Bergen war eine Reise wert

Die Hinfahrt war grauenhaft. Es schüttete wie aus Kübeln. Erst nachdem Christine Harderthauer zwei Tage später zurückgetreten war, besserte sich das Wetter schlagartig. Zum Vorschein kam eine Landschaft, wie sie lieblicher kaum sein kann. Bevor ich mit meinem Bericht fortfahre, zeige ich euch einen Blick auf den Ort Bergen aus der Seilbahngondel, die mich auf den 1.674 m hohen Hochfelln gehievt hat. Hinten links ist der Chiemsee zu sehen.
Bergen-01Bislang hatte ich Seniorenschach eher skeptisch betrachtet. Nach diesem Turnier bin ich voll des Lobes. Es gibt auf Landes- und Bundesebene einige engagierte und fähige Funktionäre, die solche Turniere zu einem Erlebnis machen. Auch die Berichterstattung im Internet ist vorbildlich, sodass ich auf die Wiedergabe der nackten Daten verzichten kann. Stattdessen möchte ich euch meine persönlichen Eindrücke vermitteln.

Es gibt Momente im Leben, da passt alles zusammen. Reinhard Piehl hatte zwei Teams aufgestellt, in denen die Chemie stimmte. Das war die Voraussetzung für einen unvergleichlichen Lauf, der zum erstmaligen Gewinn der Deutschen Mannschafts-meisterschaft unserer 1. Mannschaft führte. Auch unsere zweite konnte sich gut verkaufen. Allen voran Gerhard Kaiser am 1. Brett. Er verlor nicht ein einziges Mal und konnte zweimal gewinnen. Lediglich zwei der sieben Mannschaftskämpfe gingen verloren. Bei den unentschiedenen Kämpfen standen wir zweimal auf Gewinn. Dazu und zu meinem Abschneiden komme ich im Laufe meines Beitrags zurück.

Reinhard Piehl
Reinhard Piehl

Das Dream Team

Von links nach rechts: Christian Clemens, Juri Ljubarskij, Matias Jolowicz, Dieter Jentsch, Reinhard Piel, Gerhard Kaiser, Gerhard Streich, Alexander Schneider und Mihail Davydov
Von links nach rechts: Christian Clemens, Juri Ljubarskij, Matias Jolowicz, Dieter Jentsch, Reinhard Piel, Gerhard Kaiser, Gerhard Streich, Alexander Schneider und Mihail Davydov

Für mich war das Turnier wie eine Zeitreise. Ich habe Schachfreunde wieder getroffen, die ich seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte. Bis zurück in meine Kindheit gingen meine Erinnerungen. Es ist 60 Jahre her, als dieses Foto aufgenommen wurde:

Bergen-04

 

 

Der kleine Junge bin ich. Es war 1954 mein erster richtiger Urlaub, und zwar in Inzell, das liegt einen Katzensprung von Bergen entfernt.

 

 

Etwas älter als ich auf dem Foto war Stephan Buchal (Bremens 1. Brett), als ich ihm das erste und einzige Mal begegnet bin. Es war beim Jugendturnier des Osterkongresses 1967 in Hannover. Am 17.10.2013 habe ich euch darüber berichtet. Stephan konnte sich meiner vage erinnern. In den Jahren 1970 und 1971 wurde er Niedersächsischer Jugendmeister. Seinen jugendlichen Charme hat sich Stephan bis heute bewahrt.

Joachim Just
Joachim Just

In der 2. Mannschaft von Sachsen-Anhalt spielte Joachim Just aus Leipzig. Wir hatten uns seit 1991 nicht mehr gesehen. Vor und nach der Wende haben wir uns bei Freundschaftskämpfen kennen und schätzen gelernt. Ich habe bei ihm in Leipzig übernachtet, er bei mir in Hannover. Joachim ist pensionierter Lehrer. Seine Familie ist „schachverrückt“. Seine Frau Dr. Gabriele, seine Tochter Dr. Anita und sein Sohn Wolfgang sind ebenfalls aktiv. Und das nicht schlecht…!

Einen Schachspieler hatte ich noch nie gesehen. Dafür war sein Name in meinem Hinterkopf gespeichert: Dr. Peter Kopp. Er war bei Hessen 2 am 3. Brett aufgestellt. Gegen Peter Kopp habe ich 1967/68 eine Fernschachpartie gespielt. Damals war er Mathematik-Student im 3. Semester an der UNI Darmstadt. Auf diese Partie habe ich ihn im Turniersaal angesprochen. Er konnte sich kaum erinnern und stellte die naheliegende Frage: „Wie ist die Partie denn ausgegangen?“ Die Antwort kann ich mit seiner letzten Postkarte nachliefern. Es war seine Aufgabe, die er in nette Worte gefasst hatte:
Bergen-06
Ich habe mir die Partie noch einmal angesehen. Es war ein heißes Match. Sie hat nichts von ihrem Feuer verloren, deshalb könnt ihr sie in meinem Kommentar gern nachspielen.

Das Niveau der 110 aktiven Senioren und Seniorinnen (Anzahl 3) war ausgesprochen hoch. Drei Internationale Meister und sieben FIDE-Meister waren darunter. Ich hatte nicht einen Gegner <ELO 2000. Der ELO-Durchschnitt unserer jeweiligen Gegner stellte sich wie folgt dar:

1. Mannschaft
1. Brett FM Prof. Dr. Christian Clemens   ELO 2235  Ø 2242   5,0 Punkte
2. Brett Juri Ljubarskij                                 ELO 2258  Ø 2238   4,5 Punkte
3. Brett Dr. Matias Jolowicz                         ELO 2175  Ø 2165    4,5 Punkte
4. Brett Dieter Jentsch                                  ELO 2138  Ø 2170    4,5 Punkte

2. Mannschaft
1. Brett Gerhard Kaiser                                ELO 2120  Ø 2120    4,5 Punkte
2. Brett Gerhard Streich                              ELO 2124  Ø 2155     3,0 Punkte
3. Brett Alexander Schneider                     ELO 2061  Ø 2087    3,5 Punkte
4. Brett Mihail Davydov                              ELO 2061  Ø 2118     3,0 Punkte

Juri Ljubarskij
Juri Ljubarskij

Mit 81 Jahren war Juri Ljubarskij der älteste Niedersachse. Was er trotz seines hohen Alters aufs Brett zaubert, ist bewundernswert. Hier eine Kostprobe aus der 2. Runde gegen FM Berthold Bartsch (2243) Bayern 1:

Juri Ljubarskij-Berthold Bartsch
Juri Ljubarskij-Berthold Bartsch

Der letzte schwarze Zug 19… Lc5-b4 war ein schlimmer Fehler. Richtig war 19… Lc5-e7 und Schwarz kann sich vorerst halten. Juris Zug war eine Granate: 20.Td7!! Schwarz gab auf. Auf ähnliche Weise hätte 20.Sf6+ gewonnen: z.B. 20… Kh8 21.De4 g6 22.Se8+

Das war die einzige Niederlage von FM Berthold Bartsch. Er holte trotz dieses KO-Schlags mit 5,5 Punkten das beste Ergebnis aller Teilnehmer am 2. Brett.

Mihail Davydov
Mihail Davydov

Aber es gab auch Reinfälle. Mihail Davydov versäumte in der 2. Runde gegen eine Dame aus Schleswig-Holstein seinen 40. Zug (er hatte Schwarz) rechtzeitig auszuführen. Er drückte die Uhr eine Sekunde zu spät. Dabei stand er total auf Gewinn. Das kostete uns den Sieg gegen Schleswig-Holstein. Mihails Missgeschick glich sich allerdings wieder aus, als sein Gegner aus Hessen in der 6. Runde eine klar gewonnene Stellung verdaddelte.

