In diesem Beitrag geht es nicht um die Weltmeisterschaft der Besserverdienenden (Fußballer), sondern um die der reinen Schachamateure mit Handicap (Gehörlose). Unser 1. Vorsitzender Michael Gründer gehört zum Team, das derzeit in Kroatien die deutschen Farben vertritt.
Es wird mit Vierer-Mannschaften plus Ersatz gespielt. Aus Niedersachsen ist noch Dieter Jentsch (Wolfsburg) dabei. Die ersten Runden liefen super fürs deutsche Quartett. Es gab Siege gegen Kasachstan (3,5:0,5), Ukraine (2,5:1,5) und England (3,5:0,5). Michael wurde bislang einmal gegen England eingesetzt und konnte seine Partie gewinnen. Einen Dämpfer gab’s heute in der Spitzenpaarung gegen Serbien. Der Kampf ging ohne Michael mit 1:3 verloren. Aber noch ist alles drin. Die 5. Runde morgen Vormittag gegen Polen wird die Weichen stellen. Am nächsten Freitag enden die Mannschaftsweltmeisterschaften mit der 9. Runde. Drücken wir Michael die Daumen, dass er mit einem Weltmeistertitel zurückkehrt. Unbestätigten Meldungen zufolge gibt’s dann Freibier für alle Vereinsmitglieder.
Übrigens wird Michael für diese WM von der NP-Sportstiftung mit 450 € unterstützt. Darüber gab’s am letzten Mittwoch einen großen Artikel in der Neuen Presse. Guckt mal in euer Altpapier, ob ihr die NP vom 18. Juni findet (aus rechtlichen Gründen verzichte ich auf eine Veröffentlichung). Autor ist der Redakteur Simon Lange. Zum Artikel gehören zwei Fotos, die Michael beim Gartenschach zeigen. Auf einem Foto ist auch Christiane Jabs zu sehen, wie sie mediengerecht von Michael mattgesetzt wird.
Im Spiel unserer Männer gegen Ghana versuchte Philipp Lahm kurz vor Schluss am gegnerischen Strafraum ein Kabinettstück, das ARD-Reporter Tom Bartels als Übersteiger bezeichnete. Das ist das Stichwort für mein heutiges Problem. Weiß stehen 14 Schachgebote zur Verfügung, aber nur eins führt unmittelbar zum Matt. Welches?
„Fußball ist eine Ballsportart, bei der zwei Mannschaften mit dem Ziel gegeneinander antreten, mehr Tore als der Gegner zu erzielen und so das Spiel zu gewinnen“ (Quelle: Wikipedia). Das klingt einfach, ist es auch. Jeder Vollpfosten kann sofort draufloskicken. Die Sache hat allerdings einen Haken, und der kommt aus England, dem Mutterland des Fußballs. Wenn etwas auf der Welt skurril ist, stammt es zu 90% aus der Heimat von Gary Lineker. 30 Jahre bevor Hannover 96 gegründet wurde, kamen die Engländer auf die Idee, die Abseitsregel einzuführen. Ob es am übermäßigen Genuss süßlichen Bieres lag, wurde nicht überliefert. Böse Zungen behaupten indes, man wollte mit der Regel lediglich Frauen davon abhalten, es den Männern beim Kick and Rush gleichzutun, weil Frauen diese Regel nicht begreifen würden.
In Deutschland ging das bis 1970 gut. Der DFB hatte Frauenfußball schlichtweg verboten mit der Begründung, dass diese Kampfsportart (!) der Natur des Weibes im Wesentlichen fremd sei, und dadurch Körper und Seele des Weibes unweigerlich Schaden erlitten. Das war starker Tobak fürs schwache Geschlecht. In Wirklichkeit ging‘s den senilen Machos aus der Funktionärsriege des Deutschen Fußball-Bunds um die Stammtischhoheit. Streitgespräche über Fußball sind eine Männerdomäne, und so sollte es bleiben. Da Abseits eine temporäre Erscheinung ist, deren Verifizierung ohne technische Hilfsmittel kaum möglich ist, waren die Männer in der Nachbetrachtung von Fußballspielen in ihrem Element und die Frauen außen vor.
