beiden Springern. Obwohl der gegnerische Springer das Umwandlungsfeld im Visier hatte, konnte Arthur diesen ablenken. Ob das zwingend war? Wer weiß? Wäre die Partie Remis ausgegangen, hätten wir den Kampf gegen Hannover 96 (nicht unverdient) verloren.

Relax!

Relaxen am Kap Horn
Relaxen am Kap Horn

„Musik zum Entspannen und Genießen“, ist der Slogan von Klassik Radio. Der Sender gehört zu meinen Favoriten. Musik kann ich euch an dieser Stelle nicht bieten, aber ein paar blutdrucksenkende Eindrücke, die ich am Mittwoch einfangen durfte, möchte ich denen vermitteln, die ein anstrengendes Wochenende vor sich haben. In allen Schachligen geht es zur Sache. Die Weichen werden gestellt: rauf oder runter in der Tabelle. Bloß keine Mittelmäßigkeit! Die langweilt. „Gleichgültigkeit ist die Rache der Welt an den Mittelmäßigen.“ (Oscar Wilde)

Wer sich mental auf die Ruhe danach (calm after the storm) vorbereiten möchte, guckt in unser Archiv: https://www.schachfreunde-hannover.de/calm-after-the-storm/

Boris Spasski

Spasski„Spasski wird in die Schachgeschichte eingehen als ein Schachspieler von hoher und sehr origineller Begabung mit weitem strategischem und taktischem Gesichtskreis. Seine strategische Verwegenheit bereicherte in Verbindung mit feiner psychologischer Berechnung die Annalen schachlichen Schaffens. Als besonders gefährlich erwies sich sein Stil für strenge Rationalisten, die zu evolutionärem Denken neigen, aber mitunter vergessen, dass zuweilen ein Tempo Gold wert ist.“ (Zitat aus „Strategie der Schachweltmeister“ von A. Suetin).

Das Buch wurde 1983 im Sportverlag Berlin veröffentlicht. Es kostete 13,50 Mark. Die Mark gibt’s nicht mehr. Den Verlag gibt’s nicht mehr. Die DDR gibt’s nicht mehr. Die UdSSR gibt’s nicht mehr. Aber Boris Spasski lebt noch. Das freut mich. Heute wird er 80 Jahre alt. Über Spasski gibt es viele aufschlussreiche Artikel; vor allem auf ChessBase: aktuell guckt ihr hier:
http://de.chessbase.com/post/zum-80sten-geburtstag-von-boris-spassky

Ich möchte an das Ereignis erinnern, das zwei Jahre vor dem spektakulärsten Schachmatch aller Zeiten stattfand: an die Schacholympiade 1970 in Siegen. Einige Schachfreunde aus unserem Verein hatten sich auf den Weg ins Sauerland Siegerland gemacht und wurden dort Zeuge von Spasskis Sieg über Robert Fischer. Über die Schacholympiade in Siegen hat ChessBase im Jahr 2005 einen lesenswerten Artikel verfasst. Den könnt ihr euch hier ansehen:
https://de.chessbase.com/post/siegen-1970

Boris Spasski 1970 in Siegen
Boris Spasski 1970 in Siegen

Von mir gibt’s noch ein exklusives Foto von Spasski aus dem Spielsaal. Das Porträt oben links hat übrigens ein Künstler gefertigt, den Robert Neuhoff kannte. Ich bekam es Ende der siebziger Jahre geschenkt. Eine Weile hing es im Schaufenster des Raschplatz-Pavillons. Ja, damals hatten wir mitten in der Stadt ein Spiellokal mit einem großen Schaufenster!

Als Bonbon habe ich noch den letzten Zug aus der Partie Spasski-Fischer zu bieten, den ich live miterleben durfte:

Boris Spasski (UdSSR) – Robert Fischer (USA)
Schacholympiade 1970 in Siegen
Weiß am Zug

Spasski-Fischer39. Tf8+        Schwarz gab auf

Die Erste erfolgreich in der Oberliga

Wenn der Hahn den Affen ablöst, kann es laut werden. Ich spreche vom diesjährigen Têt-Fest, das im Saal nebenan von Vietnamesen gefeiert wurde. Aber ihr kennt den uralten Witz: besser jemand bläst in ein Saxophon als in einen Sack Zement. Die vorübergehende Störung brachte niemand ernsthaft aus der Fassung. Dazu waren die Partien zu spannend. Jedenfalls die meisten.

Meine subjektive Sichtweise der einzelnen Partien sieht so aus:

Brett 1 GM Tseitlin, Michael (Bremer SG) ½ – ½ Schirm, Friedmar (SFH)
Ein verdientes Remis ohne große Höhepunkte.

Brett 2 Ackermann, Dennie (SFH) ½ – ½ IM Borik, Otto (Bremer SG)
Eine sensationelle Partie! Ihr müsst euch die Endstellung in meiner Bildergalerie ansehen: Dennies Dame gegen zwei Leichtfiguren und zwei Bauern von Otto Borik. Die Punkteteilung kam nach 5½ Stunden zustande, als es 4:3 für uns stand. Mehr als ein Remis war wohl am Ende nicht drin, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass Dennie mehrmals den Gewinn ausgelassen hat.

