Um 16:30 Uhr war der Sieg perfekt

Die Nachricht über unseren grandiosen Sieg in Wolfsburg hat sich bereits wie ein Lauffeuer verbreitet. Bevor ich darauf zu sprechen komme, möchte ich den Hamelnern zu ihrem 1. Sieg gratulieren und die Salzgitteraner trösten. Nur Gerhard Kaiser bereitet mir Sorgen. In Bergen war er unbesiegbar, in der Landesliga macht er derzeit den Yannick des Vorjahrs.

Aus Krankheitsgründen musste die 1. Mannschaft im letzten Moment umgebaut werden. Dass unser Kapitän nicht zur Verfügung stand, war länger bekannt. Von der Krankheit eines  Wolfsburgers konnten wir indes profitieren. Arthur gewann am 2. Brett kampflos. Das war der Auftakt zu einem ungemein spannenden Mannschaftskampf, der folgendermaßen ablief:

SC Wolfsburg – SF Hannover / Landesliga Süd am 16.11.2014

0-1 Brett 2 Dr. Joachim Schmidt-Brauns -+ Arthur Kölle

Solch einen Punkt nimmt man gern mit, wobei Arthur lieber gespielt hätte. Er fühlte sich stark!

0,5 – 1,5 Brett 5 Gerhard Streich ½ Dieter Jentsch

Dieter Jentsch ist auf der Höhe
Dieter Jentsch ist auf der Höhe

Nach 13 Zügen bot mir Dieter Remis an. Da ich den Eindruck hatte, dass dies eine freundschaftliche Geste nach unseren gemeinsamen Erlebnissen in Bergen sei, nahm ich das Remisangebot an. Glücklich war ich nicht darüber, zumal mir die Stellung gefiel. Die Partie endete dort, wo auch die Eröffnungstheorie zu Ende ist.

 

1,5 – 1,5 Brett 1 Thomas Kaimer 0-1 Dr. Thomas Hänsel

Toms Springeropfer auf f7 war anscheinend zu optimistisch, wobei ich das spontan auch gewagt hätte. Nach einigem Geplänkel und weiteren Figurenopfern konnte Schwarz seinen Materialvorteil ummünzen.

2,5 – 1,5 Brett 7 Olaf Bergmeier 0-1 Wladimir Degen

Nach wissenschaftlicher Auswertung seiner Partie spricht Olaf von Schachblindheit à la Carlsen und Anand. Soll heißen: Olaf konnte gewinnen. Einzelheiten werden nachgereicht.

2,5 – 2,5 Brett 3 Bernd Fritze 1-0 Steffen Urban

Bernd stand meines Erachtens gut, aber sein Damengewinn für einen Turm war wohl eher der Unaufmerksamkeit seines Gegners geschuldet. Der Sieg war wenig später besiegelt.

3,0 – 3,0 Brett 8 Dr. Gerd Rapin ½ Fredrik Polenz

Die Partie hatten wir schon früh auf der Habenseite gebucht. Auf dem Königsflügel gab es eine Bauernstruktur, die sich neutralisierte, auf dem Damenflügel hatte Fredrik das Sagen. Seine Schwerfiguren drückten auf die weißen Bauern, die sein Gegner mühsam verteidigen musste. Fredrik konnte seine Stellung ständig verbessern und einen Bauern gewinnen. Da sich sein Gegner geschickt verteidigte, war der Gewinnweg nicht so einfach. Den fanden wir erst im Nachhinein bei der Analyse. Die Partie endete remis, was einer kleinen Ernüchterung gleichkam.

3,0 – 4,0 Brett 6 Arnold Loewner 0-1 Dr. Martin Ploog

Ein großmeisterlicher Sieg! Im Mittelspiel hatte Martin einen Bauern erobert. Genauer gesagt, war es nur ein halber, weil Doppelbauer. Erst wurden sämtliche Schwerfiguren getauscht, dann sämtliche Leichtfiguren bis auf einen Springer der weißen Partei und einen Läufer der schwarzen Partei. Auf dem Königsflügel standen sich 3 weiße und 4 schwarze Bauern gegenüber, auf dem Damenflügel war das Verhältnis 2:2. Die klassische Frage in Endspielen, ob der Läufer einem Springer überlegen sei, konnte Martin eindrucksvoll beantworten. Sein minimaler Vorteil wuchs von Mal zu Mal, und so mündete die Partie in einem reinen Bauernendspiel, das für Martin leicht gewonnen war. Aber der Weg dorthin war eine eindrucksvolle Demonstration seiner Spielstärke.

Ein Unentschieden im Mannschaftskampf hatten wir jetzt in der Tasche. Aber wir wollten mehr. Die ganze Verantwortung lag nun allein bei Dennie. Und der hatte eine verdammt komplizierte Stellung.

3,5 – 4,5 Brett 4 Marcel Keßler ½ Dennie Ackermann

Das Mittelspiel war ein Spektakel mit Fesselungen und Gegenfesselungen. Beide Könige standen exponiert. Wer auf Gewinn stand, war schwer auszumachen. Mir gefiel Dennies Stellung besser, und ich glaubte als Kiebitz, dass er gewinnen konnte. Als sich der Pulverdampf verzogen hatte, waren Dennie zwei Läufer gegen zwei Türme verblieben. Dennie hatte jedoch zwei Trümpfe in der Hand: Ein Freibauern-Paar im Zentrum und die Fesselung eines Turms. Das war die Ausgangsstellung für weitere 90 Minuten, die mit der quälenden Frage verbunden waren: Kann Dennie eine Niederlage abwenden? Dennie kämpfte bravourös und erreichte am Ende mit einem Läufer und dem b-Bauern gegen einen Turm eine Stellung, die Weiß nicht gewinnen konnte. 16:30 Uhr. Remis! – Ob in dieser Partie alles mit „rechten Dingen“ zuging, darf bezweifelt werden. Ich hoffe, dass wir von Dennie noch eine Auswertung bekommen.

Unser Sieg in Wolfsburg war zwar knapp, aber mit dem Adjektiv „glücklich“ würde ich ihn nicht bezeichnen, dafür haben wir mindestens in zwei Partien (Olaf+Fredrik) etwas liegen lassen. Nach zwei Siegen in der Landesliga sieht die Welt für uns rosiger aus. Gleichwohl liegt alles dicht beieinander. Die Saison 2014/15 verspricht weiterhin viel Spannung.

Noch’n 70. Geburtstag

Eine wahre Geschichte. Mai 1963. Ein junger Mann wird Mitglied bei den Schachfreunden Badenstedt. Er ist 18 Jahre alt. Es ist eine Zeit des Umbruchs, doch dauert es noch 5 Jahre, bis die 68er von sich reden machen. Gerade ist das Zweite Deutsche Fernsehen auf Sendung gegangen. In schwarz-weiß versteht sich; um 23:30 Uhr ist Sendeschluss. Die Fußball-Bundesliga spielt ihre 1. Saison. Timo Konietzka schießt für Dortmund das 1. Tor in der 1. Minute gegen Werder Bremen. Der FC Bayern München muss zunächst draußen bleiben. Feindbilder gibt es dennoch genug. Der Kalte Krieg läuft auf Hochtouren. Der Alltag ist überschaubar. Die Beseitigung einer Laufmasche kostet 5 Pfennig und ein Liter Benzin 59 Pfennig. „Coffee to go“ ist noch nicht erfunden, dafür hängt am Christbaum mehr Lametta.