Nun soll es in Deutschland bis Ende der neunziger Jahre nur wenige hochintelligente Männer gegeben haben, die die Abseitsregel tatsächlich verstanden haben. Daraus entstand der plausible Lehrsatz: „Abseits ist, wenn der Schiedsrichter pfeift.“ Seitdem die moderne Fernsehtechnik mit zahllosen Kameras, Superzeitlupen und auf die hundertstel Sekunde genauen Standbildern jede Fußballszene zweifelsfrei festhalten kann, wäre den Frauen ein Diskutieren auf Augenhöhe möglich gewesen. Um dies zu verhindern, führte die FIFA im Jahr 2005 das „Passive Abseits“ ein.
Damit wurde den Männern ein Instrument an die Hand gegeben, das kognitiv jede Beweisführung zulässt. Mathematiker haben errechnet, dass die Auslegungen, ob jemand passiv im Abseits steht oder nicht, aufgrund der möglichen Spielsituationen unermesslich sind. Im Zweifel hat der Recht, der am Stammtisch regiert, und das ist keine Frau.
Wir männlichen Schachspieler haben Frauen von jeher nicht ins passive Abseits gestellt. Wir lassen sie mitspielen in der Hoffnung, dass sie uns nicht schlagen. Sollte es dennoch so sein, gilt im Umkehrschluss die Erkenntnis unseres verstorbenen Schachfreunds Werner S.: „Ich habe noch nie gegen einen gesunden Schachspieler gewonnen!“ – Ihr habt es geahnt, meine heutige Assoziation lautet: Passives Abseits. Dafür habe ich ein Kleinod komponiert, das von Männern wie Frauen leicht zu lösen ist. Der schwarze König steht eindeutig im Abseits und ist zur Passivität verurteilt. Angesichts des Materialnachteils hofft das schwarze Lager, sich in ein Patt retten zu können. Durch eine geschickte Zugfolge der weißen Partei wird die Hoffnung jedoch zunichte gemacht.
Schachschiedsrichter sind wie Papst = unfehlbar. Fußballschiedsrichter machen indessen häufig Fehler, harmlose oder krasse, gewollt oder ungewollt. Die Fehlerquote in den ersten Spielen der WM ist jedoch bedenklich. So wundert’s nicht, dass es auf den Plätzen zu Ansammlungen erregter Spieler kam, fachsprachlich heißt das Rudelbildung. Rudelbildung ist das Stichwort für meine Assoziation in Sachen Schach.
Stellt euch vor, der Schiedsrichter sei der schwarze König. Um ihn herum haben sich schützend die Linienrichter und Betreuer aufgestellt. Sie stehen einem Rudel von Springern gegenüber, die sich wolfsgleich aufgestellt haben, um den Schiedsrichter zu bewegen, seine unliebsame Entscheidung zurückzunehmen. Sind die 8 Beschützer stärker als die 7 Angreifer? Nein!
Matt in 5 Zügen
Dem schwarzen König (Schiedsrichter) geht’s ans Leder. Vier der sieben Springer werden sich der vermeintlichen Gerechtigkeit willen opfern. Die drei Verbliebenen machen dem König den Garaus (Matt). Das klingt brutal, wissen wir doch, dass es Fußballer meist bei Verbalinjurien belassen. In unteren Klassen kann es schon mal zu Handgreiflichkeiten kommen; unterhalb der 3. Kreisklasse gelten Massenschlägereien nicht selten als konfliktbereinigend.
Versucht bitte, diese Aufgabe ohne Hilfsmittel zu lösen. Damit überbrückt ihr schlaflose Nächte nach langen Fußballabenden. Zu folgendem Warnhinweis bin ich freilich verpflichtet: Längeres Grübeln beim Anblick des Diagramms kann auch ohne Fußballabende zu schlaflosen Nächten führen.