 

Dieter Jentsch
Dieter Jentsch
Der Kantersieg gegen Nordrhein-Westfalen aus der Vogelperspektive
Der Kantersieg gegen Nordrhein-Westfalen aus der Vogelperspektive

Einen unglaublichen Schreckmoment erlebte Dieter Jentsch im Kampf gegen Michail Bogorad (ELO 2195) aus Nordrhein-Westfalen. Dieter hatte folgende Stellung auf dem Brett:

Bogorad-Jentsch
Bogorad-Jentsch

 

 

 

 

 

Dieter war am Zug. Zuvor hatte er mit seinem Läufer den Turm auf f1 geschlagen. Statt aufzugeben, hatte sein Gegner Bauer d6-d7 gezogen und auf ein Wunder gehofft. Das wäre beinahe eingetreten. Dieter war ein bisschen in Zeitnot. Zwei Minuten standen noch auf seiner Uhr, und für jeden weiteren Zug gab’s 30 Sekunden Aufschlag. Also kein Grund zur Panik. Doch Dieter war so nervös, dass er nach d6-d7 nicht innehielt und dann d2-d1D zog, sondern sich sofort seinen Läufer schnappte und diesen auf dem Feld a6 absetzen wollte. Dann sah er das Malheur: der Läufer hatte die falsche Diagonale im Visier. Die Damenumwandlung der weißen Partei war nicht mehr zu verhindern. Zum Glück hatte Dieter den Läufer nicht losgelassen. Etwa eine Minute lang ließ Dieter den Läufer in verständlicher Erregung über dem Brett kreisen, bis er die Rettung Ld3 fand. Nach d7-d8D und d2-d1D+ ließ Dieter nichts mehr anbrennen und gewann die Partie in wenigen Zügen. Ohne diesen wichtigen Brettpunkt wäre aus der Deutschen Meisterschaft voraussichtlich nichts geworden.

Über meine eigenen Partien werde ich euch in einem gesonderten Beitrag am Wochenende informieren. Wer mehr über die DSMM erfahren und weitere Fotos sehen möchte, die aus meiner Kamera stammen, sollte die Senioren-Webseite des NSV anklicken. Die ist bei Alfred Newerla in ausgezeichneten Händen:

http://nds-schachsenioren.de/

Ohne das richtige Ambiente macht Schachspielen keinen Spaß. In Bergen stimmte alles: das Spiellokal, der Ort, die Umgebung und die freundlichen Menschen. Wer gut zu Fuß war, unternahm stundenlange Spaziergänge. Ein Muss ist die Fahrt mit der Seilbahn auf den Hochfelln. Der höchste Berg weit und breit ist sozusagen die Aussichtsterrasse des Chiemgaus. Wer oben ankommt, kann etwas für seine Bildung tun. Dass die Alpen in Wirklichkeit aufgetürmter Meeresboden sind, wissen wir natürlich. Aber wer kann auf Anhieb folgende Frage richtig beantworten, die am Gipfellehrpfad gestellt wird?

„Ein Felsbrocken, der auf der Erdoberfläche 1 Tonne wiegt, wiegt wieviel, wenn er sich im Erdmittelpunkt befindet?“ Antwort: „Nichts!“

Rund 50 Schachfreunde und Schachfreundinnen nahmen an einem Ausflug nach Salzburg teil. Ich auch. Wie sehenswert Salzburg ist, können die, die es noch nicht wissen, anhand meiner Bildergalerie nachvollziehen. Unser Busfahrer hieß Stefan Pletschacher. Der Name bürgt für Qualität. Schachspielen kann er nicht, verriet uns der sympathische Stefan, aber in einer anderen Disziplin ist er amtierender Deutscher Meister: im Eisspeedway. Die Sportart ist in Deutschland etwa so populär wie 4er Synchronschwimmen, nur viel erotischer.

Wer in Bergen übernachtet, muss pro Tag einen Euro Kurtaxe bezahlen. Das Geld habe ich gern gegeben, denn der Ort ist wunderschön. Das gilt auch für das Bergener Moos, einem Naturschutzgebiet, das sich in Richtung Westen erstreckt. All die Schönheiten habe ich auf vielen Fotos festgehalten. Achtzehn davon habe ich für die Bildergalerie ausgesucht.

Peter Brunotte wird 70

Ihr seid nicht irrtümlich im Hamelner Blog gelandet. Peter Brunotte ist ein Eigengewächs unseres Schachvereins. In den Sechzigerjahren, als wir noch Schachfreunde Badenstedt hießen, wuchs Peter zu einer Lichtgestalt heran, die sowohl unseren Verein als auch mich wesentlich geprägt hat. Heute wird Peter 70 Jahre alt. Deshalb ist es mein herzliches Anliegen, ihm hiermit zum Geburtstag zu gratulieren. 

Seit über vierzig Jahren bin ich Peter Brunotte nicht mehr begegnet. Das lag wohl vor allem daran, dass er sich für einige Jahrzehnte vom Schachspiel zurückgezogen hatte. Als Senior ist er inzwischen wieder aktiv. Insofern schließt sich der Kreis – auch in Bezug auf meine eigene Vita. Ich weiß noch, als er 1970 aus beruflichen Gründen in eine Gegend zog, wo sich Hase und Igel gute Nacht sagen, ein Fertighaus auf sein Grundstück pflanzte, und wenn es nicht umgekippt ist, noch heute darin lebt.
Pokal

In den Jahren 1962, 1963, 1964, 1968 und 1969 wurde Peter Brunotte insgesamt 5x Vereinsmeister. Ich hatte die Ehre, ihn mit einem Hattrick in den Jahren 1970-1972 abzulösen. Darum steht der Pokal für immer in meiner Vitrine. Darüber hinaus wurde Peter in den Jahren 1960, 1962 und 1963 dreimal Vereinsblitzmeister. Übrigens wurde der Pokal von Walter Frees gestiftet. Walter war ein Unikum. Am 28. August wäre er 100 Jahre alt geworden.

 

 

 

Aber auch auf Landesebene war Peter in jungen Jahren eine Größe. Das belegen die beiden Dokumente aus der damaligen Zeit:
Brunotte 1Brunotte 2

 

 

 

 

 

 

 

Meine Geburtstagsgrüße möchte ich mit einer Partie abschließen, mit der Peter 1969 zuletzt Vereinsmeister wurde. Es handelt sich um seinen Original-Kommentar aus unserem Vereinsrundschreiben, das damals „Schachkurier“ hieß:

Bauer, Achim – Brunotte, Peter [B07]
Vereinsmeisterschaft Schachfreunde Badenstedt, 1969
[Original-Kommentar: Peter Brunotte]

1.e4 d6 Idee dieser Eröffnung: Schwarz wartet ab, wie sich Weiß aufbaut und sucht dann Angriffspunkte. Achim Bauer spielt „immer“ 2.f4 (außer auf 1… e5). 2.f4 g6 3.Sf3 Lg7 4.Lc4 Sf6 5.d3 Sc6 6.a3 0-0 7.c3 Üblich ist ein weißer Aufbau mit e4, d4, f4, Sc3, Lc2 oder Ld3. Was Weiß hier spielt, ist sicher nicht gut: zunächst aggressiv f4 und Lc4 und dann unscheinbare Bauernzüge. Schwarz kann schon jetzt die Initiative ergreifen. 7…d5! 8.e5? Erforderlich war 8.exd5. 8…dxc4 9.exf6 Lxf6 10.d4! Nach 10.dxc4 Dxd1 11.Kxd1 Sa5 nebst Le6 verliert Weiß den Bauern c4. 10.d4 ist besser, weil der Mehrbauer von Schwarz noch nicht viel wert ist und Weiß ein starkes Zentrum hat. Aber der Bauer c4 beherrscht 2 Punkte im feindlichen Lager und das kann Schwarz ausnutzen. Weiß ist in der Eröffnung leichtsinnig gewesen und theoretisch vielleicht schon verloren. 10…Sa5 11.0-0 Sb3 12.Ta2 Auf diesem beschaulichen Platz bleibt der Turm bis zum 26. Zug. Schwarz gönnt ihm die Ruhe von Herzen.