Dieser junge Mann merkt recht bald, dass ihm das Organisieren besser liegt als das Schachspielen. Alsbald beginnt seine beispiellose Karriere als Schachfunktionär. Er ist kein Revoluzzer, sondern ein behutsamer Reformer, der auf eloquente Weise seine Ideen durchsetzt. Meistens, jedenfalls. Doch dazu später mehr. – 1964 betrete ich die Badenstedter Schachbühne. 15 Jahre bin ich alt und damit das jüngste Mitglied. Heute bin ich fast das älteste, aber das nur nebenbei. Die folgenden zwei Dekaden sind von vielen Gemeinsamkeiten geprägt. Nach meiner unfreiwilligen Bundeswehrzeit zog ich als Junggeselle nach Anderten in meine erste eigene Wohnung. Einen Steinwurf entfernt wohnten er und Wolfgang Rosin. Beide hatten jung geheiratet. Ob es am jeweiligen Nachwuchs lag, weiß ich nicht. Es war eine intensive Zeit der Selbstfindung mit zahlreichen Diskussionen über Gott und die Welt. Unser Schachverein war das Bindeglied. Alle profitierten davon. Ein gemeinsamer Kurzurlaub in Damp 2000 mit mehreren Schachfreunden nebst Lebensgefährtinnen ist ein Beleg dafür. Ein anderer Beleg ist die folgende Anekdote.

Es war ein Abend im Jahr 1973. Als ich gegen 20:00 Uhr nach Hause kam, wollte ich zum Abendbrot ein Hühnerei verspeisen. Ich setzte einen mit Wasser gefüllten Kochtopf auf die Elektroherdplatte, legte ein Ei hinein und drehte den Schalter auf die Höchststufe. Plötzlich klingelte das Telefon. Er war dran: „Wir müssen über Schach reden. Kannst du gleich zu mir kommen?“ Ich folgte prompt, machte die Küchentür zu und ging zu ihm hinüber. Das Ei hatte ich vergessen. Gegen 23:00 Uhr kam ich zurück und legte mich gleich ins Bett. Als ich am nächsten Morgen die Küche betrat, dachte ich, mich trifft der Schlag. Herdplatte und Kochtopf glühten feuerrot wie der Krater des Ätnas während einer Eruption. Das Ei war explodiert und hatte sich in tausend Stücke an Decke und Wänden verteilt. – Der Schaden war gering. Mein Aussetzer bleibt indes unvergessen.

Die Odyssee, die unser Schachverein notgedrungen mitmachte, führte zu Fragen nach der Ausrichtung. Fusion mit den Vereinen x oder y? Spiellokal im Raschplatzpavillon oder in einer Kneipe? Er konnte sich nicht durchsetzen und nahm dies zum Anlass, zu unserem Erzrivalen, dem Hannoverschen Schachklub, zu wechseln. Wenn man weiß, welche Hassliebe unsere beiden Vereine damals verband, war das ein krasser Schritt. – Das über 100-Jährige Flaggschiff HSK gibt es in der ursprünglichen Form nicht mehr. Mein Verein hat sich seine Identität trotz struktureller Veränderungen jedoch bewahrt. Wie Schiffbrüchige haben wir die Schachvereinigung auf unser Floß gezogen und dümpeln seitdem gemeinsam auf den Wattenmeeren der Schachwelt, wohlwissend, dass überall Untiefen drohen.

Anfang der 80er Jahre trennten sich unsere Wege. Seine Karriere als Schachfunktionär nahm Fahrt auf und führte ihn bis an die Schaltstellen des Deutschen Schachbunds. Folgende Auflistung, die vermutlich Lücken hat, zeigt seine verschiedenen Ämter, die er ihm Laufe der Zeit inne hatte und zum Teil noch hat.

•    Spielleiter Schachfreunde Badenstedt
•    1. Vorsitzender Schachfreunde Badenstedt
•    Spielleiter Niedersächsischer Schachverband
•    2. Vorsitzender Niedersächsischer Schachverband
•    1. Vorsitzender Niedersächsischer Schachverband
•    1. Vorsitzender Hannoverscher Schachklub
•    Schatzmeister Deutscher Schachbund
•    Vizepräsident Deutscher Schachbund
•    Geschäftsführer Wirtschaftsdienst GmbH des Deutschen Schachbunds
•    1. Vorsitzender Schachzentrum Bemerode

Als Dank für seinen unermüdlichen Einsatz wurde er zum Ehrenmitglied des Deutschen Schachbunds ernannt. Er wurde am 12.11.1944 geboren. Es ist der Jahrgang von Helmut Reefschläger, Martin Kind, Peter Brunotte und Anton Schlecker. Jetzt erfahrt ihr die Auflösung meiner „wahren Geschichte“ (analog Klassik Radio). Der Mann, der 1963 in unseren Schachklub eintrat, heißt: Heinz-Jürgen Gieseke.

Heinz-Jürgen ist überrascht: „Ja, is‘ denn heut‘ scho‘ Weihnachten?“
Heinz-Jürgen ist überrascht: „Ja, is‘ denn heut‘ scho‘ Weihnachten?“

Nein. Gerhard wünscht Dir zu Deinem 70. Geburtstag alles Gute!

14.09.2014 Entdeckertag in Hannover

Ja. 5 Jahre später: Gerhard wünscht Dir zu Deinem 75. Geburtstag alles Gute!

Schachregion Hannover – Das unbekannte Wesen

Die Ausschreibung zum Regions-Dähnepokal hat mich neugierig gemacht. Der Gewinner darf nämlich auf Bezirksebene weiterspielen. Nur, wo sind die Grenzen zwischen der Region und dem Bezirk? Im Netz habe ich darauf keine Antwort gefunden.

Auf der Webseite des Schachbezirks Hannover sind derzeit 39 Vereine aufgelistet. Eine Zuordnung zur Region Hannover oder zu den verbleibenden Landkreisen gibt es nicht. Meine Geographiekenntnisse haben zu folgender Sortierung geführt: Von den 39 Schachvereinen gehören 32 zur Region Hannover, 3 zum Landkreis Schaumburg (SV Bückeburg, SC Stadthagen und SK Rinteln), 3 zum Landkreis Nienburg (SK Stolzenau, Eystruper SK und SV Warmsen) sowie einer zum Landkreis Diepholz (SF Sulingen).

Für die Region Hannover (32 Vereine) und für den Kreis Schaumburg (3 Vereine) gibt es einen eigenen Vorstand unterhalb der Bezirksebene. Die 4 Vereine im Landkreis Nienburg und Diepholz haben offenbar keinen eigenen Vorstand. Das heißt, die höhere Instanz, der Bezirksvorstand, vertritt lediglich 7 Vereine mehr als der Vorstand der Region Hannover. Welch ein Wahnsinn!

Mal abgesehen von der Aufblähung des Funktionärswesens ist meines Erachtens selbst in den Satzungen die Zuordnung der Schachvereine nicht eindeutig ablesbar.

Satzung Schachregion Hannover
§1 Name und Sitz des Vereins
Der Verein führt den Namen „Schachregion Hannover“ und hat seinen Sitz in Lehrte. Nach Eintragung ins Vereinsregister erhält der Name den Zusatz „e.V.“.
§ 2 Zweck des Vereins
Zweck des Vereins ist es, das Schachspiel in der Region Hannover zu betreiben und in seiner Gesamtheit zu fördern und auszubreiten. Durch sportliche Übungen und Jugendpflege soll die sittliche, geistige und körperliche Ertüchtigung seiner Mitglieder gefördert werden.

Dass die Schachvereine, die sich in den politischen Grenzen der Region Hannover befinden, damit ausdrücklich und ausschließlich Mitglied in der Schachregion Hannover sind, steht nirgendwo in der Satzung. Das Schachspiel soll lediglich betrieben, gefördert und ausgebreitet werden.

Anders steht es in der Satzung des Schachbezirks Hannover e.V:
§ 1 Name
(2) Die Grenzen des Bezirks entsprechen grundsätzlich den Grenzen des bis zum 31.12.2004 bestehenden Regierungsbezirks Hannover.
(4) Der Schachbezirk Hannover e.V. ist Rechtsnachfolger des „Schachbezirk 1 Hannover im Niedersächsischen Schachverband e.V.“.