Morgen beginnt die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien. Dem Trubel können wir uns nicht entziehen, selbst wenn wir wollten. Jede Muskelverhärtung in den Waden von Jogis Jungs wird zum nationalen Ereignis. Während des medialen Trommelfeuers sollten wir Schachspieler deshalb mangels eigenmotorischer Aktivitäten unser Gehirn auf Trab halten. Das geht am besten mit Assoziationsspielen. Der Fußballjargon hat so viele köstliche Wörter hervorgebracht, da schreit es gerade danach, diese in Schachprobleme bzw. Stellungen bildhaft umzusetzen. Ich mache mal den Anfang. Mein erstes Wort heißt: Billardtor. Daraus habe ich heute Nachmittag folgende Schachaufgabe komponiert:
Matt in 3 Zügen
Die Lösung werdet ihr schnell finden. Habt ihr ähnliche Ideen? Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Wer selbst nicht berechtigt ist, Beiträge in unserem Blog zu schreiben, möge seine Notationen in einem Kommentar veröffentlichen. Ich kann die in Diagramme umwandeln und in diesen Beitrag einfügen.
Hier gibt’s eine kleine Auswahl an fachsprachlichen Wörtern:
Ihr dürft natürlich auch andere wählen; ausgenommen „Rasenschach“. Wer das Wort verwendet, muss 5 Euro ins Phrasenschwein werfen. Ansonsten könnt ihr hier auch einfach nur über Fußball palavern. Schließlich haben wir Stockfische ein Herz für eigenmotorische Balltreter.
HP steht nicht etwa für einen führenden Druckerhersteller, sondern für Heidelberg-Paderborn. Bekanntlich hängt auf unserer Mutter Erde alles irgendwie zusammen. Räumlich, zeitlich und sonst wie. Hätte sich der Homo heidelbergensis einen anderen Wohnort gesucht, hätte es am Neckar im Jahr 1979 kein Jubiläumsschachturnier gegeben, und der SC Paderborn wäre jetzt nicht in die 1. Fußballbundesliga aufgestiegen. Aber der Reihe nach.
Die beginnt mit Rugby. Genauer gesagt mit der Deutschen U 14 Meisterschaft, die am vergangenen Wochenende in Heidelberg ausgetragen wurde. Uwe war dort mit seinem Sohn. Ein vierter Platz sprang dabei heraus. Immerhin vor dem Lokalrivalen Germania List. Alle Achtung! Als mir Uwe davon erzählte, hat es bei mir Klick gemacht. Heidelberg?! Da war doch was!? Ja, vor 35 Jahren wurde der Heidelberger Schachklub 100 Jahre alt. Es gab ein hochdotiertes, internationales Open über 9 Runden mit normaler Bedenkzeit. Ich war dabei. Und beeindruckt. Der Heidelberger SK gehörte damals zu den renommiertesten und stärksten Schachklubs in Deutschland. Alle waren voll des Lobes angesichts dessen traditionsreicher Geschichte: Reinhold Zundel, der Oberbürgermeister, Alfred Kinzel, der Präsident des Deutschen Schachverbands, Alfred Weber, der 1. Vorsitzende des Badischen Schachverbands und Prof. Dr. Till Kirsten, der 1. Vorsitzende des Heidelberger SK. Dieser Till Kirsten hat „ein persönliches Wort“ verfasst. Es hebt sich ab von den zu solchen Anlässen üblichen Floskeln:
Habt ihr auch das Gedicht gelesen? Ihr kennt es bereits. Ich habe in meinem Kommentar vom 30. Mai danach gefragt. Noch immer streiten Experten darüber, ob sich hinter Sigurd Kalbfisch nicht Prof. Till versteckt; und was uns der Künstler mit dem Gedicht sagen will. Deutungen jedweder Art sind auch nach 35 Jahren willkommen.
Für Touristen ist Heidelberg ein Muss. Das liegt vor allem an Deutschlands berühmtester Ruine: dem Heidelberger Schloss. Das Schloss liegt am Nordhang 80 m über der Stadt. Es ist gigantisch. Wer das komplette Panorama genießen möchte, sollte am gegenüber-liegenden Berghang spazieren gehen. Das tat ich auch. Seitdem nennt man die 2 km lange Strecke „Philosophenweg“. – „Was hat das mit Paderborn zu tun?“, werdet ihr fragen. Die Antwort lautet: Mich hatte es damals beruflich nach Paderborn verschlagen. Ich war an der Realisierung der Stadthalle (Paderhalle) beteiligt.
