Return to Senden

Elvis: Return to Senden (kleines Wortspiel)
Elvis: Return to Senden (kleines Wortspiel)

„Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist es nur ein Schritt“, sprach einst Napoleon Bonaparte. Das ist der, den sie jetzt wegen unserer Waterloosäule aus dem Schrank geholt haben. Für uns Schachspieler hat Napoleons Zitat folgende Bedeutung: „Vom Meisterspieler zum Patzer ist es nur ein Zug.“ Als Beweis sollen zwei Niederlagen dienen, die ich 1998 und 2001 beim Sportland Open in Senden kassiert habe. Der Patzer war und bin ich wohlgemerkt.

Senden kann vieles heißen. In diesem Fall handelt es sich um den idyllischen Ort im ebenso idyllischen Münsterland. Zweimal habe ich dort jeweils im Oktober am Open teilgenommen. Damals hießen die Open „Sportland“, heute „Münsterland“. In den Anfangsjahren war das Niveau außerordentlich hoch. Im Jahr 1998 waren 13 Großmeister und 7 Internationale Meister dabei. Es gewann Daniel Friedmann mit 7,0 Punkten aus 9 Partien. Mit am Start war der damals blutjunge Arkadij Naiditsch. Mit 5,0 Punkten belegte er am Ende den 20. Platz.

In der 6. Runde hatte ich mit Weiß den Bundesligaspieler FM Timo Sträter (ELO 2340) in einer sehenswerten Partie geschlagen (guckt ihr meinen allerersten Blog-Beitrag). In der folgenden 7. Runde konnte ich einen weiteren Sieg gegen einen Bundesligaspieler einfahren, und zwar gegen Lars Thiede (ELO 2355) von den Schachfreunden Berlin. Es war so leicht (hinterher).

Diese Stellung hatten wir nach dem 33. Zug auf dem Brett. Weiß hatte zuvor inkorrekt auf e5 eine Figur geopfert:

IM Lars Thiede – Gerhard Streich

Stellung nach 33.Lb2xe5
Stellung nach 33.Lb2xe5

Welcher Zug gewinnt? Ohne viel Federlesens hätte 33…Sxh3+! gewonnen. Ich entschloss mich zu 33…Sxd5?! und verlor später sogar im Endspiel, obwohl ich zwei Leichtfiguren gegen einen Turm hatte. Fairerweise zeigte mir Lars Thiede nach der Partie, dass 33…Sxh3 für ihn tödlich gewesen wäre. Ich hatte den Zug zwar auch gesehen, aber in der verbliebenen, knappen Bedenkzeit verworfen. Das ist halt der Unterschied zwischen einem Meister und einem Patzer. – Am Ende belegte Lars Thiede den 9. Platz mit 6,0 Punkten. Ich verpasste indessen ein ausgezeichnetes Turnierresultat.

Drei Jahre später (2001) war ich wieder in Senden. In der 2. Runde traf ich auf den Favoriten, GM Giorgi Kacheishvili (ELO 2583) aus Georgien. Er wurde seiner Favoritenrolle gerecht und gewann nicht nur gegen mich, sondern souverän das ganze Turnier. In der aktuellen Webseite des Veranstalters ist dazu folgendes zu lesen:

„Einen klareren Sieg kann man sich kaum vorstellen: GM Giorgi Kacheishvili erspielte sich sieben Siege bei zwei Remisen. Seine Partien wirkten dabei allesamt klar, geradezu einfach. Da zeigt sich wahres Können: scheinbar mühelos das zu erreichen, was anderen auch bei großer Anstrengung nicht gelingt. Der Georgier wirkt stets gut gelaunt. Ob ihm der Erfolg in Senden wichtig ist? Ja, schon. Aber in seiner großen Zeit hat er einmal in den USA von acht gespielten Turnieren sieben gewonnen. Und damit läßt sich das jetzt nicht vergleichen…“

In meiner Partie gegen ihn stand es allerdings Spitz auf Knopf. Für ein bisschen Angriff hatte ich eine Figur geopfert. Nach dem 31. Zug von Weiß war ich vor eine schwierige Frage gestellt:

GM Giorgi Kacheishvili – Gerhard Streich

Stellung nach 31.Lb2-c1?!
Stellung nach 31.Lb2-c1?!

Seinen letzten Zug hatte der Georgier ziemlich schnell ausgeführt. Natürlich habe ich sofort gesehen, dass der Turm auf b1 hängt. Ich war mir nicht sicher, ob es ein Versehen, ein Bluff oder ein genialer Zug war. Ich entschloss mich zu 31…Sh5. Der Zug versprach eine anhaltende Initiative, aber irgendwann gelang es meinem Gegner seinen König in Sicherheit zu bringen, und es war aus mit dem Großmeisterskalp. Heute würde ich zu 31…Sh3+ nebst Dxb1 greifen. Die Chancen, die Partie im Gleichgewicht zu halten, wären gut. – In diesem Open erkämpfte ich mir übrigens gegen die damals 16-Jährige Elisabeth Paehtz ein Remis. Diese Partie findet ihr ebenfalls in unserem Blog.

Die Partien gegen Lars Thiede und Giorgi Kacheishvili könnt ihr in meinem Kommentar in voller Länge nachspielen. – Das war’s mit dem Sendener Rückblick. Bezüglicher weiterer Open-Auftritte meinerseits sage ich: „See you later, Alligator!“

Infinitum Mobile

Gerhard Einstein
Gerhard Einstein

Schachspieler sind vielseitig, vor allem wenn es ums Denken geht. Deshalb habe ich einen Tipp für euch, wie ihr dasselbe verbessern könnt. Es geht um Philosophie. Kürzlich wurde ich auf ein Projekt aufmerksam, das Dr. Gerhard Stamer (Jahrgang 1939) ins Leben gerufen hat. Raus aus dem Elfenbeinturm, rein ins pralle Internetleben, war seine Vision. Inifinitum Mobile (unbegrenzte Bewegung) nennt er sein Projekt. Über zehn Themen soll in den kommenden zwei Jahren öffentlich diskutiert werden. Darwins Evolutionstheorie macht den Anfang. Stamers Credo: „Ich möchte keine Diskussion unter Experten, sondern Diskussionen mit Menschen.“ Zu den Letztgenannten zähle ich mich.

Neugierig – wie ich nun einmal bin – habe ich mir die ersten Kommentare angeguckt. Ich war entsetzt! Es sollte ein Blog für Menschen sein, stattdessen präsentieren dort eine Handvoll Experten ihre Fabulierkunst, die bis an die Schmerzgrenze geht. Als Hobby-Philosoph kenne ich diese Sprache, aber jeder normale Mensch wird sich kopfschüttelnd abwenden. Die Wahrscheinlichkeit, dass solche Texte von Nichtexperten zu Ende gelesen und verstanden werden, ist gleich Null.