Stellung nach 12.Ta1-a2
Stellung nach 12.Ta1-a2

12…c5 Das weiße Zentrum muss angegriffen werden. 13.dxc5 Dc7? Hier dachte Schwarz 40 Minuten lang nach und verzichtete dann auf Dxd1, weil man nicht tauschen soll, wenn man besser steht. Aber hier wäre der Damentausch besser gewesen, weil Weiß ohne Dame keine Chancen auf Königsangriff hätte und sich auf die Verteidigung beschränken müsste. 14.Le3 Td8 15.De2 Sxc5 16.Sbd2 16.Dxc4? Le6 und Weiß verliert die Qualität. 16…b5 17.Sd4 a6 Die 1. Phase um die Verwertung des schwarzen Vorteils ist abgeschlossen. Schwarz hat einen „gesunden“ Mehrbauern; Weiß hat seine Entwicklung vollendet, einen starken Springer auf d4 und versucht jetzt einen Königsangriff. Der Schlüsselzug, der von Weiß durchgesetzt werden muss, ist f5. 18.Df3 Weiß opfert ein Tempo, weil er die Felder h3 und h4 für den Angriff braucht. Ta1 war besser, weil der schwarze Läufer sowieso nach b7 muss. 18…Lb7 19.Dg4 Lxd4 Nach Ta1-e1 hat Weiß gefährlichen Angriff. Schwarz entschließt sich deshalb zum Abtausch, muss jetzt aber aufpassen, dass nicht ein Endspiel entsteht, in dem der Mehrbauer nichts mehr wert ist. 20.cxd4 Nach 20.Lxd4 Se6 21.Le3 dringt Schwarz mit Td3 in die weiße Stellung ein; aber cxd4 schafft eine Schwäche auf d4. 20…f5 Notwendig, um f5 von Weiß zu verhindern. 21.Dh4 Se6 22.Sf3 22.d5 nebst Ta1-e1 war eine andere beachtliche Möglichkeit, den Angriff fortzuführen. 22…Lxf3 Der Springer darf nicht nach e5 oder g5. Wenn Weiß Gelegenheit hätte, die schwachen schwarzen Felder auszunutzen, wären 19…Lxd4 und 20…f5 Fehler gewesen. 23.Txf3 Sxd4 24.Th3 h5 25.Dg5 Kf7 Ein kritischer Punkt. Reicht das Turmopfer 26.Txh5 zum Remis?

Stellung nach 25... Kg8-f7
Stellung nach 25… Kg8-f7

26.Ta1 Der Herr bequemt sich zu spät zum Kampfplatz. Jetzt kann Schwarz die Stellung festigen und die nächstbeste Gelegenheit zum Übergang ins Endspiel suchen. [26.Txh5 gxh5 27.Dxh5+ Ke6 28.Dg6+ Kd5 29.Lxd4 Kxd4? (29…Dxf4 Daher muss sich Schwarz statt Kxd4 mit der Qualität begnügen und steht dann trotz der gefährdeten Königsstellung auf Gewinn.) 30.Ta1 und Schwarz verliert 30…Kc5 31.b4+! Trotzdem hätte Schwarz das Turmopfer versuchen sollen, denn Schwarz war in Zeitnot und hätte vielleicht nicht die stärksten Züge gefunden.] 26…Se6 27.Dg3 Td3 28.Df3 Tad8 29.Te1 Sd4 30.Df2 Dd6 31.Lxd4? Beschleunigt das Ende erheblich. Weiß musste den Übergang ins Endspiel so lange wie möglich verhindern, denn mit 2 Bauern weniger hat er im Endspiel keine Chance. 31…Dxd4 32.Dxd4 T8xd4 33.The3 Txe3 34.Txe3 Txf4 Bauer Nr. 3 fällt. 35.Te5 Td4 36.Tc5 Td1+ 37.Kf2 Td2+ 38.Kf3 Txb2 Bauer Nr. 4 fällt. 39.Tc6 Tb3+ 0-1

Bergen ruft!

Den ersten Absatz meines Beitrags habe ich wegen des larmoyanten Inhalts gestrichen. Ich fange gleich mit dem zweiten an. Es geht um Seniorenschach. Vor einem Vierteljahr hat mich Reinhard Piehl, das ist der Seniorenreferent des Niedersächsischen Schachverbands, gefragt, ob ich an der Deutschen Seniorenmannschaftsmeisterschaft teilnehmen wolle. Nach kurzem Zögern habe ich zugesagt. Es ist eine Ehre für mich, denn normalerweise muss man sich dafür über die Landesmeisterschaften qualifizieren. Am kommenden Sonntag, dem 31. August, fahren wir los. Vom 1. bis 7. September werden 7 Runden gegen andere Landesverbände nach dem Schweizer System gespielt. Niedersachsen wird mit zwei 4er Mannschaften teilnehmen. Die endgültige Aufstellung wird vor Ort festgelegt. 

Wir fahren nach Bergen. Für die zahlreichen ü60-Groupies, die dem Vernehmen nach kiebitzen werden, sei gesagt, dass es sich um den Kurort Bergen im Chiemgau handelt. Also bitte nicht „Bergen in der Lüneburger Heide“ oder „Bergen in Norwegen“ in euer Navi eingeben. Dieses Bergen liegt in Bayern. Das ist der Freistaat, in dem sich noch nicht herumgesprochen hat, dass absteigen zweckmäßig ist, wenn man ein totes Pferd reitet; siehe PKW-Maut. 

Hier ist der Link zur NSV-Seite: http://nds-schachsenioren.nsv-online.de/?p=671

Natürlich werde ich anschließend einen supergeilen Bericht abliefern. Seniorenschach macht sexy. Am 9. September 2014 gibt’s indes ein historisches Datum, das ich zuvor mit einem speziellen Beitrag würdigen möchte. Bis dahin werde ich keinen neuen Beitrag schreiben; allenfalls die Kommentarfunktion nutzen. 

Beim Thema „Seniorenschach“ möchte ich an einen herausragenden niedersächsischen Schachspieler erinnern, gegen den ich ein einziges Mal gespielt habe. Das war 1981. Ich hatte meine Blütezeit (32 Lenze), er befand sich im fortgeschrittenen Alter:   Dr. Heinz-Wilhelm Dünhaupt (* 7. Mai in Bückeburg 1912; † 19. April 1998 in Celle). 

Ich erinnere mich insbesondere seiner, weil er ausgerechnet in dem Jahr, als ich geboren wurde (1949), in Goslar Niedersachsenmeister wurde. Den Titel konnte er dreimal erringen: 1939, 1949 und 1952. Darüber hinaus wurde er dreimal Zweiter: 1948, 1950 und 1962; in den beiden letztgenannten Jahren jeweils hinter Manfred Heilemann. Die vierten Plätze 1953, 1954 und 1959 sollen nicht unerwähnt bleiben. In den Fünfzigerjahren war er nicht nur einer der stärksten Spieler Niedersachsens, er gehörte auch zur 1. Mannschaft des Hannoverschen Schachklubs, die 1959 deutscher Mannschaftsmeister wurde. Eine Schachbundesliga gab’s noch nicht. Obwohl er als Oberstaatsanwalt am Oberlandesgericht in Celle vermutlich genug um die Ohren hatte, gelang es ihm nebenbei, den Titel eines Fernschachgroßmeisters zu erwerben. 