Damit sind die Grenzen abgesteckt, wobei der Bezug auf den Regierungsbezirk Hannover obsolet ist. Denn der Osten Hannovers gehörte damals nicht zum Regierungsbezirk. Vereine wie SC Hämelerwald oder SC Uetze-Hänigsen dürften formal gar nicht zum Bezirk Hannover gehören. – Wer sich im Netz über die Schachregion Hannover sachkundig machen möchte, muss im Bezirk auf Externes(!) klicken.

Meines Erachtens sollten die Strukturen dringend neu geordnet werden. Hierarchien unterhalb der Bezirke sind kontraproduktiv. Wichtiger ist es, die Schachspieler zum Schachspielen zu bewegen. Und daran krankt es. Nur 13 Schachspieler aus 32 Vereinen sind heute Fritz Oberts Aufruf gefolgt, am Regions-Dähnepokal teilzunehmen. Fritz‘ Enthusiasmus tut das offenbar keinen Abbruch, aber mit dem satzungsgemäßen Fördern und Ausbreiten des Schachspiels hat das nichts zu tun.

Von der 1. Runde bei Kargah habe ich euch zwei Fotos mitgebracht. Einziger Teilnehmer unseres Vereins ist Torsten Gans. Möge er zumindest die Bezirksebene erreichen.

Dähne-Pokal-02Dähne-Pokal-01

Oktoberbilanz

Wir können uns nicht beklagen. Der Oktober war voll cool, obwohl er zu warm war. Er begann mit dem Wahnsinn und endet mit dem Wahnsinn. Heute wird hier und da bekanntlich das über den Großen Teich geschwappte Horrorfest namens „Halloween“ gefeiert. Das ist nichts für Schachspieler. Wir gruseln uns schon oft genug. Jede Verlustpartie ist ein Beleg dafür. Da halten wir es eher mit Margot Käßmann. Die freut sich auf den 500. Jahrestag der Reformation, der heute begangen wird. Luther sei kein makelloser Held gewesen, weiß sie gestern in der HAZ zu berichten. Man kann es auch anders ausdrücken: Martin Luther war ein richtiger Stinkstiefel. Womit wir bei uns Schachspielern sind. Anscheinend neigen einige zu rüpelhaftem Benehmen. So verstehe ich jedenfalls Fritz Oberts Ausschreibung zum 1. Regions-Dähnepokal 2014/2015:

„Verhalten am Brett und im Spiellokal:
Wer durch unangemessenes Verhalten, insbesondere in Folge von Alkohol- und Drogengenuss den Spielbetrieb stört, kann mit Partieverlust, Verweis aus dem Spiellokal bis zum Turnierausschluss belegt werden.“

Im Klartext: Seid friedlich, wenn ihr besoffen und bekifft Schach spielt!

Ganz nüchtern möchte ich hiermit Fritz‘ Bitte nachkommen, die Ausschreibung am „Schwarzen Brett“ unseres Schachvereins zu veröffentlichen. Schwarze Bretter und Schwarze Kanäle sind indes out. Deshalb mache ich das mit diesem Link:

http://schachbezirk-hannover.de/

Los geht’s am 5. November um 18:00 Uhr bei Kargah. Das ist dort, wo das Leine-Open stattfindet.

„Was bewegt Schachspieler an so einer Meisterschaft teilzunehmen? Das Faszinierende beim Spiel der Könige ist, dass es dort weder Würfel, Karten noch Glück gibt: es ist eine Mischung aus Reaktion und Gegenreaktion.“

Das ist ein Original-Auszug aus der Pressemitteilung des Schachbezirks I zur BEM in Lehrte. Keine Würfel, keine Karten, kein Glück. Und wenn dann noch Pech dazukommt… Ihr wisst schon. Torben Schulze (Hannover 96) hat Reaktion und Gegenreaktion am besten gemischt. Er wurde Bezirksmeister aller Klassen. Herzlichen Glückwunsch! Seitdem er regelmäßig unser Blog liest, wird er immer stärker. – Mitglieder unseres Vereins haben sich wacker geschlagen. Die Ergebnisse könnt ihr auf der Webseite des Schachbezirks Hannover nachlesen. Es wäre schön, wenn der eine oder andere an dieser Stelle von seinen Erlebnissen berichten würde.

So viel zu den Einzelschicksalen. Einmal mussten unsere 4 Mannschaften im Oktober ran. Bis auf die Zweite konnten alle gewinnen. Das ist eine Ausbeute, die Mut macht. Die Gewinner wissen, warum sie sich den Sonntag um die Ohren schlagen. Die anderen stellen sich berechtigterweise die Sinnfrage. In der besagten Pressemitteilung erfahren wir, dass nicht der Weg das Ziel ist, sondern: „Das pragmatische Ziel bleibt freilich, den Monarchen des Gegenspielers schachmatt zu setzen.“

Noch Fragen? Eine pragmatische Antwort gibt es von Arthur Schopenhauer:

Hindernisse überwinden ist der Vollgenuss des Daseins.

Derart gewappnet können wir uns auf einen harten Winter einstellen. Merke folgende Bauernregel:

Will's Laub nicht von den Bäumen weichen, ist dies ein hartes Winterzeichen
Will’s Laub nicht von den Bäumen weichen, ist dies ein hartes Winterzeichen

Partnerstadt Leipzig

Gestern wurde in Leipzig das gefeiert, was wir Schachspieler durch unseren unscheinbaren Einsatz vorbereitet hatten: die friedliche Revolution. Für die 200 geladenen Gäste gab es ein Drei-Gänge-Menü. Vorspeise: Fläminger Reh-Parfait und Käse vom Landgut Nemt, Hauptgang: Steinbuttfilet auf Kürbis-Ingwermousseline, Dessert: Leipziger Lerche auf Waldbeerenragout. Anno 1988 gab es Grünkohl im Ratskeller Hannover. Leipzig hatte eine 6-köpfige Schachauswahl nach Hannover geschickt. Das war ein außergewöhnliches Ereignis. Niemand ahnte, dass sich das deutsch-deutsche Verhältnis alsbald radikal ändern würde. Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg ließ es sich nicht nehmen, die Leipziger Delegation zu begrüßen. Gespielt wurde im Gobelinsaal des Neuen Rathauses. Da darf nicht jeder hinein. Frank Palm hat darüber einen lesenswerten Artikel (siehe Galerie) geschrieben, der am 22.12.1988 in der HAZ veröffentlicht wurde. Zu dem Artikel gehören die Fotos von Norbert Müller (Leipzig) und Peter Panzer (Hannover). Wir konnten einen knappen Sieg mit 3,5:2,5 Punkten verbuchen. Aber das war nebensächlich. Frank Palm formulierte es so: „Das positive Bild von der Weltoffenheit der Sachsen wurde bestätigt, während das Klischee von den steifen Hannoveranern eine erneute Widerlegung fand.“

Hannover-Leipzig Dezember 1988 – die Einzelergebnisse:
1. Panzer, Peter               ½  Trescher, Manfred
2. Mende, Andreas        1-0  Heinsohn, Günther
3. Cablitz, Achim           0-1  Müller, Norbert
4. Streich, Gerhard       1-0  Broberg, Horst
5. Herrmann, Andreas  ½  Kuhn, Udo
6. Naumann, Frank       ½  Gempe, Thomas

Leipzig-02Als wir ein Jahr später in Leipzig zum Rückkampf antraten, sah die Welt schon anders aus. Die DDR befand sich in der Auflösung. Das Hartgeld bestand noch aus Alu-Chips, aber unsere westdeutschen Münzen wurden gern genommen. Als ich einer Klofrau im Leipziger Hauptbahnhof ein Markstück auf den Teller legte, sah sie mich an, als sei ich der Heiland. Unsere Mannschaft bestand ausschließlich aus Spielern unseres Vereins. Einzelergebnisse sind mir leider abhanden gekommen.