Als unerschütterlicher Optimist habe ich mir nach ein paar Tagen des Entsetzens ein Herz gefasst, mich dort angemeldet und auf meine Weise losgelegt. Womöglich ist das Entsetzen jetzt auf der anderen Seite. So oder so, die Diskussion hat Fahrt aufgenommen. Uncool ist die Sache nicht. Ich bin gespannt, ob ich eine Antwort auf meine Frage nach den Krähen bekomme. – Wenn ihr Lust und den Mut habt, eure eigenen Gedanken online schweifen zu lassen, solltet ihr meinem Beispiel folgen. Meine Kommentare sind unschwer auszumachen.

Der Appell von St. Gerhard und Gerhard St. lautet: „Die Diskussion ist eröffnet. Nehmen Sie teil!“ Der Eintritt war frei: die Website existiert nicht mehr…

Alte Zöpfe

Meine Mini-Diskussion mit Torsten hat mich dazu angeregt, das Thema „alte Zöpfe“ aufzugreifen. – Zweck einer Schachorganisation ist es, das wettkampfmäßige Schachspielen zu organisieren und dabei zu fördern. Dafür bedarf es Strukturen. Diese Strukturen sind Mittel zum Zweck und dürfen sich nicht zum Selbstzweck entwickeln. Diese Struktur ist aber aus meiner Sicht – zumindest in Niedersachsen – aus dem Ruder gelaufen bzw. nicht mehr zeitgemäß. Ihr kennt sicher die Parkinsonschen Gesetze, wonach ein Bürokratiewachstum mit der wachsenden Tiefe hierarchischer Ordnungen einhergeht. Im Niedersächsischen Schachverband sieht die hierarchische Ordnung folgendermaßen aus:

Schachbezirk 1 Hannover / 39 Vereine / 1.394 Mitglieder
Schachkreis Region Hannover
Schachkreis Schaumburg

Schachbezirk 2 Braunschweig  / 23 Vereine / 746 Mitglieder
Schachkreis Peine

Schachbezirk 3 Südniedersachsen / 24 Vereine / 724 Mitglieder
Schachkreise bzw. Unterbezirke: keine?

Schachbezirk 4 Lüneburg / 37 Vereine / 1072 Mitglieder
Schachkreis Unterlüß
Schachkreis Celle

Schachbezirk 5 Oldenburg-Ostfriesland / 29 Vereine / 875 Mitglieder
Unterbezirk Ammerland, Stadt Oldenburg, Wesermarsch
Unterbezirk Ostfriesland
Unterbezirk Südoldenburg
Unterbezirk Wilhelmshaven-Friesland

Schachbezirk 6 Osnabrück-Emsland / 26 Vereine / 917 Mitglieder
Schachkreis Grafschaft Bentheim
Schachkreis Emsland
Schachkreis Osnabrück-Land
Schachkreis Osnabrück-Stadt

Ob meine Auflistung hundertprozentig stimmt, kann ich nicht garantieren. Die Informationen der Bezirke im Internet sind von unterschiedlicher Qualität. Ob Bezirk, Unterbezirk oder Schachkreis, alle benötigen einen Vorstand, der aus bis zu 10 Personen besteht. Schaut man hinter die Kulissen, wird deutlich, dass viele Posten vakant und selbst die gewählten Vertreter häufig desinteressiert sind. Als Beispiel zitiere ich aus dem Protokoll vom 59. Kongress des Schachbezirks Oldenburg-Ostfriesland, der am 22. Juni 2014 stattfand:

„TOP 7 Berichte aus den Unterbezirken

Aus dem Unterbezirk (UB) Ammerland-Oldenburg(Stadt)-Wesermarsch ist kein Vorstandsmitglied anwesend. Der 2. Vorsitzende Hans-Werner Pump fehlt entschuldigt.

Nils Friedrichs berichtet als Vorsitzender aus dem UB Ostfriesland. Der Spielbetrieb fand ordnungsgemäß statt. Die Meldungen der Mannschaften sind rückläufig. Eventuell wird nächste Saison nur mit einer Liga gespielt.

UB-Turnierleiter Rainer Hellmann berichtet aus dem UB Südoldenburg. Es gibt 4 Mannschaften in der Kreisklasse und ein Schnellschachturnier am 3. Oktober. Ansonsten gibt es keinen Spielbetrieb.

UB-Turnierleiter Klaus Schumacher berichtet, dass der UB Wilhelmshaven-Friesland zusammen mit dem UB Ammerland-Oldenburg(Stadt)-Wesermarsch spielt und sich dies bewährt hat.“

Das klingt nicht gerade nach prallem Schachleben und führt unwillkürlich zu der Frage: „Wofür hat dieser Schachbezirk mit lediglich 875 Mitgliedern 4 Unterbezirke?“ Für diese Unterbezirke müssen folgende Vorstandsposten vorgehalten werden:
http://schachbezirk-oldenburg-ostfriesland.de/unterbezirke

Nun beklagt bei demselben Kongress der als Gast eingeladene NSV-Präsident Michael S. Langer, dass es immer schwieriger werde, Funktionen durch Ehrenamtliche zu besetzen. Ist das angesichts der fragwürdigen Ämterflut ein Wunder?

Anderes Beispiel: Der Schachkreis Peine hatte am 17.01.2015 zur Kreisversammlung eingeladen. Gekommen waren 8 Personen, 7 davon haben sich gegenseitig selbst gewählt, die achte Person war Michael S. Langer.

Am 30.05.2015 findet die Versammlung unseres Schachbezirks statt. Im vergangenen Jahr waren von 39 Vereinen lediglich 17 gekommen. Die Mehrheit der Vereine (22) hielt es offenbar nicht für notwendig zu kommen. Vielleicht zu recht!?

Es ist überhaupt nicht meine Absicht, diejenigen verächtlich zu machen, die sich innerhalb dieser Ordnung engagieren. Ich weiß, dass Schachfunktionäre äußerst sensibel sind und jeden Verbesserungsvorschlag misstrauisch bewerten. Ein Fettnäpfchen trifft man garantiert. Gleichwohl darf bzw. muss die Sinnfrage gestellt werden. Es ist ja nicht mit den Vorstandsposten in den Bezirken, Unterbezirken und Kreisen getan, dazu kommen die Posten bei den Senioren, bei den Jugendlichen und letztlich in den Vereinen. Dabei wollen wir doch eigentlich nur Schachspielen!

Wir können nicht auf Knopfdruck schwindende Mitgliederzahlen und schwindendes Interesse an bestimmten Turnieren beseitigen. Aber wir können den Trend umkehren, indem wir unsere Strukturen reformieren. Das wäre ein Baustein für eine bessere Zukunft. Bezogen auf den Niedersächsischen Schachverband besteht mein Vorschlag darin, in den Bezirken sämtliche Unterorganisationen abzuschaffen. Bezüglich der Region Hannover habe ich mich bereits an anderer Stelle positioniert: https://www.schachfreunde-hannover.de/schachregion-hannover-das-unbekannte-wesen/ Inwieweit die Bezirke selbst neu sortiert werden sollten, vermag ich nicht zu beurteilen.