Als er die Partie in der Oberliga Niedersachsen/Bremen gegen mich spielte, war er 69 Jahre alt. Ob es am Alter lag, weiß ich nicht, jedenfalls agierte er derart zaghaft, dass der Sieg für mich das sprichwörtliche Kinderspiel war. Am Ende der Partie zeigte er seine wahre Größe, indem er mir die Hand gab, als die Partie materiell ausgeglichen war. Einen Schönheitspreis hat die Partie nicht verdient, aber einen Platz im Kuriositätenkabinett (siehe 1. Diagramm).

Dr. Dünhaupt, Heinz-Wilhelm – Streich, Gerhard [A05]

HSK-SFH Oberliga Niedersachsen/Bremen, 1981

1.Sf3 Sf6 2.g3 g6 3.Lg2 Lg7 4.0-0 0-0 5.d3 d6 6.e4 c5 7.Sbd2 Sc6 8.c3 Ld7 9.Se1 Dc8 10.f4 Lh3 11.De2 Lxg2 12.Dxg2 b5 Mit meiner Stellung bin ich hochzufrieden. Nach dem Tausch des Fianchetto-Läufers macht die weiße Stellung einen löchrigen Eindruck. Meinem Angriff auf dem Damenflügel hat Dr. Dünhaupt wenig entgegen-zusetzen. 13.Sc2 b4 14.c4 a5 15.Sf3 a4 16.Ld2 Sd7 17.Tab1 b3 18.axb3 axb3 19.Sa1? Ein kurioser Zug. Ich kann mich nicht entsinnen, jemals einen Springerzug auf einem Eckfeld (a1/h1/a8/h8) gesehen zu haben, ohne dass dort eine Figur geschlagen wurde. Dass dort des Öfteren eine Qualität erobert wird, gehört zum Alltag, ansonsten gibt es wohl äußerst selten einen Grund, einen Springer in die Ecke zu stellen.

Stellung nach 19.Sc2-a1
Stellung nach 19.Sc2-a1

19…Ta2!? Damit entlasse ich zwar den Springer aus seinem Verließ, aber freies Figurenspiel war mir lieber. Infrage kam auch: 19… Db7 20. Lc3 und Weiß kann den starken Läufer auf g7 tauschen. 20.Sxb3 Db7 21.Sc1 Txb2 22.Txb2 Dxb2 23.Le3 Tb8 24.Dh3 Die einzige Hoffnung für Weiß besteht in einem Gegenangriff auf dem Königsflügel. 24…Sf8 25.f5 Sd4 26.Sg5 f6 27.fxg6 Das Figurenopfer auf h7 würde im Sande verlaufen: [27.Sxh7 Sxh7 28.fxg6 Sf8 29.Dh5 e6 30.Tf2 Dc3-+] 27…hxg6 28.Sf3 Se2+ 29.Kh1 Sxc1 30.Lxc1 Dc2

Stellung nach 30... Db2-c2
Stellung nach 30… Db2-c2

Weiß gab auf. Keinesfalls zu früh, denn seine weißfeldrigen Bauern fallen jetzt wie reife Früchte.

Schachfundus Hannover (5)

Auf meinem Schachbrett geht die Geburtstagsfeier weiter. Derweil habe ich die Kuchenreste von meiner Tastatur gekratzt, damit ihr nicht doch noch in ein Sommerloch fallt. Als ich jung war, wurde für diesen Zweck „Nessie“ aus dem gleichnamigen Gewässer geholt. Ich präsentiere euch stattdessen eine Partie, die zu meinen Top Ten zählt. Gegner war kein Geringerer als Jürgen Waldschläger (Braunschweiger SC). Er gehört zu den Urgesteinen der niedersächsischen Schachlandschaft, obwohl er eigentlich aus Hamburg stammt. Ich habe ein kleines Porträt von ihm herausgekramt, das aus einer Zeit kommt, als die Braunschweiger in der 1. Bundesliga spielten.

Jürgen Waldschläger anno 1983
Jürgen Waldschläger anno 1983

By the way: Der BSC spielte zwei Jahre in der ersten Liga, und zwar 1983/84 und 1984/85. Mit dem 12. Platz in der Abschlusstabelle 1983/84 und 8:20 Punkten wurde der Klassenerhalt gesichert. Ein Jahr später war der Abstieg nicht zu verhindern. Unser Horst-Peter gehörte damals zum Team der Braunschweiger. Wisst ihr übrigens, welcher Schachverein in der Geschichte der 1. Liga am schlechtesten abgeschnitten hat? Richtig! Der Hannoversche Schachklub mit 0:30 Mannschaftspunkten und 31:89 Brettpunkten. Schadenfreude ist wirklich nicht angebracht…

 

 

 

Waldschläger, Jürgen (Braunschweiger SC) – Streich, Gerhard (SF Hannover) [E66]
Regionalliga, 1982

1.Sf3 g6 2.c4 Lg7 3.Sc3 d6 4.g3 Sf6 5.Lg2 0-0 6.d4 c5 7.0-0 Sc6 8.d5 Sa5 9.Sd2 a6 Das Panno-System 9… a6 ist die wichtigste Fortsetzung in dieser Variante der Königsindischen Verteidigung. Das weiße Zentrum soll mit b7-b5 von der Seite angegriffen werden. 10.Dc2 Tb8 11.b3 b5 12.Lb2 bxc4 13.bxc4 Lh6 Gehört zur Theorie. Es droht 14… Lxd2 nebst Sxc4. 14.f4 Nicht etwa 14.e3? und Weiß verliert nach Lf5 15.Dc1 Ld3 den Bauern c4. Zwanzig Jahre später hatte ich die gleiche Stellung in einer wichtigen Turnierpartie mit Weiß auf dem Brett. Obwohl ich den Trick kannte, zog ich in geistiger Umnachtung 14.e3? und verlor. Ich hätte vor Wut in die Tischkante beißen können, weil ich sofort meinen Irrtum bemerkte. Aber da war es zu spät. 14… e6 Infrage kommt auch 14… e5. 15.Tab1 Lg7! Mit einem side-step hat der Läufer eine Schwäche im weißen Lager provoziert. Jetzt kehrt er auf seine Stammdiagonale zurück. 16.Sce4? Den naheliegenden Zug kann ich glänzend widerlegen. Jürgen Waldschläger musste stattdessen 16.dxe6 oder Sd1 versuchen.

Stellung nach 16.Se4?
Stellung nach 16.Se4?

16… Txb2! In diesem System liegt das Qualitätsopfer stets in der Luft. Der richtige Knaller folgt in zwei Zügen. 17.Txb2 Sg4 18.Tf3 [Oder 18.Tbb1 Se3 19.Dd3 exd5 20.cxd5 Sxf1 21.Kxf1 mit Vorteil für Schwarz.]