 

 

Joachim Just anno 2014
Joachim Just anno 2014

Wimpel waren in der DDR sehr beliebt. Ich bekam diesen von der BSG Lok Leipzig. Aus dem SV Lok Leipzig-Mitte wurde im Jahr 2011 nach der Fusion mit dem SC Leipzig-Gohlis ein Großverein mit über 200 Mitgliedern. Die haben derzeit 2 Frauen-, 11 Männer- und 10 Jugendmannschaften. Ob solch eine Vereinsgröße zweckmäßig ist, will ich an dieser Stelle nicht beurteilen. Joachim Just hat jedenfalls das Weite gesucht und spielt jetzt beim SV Motor Zeitz.  Wie ich bereits an anderer Stelle berichtet habe, übernachtete ich 1989 bei Joachim in Leipzig. – 1990 kam es zum Rückkampf in Hannover. Danach gab es meines Wissens keine weiteren Begegnungen zwischen Leipzig und Hannover. Das Leben hat sich normalisiert.

Einen sensationellen Fund aus meinem Archiv möchte ich euch noch zeigen. Bereits im Jahr 1957 gab es einen Freundschaftskampf zwischen der BSG Lok Leipzig und unserem Verein (damals Schachfreunde Badenstedt). Wer hätte gedacht, dass das damals überhaupt möglich war?

Leipzig-01

Calm After the Storm

Die Wurst hat besser abgeschnitten. Sonst hätte das holländische Duo „The Common Linnets“ den ESC 2014 gewonnen. Der Titel passt zu unserem derzeitigen Gemütszustand. Der Sturm hat sich gelegt. Der Wahnsinn ist vorbei. Wir Hannoveraner sind wieder unter uns. Alle sind fort: die wissbegierigen und feierfreudigen deutschen Bürger und Bürgerinnen sowie der schachspielende Nachwuchs. Um den Nachwuchs ist es gut bestellt, ist mein Eindruck. Ansonsten löst eine Null die andere ab, Göttingen erhält einen onanierenden Kragenbären als Denkmal, und was machen wir Schachspieler? Wir üben Selbstzweifel. Das muss nicht sein.

Der Herbst ist eine ehrliche Haut. Er zeigt uns seine Emotionen, ohne sie zu beschönigen. Er kann so traurig sein, dass Himmel und Erde zu einem Grau verschmelzen, er kann zürnen und stürmen, dass uns Angst und Bange wird, aber er kann auch die Sonne rauslassen, als würde er sich wie ein Honigkuchenpferd freuen. Solch einen Tag hatten wir vorgestern. Ich wollte ihn in aller Stille genießen. Dazu eignet sich vorzüglich der Georgengarten. Obwohl er riesengroß ist, war er fast menschenleer. Walker, Jogger, Studenten, Rentner, Hausfrauen und Pfandflaschensammler hatten offenbar Pause. – Unser Überleben sichern wir durch Weisheiten. Diese haben wir zwar verinnerlicht, müssen sie aber stets aufs Neue aktivieren: „In der Ruhe liegt die Kraft“, und „Nach dem Sturm ist vor dem Sturm.“ Die nächsten Stürme toben in unserer Nähe: in Laatzen, in Isernhagen, in Neustadt und in Berenbostel. Darauf muss der rasende Verstand mental vorbereitet sein. Damit das gelingt, habe ich euch ein paar Fotos mitgebracht. Sie sollen euch die Ruhe vermitteln und die Selbstzweifel nehmen. Dann haben die angesprochenen Vorstadtschachspieler gegen uns keine Chance.

Wahnsinn!

Wahnsinn! Vor 25 Jahren war dieses Wort in aller Munde. Selbst der besonnene Joachim Just benutzte es, als er mir am 02.01.1990 einen Brief aus Leipzig schrieb: „Am 22./23. war ich anläßlich der Eröffnung des Brandenburger Tores bei einem Studienkollegen in Berlin. Das häufig gebrauchte Wort „Wahnsinn“ traf auch hier zu.“ Was gestern in Hannover abging, hat es verdient, dass dieses eigentlich abgedroschene Wort wiederbelebt wird. Für diesen einen Tag zumindest. Das Vorspiel am Donnerstag war verhalten. Den ganzen Tag über ließ sich die Sonne nicht einmal blicken. Ab Mittag strömten zwar die Besucher, aber es war angesichts des Werktags nicht überwältigend, und die wenigsten gelangten dorthin, wo Schachspielen angesagt war. 

Am Feiertag muss jemand den Schalter umgelegt haben. Die Sonne schien von der ersten bis zur letzten Minute, nicht eine einzige Wolke verirrte sich am Himmel, es herrschte T-Shirt-Wetter, und die Menschen strömten und strömten. 500.000 sollen es laut Polizeiangaben gewesen sein. Bei nicht politisch motivierten Veranstaltungen hängt die Polizei gern eine Null hinten dran. Diese Zahl entspricht indes meinen eigenen Schätzungen. Bevor ich über den „Tag der Deutschen Einheit“ und die Feier im Allgemeinen ein paar Worte verliere, möchte ich mich der real praktizierten Öffentlichkeitsarbeit unserer Schachorganisationen widmen. 

Es gehört viel Idealismus dazu, sich mit ein paar Utensilien auf einen öffentlichen Platz zu stellen und fürs Schachspiel zu werben. So ähnlich müssen sich die Zeugen Jehovas fühlen, wenn sie mit dem Wachtturm in der Hand auf dem Trottoir stehen. Kein Mensch interessiert sich dafür bis auf die wenigen Anhänger, die meist unter sich bleiben. Bis Freitagmittag war das wohl auch so in der Spielmeile. Dann schwappte der Besucherstrom über, und der Nachwuchs sorgte für Stimmung. Die Mädchen und Jungen, die von der Deutschen Ländermeisterschaft herübergekommen waren, bereicherten nicht nur quantitativ die Szene, sondern sorgten mit „Kondischach“ für Action, das viele Zuschauer in ihren Bann zog. 

Simulationsschach konnte ich nicht entdecken. Auch fand die angekündigte Live-Übertragung von Partien der Ländermeisterschaft nicht statt. Doch dafür hätte sich sowieso keiner interessiert. Aus meiner Sicht ist die Öffentlichkeitsarbeit gelungen. Deshalb sollten wir denen danken, die sich dafür eingesetzt haben. Einen aktuellen Bericht gibt es auf der Webseite des NSV. Ich lasse meine Fotos sprechen:

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Dass der Tag der Deutschen Einheit durchaus kritisch gesehen werden kann, möchte ich nicht verschweigen. Die Medaille hat eine Kehrseite, und die sieht nicht nach Schlaraffenland aus. Am Donnerstagabend gab es auf dem Opernplatz eine Gegenveranstaltung, bei der die Berliner Pop-Punk-Band namens „The toten Crackhuren im Kofferraum“ auftrat. Das muss eine Gesellschaft aushalten, wenn sie sich zugleich die „Wildecker Herzbuben“ leistet. Wer den berechtigten Weltschmerz zum Anlass nimmt, nicht fröhlich zu sein, macht etwas verkehrt. Von einem übertriebenen Nationalstolz ist die Mehrheit der Deutschen zum Glück weit entfernt.

Insofern war es richtig zu feiern. Wir Hannoveraner kennen solche Veranstaltungen. Schorsenbummel, Autofreier Sonntag und Entdeckertag sind ähnlich strukturiert. Nur diesmal war alles viel, viel größer. Dass der Wettergott mit einem Kaisertag seinen Beitrag geleistet hat, ist eben dieser „Wahnsinn“. Nicht auszudenken, wenn es gestürmt und geschüttet hätte. Und so konnte sich unser Volk, das sich die Vielfalt auf die Fahnen geheftet hat, so vielfältig wie möglich präsentieren. Für diejenigen, die nicht dabei waren, habe ich in meiner Bildergalerie einige Motive zusammengefasst.

Einen Minuspunkt bekommen die Veranstalter der Einheitsfeier dennoch von mir. Die Schlussfeier mit der Lasershow und dem Feuerwerk wurde dadurch gestört, dass der Mond mittendrin unbeirrt weiterleuchtete. Konnte den Mond niemand solange abdecken? Mit einem Handtuch oder so?