Unser NSV-Präsident Michael S. Langer hat bekanntlich auf Bundesebene das Handtuch geworfen. Ich habe eine gute Meinung von ihm gewonnen und würde ihm zutrauen, dass er die Strukturreformen in Niedersachsen anpackt. Solche einschneidenden Änderungen haben nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn der oberste Chef dahintersteht. „Aller Guten Dinge sind Drei!“, ist die aktuelle, positive Botschaft auf der NSV-Seite. Ein Ding besteht darin, dass Michael S. Langer ab sofort den Großteil seiner freigesetzten Kapazitäten dem Niedersächsischen Schach widmen wird. Ich würde mich freuen, wenn er meine Anregungen aufgreift.

Dass früher nicht alles besser war, möchte ich euch anhand eines Briefes zeigen, den mir der allseits geschätzte und leider viel zu früh verstorbene Gerhard Willeke im November 1988 geschrieben hat, als ich Vereinsvorsitzender war. Reibungsverluste, mangelnde Resonanz und lahme Arbeit in Schachorganisationen sind also nichts Neues.

Karfreitag 1970

Steinhude. Karfreitag, der 27. März 1970.200-Steinhude Der Tag war kalt und grau. Die Nacht wurde dramatisch. Doch dazu später mehr. In meinem Beitrag über Lindens Jubiläum habe ich meine Bundeswehrzeit in Rotenburg erwähnt. Das hat mich dazu bewogen, über meine Schachaktivitäten dieser Ära nachzudenken. Zum Vorschein kamen teils rudimentäre, teils konkrete Erinnerungen. Die Rede ist vom 24. Landeskongress des Niedersächsischen Schachverbands, der 1970 in Steinhude stattfand; und zwar in den Strandterrassen. Diese Kongresse, die immer zu Ostern stattfanden, waren auf Funktionärs- und Sportebene das Highlight jeder Schachsaison. Als der Osterkongress in Steinhude lief, hatte ich Schichtdienst in Rotenburg. Daraus ergab sich ein Abenteuer, das ich hier preisgeben möchte. Zum besseren Verständnis – auch unserer gesellschaftlichen Verhältnisse zu der Zeit – muss ich ein bisschen ausholen.

Trotz meiner pazifistischen Grundhaltung – die bis heute anhält – wollte die Bundeswehr meine Dienste nicht missen. 18 Monate betrug damals die Wehrpflicht. Ich hatte Glück, vom Kommisskram blieb ich weitgehend verschont. Das lag an meiner Bestimmung. Ich wurde als Horchfunker ausgebildet. Ein Vierteljahr Grundausbildung in Rotenburg, ein Vierteljahr Spezialausbildung ebendort und ein halbes Jahr Spezialausbildung in Feldafing am Starnberger See waren meine Stationen im ersten Jahr. Die restlichen 6 Monate bestanden aus Schichtdienst in Rotenburg. Wir waren die Soldaten, die den potentiellen Feind rund um die Uhr überwachten, indem wir dessen Funkverkehr abhörten und durch Peilung desselben Truppenbewegungen ausmachen sollten. Das war zwar alles für die Katz‘, aber eingestehen wollte das natürlich niemand der Verantwortlichen.

Horchfunker Gerhard S. anno 1970
Horchfunker Gerhard S. anno 1970

Während andere im Schlamm robbten, saßen wir in sauberen Klassenzimmern und bekamen Kopfhörer aufgesetzt. Dann gab’s stundenlang Morsezeichen auf die Ohren. Während der Grundausbildung trennte sich alsbald die Spreu vom Weizen. Die meisten Menschen können Morsezeichen bis zu einer Geschwindigkeit von 60 Buchstaben pro Minute unterscheiden und gleichzeitig aufschreiben. Danach verstehen sie nur noch Bahnhof. Man muss Talent und ein musikalisches Gehör haben, denn das Abzählen von Zeichen ist in der Geschwindigkeit unmöglich. Beispiel: dreimal kurz ist ein s, viermal kurz ist ein h, und fünfmal kurz ist eine 5. Morsezeichen haben den Vorteil, dass sie gleichsam im zivilen Leben (z.B. in der Schifffahrt) angewandt werden. So habe ich doch etwas Anständiges gelernt.

Das Spiellokal hat sich kaum verändert: Strandterrassen anno 2015
Das Spiellokal hat sich kaum verändert: Strandterrassen anno 2015

Am Karfreitag 1970 hatte ich Frühschicht von 6:00 Uhr bis 12:00 Uhr. Bis zu meiner Nachtschicht, die von 24:00 bis 6:00 Uhr dauern sollte, hatte ich also 12 Stunden frei. Die Zeit nutzte ich zu einem Ausflug nach Steinhude. Mit meinem Ford 12M dauerte die Anfahrt etwa eine Stunde. Ich kam rechtzeitig an, um an einer der zahlreichen Vorrunden des großen Osterblitzturniers teilzunehmen. 144 Schachfreunde waren am Start. In die Endrunde gelangten nur jeweils die ersten beiden einer Vorgruppe. Das Gelingen war sozusagen der Ritterschlag unter den Blitzern. Ich gehörte dazu und belegte am Ende einen guten 9. Platz.

Die Rückseite vom „Haus am Meer“
Die Rückseite vom „Haus am Meer“
Das Steinhuder Meer mit Blick auf die Inselfestung Wilhelmstein
Das Steinhuder Meer mit Blick auf die Inselfestung Wilhelmstein

So weit, so gut. Mittlerweile war es verdammt spät geworden. Gegen 23:00 Uhr machte ich mich auf die Rückfahrt. Eine Stunde hatte ich Zeit bis zu meinem Dienstantritt. Das konnte knapp werden. Als ich losfuhr, war es stockdunkel. Dann begann es plötzlich zu schneien. Ach, was sage ich, es waren Schneegestöber, die mir auf den einsamen Landstraßen das Fortkommen erschwerten. Mit der Nase direkt hinter der Windschutzscheibe tastete ich mich auf rutschigem Asphalt gen Rotenburg. Winterreifen: Fehlanzeige. Für Räumfahrzeuge lohnte sich der Aufwand nicht. Mir war so, als sei ich in Norddeutschland der einzige Autofahrer gewesen, der in dieser Nacht unterwegs war. – Es war 1:30 Uhr als ich meinen Dienst antrat. Bundeswehr hin oder her, Pünktlichkeit ist mir heilig. Mein Vorgesetzter nahm’s indes gelassen. Der Feind war friedlich wie eh und je.

Anno 1970 war ich zwanzig. Heute würde ich die Strapazen nicht mehr auf mich nehmen: Frühschicht, Anreise zum Spiellokal, 30 Blitzpartien, Abreise unter abenteuerlichen Bedingungen, Nachtschicht und morgens die Heimfahrt von Rotenburg nach Hannover! Wer jung ist, sollte sich indes nicht scheuen. Wenn wir alt sind, müssen wir etwas zu erzählen haben.

In der Karwoche wurde ansonsten richtig Turnierschach gespielt. 184 Schachspielerinnen und Schachspieler beteiligten sich an den verschiedenen Turnieren. Im Meisterturnier belegten drei Spieler punktgleich die ersten Plätze mit je 7,5:3,5 Punkten: Dieter Weise, Dr. Detlev Müller-Using und Dr. Friedrich Gragger (alle HSK). Dieter Weise wurde zum Niedersachsenmeister erklärt. Auf den ursprünglich vorgesehenen Stichkampf wurde meines Wissens verzichtet. Der Titel blieb so oder so in der HSK-Familie. Vierter wurde der spätere Deutsche Schachpräsident Heinz Hohlfeld (ebenfalls HSK) vor den Brüdern Jürgen und Karl Juhnke (damals beide SVgH, eine unserer Wurzeln). In Diensten der Schachfreunde Badenstedt belegte Peter Brunotte den 5. Platz im Vormeisterturnier.