Stellung nach 18.Tf3
Stellung nach 18.Tf3

18…Sxc4!! Rata-Ta-Zong! Der Springer am Rand, oft Sorgenkind im schwarzen Aufbau, wird effektvoll geopfert. Für eine Weile stecke ich einen ganzen Turm ins Geschäft. 19.Sxc4 [19.Dxc4? Lxb2] exd5 20.Sexd6 [20.Tb8 dxc4 21.Txc8 Dxc8 22.Sxd6 Ld4+ 23.Kh1 De6 24.Sxc4 Te8 25.Lh3 f5 -+ oder 20.Sc3 dxc4 und meine Bauernwalze macht die Qualität mehr als wett.] 20…dxc4 21.Sxc4 [21.Sxc8 Dd4+ 22.e3 Dxb2 23.Se7+ Kh8 24.Dxb2 Lxb2 25.h3 c3 26.hxg4 c2 27.Tf1 c1D 28.Txc1 Lxc1 29.Sd5 Tc8 =+] 21…Lf5 22.Dc1 [22.e4? Dd4+ 23.Kh1 Lxe4-+] 22…Lxb2 23.Sxb2 Te8 Materiell ist die Partie wieder ausgeglichen. Doch Weiß steht weiterhin unter Druck. 24.Dxc5 Txe2 25.h3

Stellung nach 25.h3
Stellung nach 25.h3

25… Txb2 [Der unverfängliche Gewinnweg. Spektakulärer hätte ein weiteres Qualitätsopfer gewonnen: 25…Txg2+! 26.Kxg2 Dd2+ 27.Tf2 (27.Kg1 De1+ 28.Kg2 De2+ 29.Kg1 Dxf3 30.hxg4 Le4-+) 27…Le4+ 28.Kf1 Se3+ 29.Kg1 De1+ 30.Tf1 Dxg3#] 26.hxg4 Lxg4 27.Tf2 Dd1+ 28.Lf1 Txf2 29.Kxf2 Df3+ Die restlichen Bauern auf dem Königsflügel gehen verloren. Das hoffnungslose Endspiel wollte sich Jürgen nicht antun. 0-1

Die Partie könnt ihr wie gewohnt in meinem Kommentar nachspielen.

Das SFH-Blog wird 1 Jahr alt

Heute vor einem Jahr habe ich es Boris Becker nachgemacht. Plötzlich war ich drin, und es hat gar nicht wehgetan. Admin Tom hatte geschraubt, was das Zeug hielt, und heraus kam ein nagelneues Blog. Anfangs fühlte ich mich ziemlich allein im Blog-Haus, aber nach und nach meldeten sich mehr und mehr Schachfreunde zu Wort. Mittlerweile ist unser Blog ein Erfolgsmodell geworden, das ich allen Schachvereinen und Schachverbänden empfehlen kann, die sich im Neuland des Internets (O-Ton Angela M.) befinden. 

In den 365 Tagen sind 123 illustre Beiträge entstanden. Im Schnitt gab’s an jedem 3. Tag einen neuen Beitrag. Darin verpackt sind 310 Fotos, Abbildungen und Diagramme. Die Kommentarfunktion wurde 312 Mal genutzt. Bis Mitte Oktober 2013 hatten wir noch keinen Besucher-Zähler. Da ich neugierig bin, hat ihn Tom auf meinen Wunsch hin installiert. Zu Beginn war der nur 4-stellig. Es zeigte sich, dass wir die 5. Stelle schnell knacken würden. Das war Anfang Februar dieses Jahres der Fall. Seitdem haben wir pro Tag im Mittel 300 Besucher, Monat für Monat sind das derzeit ca. 10.000. Unsere Fan-Gemeinde rekrutiert sich nach meinen Schätzungen aus rund 500 Personen, die regelmäßig einen Blick in unser Blog werfen. Unser Besucherzähler ist IP-gesteuert, somit wird jeder Besuch nur einmal pro Tag gezählt. Manipulationen durch ewiges Anklicken sind ausgeschlossen. – Wenn das so weitergeht, wird Tom spätestens am Nikolaustag die 6. Stelle einrichten müssen. 

Besonders erfreulich waren die Wortmeldungen ehemaliger Weggefährten, die hierzulande als „verschollen“ galten: Prof. Dr. Norbert Henze, Dr. Manfred Küver und Dr. Helmut Reefschläger. Die Doktortitel der Drei sind ein Beleg dafür, dass die Beschäftigung mit dem Schachspiel in jungen Jahren einer späteren Karriere als Akademiker nicht hinderlich ist. In unserem Schachverein haben wir so manche Kandidaten aufs wahre Leben nach dem Studium vorbereitet. Da wir gerade bei diesem Thema sind: Was ist eigentlich aus folgenden promovierten, ehemaligen Vereinskameraden geworden? Dr. Wolfgang Filter, Dr. Helmut Köditz, Dr. Birger Ohlrogge, Dr. Hajo Oellrich und Dr. Peter Panzer fallen mir spontan ein. Wenn es mit Hilfe unseres Blogs gelänge, auch von denen Lebenszeichen zu erhalten, wäre das fantastisch. Mir kommen gleich die Tränen, wenn ich an die Zeit denke, als es noch keine Handys gab, und die Mauer noch stand. 

Mein ausdrücklicher Dank gilt Jürgen Juhnke. Sein Material war die Grundlage für meinen Beitrag über das „Arbeiterschach“. Auch wenn mich Uwe als „Mr. Blog“ bezeichnet, und ich hier zweifelsohne die meisten Beiträge und Kommentare schreibe, fühle ich mich keinesfalls als Alleinunterhalter. Ich freue mich über jeden Beitrag anderer Vereinskameraden, der zu einer Belebung unseres Blogs beiträgt. Die Kommentarfunktion könnte indessen öfter – auch von Fremden – genutzt werden. Ich weiß, dass die Hemmschwelle hoch ist, aber hier wird niemand diskreditiert. Unter Freunden gehört zwar ein bisschen Lästern dazu, aber auf subtile Weise, versteht sich. Schmähgesänge überlassen wir großspurigen Kickern. Jedenfalls beleben Kommentare in der Regel das Geschäft und machen unser Blog noch interessanter, als es bereits ist. Und wenn jemand der Meinung ist, der Gerhard schreibt hier nur lauter Blödsinn, darf er das kundtun, ohne von mir geteert und gefedert zu werden. 

Das SFH-Blog soll vor allem unterhaltsam sein. Wir wollen nicht das kopieren, was es woanders haufenweise gibt, sondern das veröffentlichen, was unsere Schachspielerherzen bewegt. „O grüner Baum des Lebens“, heißt das Motto. Dies und Das, Freud und Leid, Geschichte und Gegenwart, Poesie und Prosa, Jubiläen und Auszeichnungen, Schach vorwärts und rückwärts sowie jede Menge Bilder zu kreativen Beiträgen verarbeitet sollen unsere Freude am Schachspielen mehren und uns zeigen, dass wir über Vereinsgrenzen hinaus eine Familie sind. – Das erste Jahr moderner Kommunikation über das World Wide Web haben wir hinter uns. Damit die nächsten Jahre spannend bleiben, bitte ich um eure rege Beteiligung. 

Auf meinem Schachbrett haben die Feierlichkeiten zum 1. Geburtstag unseres Blogs bereits begonnen:
1-Jahr-SFH-Blog**********************************************************

Ergänzung am 11. August 2014:
Torte

Uwe ist ein Hellseher. Die Geburtstagstorte gibt es wirklich. Der Herr mit der gelben Krawatte ist inzwischen allerdings ein bisschen gealtert.