Schach auf der Einheitsfeier

In einer Woche geht’s in Hannover zur Sache. Die Deutsche Einheit wird gefeiert. Da dürfen wir Schachspieler nicht fehlen. Bekanntlich sind wir die Feierbiester schlechthin. Der Schachbezirk Hannover wird zusammen mit der Deutschen Schachjugend ein Programm auf die Beine stellen. Es geht am Donnerstag, dem 2. Oktober, gegen Mittag los und wird am Tag der Deutschen Einheit in den Abendstunden enden. Austragungsort ist die Sportmeile. Die befindet sich zwischen der HDI-Arena und dem Maschsee. Im offiziellen Programm ist von „Schach für jedermann“ und „Simulationsschach“ die Rede. Gemeint ist vermutlich „Simultanschach“, aber ich will nicht kleinlich sein.

Ganz in der Nähe, und zwar in der Jugendherberge Hannover (Ferdinand-Wilhelm-Fricke-Weg 1), beginnt am Freitagmorgen die Deutsche Ländermeisterschaft der Schachjugend. Das gleiche haben wir Senioren gerade in Bergen hinter uns gebracht. Die Veranstaltung endet nach 7 Runden am 7. Oktober. Geplant ist, bestimmte Partien der 1. Runde live zu übertragen und am Nachmittag unter den Teilnehmern der Ländermeisterschaft eine „Kondiblitzmeisterschaft“ auszutragen.

Um dieses Programm und das Equipment kümmern sich die Funktionäre. Es fehlt allerdings an Helfern. Der 1. Vorsitzende des Schachbezirks Hannover, Horst Schilling, bittet daher um Unterstützung beim Auf- und Abbauen. Wer Zeit und Lust hat, möge sich bis zum 29. September bei ihm melden. Seine Anschrift und seine Telefonnummern findet ihr auf der Seite des Schachbezirks 1.

Mit einem hohen Besucheraufkommen wird gerechnet. Dafür sind Betreuer gefragt. Freiwillige vor! Wer Glück hat, kann Angie Merkel bei einer Blitzpartie über den Tisch ziehen. Ob mit oder ohne Politprominenz sollten wir Schachspieler uns nicht lumpen lassen und eindrucksvoll demonstrieren, dass Schachspielen eine staatstragende Beschäftigung ist.

Zur Einstimmung zeige ich euch beispielhaft zwei Fotos vom Entdeckertag der Region Hannover, die ich am 14. September 2014 in der Georgstraße aufgenommen habe. Das Schachzentrum Bemerode war dort federführend tätig. Am Tag der Deutschen Einheit wird alles selbstredend viel größer und richtig aufregend.
Einheit-01Einheit-02

*******************************************************************************Ergänzung am 30.09.2014

Der Schachbezirk Hannover hat Lagepläne mit Terminen erstellt. Für Feierbiester gibt’s die jetzt online:   140929 Lageplan Anfahrt Einheitsfeier

Ergänzung am 30.09.2014 gegen 18:30 Uhr

Ich komme gerade von meinem Kontrollgang zurück. Auf dem Festareal stehen bereits Zelte soweit das Auge reicht. Überall wird gewerkelt. Der Aufwand ist gigantisch. Lediglich dort, wo wir Schachspieler unsere Kunst feilbieten sollen, ist noch tote Hose. Womöglich müssen wir Schachspieler mit Simulationszelten vorliebnehmen. Haltet vorsichtshalber eure Tapeziertische und Klappstühle bereit. Ich halte euch auf dem Laufenden.

Ergänzung am 01.10.2014

Hannover. Walter-Rodekamp-Platz. High Noon. Melde: Eine Schar junger Männer hat mit dem Aufbau der Zelte begonnen. Der rechtzeitigen Inbetriebnahme für Zwecke der Schachsimulation steht nichts im Wege. – Eure Butterbrote könnt ihr zuhause lassen. Zu Essen und zu Trinken gibt es satt. Vaterlandsliebe geht bekanntlich durch den Magen. Für Bürger, die z.B. Brandenburg in der Ländermeile aufsuchen, heißt das: Spreewaldgurken und Kaninchenspezialitäten aus Beelitz. Schleswig-Holstein wird demnächst in Goschland umbenannt, jedenfalls gewinnt man den Eindruck, wenn man dessen Präsentation sieht. Die Fischkette „Nordsee“ nimmt sich nebenan bei den Bremern dagegen bescheiden aus. Klotzen werden auch die McPommer mit ihrem Klippengriller. „Little Captain Smoker“ heißt das Ding und sieht etwa so aus wie der Dieselmotor eines Ozeanriesen. Zur festen Nahrung gehören für einen echten Deutschen natürlich Bier und Wein. Das Angebot ist riesig. Deutschland, einig Schlaraffenland.

Ergänzung am 02.10.2014 

Um 13:00 Uhr war der Ansturm auf unsere Schachwelt überschaubar:

Mittendrin: Niedersachsens Schachpräsident Michael S. Langer
Mittendrin: Niedersachsens Schachpräsident Michael S. Langer

Wie opulent mein Abschlussbericht ausfällt, weiß ich noch nicht. Das hängt von meinen subjektiven Eindrücken ab. Der Besucherstrom ist auf der Einheitsfeier im Laufe des Nachmittags kräftig angeschwollen. Aber es verlieren sich nur wenige Menschen dorthin, wo Schach gespielt wird.

Bergener Nachlese

„Stell dir vor, dein Vereinskamerad wird Deutscher Meister und keiner kommt auf die Idee, die Homepage damit zu schmücken.“

Diesen Eindruck muss man gewinnen, wenn man sich die Webseiten der jeweiligen Vereine anguckt. Das sind die Schachfreunde, die vor 10 Tagen „Deutscher Seniorenmannschaftsmeister“ geworden sind: 

Christian Clemens   SC Braunschweig Gliesmarode v. 1869 (Bezirk Braunschweig)

Juri Ljubarskij         Schachabteilung von Hannover 96 (Bezirk Hannover)

Matias Jolowicz       Schachvereinigung Salzgitter (Bezirk Braunschweig)

Dieter Jentsch          Schachklub Wolfsburg (Bezirk Braunschweig)

Berichterstattung: Fehlanzeige 

Eine rühmliche Ausnahme bildet der Hamelner SV mit „Oldies but Goldies“ und der Meldung über das ausgezeichnete Ergebnis von Gerhard Kaiser. Wobei Gerhard mit mir in der zweiten Mannschaft gespielt hat und damit nicht Deutscher Meister geworden ist. Die Enthaltsamkeit wundert umso mehr, weil auf diesen Webseiten extra Rubriken für „Aktuelles“ oder „News“ vorgesehen sind. Aktualität ist im Internet-Zeitalter das A und O. Einige Schachvereine bewegen sich allerdings im Schneckentempo oder sind einfach ignorant gegenüber den Erfolgen ihrer Vereinskameraden oder haben die falsche Person an den Schalthebeln ihrer Homepage oder sind einfach nicht im Bilde.

Sozusagen als Ersatzvornahme möchte ich die vier Deutschen Meister noch einmal ins rechte Bild rücken. Es war deren einzige (unglückliche) Niederlage gegen Hessen 1:

Von vorn nach hinten: Christian Clemens 0–1 Klaus Klundt / Juri Ljubarskij 0-1 Jürgen Haakert / Matias Jolowicz ½ Georg Haubt / Dieter Jentsch ½ Matthias Kierzek
Von vorn nach hinten: Christian Clemens 0–1 Klaus Klundt / Juri Ljubarskij 0-1 Jürgen Haakert / Matias Jolowicz ½ Georg Haubt / Dieter Jentsch ½ Matthias Kierzek

Ein spezieller Gruß geht an die Schachvereinigung Salzgitter, die ansonsten eine lebendige Webseite betreibt. Statt einer ehrenden Erwähnung von Matias Jolowicz finden wir dort auf der ersten Seite eine Torte aus der Mottenkiste. – Besser eine Fachsimpelei über Elektrofahrräder als eine Niederlage im Schachspiel, sagte sich Matias‘ Gegner in der letzten Runde. Matias und seiner Mannschaft war’s recht. Viermal Remis und der Titel war perfekt.