Im folgenden Jahr (1971) musste sich Dr. Gragger den 1. Platz nicht teilen. In Bad Gandersheim wurde er unangefochten Niedersachsenmeister. Dann verschwand er für immer aus Niedersachsen. Die älteren unter euch werden sich an Prof. Dr. ing. Friedrich Gragger erinnern. Er war ein Österreicher, wie er im Buche steht. Wenn er den Raum betrat, fand er sofort Beachtung. Das lag zum einen an seinem wuchtigen Körper, zum anderen an seiner Aura, die für uns spröde Niedersachsen ungewöhnlich war. Aus beruflichen Gründen war er eine Weile in Hannover tätig; wenn ich mich nicht irre bei Conti. Seine Erfolge im Schachspiel konnten sich sehen lassen. Bei den Österreichischen Staatsmeisterschaften belegte er 1948 und 1951 jeweils den 3. Platz. Für den HSK spielte er am 1. Brett. – Sein Heimatverein war der SV Gmunden. Dort war er bis zu seinem Tod im Jahr 1986 aktiv. Dr. Gragger starb im Alter von 59 Jahren. Offenbar kam sein Tod „plötzlich und unerwartet“, denn er traf ihn, als er an den Oberösterreichischen Landes-Einzelmeisterschaften teilnahm. Die Trauer beim SV Gmunden war dementsprechend groß.

Bei meinen Recherchen bin ich auf einen wunderbaren Film gestoßen, den der lokale Sender salzi.tv im Jahr 2012 anlässlich des 75-jährigen Bestehens des SV Gmunden gedreht hat. Der Film (Dauer 4:30 Minuten) ist wirklich sehenswert und könnte beispielhaft für unsere Breitengrade sein. Es gibt schöne Bilder und kluge Sätze, z.B. vom U8-Meister Stefan Iro: „Schach ist einfach ganz super!“ „Doch Vorsicht! Suchtgefahr!“, haucht die Sprecherin zum Abschluss ins Mikrofon. „Wie wahr, wie wahr!“, möchten wir Süchtigen ihr einmütig zurufen.

Den Film müsst ihr euch unbedingt anschauen: http://salzi.tv/video/75-jahre-schachverein-gmunden/5fb99aaa557dd8d56736044cccaa8cc4

Ist euch der grau melierte Mann mit dem Dreitagebart aufgefallen, der so sympathisch über unsere Sportart plaudert? „Schach öffnet die Gedankenwelt“, sagt er unter anderem. Sein Name: Dr. Hermann Zemlicka. Als ich weiter recherchierte, bekam ich einen Schreck. Kurz nachdem der Film gedreht wurde, verstarb er. Mit 55 Jahren! Einen Nachruf findet ihr hier:

http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/salzkammergut/Stadt-trauert-um-Hermann-Zemlicka;art71,905388

Was aus Dieter Weise geworden ist, weiß ich nicht. Aber die Chronistenpflicht gebietet mir, an einen anderen Todesfall aus der Steinhuder Troika zu erinnern. Im Jahr 2008 verunglückte Dr. Detlev Müller-Using bei einem Verkehrsunfall tödlich, als er sich auf dem Weg zu einem Schachmannschaftskampf befand. Einen Nachruf gibt es auf der Webseite des Godesberger SK:

http://www.godesbergersk.de/index.html?/aktuell/nachruf_mueller-using.html

Zurück ins Jahr 1970: Pech hatte Horst-Peter Anhalt im Jugendmeisterturnier. Mit 7:2 Punkten wurde er knapp von Stephan Buchal (damals Wolfenbüttel heute Werder Bremen) mit 7,5:1,5 Punkten übertroffen. Bis zur letzten Runde hatte Horst-Peter souverän geführt. Dann kassierte er eine unglückliche Niederlage. Bei den Jugendblitzmeisterschaften mit 60 Teilnehmern wurde Horst-Peter Dritter.

Von den Funktionären gibt es auch etwas zu berichten. Es ging heiß her. Über die mangelnde Breiten- und Spitzenförderung von Jugendlichen wurde heftig gestritten. Einen eigenständigen Jugendverband gab es noch nicht. – Die Jugendlichen von damals spielen heute bei den Senioren; siehe Stephan Buchal. „Kinder, wie die Zeit vergeht!“ Das gilt auch für unseren Uwe. Er feierte just seinen 5. Geburtstag, als ich verspätet in Rotenburg meinen Dienst antrat. Mittlerweile hat er das halbe Jahrhundert geschafft.

Was habe ich eigentlich Karfreitag 2015 gemacht? Ich kann mich nicht erinnern. „Verdamp lang her!“ (BAP) Den Endspurt von Hannover 96 vor 45 Jahren in der Fußball-Bundesliga habe ich indes noch vor Augen. In der Saison 1969/70 standen die 96er vom 17. bis zum 33. Spieltag durchgängig auf einem Abstiegs- oder Relegationsplatz. Am letzten Spieltag gab’s einen 4:2 Sieg gegen Kaiserslautern. Damit sprang der 13. Platz in der Tabelle heraus. Wenn das kein gutes Omen für die diesjährige Horrorserie ist! Absteigen mussten 1860 München und Alemannia Aachen. Das nachhaltigste Ereignis im Jahr 1970 war jedoch das Ende einer Modesünde. Der Mini-Rock wurde durch den Maxi-Rock abgelöst. Man stelle sich vor, Frauen würden heutzutage in Miniröcken am Schachbrett sitzen. Über schwindende Mitgliederzahlen im Deutschen Schachbund müssten wir uns jedenfalls keine Sorgen machen!

900 Jahre Linden

Offizielles Logo (Urheber Florian Metzler)
Offizielles Logo (Urheber Florian Metzler)

Hannover besteht aus 51 Stadtteilen. Drei davon bilden Linden: Nord, Süd und Mitte. Dort leben derzeit rund 38.000 Menschen. Als Linden im Jahr 1920 der Stadt Hannover zugeschlagen wurde, waren es doppelt so viele. Achtzig Jahre zuvor hatte das „Dorf Linden“ gerade mal 3.200 Einwohner. Das lässt auf eine bewegte Vergangenheit schließen, die ihren Ursprung im Jahr 1115 haben soll. Das sind 900 Jahre leben und sterben.

Sterben ist für alle gleich, aber wie verhält es sich mit dem Leben? Lindener waren schon immer anders als die Anderen. Das hat sich bis heute bewahrt. Und so wundert es nicht, dass wir uns den „etwas anderen Schachverein“ nennen, denn wir haben in Linden unseren Standort, hier wohnen die meisten Mitglieder, hier befinden sich unsere Wurzeln.