Otto Borik am 15.01.2017
Otto Borik am 15.01.2017

Vor dem Match hat mich Otto Borik kurz auf den Beitrag angesprochen, den ich vor drei Jahren über ihn geschrieben habe. Er hat ihm gut gefallen. Guckt ihr hier: https://www.schachfreunde-hannover.de/otto-borik/

 

 

Das Foto vom Länderkampf 1979 in Ibbenbüren ist ein Beleg dafür, dass wir beide nicht jünger geworden sind. Im September wird Otto Borik 70 Jahre alt.

Brett 3 Hundack, Rolf (Bremer SG) ½ – ½ Böhm, Jürgen (SFH)
Es war der Einstand von Jürgen Böhm in unserem Team. Der ist gelungen. Die Partie war weder langweilig noch spektakulär.

Brett 4 Kaimer, Thomas (SFH) 1-0 Issing, Peter (Bremer SG)
Tom war in seinem Element. Seinen Gegner hat er förmlich zertrümmert. Schuld für dessen Desaster war vermutlich die lange Rochade. Oder ein schlechter Tag. Kann passieren.

Brett 5 Peters, Frank (Bremer SG) ½ – ½ Liebau, Andreas (SFH)
Total verschachtelte Stellung. Remis mit Ansage.

Brett 6 Fritze, Bernd (SFH) 1-0 Rust-Lux, Klaus (Bremer SG)
Total verschachtelte Stellung mit einem Büchsenöffner à la Bernd Fritze. Oder anders ausgedrückt: Positionsspiel mit Auge und viel Geduld.

Brett 7 Krajina, Davor (Bremer SG) 1-0 Herrmann, Andreas (SFH)
Andreas‘ Stellung gefiel mir nach der Eröffnung gut. Unser A-Open-Gewinner sah das im Nachhinein kritischer. Jedenfalls musste er plötzlich einen Angriff abwehren, der ihm erst einen, dann zwei Bauern kostete. Das war’s.

Brett 8 Streich, Gerhard (SFH) ½-½ Stieglitz, Dirk (Bremer SG)
Im 20. Zug machte ich einen Anfängerfehler, der mich, hätte ich die Partie verloren, dazu veranlasst hätte, das Schachbrett für immer an den berühmten Nagel zu hängen. Zum Glück war die Stellung kompliziert genug. Mein Gegner fand nicht die stärkste Fortsetzung, und so einigten wir uns im 29. Zug nach dreifacher Zugwiederholung auf Remis.

Summe:  4,5 (SFH)-3,5 (Bremer SG)   4. Runde Oberliga Nord-West

Womöglich war der knappe Sieg über die sympathischen Bremer die halbe Miete für den Klassenerhalt. Die nächste Runde spielen wir am 5. Februar beim Tabellenführer in Oldenburg. Abgesehen vom Debakel in Göttingen können wir uns in dieser Saison nicht über mangelndes Glück beklagen. Die 5 Mannschaftspunkte, die wir bislang geholt haben, hingen jeweils am seidenen Faden. – Wie war das noch mit dem Glück? „Glück in der Liebe“, nannte Uwe seinen Beitrag nach unserer Niederlage in Göttingen. Nun hat Gerhard Glück den Göttinger Elch gewonnen. Was holen wir in Oldenburg? Die Goldene Palme wurde gerade an den Grünkohlweltmeister vergeben. Da für die Goldene Ananas die Zeit noch nicht reif ist, heißt es: Glückskekse backen. Womit wir wieder beim Jahr des Hahns sind.

Mehr oder weniger glückliche Gesichter seht ihr in meiner Bildergalerie sortiert nach Brett und Zeit.

Scherzkekse an der Leibniz-Uni

Über den Schachticker bin ich auf einen Antrag an der Leibniz Universität aufmerksam geworden, auf den wir als Hannoveraner eine Antwort schuldig sind:

„Das Schachspiel ist auf dem gesamten Gelände der Leibniz Universität Hannover ausnahmslos verboten.“

Die Begründung erfolgt in 12 Punkten. Guckt ihr hier: http://www.asta-hannover.de/wp-content/uploads/2016/11/Antrag-VV-2016-Erhardt-Till.pdf

Frage an Radio Eriwan: „Ist der Antrag berechtigt?“
Antwort: „Im Prinzip ja, aber ohne Sperrgebiet ist das Verbot sinnlos.“

Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen ist das Schachvirus hochaggressiv. Die meisten Menschen sind dagegen resistent, aber wen es erwischt, wird für die Gesellschaft zu einer Last. Diese reagiert mit Unverständnis. „Für die Mehrzahl der Menschen ist Schachspielen kein Sport, sondern öde … unverständlich … etwas für introvertierte Spinner und Wichtigtuer“, kommentiert der „Wattwurm1968“ die Schach-WM in New York auf ZEIT-ONLINE.

Gottfried Wilhelm Leibniz
Gottfried Wilhelm Leibniz

Die Wirklichkeit ist schlimmer. Oder ist euch beim Schachspielen noch kein exaltierter Spinner begegnet? Folglich ist ein Sperrgebiet unabdingbar. Was würde der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz dazu sagen? „Thunlichst ist ein Sperrgebiet von 5 km einzurichten. Damit können die Schachfreunde Hannover kein weiteres Unheil anrichten.“ – Von Keulen hat er zum Glück nichts gesagt.