Der Rohbau der Stadthalle ähnelte irgendwie der Schlossruine, nur, dass die Ausmaße der Ruine viel größer sind. Dennoch war mein Bauwerk in Paderborn nicht von Pappe. Rechtwinklige Wände waren eine Seltenheit, gleiche Wandhöhen auch. Im Keller mussten wir eine Quelle einfangen und diese dauerhaft sprudeln lassen.
Ich gehörte damals zum dreiköpfigen Bauleitungsteam. Unser Chef war der Berliner Architekt Prof. Hardt-Waltherr Hämer, Spitzname: Gustav. Vor zwei Jahren ist er im Alter von 90 Jahren verstorben. Für seine Ideale wusste Gustav zu kämpfen. Das hat ihm einen Ehrenplatz in der „Bundeszentrale für politische Bildung“ eingebracht. Wer Interesse hat, möge sich das Interview mit ihm anhören, das er im hohen Alter gegeben hat. Es ist von aktueller Bedeutung. Stichwort: Gentrifizierung.
In meinem langen Berufsleben habe ich an vielen Orten irgendetwas gebaut. Abgesehen von der Schaffensfreude habe ich mich stets gefragt, ob mit dem errichteten Bauwerk ein positiver Einfluss auf die Gesellschaft einhergeht. Im Falle von Paderborn bin ich mir ganz sicher. Der kulturelle Einfluss durch die vielfältigen Veranstaltungen in der Paderhalle hat im Laufe der drei Jahrzehnte dazu geführt, dass die Bürger Paderborns weltoffen geworden sind. Kirchgang hin oder her, wenn der schnöde Mammon schon sein muss, ist er im Profisport gut angelegt. Somit nahm der Aufstieg des SC Paderborn seinen Lauf. Nun gehört er zum Nonplusultra der bundesdeutschen Unterhaltungsbranche: der 1. Fußballbundesliga.
Den Heidelberger SK gibt’s indessen nicht mehr; jedenfalls nicht mehr in der Fassung von 1979. Wenn die 100-Jährigen in die Jahre kommen, wird’s kritisch; siehe HSK und SVgH. Offenbar gab’s eine Fusion mit den Handschuhsheimern, die zumindest sportlich für einen Höhenflug sorgte. In der Saison 2008/09 holte sich die 1. Mannschaft den Sieg in der 2. Bundesliga Süd. Eine Saison später bedeutete der 14. Platz den Abstieg aus der 1. Bundesliga. Danach ging’s bergab in die Niederungen des Badischen Schachverbands. Brauchbare, aktuelle Informationen über den SK 1879 HD-Handschuhsheim (die Domain könnt ihr kaufen) habe ich leider nicht gefunden.
Zurück zum Jubiläums-Open. Wer Turniersieger wurde, weiß ich nicht mehr, aber ich habe eine hübsche Partie gewonnen, die ich euch zeigen möchte. Mein Gegner war Dirk Paulsen (Lasker Steglitz). Er war 20, ich 30 Jahre alt. Dirk war damals einer der aufstrebenden Schachspieler Deutschlands. Anfang der 80er Jahre spielte er für die SG Bochum in der 1. Bundesliga. Mit 23 Punkten aus 30 Partien machte er die beste Ausbeute aller Bundesligaspieler. In der Partie gegen mich war er zu ungestüm. Seinen Angriff am Königsflügel konnte ich im Zentrum kontern. Wer Spaß an komplizierten Stellungen hat, möge sich die nach dem 32. Zug … Dxd4 anschauen, und zwar mit dem Folgezug 33. Sdf3!. Am besten macht ihr das ohne euren Rechner. Einige Varianten zeige ich euch. Am Brett hätte diese auch ein Super-Großmeister nicht alle sehen können. Die komplette Partie findet ihr in meinem Kommentar.