Unser Verein hat zwei Wurzeln. Die ältere Wurzel hat ihren Ursprung im Jahr 1919. Unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg wurde der „Arbeiter-Schachklub Hannover“ gegründet, der sich nach Ende des 2. Weltkriegs „Schachvereinigung Hannover“ nennen durfte und sich im Jahr 2000 mit der zweiten Wurzel, aus der ich entsprang, vereinigte. Die zweite Wurzel hieß ursprünglich „Schachfreunde Badenstedt“ (Gründungsjahr 1949). Bad Enstedt, wie Spötter zu sagen pflegen (Bad Endorf gibt es wirklich), ist sozusagen der vorgelagerte Kurort von Linden. Wir Badenstedter brauchten eine Odyssee durch Kneipen und Klubräume bis wir zur Jahrtausendwende unsere Heimat im Freizeitheim Linden fanden. Die ehemaligen Arbeiterschachfreunde waren schon eher in Linden präsent. Deren Neuanfang nach dem 2. Weltkrieg begann 1946 in der Gaststätte Mertens mit selbstgebastelten Brettern und selbstgeschnitzten Figuren.

So wie es unserer Badenstedter Wurzel erging, erging es auch mir persönlich. Über Umwege fand ich vor 33 Jahren meine Heimat in Linden-Mitte. Gleichwohl hat mich Linden schon in meiner Jugend geprägt. Hier bin ich zur Schule gegangen; im Fössebad habe ich das Schwimmen und im Keller des 1961 eröffneten Freizeitheims das Tischtennisspielen gelernt; meine Kröten trug ich zur Lindener Volksbank. Ohne Linden wäre mein Leben anders verlaufen. Viele sehnen sich nach der eigenen Scholle. Oft landen sie dabei an der gesichts- und geschichtslosen Peripherie. Tauschen möchte ich mit denen nicht. Ich gucke tagtäglich auf über 100 Jahre alte Häuser und alternde Bäume, die immer dann, wenn sie neu erblühen, ein Häuflein ewig gurrender Ringeltauben anlocken, die ihre Notdurft schamlos über geparkten Autos verrichten.

Über Linden gibt es viele gute Internetseiten, über die ihr euch bestens über diesen außergewöhnlichen Stadtteil informieren könnt. Diese möchte ich euch aus aktuellem Anlass besonders ans Herz legen:

http://www.linden-entdecken.de/

http://www.stadtteil-hannover-linden.de/

Wer tiefer in die Lindener Seele einsteigen möchte, möge sich den Film „Linden-Ein Arbeiterlied“ aus dem Jahr 1991 ansehen. Autoren des Films sind Wilfried Wallat und Wolfgang Jost. Mit dem langjährigen Kameramann des NDR, Wolfgang Jost, verbindet mich ein halbes Jahr meines Lebens. Während unserer Bundeswehrzeit in Rotenburg (Wümme) (hieß damals noch „Rotenburg in Hannover“) habe ich ihn auf den Hin- und Rückfahrten stets in meinem Ford 12M mitgenommen. Die lustigsten Momente erlebten wir auf dem Exerzierplatz, wenn übereifrige Rekruten in den Passgang verfielen. Das war zum Brüllen komisch. So ähnlich schauen echte Lindener auf den Rest der Welt. Für diejenigen, die sich der Obrigkeit anbiedern, haben sie nur ein mildes Lächeln übrig.

Guckt ihr hier 80 Minuten für 6 €, den Trailer gibt’s umsonst:

http://www.agdok.de/de_DE/movies_detail/19533

Linden hat nicht nur weltweit die größte Kioskdichte, nein, dass Lindener wirklich anders ticken, seht ihr an diesem Kommunal-Wahlergebnis aus dem Jahr 2011. Die bundesweit führende CDU lag zwar in Linden mit 10,2% der Stimmen vor den Piraten 6,4%, aber hinter den Linken 11,6%, hinter der SPD 29,6% und hinter den Grünen 37,6%. Die FDP holte 1,1%. Yuppies gehören demnach nicht zum Straßenbild. Die leben vermutlich alle in der List. Kleiner Scherz. – Einen Scherz erlaubte sich auch Stefanie Kaune (HAZ-Lokalredakteurin). Im LindenLimmerBuch (Ausgabe 1998) empfahl sie uns Lindenern: „Haltet die Klappe!“ Wir sollten vorsichtiger sein mit dem, was wir über unseren Stadtteil sagen. Schluss mit dem entrückten Schwärmen über Lindens Liebens- und Lebenswürdigkeit. Erst würden Schaulustige unsere Straßen verstopfen, dann kämen womöglich Menschen aus den spießigen Stadtteilen Hannovers mit der Absicht, hier zu wohnen. Nicht auszudenken! Der Bezirksrat müsste für Linden notgedrungen einen Einwanderungsstopp erlassen. Spaß beiseite. Hat Stefanie Kaune vor 17 Jahren bereits an die Gentrifizierung gedacht?

Das große Festwochenende steht unmittelbar bevor. Vom 1. bis zum 3. Mai 2015 gibt es zahlreiche Veranstaltungen. Das traditionelle Radrennen am Lindener Berg gehört ebenso dazu wie die 1.Mai-Demo, die im Anschluss auf dem Faust-Gelände zum gemütlichen Teil übergeht. Am 3. Mai steppt der Schwarze Bär auf dem Lindener Markt. Beteiligt sind viele Lindener Vereine. Schachspieler, die sich mit ihrem Spielgerät outen, sind meines Wissens nicht dabei. Nichtsdestotrotz wird eine Menge geboten. Auch Nichtlindener werden ihre Freude daran haben. Dieser Flyer hilft euch bei Auswahl:

http://www.900jahrelinden.de/wp-content/uploads/2014/09/900Jahre-03MaiFlyerWeb.pdf

Mein Beitrag zu Lindens Jubiläum besteht in zwei Gedichten. Das eine (ein Frühwerk aus dem Jahr 2007) handelt vom Radrennen am Lindener Berg, an dem ich selbst einige Male teilgenommen habe. Das Rennen ist knüppelhart. Genießen kann man es nur mit der entsprechenden Einstellung:

Col du Linden
Col du Linden

Ereilt hat uns der Monat Mai,
wir prüfen das Befinden,
die Form ist uns nicht einerlei,
so sehr wir uns auch winden.
Das Ego wählt die Quälerei,
drum startest du in Linden,
am Berge heißt’s: „Dawai, dawai!“
Wohl auf, zum frohen Schinden!

 

 

Das zweite Gedicht ist eine Erstausgabe. Es handelt von einem armen Wicht, dessen bedauernswertes Schicksal sich am besten in einem Limerick ausdrücken lässt:

Es war ein Schachfreund aus Linden,
der konnte seine Figuren nie finden.
Drum blieb sein Schachbrett stets leer
in Nord, Süd, Mitte und am Schwarzen Bär.
Mit Gerstensaft musst‘ er den Schmerz überwinden.

Prösterchen!
Prösterchen!

 

004-Linden-BlogSeid ihr jetzt in der richtigen Stimmung? Okay, dann habe ich noch ein paar Lindener Impressionen für euch. Die Auswahl ist mir nicht leichtgefallen, weil Linden unglaublich viele Facetten hat. Hier geht’s lang zu meiner Galerie.