Matias Jolowicz (links) und Horst Weisenburger (Württemberg 1) im Fachgespräch vertieft
Matias Jolowicz (links) und Horst Weisenburger (Württemberg 1) im Fachgespräch vertieft

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Ergänzung am 20.09.2014

Bergener Spätlese

Ein Fuhrwerk mit 11 Pferden und 68 Männer waren erforderlich, um das 35 Zentner schwere Gipfelkreuz im Jahr 1886 auf den Hochfelln zu befördern. Am Sockel finden wir den 1. Vers eines schwülstigen Gedichts, das König Ludwig I geschrieben hat. Ludwig I ist der Großvater vom Märchenkönig, Ludwig Nr. 2. Beide bemühten sich als Herrscher und Dichter. In Bayern ist das bis heute so üblich.

Bergen-16Bergen-15

Auch mir warst du des Trostes  mächt’ges Zeichen,                                   Auf dich geheftet weilten meine Blicke,
Dass sich mein Herz am Glauben
fromm erquicke
Und freudig fühlte ich mich
Selbst dein eigen.

So viel Aufwand für so wenig Kunst, sage ich mir. Das geht heute leichter. Erhellendes liest man nicht mehr auf Berggipfeln, sondern ganz bequem online. Zum Beispiel in diesem Blog.

Seit gestern wissen wir, dass die Theorie der Schottischen Partie nicht umgeschrieben wird, und schottische Whiskybrenner keine Durststrecke befürchten müssen. – Eine Meldung aus dieser Woche hat mich indessen aufgeschreckt: Flaschenverbot bei Nordderby. Was heißt das für unser Auswärtsspiel morgen in Braunschweig? Dürfen wir nur mit einem Rumpfteam antreten? Dann las ich im Kleingedruckten, dass mal wieder die prolligen Fußballfans von Hannover 96 gemeint sind, wenn deren 2. Mannschaft am kommenden Dienstag gegen die zweite von Eintracht Braunschweig spielen wird. Wir Schachfreunde müssen niemand zuhause lassen. Wir werden mit einer schlagkräftigen Truppe antreten!

Nichts zu verBergen

„Springer am Rand“ im Bergener Kurpark
„Springer am Rand“ im Bergener Kurpark

Woran erkennt man, dass eine Schachpartie von einem Senioren gespielt wurde? Am Vornamen! Hans und Franz hießen meine Gegner. Wer so gerufen wird, muss verdammt alt sein, aber keinesfalls aussortiert. Ich werde euch im Anschluss vier meiner sieben Partien zeigen, die einen Eindruck über die nicht versiegende Spielstärke im Alter zeigen. Mit meinen 65 Jahren gehörte ich zu den Jungsenioren unter den Aktiven. Das ist kein Bonus, wenn es darum geht, einem Achtzigjährigen gegenüber zu sitzen. Die meisten von denen, die in Bergen aktiv waren, verfügen über eine aktuelle Spielpraxis, gegen die ich ein Waisenknabe bin.

Mit der Qualität meiner Partien bin ich zufrieden. Rumpelschach war selten dabei. Nur einmal stand ich schlecht (gegen Hans Werchan, Jahrgang 1933). Nur eine einzige Partie habe ich verloren (gegen Rainer Albrecht, Jahrgang 1952). In dieser Partie habe ich mich selbst umgebracht in einem Moment, als ich mich auf der Siegerstraße wähnte. Sechs von sieben Partien endeten also mit einem Unentschieden. Das ist kein Grund zur Euphorie, aber auch kein Grund, den Kopf hängenzulassen. Immerhin habe ich die Erwartung in Bezug auf meine derzeitige ELO-Zahl erfüllt.

Sieger-Wimpel
Sieger-Wimpel

Bevor ich zum Thema komme, muss ich mein Déjà-vu-Erlebnis loswerden. Bayern ist nämlich ein gutes Pflaster für Senioren aus Niedersachsen. Im Jahr 1987 befand ich mich in der 4-köpfigen Seniorenmannschaft des Radsportverbands Niedersachsen. Wir haben dort an der Bayern-Rundfahrt teilgenommen, das war damals die inoffizielle Deutsche Mannschaftsmeisterschaft für Senioren. Es begann in Lenggries mit einem Einzelzeitfahren und endete in der Oberpfalz mit einem Straßenrennen. Wir gewannen die Mannschaftswertung und stellten mit Hansjoachim Schippel den Einzelsieger. – Wenige Jahre später wurde aus der Seniorenrundfahrt eine Profiveranstaltung. Es ist die einzige Landesrundfahrt in Deutschland, die überlebt hat. Alle anderen wurden wegen der Dopingmisere gecancelt.

So war der Verlauf meiner Partien am 2. Brett der 2. Mannschaft:

1. Runde
Niedersachsen 2 (19./15.) – Berlin 1 (6./3.) Ergebnis 1:3
Streich, Gerhard 2124 ½ – ½ Thormann, Wolfgang FM 2256
2. Runde
Schleswig-Holstein 2 (26./22.) – Niedersachsen 2 (19./15.) Ergebnis 2:2
Felser, Franz 2044 ½ – ½ Streich, Gerhard 2124
3. Runde
Niedersachsen 2 (19./15.) – Hamburg 2 (10./18.) Ergebnis 2:2
Streich, Gerhard 2124 ½ – ½ Dr. Liersch, Andreas 2257
4.Runde
Berlin 2 (18./20.) – Niedersachsen 2 (19./15.) Ergebnis 2:2
Albrecht, Rainer 2109 1 – 0 Streich, Gerhard 2124
5. Runde
Niedersachsen 2 (19./15.) – Sachsen-Anhalt 1 (16./4.) Ergebnis 1,5:2,5
Streich, Gerhard 2124 ½ – ½ Dr. Werchan, Hans 2141
6. Runde
Hessen 2 (22./23.) – Niedersachsen 2 (19./15.) Ergebnis 0,5:3,5
Falk, Thomas 2080 ½ – ½ Streich, Gerhard 2124
7. Runde
Niedersachsen 2 (19./15.) – Bayern 2 (12./14.) Ergebnis 2:2
Streich, Gerhard 2124 ½ – ½ Dr. Röder, Frank FM 2197

In Klammern hinter den Landesnamen stehen die Platzierungen in der Ratingliste und das tatsächliche Endergebnis.

Meine erste Partie gegen FM Wolfgang Thormann (Berlin 1) endete mit einem unspektakulären Remis. In der zweiten Partie gegen Franz Felser (Schleswig-Holstein 2) war ich erwartungsfroh, versäumte es indes, zum entscheidenden Schlag auszuholen.