Paulsen, Dirk – Streich, Gerhard [D36]
Schwarz ist am Zug
32… Dxd4 [32…Txe1?? 33.Sf7+ Lxf7 34.Dxg7#] 33.Te4? Danach ist Weiß rettungslos verloren. Stattdessen wäre er mit 33.Sdf3! nicht chancenlos gewesen. Es ergeben sich einige abenteuerliche Varianten: [33.Sdf3!? Dxa4 (33…Df6?! 34.Txe7 Txe7 35.Dh2 Dh6 36.Sh4 Sxg5 37.Sg6+ Kh7 38.Sf8+ Kh8 39.Sg6+=) 34.Te4 (34.Sf7+ Txf7 35.Txe8 Tb7 36.Tb8 Te7 37.b4 Db3 38.Sh4 Sf4 39.Dg3 Dd5+ 40.Tg2 g5 41.fxg6 Sxg2 42.Sxg2 Sf6-+) 34…Db3 (34…Txe4?? 35.Sf7+ Lxf7 36.Dxg7#) 35.Sh4 Sf4 36.Txf4 Ld5 37.Sgf3 Tb7=+] 33…Txe4 34.Sgxe4 Se3 35.Df3 Ld5 36.f6 Sxf6 [36…Txe4! dazu gehört Mut oder einfach nur Rechenkunst. 37.fxg7+ Kg8 38.Sxe4 Lxe4 39.Lb3+ Sd5-+] 37.Tg3 Lxe4 [Noch schneller gewann 37…Txe4!, aber Dirk Paulsen hatte sowieso keinen Bock mehr, weiterzuspielen.] 38.Sxe4 Dxe4 0-1
Über den Verbleib von FM Dirk Paulsen (ELO 2289) habe ich mich auch sachkundig gemacht. In der Berliner Kaffeehausschachszene gehört er nach wie vor zu den Besten. Er hat sogar eine eigene Kolumne: http://www.fvschach.de/dp_kolumne.htm
FM Davor Maric (Kasseler SK 1876) hat ungeschlagen das 20. Leine-Open gewonnen. Auf den Plätzen 2 und 3 landen zwei Spieler von Hannover 96: A. Izrailev und und IM Alexander Bangiev. Am Start waren 56 Schachspielerinnen und Schachspieler; darunter drei Internationale Meister. Das ausführliche Ergebnis mit allen Ratingpreisen könnt ihr auf dieser Webseite nachlesen: http://www.leine-open.de/
Soweit ich das beurteilen kann, verlief das Turnier harmonisch. Angaben zu Pleiten, Pech und Glückseligkeiten dürft ihr gern beisteuern. Von mir bekommt ihr ein paar Fotos geliefert.
Oft kopiert, nie erreicht: Das Leine-Open. Im Jahr 1995 wurde es zum ersten Mal ausgetragen, das Schnellschachturnier der Schachfreunde Hannover. Nun jährt es sich zum zwanzigsten Mal. Am Sonntag, dem 1. Juni, ist es wieder soweit. Dieser Sonntag ist in Hannover ein autofreier Tag. Da bietet es sich an, den Weg zum Leine-Open ganz zünftig auf der Leine zu bewerkstelligen. Für diese Schachfreunde gibt es folgende Wegbeschreibung:
Vor dem Leineabstiegskanal links in die Fösse abbiegen, dort 400 m flussaufwärts fahren, am linken Ufer aussteigen, unter der Westschnellwegbrücke hindurch 100 Schritte gehen, rechts abbiegen und die Stufen zum Freizeitheim Linden erklimmen.
Alternativ sind auch andere Fortbewegungsmittel gestattet. Hauptsache, ihr seid pünktlich da. Meldeschluss ist 9:45 Uhr. Hier die korrekte Anschrift:
Alle weiteren Angaben zum Leine-Open erfahrt ihr auf der eigens dafür eingerichteten Webseite: http://www.leine-open.de/
Ein bisschen Nostalgie kann nach 20 Jahren nicht schaden. Wie’s damals begann, könnt ihr auf den zwei Doppelseiten nachlesen, die ich aus der 9. Ausgabe des Sonnenkönigs gescannt habe. Der Text stammt von Olaf Bergmeier. Seine Art, Stimmungen stilsicher in Worte zu fassen, ist und bleibt unerreicht.