 

 

 

Dennes Abel gewinnt 21. Leine-Open

Drei Internationale Meister lagen am Ende mit 7,5 Punkten aus 9 Partien vorn: Die etwas bessere Buchholzwertung gab den Ausschlag für Dennes Abel (SF 1903 Berlin) vor seinem Vereinskameraden aus der Bundesligamannschaft Ilja Schneider. Beide blieben ungeschlagen. Dritter im Bunde war Rekordteilnehmer Carsten Lingnau (SV Hellern). Er verlor in der 8. Runde gegen Ilja Schneider.

Die Sieger von links nach rechts: Carsten Lingnau (3.) Dennes Abel (1.) Ilja Schneider (2.)
Die Sieger von links nach rechts: Carsten Lingnau (3.) Dennes Abel (1.) Ilja Schneider (2.)
Sieger Dennes Abel und Schiedsrichter Jörg Witthaus
Sieger Dennes Abel und Schiedsrichter Jörg Witthaus
Lara Schulze erhält einen Ratingpreis von Jörg Witthaus (in der Mitte Ratinggewinner Torsten Gans)
Lara Schulze erhält einen Ratingpreis von Jörg Witthaus (in der Mitte Ratinggewinner Torsten Gans)

Weitere drei Internationale Meister und drei FIDE-Meister waren an die Leine gekommen. Insgesamt waren 67  Schachfreundinnen und Schachfreunde am Start.  Das ist eine erfreuliche Steigerung gegenüber den Vorjahren. Vorjahressieger Davor Maric war allerdings nicht dabei. Die Turnierleitung hatte unser Vorstand wie gewohnt professionell im Griff. Ernste Probleme soll es nicht gegeben haben. Die Stimmung war gut. Sämtliche Platzierungen könnt ihr wie gewohnt auf dieser Seite nachlesen:

http://www.leine-open.de/

Die Teilnehmer aus unserem Verein schlugen sich wacker. Herausragend sind die 6,0:3,0 Punkte von Torsten Gans, der damit den Ratingpreis DWZ <2.000 gewann. Dahinter platzierte sich mit 5,5 Punkten Lara Schulze (SK Lehrte). Sie gehört in der Altersklasse U14 zu Deutschlands größten Talenten. Ich konnte ihre Spielweise einige Male beobachten. Die ist für ein junges Mädchen erstaunlich abgezockt. – Das war mein Beitrag in wenigen Worten. Jetzt lasse ich nur noch Bilder sprechen.

Spannendes Finale in der Landesliga Süd

Von einem verflixten Wochenende habe ich gesprochen. Eigentlich nur als Reminiszenz an meinen Eye-Catcher (M.M. im verflixten 7.Jahr) gedacht. Doch sollte sich diese Vorhersage für einige Vereine bewahrheiten. Die Dramatik um den Aufstieg in die 2. Bundesliga Nord sagt alles. In den Niederungen der Landesliga Süd gab es eine eigene Dramaturgie um den Aufstieg. Gewinnt Wolfsburg, steht der Aufsteiger fest. Alle anderen Ergebnisse öffnen den Hamelnern oder uns die Tür zur Oberliga.

Wolfsburg hat gewonnen. Der Drops ist somit gelutscht. Ob verdient oder nicht, weiß ich nicht. Im Falle einer Wolfsburger Niederlage gegen Laatzen hätten wir mit einem Sieg vorbeiziehen können. Hätte, hätte, Fahrradkette. Wir haben gegen Wolfenbüttel bekanntlich 4:4 gespielt. Dabei lag der Sieg so greifbar nahe. Ausgerechnet unser Captain Uwe vergab in seiner Partie so viele Chancen, wie ich es noch nie erlebt habe. Dass er ein zweizügiges Matt ausließ und sogar noch verlor, ist unglaublich. Uwe hat es trotzdem mit Fassung getragen. Das zeichnet ihn einmal mehr aus.

Apropos Fahrradkette. Ich durfte diesmal aussetzen und konnte somit den Radsportklassiker schlechthin, Paris-Roubaix, daheim und live verfolgen. Zwischendurch habe ich einige Szenen unserer Sportart mit meinem Fotoapparat festgehalten. Die sind nicht so spektakulär wie die auf dem üblen Kopfsteinpflaster, aber nicht minder authentisch. Ein Fazit zur Saison 2014/15 wird Uwe demnächst ziehen. Ich zeige euch ausgewählte Szenen unseres Mannschaftskampfes gegen die sympathischen Wolfenbütteler. – Meine Gratulation für den Aufstieg geht nach Wolfsburg, mein Trost für den Abstieg geht in die List und nach Laatzen. Der Rest sieht sich wieder in der Saison 2015/16. Hoffentlich.

Brett 1
Tonndorf, Matthias ½-½ Liebau, Andreas

Brett 1 Tonndorf-Liebau
Brett 1 Tonndorf-Liebau

Gegen den amtierenden Niedersachsenmeister wählte Andreas eine scharfe Variante, die ihm einen Bauern kostete, aber Gegenspiel versprach. Sein Gegner konnte den Bauern bis zum Schluss behaupten. Der reichte allerdings nicht für einen vollen Punkt.

 

 

Weiß am Zug. Stellung nach 32.…hxg6
Weiß am Zug. Stellung nach 32.…hxg6

 

33.Tb6 [33.Txg6+ Kh7 34.Tb6 Sxb3=] 33…Sf5 34.Lf4 Kf7 35.Kg2 Td3 36.b4 Tb3 37.b5 Se7 38.Le5 Sd5 39.Tb7+ Ke6 40.Lg3 Sc3 41.b6 Sd5 42.Lc7 Kd7 43.Tb8 Sxc7 44.bxc7 Tc3 45.Tg8 Kxc7 Den Bauern konnte Andreas unschädlich machen, dafür fällt der in g-Linie. 46.Txg6 Kd7 47.Tg8 Tc2 Der Rest ist etwas für die Theorie der Turmendspiele. Mehr als Remis ist für Weiß wohl nicht drin. Im 64. Zug war das Unentschieden am 1. Brett perfekt. ½-½

 

Brett 2
Brodhuhn, Reinhard ½-½ Erdogan, Ugur

Reinhard Brodhuhn (noch ohne Gegner)
Reinhard Brodhuhn (noch ohne Gegner)

Reinhard spielte gediegen. Sein Gegner spielte gediegen. Heraus kam eine gediegene Stellung, die man am besten durch Zugwiederholung beendet.

Weiß am Zug. Stellung nach 22.…Sb6-c4
Weiß am Zug. Stellung nach 22.…Sb6-c4

 

 

 

 

 

 

 

 

 

22… Sc4 23.Lc1 Sb6 24.Ld2 Sc4 ½-½

 

 

Brett 3
Oppitz, Peter 1-0 Meyer, Heinz-Dieter

Brett 3 Oppitz-Meyer
Brett 3 Oppitz-Meyer
Schwarz am Zug. Stellung nach 16.Tfe1
Schwarz am Zug. Stellung nach 16.Tfe1

Auch Heinz-Dieter steckte in der Eröffnung einen Bauern ins Geschäft. Bei der Rückeroberung machte er einen folgenschweren Fehler.