Felser, Franz (2040) Schleswig-Holstein 2 – Streich, Gerhard (2124) [B07]

DSMM (2), 02.09.2014

1.e4 d6 Pirc. Ein Experiment. 2.d4 Sf6 3.Sc3 g6 4.Lg5 An dieser Stelle kann man fast alles spielen. Am energischsten ist 4.f4. 4… Lg7 5.e5 Der frühe Bauernvorstoß bereitet Schwarz keine Probleme. 5…Sfd7 6.exd6 [6.f4 Sb6 7.Sf3 0-0 8.Le2] 6…cxd6 7.Sf3 h6 8.Le3 Sf6 9.Le2 0-0 10.0-0 Sbd7 11.h3 Sb6 12.Sd2 Le6 13.Sce4 Sxe4 Aus der Eröffnung bin ich gut herausgekommen. Bis zum Ende der Partie habe ich ständig einen leichten Stellungsvorteil. Allein, mir fehlt eine zündende Idee. [13…Sfd5 14.c4 Sxe3 15.fxe3 f5 16.Sc3 Tc8=+] 14.Sxe4 Tc8 15.Dd2 Kh7 16.c3 Sc4 17.Lxc4 Lxc4 18.Tfe1

Stellung nach 18.Tfe1
Stellung nach 18.Tfe1

18… Ld5 [Das wäre eine gute Idee gewesen: 18…f5 19.Sg3 e5 20.dxe5 dxe5 21.Dxd8 Tfxd8 22.Lxa7 Td2 und Schwarz ist am Drücker.] 19.f3 Da5 20.Sf2 Tfe8 21.Sd3 Lc4 22.Lf2 Df5 23.Sc1 La6 24.Se2 b6 25.Tad1 d5 26.Lg3 g5 27.Sc1 e6 28.Sd3 Lxd3 [28…h5!?] 29.Dxd3 Dxd3 30.Txd3 Tc6 31.f4 Kg6 32.Tf3 f5 33.fxg5 hxg5 34.Le5 Lxe5 35.Txe5 Th8 36.Tfe3 Kf6 37.Kf2 b5 38.a3 Th4 39.Tf3 Te4 40.Te3 Solch ein Tête-à-Tête dreier Türme hat man auch nicht alle Tage auf dem Brett.

Stellung nach 40.Tf3-e3
Stellung nach 40.Tf3-e3

40…Txe5 41.Txe5 a5 42.g4 fxg4 43.hxg4 b4 44.axb4 axb4 45.Te3 Weiß gibt sich keine Blöße. Das Turmendspiel ist Remis. 45… bxc3 46.bxc3 Ta6 47.Tf3+ Kg7 48.Te3 Kf6 ½-½

Rainer Albrecht
Rainer Albrecht

Nachdem ich in der 3. Runde ein Remisangebot des Hamburgers Dr. Andreas Liersch angenommen hatte, hieß mein nächster Gegner Rainer Albrecht (Berlin 2). Er überraschte mich vor der Partie, als er mir sagte, dass wir bereits 1976 in einem Länderkampf zwischen Berlin und Niedersachsen gespielt hätten. Die Partie sei mit der Tarrasch-Variante in der Französischen Verteidigung eröffnet worden. Sie endete mit einem Remis. Boah! Es dauerte eine Weile, bis die Erinnerung zurückkam. – Nach spannendem Verlauf musste ich meine einzige Niederlage einstecken.

Albrecht, Rainer (2109) Berlin 2 – Gerhard, Streich (2124) [E70]

DSMM (4), 04.09.2014

1.d4 Sf6 2.c4 d6 3.Sc3 g6 4.e4 Lg7 5.Sge2 Der Textzug gehört zu den seltenen Varianten in der Königsindischen Verteidigung. Furchterregend ist er nicht. 5…0-0 6.Sg3 c6 7.Le2 Sbd7 8.Lg5 h6 9.Le3 Te8?! [Besser 9…e5] 10.Dd2 Kh7 11.h4 h5 12.0-0-0 Da5 13.Kb1 a6 14.f3 [14.f4 b5 15.e5 b4 16.Sce4 Sxe4 17.Se4 Sb6 18.Sg5+ Kg8=] 14…b5 15.Sd5 Gegen den Damentausch habe ich nichts einzuwenden.

Stellung nach 15.Sc3-d5
Stellung nach 15.Sc3-d5

15…Dxd2 16.Sxf6+ Lxf6 17.Txd2 Sb6 18.cxb5 axb5 19.b3 Die kritische Stellung. Wohin soll der Lc8 entwickelt werden?

Stellung nach 19.b2-b3
Stellung nach 19.b2-b3

19…La6?! Ursprünglich hatte ich 19… Ld7 geplant, damit der Bauer b5 nach d4-d5, c6-c5 gedeckt bleibt. Doch dann befand ich es für besser, das Feld d7 für den Springer freizuhalten. Dazu kam es allerdings nicht. 20.Tc1 Tec8 21.Tdc2 Lb7 Der Läufer wird vorübergehend zurückbeordert. Den Tempoverlust hätte ich mir schenken können. 22.d5 c5 23.Lxb5 Ta5 [Vorsichtiger war der sofortige Rückgewinn des Bauern. 23…Lxh4 24.Se2 Lf6=] 24.a4?! Tca8 Droht Txb5 nebst Ta1# 25.Ta2 La6! Zurück nach a6. Der Zug ist bärenstark. Jetzt muss Weiß auf der Hut sein.

Stellung nach 25... Lb7-a6
Stellung nach 25… Lb7-a6

26.Lxa6 [26.Ld2? Lxb5 27.Lxa5 Ld3+ 28.Tcc2 Txa5-+; 26.b4? cxb4 27.Lxb6 Lxb5 28.Lxa5 Ld3+ 29.Tcc2 b3 30.Kc1 Txa5-+ siehe Analysediagramm]

Analysediagramm
Analysediagramm

 

 

26…T5xa6 27.Sf1 c4 28.bxc4 Sxa4 29.Kc2 Sc3?! An dieser Stelle hätte ich mir die Zeit für Lxh4 nehmen sollen. 30.Txa6 Txa6 31.g3 Ta2+??

Stellung nach 31... Ta6-a2+
Stellung nach 31… Ta6-a2+

Ein schrecklicher Fehler. Als Antwort hatte ich nur Kd3 gesehen und wollte dann mit Ta3 fortsetzen. Die Partie hätte sich im Gleichgewicht befunden. 32.Kb3 Te2 Zu meinem Entsetzen muss ich feststellen, dass der Springer verloren ist. Der Rest ist nur noch Agonie. 33.Ld2 Tf2 34.Lxc3 Txf3 35.Sd2 Txg3 36.Kb4 Lxh4 37.Tf1 f6 38.Sf3 Tg4 39.Sxh4 Txh4 40.e5 f5 41.e6 Tg4 42.Lf6 exf6 43.Te1 1-0

Dr. Hans Werchan
Dr. Hans Werchan

5. Runde. Ende letzten Jahres wurde Dr. Hans Werchan 80 Jahre alt. Welchen Stellenwert der Magdeburger in seiner Heimat genießt, erfahrt ihr, wenn ihr folgende Seite anklickt:

http://www.schach-sachsen-anhalt.de/index.php/seniorenschach/aktuelles-seniorenschach/425-wir-gratulieren-unserem-vizepraesidenten-dr-hans-werchan-ganz-herzlich-zu-seinem-80-geburtstag.html

Hans Werchan ist drei Wochen älter als der zehnfache Niedersachsenmeister Manfred Heilemann. Dass Manfreds Lebenswerk von keinem niedersächsischen Funktionär anlässlich seines 80. Geburtstags gewürdigt wurde, ist mir noch immer ein Rätsel.

Streich, Gerhard (2124) – Dr. Werchan, Hans (2154) Sachsen-Anhalt 1 [A34]

DSMM (5), 05.09.2014

1.Sf3 c5 2.c4 Sf6 3.Sc3 Sc6 4.g3 d5 5.cxd5 Sxd5 6.Lg2 e5? [Offenbar hat Schwarz die Zugfolge vertauscht. Üblich und notwendig war 6… Sc7, bevor der Vorstoß e7-e5 erfolgt.  6…Sc7 7.0-0 e5 8.d3 Le7] 7.d3? Leider versäume ich, einen gesunden Mehrbauern einzuheimsen: [7.Sxe5 Sxc3 8.Lxc6+ (8.Sxc6 Sxd1 9.Sxd8 Kxd8 10.Kxd1) 8…bxc6 9.dxc3 Dxd1+ 10.Kxd1 Ld6] 7…Sc7 8.0-0 Le7 9.Ld2?! Der Zug ist zu blass. Die Theorie empfiehlt 9.Sd2 oder 9.Le3!? In der Folge gerate ich in eine passive Stellung, die nicht der Sinn des Anzugsvorteils sein kann. 9…Le6 10.b3 Dd7 11.Te1 Tc8 12.Tc1 b6 13.Dc2 0-0 14.Db1 Tfd8 15.Se4 Es ist schwer, einen vernünftigen Plan für Weiß zu finden. Da ich meiner Zugpflicht nachgehen muss, stochere ich ein wenig mit meinen Springern im Zentrum herum. 15…h6 16.Lc3 f6 17.La1 Sb5 18.Sc3 Sbd4 19.Se4 f5 20.Sed2 Lf6 21.Lf1 Der e-Bauer soll beweglich werden. 21…g5 22.Sxd4 exd4 23.e3 dxe3 24.fxe3 Dg7 25.Lxf6 Dxf6 26.Sf3