Die ersten fünf Open fanden im Faust-Gebäude statt, danach ging’s ins Freizeitheim Vahrenwald und später ins Freizeitheim Linden. Die Teilnehmerzahl der ersten Veranstaltung wurde nicht wieder erzielt, aber an hochkarätigen Schachspielern hat es nie gemangelt. Einige wurden zu Stammgästen, z.B. IM Carsten Lingnau. Im Jahr 2009 fiel das Leine-Open buchstäblich ins Wasser; ins Leinewasser wohlgemerkt, wodurch es selbstverständlich mitgezählt wird. In den Jahren danach war die Beteiligung eher mager. Dieser Trend soll nun gedreht werden. Deshalb würden wir uns freuen, wenn sowohl viele Gäste aus nah und fern als auch Vereinsmitglieder zum 20. Leine-Open kämen.
Hier ist die Ehrenliste derer, die von Anfang an einen Platz auf dem Siegertreppchen ergattern konnten:
1. Leine-Open 1995169 Teilnehmer
1. Joachim, Sven 2335 SF Braunschweig9,5/11
2. IM Polzin, Rainer 2415 SF Neukölln9,0/11
3. IM Lingnau, Carsten 2400 SK Solingen8,5/11
2. Leine-Open 1996144 Teilnehmer
1. Spilker, Boris vereinslos9,0/11
2. IM Lingnau, Carsten 2380 Enger Spenge8,5/11
3. Alvensleben, Wolfram vonSVg Hannover8,5/11
3. Leine-Open 1997138 Teilnehmer
1. IM Schebler, Gerhard 2440 SV Mühlheim/Nord9,5/11
2. Sawatzki, Frank 2275 SVg Göttingen8,5/11
3. Geveke, Michael 2296 SVg Hannover8,5/11
4. Leine-Open 1998106 Teilnehmer
1. GM Maksimenko, Andrej 2500 SW Lichtenrade9,5/11
2. Joachim, Sven 2335 SG Isernhagen9,0/11
3. IM Lingnau, Carsten 2400 SF Katernberg8,5/11
5. Leine-Open 199995 Teilnehmer
1. IM Kabatianski, Alexander 2441 SV Bramsche 10,0/11
2. Joachim, Sven 2335 SG Isernhagen9,5/11
3. IM Bangiev, 2447 Alexander SG Isernhagen8,0/11
6. Leine-Open 2000110 Teilnehmer
1. IM Bangiev, 2447 Alexander SG Isernhagen8,5/11
2. Ksieski, Zbigniew 2348 SV Sailauf 678,5/11
3. IM Lingnau, Carsten 2366 SF Katernberg8,5/11
7. Leine-Open 200192 Teilnehmer
1. Hörstmann, Martin 2321 SC Stadthagen7,0/9
2. IM Bangiev, Alexander 2447 SG Isernhagen7,0/9
3. Joachim, Sven 2335 SG Isernhagen7,0/9
8. Leine-Open 2002102 Teilnehmer
1. GM Epischin, Wladimir 2600 SV Lübeck8,5/9
2. IM Lingnau, Carsten 2366 SF Katernberg8,0/9
3. IM Kabatianski, Alexander 2441 SV Bramsche8,0/9
9. Leine-Open 2003138 Teilnehmer
1. GM Gutman, Lev 2495TuRa Melle 8,0/9
2. IM Lingnau, Carsten 2430SC Rheine7,5/9
3. Kirnos, Eugen 2268SK Minden 7,5/9
10. Leine-Open 2004127 Teilnehmer
1. IM Kabatianski, Alexander 2441SK Emsdetten 8,0/9
2. IM Kopylov, Michael 2445SK Norderstedt 7,5/9
3. IM Meijers, Viesturs 2499 Nickelhütte Aue 7,5/9
11. Leine-Open 2005117 Teilnehmer
1. Kirnus, Eugen 2242 SK Minden 087,5/9
2. IM Lingnau, Carsten 2379 SK Gescher 817,5/9
3. Schneider, Ilja 2374 HSK-Post Hannover7,0/9
12. Leine-Open 200684 Teilnehmer
1. Schneider, Ilja 2374 HSK-Post Hannover7,5/9
2. IM Kabatianski, Alexander 2441 SV Bramsche7,5/9
3. Sprenger, J.Michael 24817,0/9
13. Leine-Open 200776 Teilnehmer
1. GM Lazarev, Vladimir 2443 SC 1975 Bann7,5/9
2. FM Breuer, Stefan 2331 SVg Salzgitter 7,0/9
3. FM Markgraf, Alexander 2465 Tempo Göttingen 7,0/9
14. Leine-Open 200890 Teilnehmer
1. Schneider, Ilja 2437 HSK-Post Hannover8,0/9