 

 

 

 

16…Sxd5?? Die Reihenfolge macht den Unterschied. Zuerst muss der Läufer schlagen: 16…Lxd5 17.Sxd5 Dxd5 18.Txe7 Dxd2 19.Txd2 Txd2 20.Sxd2 Td8 21.Sf3 Sd7 und Weiß hat nur einen minimalen Vorteil. 17.Sxd5 Jetzt verliert Schwarz eine Figur, z.B. 17…Lxd5 18.c4 und wenn der Läufer zieht, folgt Dc3+ nebst Damengewinn. Das wollte sich Heinz-Dieter verständlicherweise nicht zeigen lassen. 1-0

 

 

 

Brett 4
Kaimer, Thomas 1-0 Panskus, Martin

Brett 4 Kaimer-Panskus (Schwarz gibt auf)
Brett 4 Kaimer-Panskus (Schwarz gibt auf)

Diesmal hat ein Wolfenbütteler mit einem Minusbauern zu kämpfen. Vergeblich wie Thomas eindrucksvoll bewies.

 

 

 

 

Schwarz am Zug. Stellung nach 31.Td1-d6
Schwarz am Zug. Stellung nach 31.Td1-d6

 

31…Sb8 32.Txa6 Sxa6 33.Te6 Sc5 34.Txg6 Sxb3 35.Tf6+ Ke7 36.Txf5 b4 37.cxb4 Tc1+ 38.Kh2 axb4 39.Tf4 Schwarz hatte genug und gab auf (siehe Foto) z.B. 39…Tc2 40.Txb4 Sc5 41.Kg3 Sd3 42.Tb7+ Ke8 43.b4 Sxf2 44.Sd4 und der Rest ist Sache der Technik. 1-0

 

 

 

 

Brett 5
Bilawer, Andreas 1-0 Gabriel, Uwe

Brett 5 Bilawer-Gabriel Weiß zieht 31.De4-e8+
Brett 5 Bilawer-Gabriel
Weiß zieht 31.De4-e8+

Ü50 darf sich Captain Uwe seit wenigen Tagen nennen. Hatte er deshalb Schmetterlinge im Kopf? Grandios gespielt und grandios vergeigt. Schach ist manchmal gnadenlos.

Schwarz am Zug. Stellung nach 34.Tde1
Schwarz am Zug. Stellung nach 34.Tde1

 

 

 

 

34.Te1 An dieser Stelle habe ich mich zum zweiten Mal auf den Heimweg gemacht (Paris-Roubaix gucken). Alles andere als ein baldiger Sieg von Uwe kam für mich nicht infrage. 34…Dg6?! Zu zaghaft, aber spielbar. [34…Dxh2 35.Sg3 (35.Sf6+ Kg6 (35…gxf6?? 36.Dxf7+ Kh8 37.Te8#) 35…f5 36.Df8 Dh4-+] 35.Db8? [35.Td1]

 

 

Schwarz am Zug. Stellung nach 35.De8-b8?
Schwarz am Zug. Stellung nach 35.De8-b8?

35…Txa4? [Warum nicht 35…Sc2! und Weiß kann aufgeben?] 36.Sd6 Dd3+ 37.Kg1 Dd2?! [Schade um diese schöne Variante: 37…Se2+ 38.Kh1 Dc3 39.Tf1 Ta1-+]

Analysediagramm
Analysediagramm

 

 

 

 

 

 

38.Tf1 Df4 39.Df8 Kg6?! [39…Se2+ 40.Kh1 Dxf2! 41.Dxf7 Dxf7 42.Sxf7 Txc4-+] 40.Sc8 Sf5 41.g3 Dxc4 42.h4 Dd4 43.De8 Ta2 44.h5+ Kf6 45.Dc6+ Kg5 46.Dc7 Ta3 47.Kh2

Schwarz am Zug. Stellung nach 47.Kg1-h2
Schwarz am Zug. Stellung nach 47.Kg1-h2

 

47…Kxh5? Das Springeropfer hätte kurzen Prozess gemacht: [47…Sxg3 48.fxg3 Ta2+ 49.Kh1 De4+ 50.Kg1 Dg2#] 48.Dxf7+ g6 49.Db7? Weiß leistet sich einen Verlustzug nach dem anderen. [49.Se7! Dg7 50.g4+ Kg5 51.f4+ Kxg4 52.Tg1+ Kh5 53.Dxf5+ gxf5 54.Txg7 Tf3 55.Sg6=] 49…Kg5 50.f3

Schwarz am Zug. Stellung nach 52.Kh2-h3
Schwarz am Zug. Stellung nach 52.Kh2-h3

 

 

 

50…h5?! Wieder einen K.o.-Schlag ausgelassen: [50…Sxg3! 51.Kxg3 Dh4+ 52.Kg2 Ta2+ 53.Kg1 Dh2#] 51.Dh7 Ta2+ 52.Kh3 Jetzt macht Uwe den Sack zu! Oder?

52…Dd2?? [Unglaublich! Uwe übersieht ein Matt in zwei Zügen: 52…Dg4+! 53.fxg4 hxg4#] 53.f4+ Kf6 54.Dh8+ Ke6?? [54…Kf7] 55.De8+ Kd5 [55…Kf6 56.Df8+ Ke6 57.Te1+ Se3 58.Txe3+]

Schwarz am Zug. Stellung nach 56.Td1!!
Schwarz am Zug. Stellung nach 56.Td1!!

 

 

 

 

56.Td1!! Weiß erkennt seine Chance. Der Zug ist genial. Er verhindert das Matt und gewinnt die Dame. 56…Sd4 Der Rest ist Verzweiflung. 57.Df7+ Ke4 58.Dxg6+ Ke3 59.Txd2 Txd2 60.Sd6 Kf2 61.Se4+ Ke3 62.Sxd2 Kxd2 63.f5 c4 64.f6 Se6 65.f7 Sf8 66.Dd6+ 1-0

 

 

Brett 6
Kölle, Arthur ½-½ Prof. Dr. Kraft, Karl-Heinz

Brett 6 Kölle-Prof. Kraft Special Kiebitz (3.v.l.): Niedersachsens Rekordmeister Manfred Heilemann
Brett 6 Kölle-Prof. Kraft
Special Kiebitz (3.v.l.): Niedersachsens Rekordmeister Manfred Heilemann

Arthur lieferte sich mit Prof. Kraft ein Duell auf Augenhöhe. Im entscheidenden Moment wählte er jedoch die falsche Zugfolge. Zum Glück ohne Folgen.