 

 

 

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Ergänzung am 5. Mai 2107:

8. German-Bridge-Team-Trophy am 29. April 2017 in Berlin (Maritim am Tiergarten)
8. German-Bridge-Team-Trophy am 29. April 2017 in Berlin (Maritim-Hotel am Tiergarten)

Schach und Briefmarken

„Darf ich dir meine Briefmarkensammlung zeigen?“, war früher für halbstarke Männer ein erfolgversprechender Weg, wenn es darum ging, ein junges Mädchen in den Bann bzw. in die eigenen vier Wände zu ziehen. Die Zeiten sind vorbei. Briefmarkensammeln ist ein verstaubtes Hobby geworden. Die Briefmarke stirbt langsam aus; mit ihr die überalterte, sammelnde Männergesellschaft. Lange Zeit galt die Briefmarke als Aktie des kleinen Mannes. Die Aussicht auf einen stetig steigenden Gewinn führte dazu, dass im Laufe der Jahrzehnte unzählige Briefmarken gehortet wurden, die heute keiner mehr haben will. Der Michel-Katalog ist in Deutschland der wertlose Wertmaßstab der Briefmarken. Die darin enthaltenen Summen sind Mondpreise, von denen – wenn überhaupt – 5% bis 10% realistisch zu erzielen sind. Im Kölner Stadtanzeiger gab es vor einem Jahr ein Interview mit zwei organisierten Briefmarkensammlern, das in der sarkastischen Aussage mündete: „Alles ab 1960 ist in so großen Stückzahlen erschienen, das ist in aller Regel wertlos. Die Marken können Sie größtenteils anzünden, die flattern wie Schmetterlinge durch die Luft.“ 

Diese Sorgen will ich mir nicht zu eigen machen. An anderer Stelle habe ich bereits berichtet, dass ich im Besitz nahezu aller Briefmarken der BRD und DDR bis 1990 bin, und zwar postfrisch und gestempelt, manche doppelt und dreifach. Die wenigsten davon habe ich selbst gesammelt; es handelt sich vielmehr um ein Vermächtnis, das ich sowieso nicht veräußern würde. Manchmal habe ich die Muße, mir diese Sammlung Jahrgang für Jahrgang anzusehen. Ich finde das faszinierend. Briefmarken sind kleine Kunstwerke, die unsere Zeitgeschichte dokumentieren. Die Frage, ob die einzelne Marke aus welchen Gründen auch immer wertvoll ist oder nicht, halte ich dabei für nebensächlich. Wer Kultur und Kunst nur mit dem schnöden Mammon gleichsetzt, ist fehl am Platze. 

Als Schachspieler freut man sich natürlich, wenn für unsere Kunst auf Briefmarken geworben wird. Weltweit sind Schachmotive auf Briefmarken durchaus beliebt; in Deutschland sind sie dagegen Raritäten. In der DDR gab es 1968 eine Briefmarke zu Ehren von Emanuel Lasker, drei Briefmarken zur Schacholympiade 1960 in Leipzig und eine zur Studenten-Mannschaftsweltmeisterschaft 1969.
Briefmarken 01
Briefmarken 03Briefmarken 04Briefmarken 05Briefmarken 02

In der BRD wurde Schach im vergangenen Jahrhundert meines Wissens nur einmal mit diesen vier Wohlfahrtsmarken im Jahr 1972 thematisiert:
Briefmarken 06Briefmarken 07Briefmarken 08Briefmarken 09

Im Jahr 2002 gab es eine Wohlfahrtsmarke für die Jugend im fragwürdigen Kontext mit Teddybären und Puppen sowie im Jahr 2008 eine für Schacholympiaden (ohne Abbildungen). 

Schachmotive hin oder her. Wenn wir mausetot sind, nützen die schönsten Briefmarken nichts. Deshalb möchte ich euch diese aus dem Jahr 1984 ans Herz legen:
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Zehn Jahre später hat Udo Harms im Sonnenkönig Nr. 6 zum Thema „Rauchen“ einen bemerkenswerten Artikel verfasst. Der begann so:

Zigaretten aus – sonst raucht’s! Rund 5000 Menschen sind im vergangenen Jahr in Niedersachsen an Lungenkrebs gestorben. Das sollte zu denken geben. Tut es aber nicht. […]

Rauchen in Spiellokalen ist mittlerweile verboten. Aber es soll noch immer Unverbesserliche (Süchtige!?) geben, die in den Pausen nach draußen laufen, um sich eine Fluppe anzuzünden. Denen möchte ich eine kleine Geschichte erzählen: Morgen wird meine Frau an der Beisetzung einer Bekannten teilnehmen, die etwa mein derzeitiges Alter erreicht hat. Diese Frau war mittelstarke Raucherin. Vor rund drei Jahren lautete die Diagnose: Speiseröhrenkrebs. Wenig später wurde ihr der Kehlkopf entfernt, fortan konnte sie nicht mehr natürlich sprechen und sich nur noch künstlich ernähren. Der geschwächte Körper streikte an mehreren Stellen. Auf Details werde ich verzichten. Sie fand ein schreckliches Ende.

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Ergänzung am 03. August 2014:

Die Briefmarke, die 1984 vor dem Rauchen warnte, hat mich dazu veranlasst, genauer hinzugucken, was sich vor 30 Jahren tat. Gerade in diesen Tagen feiern wir den 30. Geburtstag zweier Erfindungen, die aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sind: die Email und Helene Fischer. 

Zwei bundesdeutsche Briefmarken aus dem Jahr 1984 möchte ich euch zeigen:
Briefmarken10Briefmarken11

 

Der PC auf der Marke, die für den X. Archivkongress wirbt, ist ein echter Hingucker. Seitdem hat sich die Technik ein wenig weiterentwickelt. Nahezu unverändert ist es indessen um die Gleichberechtigung bestellt. Wenn’s ernst wird, müssen noch immer wir Männer den Müll rausbringen.

Den Satz des Jahres bezüglich der Schachfreunde Hannover lieferte unser damaliger 1. Vorsitzender Dr. Hans Wiehler in einem Rundschreiben vom 30.04.1984:

„Immer noch gelüstet es Nachbarvereinen, uns überschlucken zu wollen: diesmal hat die Schachvereinigung ihre Angeln nach uns ausgeworfen.“

Die Nachbarvereine waren der HSK, Anderten und der TKH. 17 Jahre später war die Angelei erfolgreich. Ob nun im Jahr 2001 die Schachfreunde oder die Schachvereinigung die Angeln ausgeworfen hatten, oder sich die Angelruten versehentlich verschlungen haben, verliert sich im Dunkeln. Nennen wir die Schachvereinigung mal unsere „bessere Hälfte“. An der Gleichberechtigung arbeiten wir noch…

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Ergänzung am 05. August 2014:

Engel, Fee, Stern, Männertraum und dazu meist gegoogelte Frau Deutschlands. Mehr geht nicht. Das müssen auch Hannovers Schachfreunde neidlos anerkennen. Zu ihrem 30. Geburtstag gehen unsere atemlosen Glückwünsche an:
Briefmarken12Briefmarken13

Neulich in Lehrte

Der Hype um den vierten Stern lässt nach. Nunmehr können wir uns den wirklich wichtigen Themen zuwenden. Ein Thema, das die hannoversche Schachwelt bewegt, hat auch mit der Zahl Vier zu tun. Seit rund zwanzig Jahren gibt es den Vier-Vereine-Blitz. Ursprünglich waren diese Vereine involviert: HSK/Post, Schachtiger, SVG und SFH. Seit unserer Fusion sind die Lehrter das vierte Rad am Blitzwagen. Den Modus hat Olaf bei der 6. Austragung im Jahr 1999 (Sonnenkönig Nr. 19) wie folgt anschaulich beschrieben: „Die vier Vereine treten mit 6 Leuten an, die dann gegen jeden Akteur der anderen Vereine eine Partie zocken. Das macht pro Nase 18 Partien. Soweit die Theorie.“

Die graue Theorie ging selten auf. So hatte 1999 einer unserer Spieler verschlafen (!), und bei den Schachtigern fehlte auch einer. Es gab aber genügend Spielermaterial (Fußballersprech), um die Mannschaften auf sechs zu trimmen. Am 27. Juni 2014 mussten wir allerdings Goethes Hexeneinmaleins bemühen, damit das Turnier trotz mangelnder Beteiligung stattfinden konnte:

Verlier die Vier!

Und Zwei lass geh’n.