Stellung nach 26.Sd2-f3
Stellung nach 26.Sd2-f3

26… Td6?! Erlaubt mir eine Verschnaufpause. Ein Großmeister hätte mich an dieser Stelle auseinandergenommen, z.B. [26…f4 27.exf4 (27.Da1 Dxa1 28.Txa1 fxg3 29.hxg3 Sb4 30.Tec1 Sxd3 31.Tc3 Lf5-+) 27…Ld5 28.Lg2 gxf4 29.Tf1] 27.Le2 Tcd8 28.Tf1 Se5 [28…g4 29.Sd2 De5 30.e4 Sd4 31.Ld1 h5 32.exf5 Sxf5-+] 29.Se1 Sg6 30.Da1 Dxa1 31.Txa1 Se5 32.Tc1 Kg7 33.Tc3 Kg6 34.Sf3 Sxf3+ [34…Sxd3?? 35.Lxd3 Txd3 36.Txd3 Txd3 37.Se5+ und Weiß gewinnt.] 35.Txf3 Ld5 36.Tf2 Te8 37.d4 Endlich bekomme ich Gegenspiel. 37…cxd4 38.exd4 Le4 39.Tc7 a5 40.Lc4 Ted8

Stellung nach 40... Te8-d8
Stellung nach 40… Te8-d8

41.g4!! Allein wegen dieses Zuges hat sich die Reise nach Bergen gelohnt. Dabei ist 41.d4-d5 womöglich stärker. Aber die psychologische Wirkung von g4 ist entscheidend. [41.d5 Lxd5 42.Lxd5 Txd5 43.Te2 Trotz Minusbauern sollte das Endspiel remis enden.] 41…Txd4 [41…fxg4? 42.Lf7+ Kg7 43.Ld5+ T6d7 44.Txd7+ Txd7 45.Lxe4 Txd4 46.Lc2+-; 41…f4 42.Te7 Txd4 43.Te2 b5 (43…Ld5?? 44.Lxd5 T4xd5 45.T2e6#) 44.Lxb5 Ld5] 42.gxf5+ Lxf5 43.Lf7+ Kf6 44.Lh5!

Stellung nach 44.Lf7-h5
Stellung nach 44.Lf7-h5

Ein sensationeller Rundlauf des Läufers: von e2, c4, f7 nach h5. Damit deckt der Läufer das Feld d1 und stellt weitere Drohungen auf, z.B. Tf7+ 44…T4d7 Wenn Schwarz gewinnen will, muss er stattdessen 44… Ke6 versuchen. Angesichts der gefährdeten Königsstellung und der knappen Bedenkzeit hätte der Schuss auch hinten losgehen können. 45.Tc6+ Td6 46.Tc7 T8d7 47.Tc8 ½-½

In der 6. Runde wollte ich gegen den Schachfreund Thomas Falk (Hessen 2) endlich einen Sieg einfahren. Sein Remisangebot im 16. Zug konnte ich aus mannschaftstaktischen Gründen indes nicht ablehnen. Die letzte Runde bescherte mir FM Dr. Gerd Röder (Bayern 2) als Gegner. In der Eröffnung ging es gleich richtig zur Sache. Nach ungenauem Spiel meines Gegners hätte ich meinen Stellungsvorteil in einen Bauerngewinn ummünzen können. Ich gab einem doppelten Qualitätsopfer den Vorzug und musste mich wieder mit einem Remis begnügen.

Streich, Gerhard (2124) – FM Dr. Röder, Gerd (2197) Bayern 2 [D11]

DSMM (7), 07.09.2014

1.Sf3 d5 2.d4 Sf6 3.c4 c6 4.e3 Lg4 5.Sbd2 e6 Die Stellung wurde in der Praxis schon einige Male angewandt. Mein folgender Zug ist sozusagen eine Neuerung. 6.a3 a5 7.h3 Lh5 8.g4 Lg6 9.Se5 Sfd7 Besser war 9… Sbd7 10.Sxg6 hxg6 11.Lg2 Le7 12.De2 a4?! Den Zug habe ich nicht verstanden. Vielleicht wollte Schwarz das Feld a5 für seine Dame freimachen. Die Vollendung der Entwicklung mit 12… Sf6 war allemal vorziehen. Jetzt kann ich im Zentrum aktiv werden. 13.e4 dxe4 14.Sxe4 Sf6 15.d5!

Stellung nach 15.d4-d5
Stellung nach 15.d4-d5

Die Antwort kostete Schwarz 45 Minuten seiner Bedenkzeit. [15.Sxf6+ gxf6 16.Le3 Da5+ 17.Ld2 Db6 18.d5!?] 15…exd5 [15…Sxe4 16.Dxe4 exd5 17.cxd5 0-0 18.0-0] 16.Sxf6+ gxf6 17.cxd5 0-0 [17…cxd5 18.0-0 Sc6 19.Td1 d4 20.Le3 Db6 21.Lxc6+ Dxc6 22.Tac1 Da6 23.Dxa6 bxa6 24.Txd4 Txh3 25.Txa4+=] 18.0-0 Te8 19.Td1 Ld6 20.Dd3c5 21.Ld2 [21.Db5 Ta5 22.Dxb7?? Te7-+] 21…Sd7 [21…Sc6!? 22.dxc6?! Lh2+ 23.Kxh2 Dxd3 24.Lc3 Db5 25.cxb7 Tab8 26.Lxf6 wäre sogar spielbar für Weiß.] 22.Lc3 Dc7 Wohin mit der weißen Dame? Auf den Königsflügel oder auf den Damenflügel? 23.Df3 [23.Db5 war womöglich stärker.] 23…Le5? [23…b5! 24.Lxf6 Sxf6 25.Dxf6 Ta6 26.Dc3 Le5 und Schwarz hat Gegenspiel für den Bauern.]

Stellung nach 23... Ld6-e5
Stellung nach 23… Ld6-e5

24.d6! Der Zug lag auf der Hand. Meine folgende Vision weniger. 24…Lxd6 25.Txd6!? Ein doppeltes Qualitätsopfer ist nichts für schwache Nerven. Mir war klar, dass Schwarz nicht sofort matt wird, weil der König über f8 fliehen kann. Dass mir ein Unentschieden durch Zugwiederholung so gut wie sicher war, habe ich indes gesehen. Darüber hinaus wollte ich in meiner letzten Partie für die Galerie spielen, wobei die folgende Variante mit Bauerngewinn objektiv besser war: [25.Dxb7 Dxb7 26.Lxb7 Ta7 27.Lc6 Te6 28.Ld5 Te7 29.Lxf7+ Kxf7 30.Txd6+=] 25…Dxd6 26.Td1 De6 27.Txd7 Dxd7 28.Dxf6 Dd1+ 29.Kh2 Kf8 30.Lxb7 Tad8 31.Dg7+ Ke7 32.Df6+ Kf8

Analysediagramm
Analysediagramm

[Wenn Schwarz versucht, über d7 zu fliehen, verliert er die Partie: 32…Kd7? 33.Lc6+ Kc7 34.La5+ Kc8 35.Lxe8+-] (33…Kc8 34.Lxe8 Txe8? 35.Dc6+ Kd8 36.Lf6+ Te7 37.Db6+ Ke8 38.Dxc5 und Weiß gewinnt, weil der Turm wegen Matt nicht ziehen kann; siehe Analysediagramm)

33.Dg7+ Ke7 34.Df6+ ½-½