 

 

 

 

 

Weiß am Zug. Stellung nach 32...e6-e5
Weiß am Zug. Stellung nach 32…e6-e5

33.De8+? Erst schlagen, dann Schach geben: [33.Lxe5! (33…Dxc5? 34.Lxf6 Dxh5 35.Dd8+ Kh7 36.Lxg7! Kxg7 37.Dd4+) Lxe5 34.De8+ Kh7 35.Dxe5=] 33…Kh7 34.Lxe5 Db1+? [34…Dxc5 35.Lxf6 Dxh5 36.Lc3 Dd1+ 37.Kh2 Df3 und Schwarz steht auf Gewinn.] 35.Kh2 Df1 36.Lxf7 Dxf2+ 37.Kh1 Df1+ 38.Kh2 Df2+ 39.Kh1 Df3+ 40.Kh2 Lxf7 41.Dxf7 Df2+ 42.Kh3 Df1+ 43.Kh2 De2+ 44.Kh3 Dxe4 45.Lxf6 Df5+ 46.Kg2 Dxc2+ 47.Kh3 Df5+ 48.Kg2 Diese Stellung hält auch mein Computer für ausgeglichen. ½-½

 

 

Brett 7
Klettke, Wolfgang ½-½ Fritze, Bernd

Brett 7 Klettke-Fritze
Brett 7 Klettke-Fritze

Bernds Mehrbauer war ein Geschenk seines Gegners in der Eröffnung. Der hatte dafür keine Kompensation, bis Bernd durch ein Versehen (Zeitnot?) nachhalf.

 

 

 

Schwarz am Zug. Stellung nach 36.Df2-h4+
Schwarz am Zug. Stellung nach 36.Df2-h4+

 

36…Kd6? Die Eintrittskarte für die weiße Dame. [36…Kd7 37.Txc4 De2+ 38.Kg3 Dd3+ 39.Kf2 Dxc4 40.Df6 Ke8 41.Dh8+ Ke7-+] 37.Dd8+ Kc6 38.Txc4+ dxc4 39.De8+ Kd5 40.Dxf7 Dg5+ 41.Kh1? Dieser Zug steht auf dem Partieformular. Wenn der stimmt, ist die Remisvereinbarung nicht nachzuvollziehen. Denn plötzlich steht Schwarz wieder auf Gewinn: 41…Dc1+ 42.Kg2 Dxb2+ 43.Kf1 Db1+ 44.Ke2 Dc2+ 45.Kf1 Df5+ 46.Dxf5+ exf5 47.Ke2 Ke4 48.h4 Kf4-+ [Richtig war 41.Kf3!] ½-½

 

Brett 8
Ackermann, Dennie 1-0 (kampflos) Lönhardt, Benjamin

Dennie Ackermann ohne Gegner
Dennie Ackermann ohne Gegner

Dennie hat gut lachen. Ein voller Punkt ohne Stress. Kampflose Punkte sind dennoch keine Wohltat.

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Ergänzung am 17. April 2015 (siehe Kommentar)

Verbandsliga Süd Brett 2 Herrmann (SFH II) - Uschayi (Hannover 96 II)
Verbandsliga Süd Brett 2
Herrmann (SFH II) – Uschayi (Hannover 96 II)

 

 

 

 

 

 

Wo guckst du?
Wo guckst du?

 

Das verflixte Wochenende

Warten auf den Aufwind
Warten auf den Aufwind

Die Schachsaison 2014/2015 geht an diesem Wochenende zu Ende. Für Spannung ist überall gesorgt. Die 1. Bundesliga macht heute Nachmittag den Anfang. Die x-te Deutsche Mannschafts-meisterschaft der OSG Baden Baden dürfte nur noch eine Formsache sein.

In der 2. Bundesliga Nord hat der SK Norderstedt die besten Karten. Aber auch der SK König Tegel kann sich noch Hoffnung auf den Aufstieg ins Oberhaus machen. In der Oberliga Nord kommt es zum Showdown zwischen Hannover 96 und dem SV Werder Bremen II. Den Mannen um Torben Schulze reicht ein Unentschieden für den Aufstieg in die 2. Bundesliga Nord.

In der Landesliga Süd gibt es bekanntlich noch drei Aufstiegskandidaten. Dabei wollen wir dem Orakel ein Schnippchen schlagen. Jenseits von Gut und Böse sind indes unsere Mannschaften Nr. 2 bis 4.

Erwartungsfroh gucken wir also auf den morgigen Sonntag. „Da geht noch was!“, lautet das Motto. Die Achterbahn der Gefühle nimmt ihren Lauf…

Deizisau 2015

Luftlinie 500 m links bis zum Spiellokal in Deizisau
Luftlinie 500 m links bis zum Spiellokal in Deizisau

Vor einem Jahr war ich zu Ostern in Deizisau. Dort findet Jahr für Jahr Deutschlands größtes Open statt. Für mich war die Teilnahme eine Erfahrung, die ich nicht bereut habe, obwohl das Turnier mit 9 Partien an 5 Tagen knüppelhart ist. Dies Jahr betrachte ich das Turniergeschehen aus der Ferne. Wer es mir gleichtun möchte, sollte diesen Link aufrufen: http://www.neckar-open.de/index.php/de/

 

Im letzten Jahr war Ilja Schneider als Berichterstatter dabei; diesmal gehört er wieder zu den Aktiven. Über ihn und das Drumherum habe ich euch vor einem Jahr berichtet. Wer sich meine Beiträge in Erinnerung rufen möchte, guckt hier:

https://www.schachfreunde-hannover.de/18-neckar-open/

https://www.schachfreunde-hannover.de/ilja-schneider-in-deizisau/

Im Jahr 2014 fand Ostern zwei Wochen später statt. Dementsprechend war das Wetter dem diesjährigen um einiges voraus. Etwas von der 2014er-Stimmung möchte ich euch mit bislang unveröffentlichten Bildern (ganz ohne Schachspieler) zeigen.

Der Ihme-Cup ist gerettet!

Das Ihme-Zentrum in Schieflage
Das Ihme-Zentrum in Schieflage

Beinahe wäre der Ihme-Cup ins Trockene gefallen. Orkan Niklas hatte das Ihme-Zentrum gestern in eine Schieflage gebracht. Es fehlte nicht viel, und die Hochhäuser wären in die Ihme gekippt. Einige Hannoveraner hätten das wohl begrüßt, gleichwohl wären die Folgen für das Schachturnier verheerend gewesen. Das umgestürzte Ihme-Zentrum hätte das Wasser aufgestaut, wodurch die Ihme flussabwärts auf unbestimmte Zeit ausgetrocknet gewesen wäre.

Da das Turnier nicht nur den Namen trägt, sondern das Spiellokal an der Ihme liegt, wäre die Geschäftsgrundlage demzufolge entfallen. In einer dramatischen Aktion gelang es unserem Vorstand, die Katastrophe zu verhindern. Unsere guten Kontakte zu Petrus brachten die Rettung. Petrus schickte kurzerhand einen Regenbogen, der nicht nur das Umkippen stoppte, sondern im Anschluss das komplette Ihme-Zentrum zurück in die Ausgangslage drückte.

Der planmäßigen Austragung des Ihme-Cups vom 8. bis 10. Mai steht damit nichts mehr im Wege. Ob es noch freie Plätze gibt, weiß ich nicht, da die Teilnehmerzahl auf 64 begrenzt ist. So oder so macht es Sinn, vorher am 26. April am Leine-Open teilzunehmen. Die Leine fließt derzeit tadellos…

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Ergänzung am Ostersonntag:

Frohe Ostern!
Frohe Ostern!