Der HSK hatte nämlich lediglich zwei Aktive nach Lehrte geschickt, und die Schachtiger waren gar nicht erschienen. Böse Zungen behaupten, die Schachtiger seien in Wirklichkeit zahnlose Schmusekater, die in freier Wildbahn nicht überlebensfähig wären. Wie dem auch sei, HSK und Lehrte bildeten eine Mannschaft und wir die andere. Dafür spielten wir doppelrundig, sodass wir auf 12 Partien pro Nase kamen. 

Unterm Strich gab es einen sicheren Sieg mit 38,5:33,5 Punkten für unser Team. Bester Punktesammler aller Spieler war Andreas Hermann mit 9,5:2,5 Punkten. Mit meiner Ausbeute von 8,5 Punkten bin ich zufrieden. Seit über 10 Jahren hatte ich nicht eine einzige Blitzpartie gespielt, weder zum Spaß noch im Ernst. Es gab für mich nur eine Blitzpartie vor Ort zum Aufwärmen, dann ging’s ans Eingemachte. Erstaunlicherweise kam ich mit den elektronischen Uhren gut zurecht, lediglich die Neuerung, dass man eingestellte Könige nicht mehr schlagen darf, hemmte mich ein wenig. Das war früher eine Spezialität von mir. In meinem Keller liegt ein prall gefüllter Sack mit lauter Königen (kleiner Scherz). 

Anscheinend hat sich seit 1999 noch etwas geändert, denn wir fuhren anschließend stocknüchtern nach Hause. Das deckt sich nicht mit Olafs damaligem Kommentar im Sonnenkönig:

„Das Turnier ist für alle Freunde des gepflegten Blitzens und Saufens immer ein Gewinn.“

Dank des großen Drucks, den Uwe ausgeübt hat, kann ich euch hiermit das amtliche Endergebnis präsentieren:  14.06.27 Blitzen Lehrte

P.S. Einen Lesetipp möchte ich euch ans Herz legen. Neuerdings schreibt unser Udo (Neue Presse) für die HAZ über die Themen, die wirklich wichtig sind, womit ich einen Bogen zu meinem Bericht schlagen möchte. Nachdem sich Udo in den vergangenen Wochen um Chlorhühnchen, Quengelware und Aldi auf der Kö seine Gedanken gemacht hat, geht es in seinem heutigen Artikel auf Seite 1 um „Billiger wohnen auf Sylt“. Dazu könnte ich eine Menge zum Besten geben. Aber ich bin ja Rentner.

Soccer-Chess (The End)

„Ein Leben ohne Möpse ist möglich, aber sinnlos.“ Loriots legendäre Erkenntnis leuchtet ein. Aber wie verhält es sich mit der Fußball-WM? „Quo vadis, Deutschland?“, werden wir uns heute Nacht fragen, wenn die Messe gelesen und der Messi gewesen ist. Werden wir antriebslos und willenlos in den Alltag zurückkehren? Wir Schachspieler sind gewappnet. Wir haben etwas Anständiges gelernt. Und damit euer Leben weiterhin einen Sinn hat, habe ich eine Schachaufgabe komponiert, für die ihr euch vier Jahre Zeit nehmen dürft. 

Es handelt es sich dabei um eine Aufgabe, die sich durch eine extrem hohe Gravitation auszeichnet; sozusagen das Schwarz-Weiße Loch der Schachastronomie. Wie durch ein Wunder haben die Schachfiguren die Formation eines Balles angenommen. 32 Figuren stehen auf dem Brett, die Stellung ist also legal; die Schachregeln werden eingehalten. Diesmal geht es nicht darum, in wieviel Zügen Schwarz mattgesetzt wird, sondern wie viele Varianten und Untervarianten möglich sind, bis die Partie – wie auch immer – beendet ist.

 Vier Jahre Bedenkzeit

Schwarz-Weißes Loch vor dem Urknall
Schwarz-Weißes Loch vor dem Urknall

Soccer-Chess (6)

Was der patzige Per zum krummen Sieg über Algerien sagte, passt nicht zum Selbstverständnis von uns Schachspielern. Wir lieben die Ästhetik. Und deshalb habe ich eine Schachaufgabe kreiert, die Vielfalt, Dramatik und Schönheit unserer Sportart vereint. Ich habe sie unter das Motto „Lattenkracher“ gestellt. Wenn der Ball (Schachfigur) an die Latte kracht, ist er noch so warm, dass er im Anschluss verschiedene Matts (Tore) aufs Brett zaubert. Das schnellste in 7 Zügen. Hier ist die Ausgangsstellung:

Lattenkracher
Lattenkracher

Weil’s so schön ist, bekommt ihr gleich drei Aufgaben mit jeweils anderen Schlüsselzügen gestellt. Die Länge assoziieren wir mit der Praxis bei Fußballturnieren:

Matt in 7 Zügen (reguläre Spielzeit)

Matt in 8 Zügen (Verlängerung)

Matt in 9 Zügen (Elfmeterschießen)

Ihr werdet überrascht sein, welche verblüffenden Wendungen in den jeweiligen Mattführungen stecken. – Und noch ein Wort zum Thema Frankreich. Seid nicht traurig, wenn’s am Freitag gegen die Franzosen eine Klatsche geben sollte. Am Samstag beginnt die große Schleife. Diesmal bei den Engländern in Leeds. Die sind schon ganz heiß drauf. Obwohl unsere Medien die Tour de France durch Nichtbeachtung verdammen, ist sie für mich und viele andere Sportfreunde interessanter als diese Fußballweltmeisterschaft. Auf EUROSPORT gibt’s in den nächsten drei Wochen rund 350 Stunden Radsport, davon über 90 Stunden live.

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Nach dem Einzug der Deutschen Fußballnationalmannschaft ins WM-Halbfinale darf ich euch heute, am 5. Juli 2014, die ganze Wahrheit um den Mythos „Lattenkracher“ offenbaren. Weitere Hinweise findet ihr in meinem Kommentar.

Der Lattenkracher / Stellung nach 1.Dg6!!
Der Lattenkracher / Stellung nach 1.Dg6!!
Stellung nach 7.Th8#
Stellung nach 7.Th8#
Stellung nach 2.Sf6+!
Stellung nach 2.Sf6+!
Stellung nach 5.Dxa6!
Stellung nach 5.Dxa6!
Stellung nach 2.Sf5+
Stellung nach 2.Sf5+
Stellung nach 12.Sf7#
Stellung nach 12.Sf7#

Matt in 7 Zügen

1.Dg6!! Solch einen Zug in einer Turnierpartie anzuwenden, ist der Traum jedes Schachspielers. Die Dame kann auf g6 von zwei Bauern und zwei Figuren geschlagen werden, aber das Matt kann Schwarz so oder so nicht abwenden. Die Idee besteht in der Mattdrohung auf g7. Wenn Schwarz versucht, dieses Matt mit 1…f6 abzuwenden, wird er noch schneller matt: 2.Lxd5+ Kh8 (2…Dxd5 3.exf8D#) 3.Sf5 Tf7 4.Dxh7# 1…Lxg6 Mit diesem Schlagen erhält sich Schwarz das längste Leben, nämlich 7 Züge lang. Andere Schlagweisen verkürzen es: [1…Dxg6 2.exf8D#] [1…hxg6 2.Sxg6 Lxg6 3.exf8D+ Dxf8 4.Tc8 Lh5 5.Txh5 Dxc8 6.bxc8D#] [1…fxg6 2.Lxd5+ Kh8 3.exf8D+ Dxf8 4.Sxf8 h5 (4…Le4 5.Shxg6+ Lxg6 6.Sxg6#) 5.Txc2 bxc2 6.Shxg6#] 2.exf8D+ Dxf8 3.Tc8 h6 [3…f6 4.Txf8# oder 3…Dxc8 4.bxc8D#] 4.Txf8+ [Genauso schnell geht 4.Sxf8 Lf5 5.Sfg6+ Lxc8 6.bxc8D+ Kh7 7.Dh8#] 4…Kh7 5.Sf6+ gxf6 6.Lxf6 f1D Zu spät, du rettest den König nicht mehr (frei nach Friedrich v. Schiller). 7.Th8# Diagramm

 

 

Matt in 8 Zügen

1.exf8D+ Dxf8 2.Sf6+! Wunderschön! Diagramm 2…gxf6 [2…Kg8 3.Sg6+ fxg6 4.Txh7#] 3.Tg3+ Sg4 [3…Dg7 4.Dxa6 Dxg3 5.Dxf6 Dxg2+ 6.Sxg2 h5 /.Dg7#] 4.Txg4 Dg7 [4…Kh8 5.Lxf6+ Dg7 6.Txg7 bxc1D 7.Tg6#]

 

 

 

 

 

5.Dxa6! Diagramm. Kurz und bündig. Aber auf diesen Zug muss man erstmal kommen. Dxg4 6.b8D+ Dc8 [6…Kg7 7.Dxf6#] 7.Dbxc8+ Kg7 8.Dxf6#

 

 

 

 

Matt in 9 Zügen

1.Dxh7+ Kxh7 Da lächelt der König mit arger List (Die Bürgschaft). [1…Lxh7 2.exf8D+ Dxf8 3.Tc8 Lf5 4.Sxf5 Dxc8 5.bxc8D#] 2.Sf5+ Diagramm. Der Dolch im Gewande. 2…Kg8 [2…Kg6 3.Sxd6 Th8 4.Sf8+ Kg5 5.e8D Txf8 6.Dxe3+ Kg6 7.Lh5+ Kh7 8.Lxf7#] 3.Sxd6 Te8 4.Sxe8 Sg4 [4…f1D 5.Sef6+ gxf6 6.e8D+ Kg7 7.Dh8+ Kg6 8.Dxf6#] 5.Sef6+ gxf6 6.e8D+ Kg7 7.Df8+ Kg6 8.Dg8+ Kf5 9.Dxg4# Ein Matt der Sorte „humorlos“. 

 

Matt in 12 Zügen

1.Txc2 Te8 [1…f1D 2.exf8D+ Dxf8 3.Sf6+ gxf6 4.Tg3+ Sg4 5.Txg4+ Dg7 6.Tc8#] 2.Sf6+ Dxf6 3.Db5! Dxe7 4.Tc8 Tf8 5.Sf5 Dd8 6.Txd8 Txd8 7.Sh6+ Kh8 8.Sxf7+ Kg8 9.Sxd8 Sc7 10.Lxd5+ Kh8 11.b8T f1D 12.Sf7# Diagramm. Ein Matt wie aus dem Bilderbuch.

 

 

 

Remis wird’s, wenn Weiß 1.Tg3 spielt (ohne Diagramm)

1.Tg3 Sg4 2.Sf6+ Sxf6 3.Txg7+ Kxg7 4.Sf5+ Kg8 [4…Kh8? 5.Lxf6+ Dxf6 (5…Kg8 6.Sh6#) 6.exf8D#] 5.Sh6+ Kg7 6.Sf5+= Dauerschach

Soccer-Chess (5)

An dieser Stelle sollte es eigentlich einen Bericht über unseren grandiosen Sieg beim Blitzen am Freitag in Lehrte geben. Es ging um das traditionelle 4-Vereine-Blitzen mit 6er-Mannschaften, das diesmal mit nur 2 Vereinen ausgetragen wurde. Leider halten die Lehrter die Ergebnislisten bislang unter Verschluss. Aber Uwe macht das, was unsere Politiker immer machen, wenn sie machtlos sind: Druck. Und wenn Journalisten darüber schreiben, wird der Druck erhöht und nochmal erhöht bis alles zerplatzt. Habt also bitte Geduld. 

In der Zwischenzeit solltet ihr etwas für euer Wohlbefinden tun. Heute Abend spielt die Deutsche Mannschaft bekanntlich gegen Algerien. Die damit verbundene Spannung kann bei jedem braven Deutschen vor und während des Spiels zu einer Gänsehautentzündung führen. Zur Vorbeugung und zur Behandlung habe ich mir eine Schachaufgabe für euch ausgedacht. Die steht unter dem Motto: Viererkette.

Zwei Viererketten stehen sich gegenüber und neutralisieren sich. Die Kapitäne (Könige) müssen es richten. Bevor ihr ernsthaft die Zugfolgen prüft, solltet ihr euch spontan ein Urteil bilden:

                                                     Weiß zieht an und ..? 

Viererkette
Viererkette

a) Weiß gewinnt

b) Schwarz gewinnt

c) Remis

d) keine Ahnung

Die Lösung hat ihre Tücken. Jedenfalls ist die Aufgabe nicht so leicht, wie sie ausschaut. Damit sie eine heilende Wirkung hat, dürft ihr sie nicht einfach runterschlucken, sondern auf der Zunge zergehen lassen, d.h. Zug für Zug vor eurem geistigen Auge abspielen und dabei mehrmals einen kräftigen Schluck vom Pausentee trinken. Ab 17:00 Uhr ist auch Waldis Weißbier statthaft.

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Nach einer Nacht mit lauter Gänsehautentzündungen folgt heute, am 1. Juli 2014, die Auflösung (siehe auch meinen Kommentar).

Antwort c) ist richtig!

Stellung nach 4...Kd5
Stellung nach 4…Kd5
Stellung nach 6.Kxd7
Stellung nach 6.Kxd7

1. Kg3 [1.Kf3 geht auch, aber Weiß darf sich keinesfalls dazu verleiten lassen, seine Viererkette über das Feld d5 zu durchdringen. Paradoxerweise muss er den Anlauf über das Feld f5 nehmen, um seinen a-Bauern marschieren zu lassen. 1…Kb3 2.Ke4 Kb4 3.Kd5? (3.Kf5 Kxc5 4.Kf6 Kd5 5.Ke7 Kxe5 6.Kxd7 f5! siehe Hauptvariante) 3…Kxa5 4.Kd6 Kb4 5.Kxd7 Kxc5 6.Ke7 Kd4 7.Kxf7 Kxe5 8.Kg7 Kf5 9.Kxh7 Kxg5-+) 1…Kc3 2.Kf4 Kb4 3.Kf5 Kxc5 4.Kf6 Kd5* Diagramm

5.Ke7! [Linksschwenk, marsch! Wenn Weiß voreilig die Bauern auf dem Königsflügel einsackt, verliert er die Partie: 5.Kxf7? Kxe5 6.Kg7 Kf5 7.Kxh7 Kxg5-+] 5…Kxe5 [5…Kc6? Kxf7+-) 6.Kxd7 Diagramm

6…f5! [Nur so. 6…Kf5? Verliert ein Tempo und damit die Partie.7.Kc7 Kxg5 8.Kxb7 h5 9.a6 h4 10.a7 h3 11.a8D+-] 7.gxf6 Kxf6 8.Kc7 h5 9.Kxb7 h4 10.a6 h3 11.a7 h2 12.a8D h1D+ ½-½

 

*Es gibt noch eine hübsche Variante, die ich euch nicht vorenthalten will. Wenn Schwarz im 4. Zug Kb5? statt Kd5 spielt, gewinnt Weiß wie folgt:

4…Kb5? 5.Kxf7 Kxa5 6.Ke7 b5 7.Kxd7 b4 8.e6 b3 9.e7 b2 10.e8D b1D 11.Da8+ und Weiß holt sich die schwarze Dame.