2. Abel, Dennes 2283 HSK-Post Hannover 7,5/9
3. IM Bangiev, Alexander 2406 PSC Hannover 7,0/9
15. Leine-Open 2009ausgefallen
16. Leine-Open 201054 Teilnehmer
1. IM Zaitsev, Mikhail 2499 SG Bochum 7,5/9
2. IM Bangiev, Alexander 2424 PSC Hannover7,0/9
3. GM Gutman, Lev 2454 SC Melle7,0/9
17. Leine-Open 201162 Teilnehmer
1. IM Zaitsev, Mikhail 2510 SG Bochum 7,5/9
2. Izrajlev, Alexander 2277 PSC Hannover7,0/9
3. GM Solleveld, Maarten 2492 Tempo Göttingen 6,5/9
In der vergangenen Woche habe ich wieder Post vom Wörthersee bekommen: Spätestens seit meinen letzten Kommentaren wisst ihr, dass ich dort 1996 am Casino-Open in Velden teilgenommen habe. Untergebracht waren meine Frau und ich im 4*-Hotel „Schönblick“. Das war also vor 18 Jahren. Seitdem erhalten wir Jahr für Jahr eine Karte mit der unmissverständlichen Aufschrift, dass wir willkommene Gäste seien. 18 Mal fruchtlos, denn Schachturniere in Velden sind passé und einen anderen Grund, dort hinzufahren, gibt es für uns nicht. Nun habe ich ein schlechtes Gewissen angesichts dieses liebevollen, dauernden und vergeblichen Werbens. Deshalb möchte ich allen Schachfreunden ans Herz legen, dort zu übernachten, wenn sie am Wörthersee Urlaub machen. Es lohnt sich wirklich. Hier ist deren Webseite: http://www.schonblick.at/
Nichtsdestotrotz stellt sich für mich die Frage: Warum buhlt die Hoteldirektion so unverdrossen um meine Gunst? Wer mich kennt, weiß, dass ich der Sache auf den Grund gehe. Insider nennen mich den „Sherlock Humbug“ unter den investigativen Bloggern. Meine Spurensuche war erfolgreich. Am Eingang des Hotels prangt ein Schild mit der Aufschrift: „Hier übernachtete der berühmte Namensgeber der PPP-Modelle.“ PPP-Modelle kennt ihr? Das sind die öffentlichen Bauprojekte, bei denen findige Investoren gutgläubigen Kommunalpolitikern ein Finanzierungsmodell aufschwatzen, das den Gemeinden unterm Strich teuer zu stehen kommt. Spaßbäder sind dabei besonders beliebt. Nun habe ich mir das Schild genauer angesehen. Was lese ich da im Kleingedruckten? PPP = Piefke Patzer Papageno. Im Klartext: „Hier übernachtete ein deutscher Fliegenfänger, der das Schachspiel nie und nimmer begreifen wird.“ Danke.
Ja, die Kärntner sind ein cleveres Völkchen. Die intelligenten Bayern (O-Ton Edi) wissen ein Lied davon zu singen. Die Bayern ließen sich bekanntlich von den Kärntnern eine Schrottbank andrehen, in der sie binnen kurzer Zeit womöglich 6 Milliarden Euro begraben haben: http://www.milliardengrablandesbank.de/ Mit dem Geld hätte Uli Hoeneß bis zum nächsten Triple weiterzocken können. Drahtzieher war ein Landeshauptmann namens Haider. Gegen einen Namensvetter spielte ich beim Casino-Open. Der hieß nicht Jörg, sondern Bernd. Mit einer „petite combinaison“ gelang es mir, denselben völlig aus dem Konzept zu bringen.
Arbeiter sind unter Schachspielern so selten geworden wie Mettbrötchen auf dem Speiseplan von Angela Merkel. Das hat seine Gründe. Bei Angela sind die offensichtlich, bei Schachspielern müssen wir die Geschichtsbücher bemühen oder in die Annalen des eigenen Vereins gucken. Die Fusion der beiden Vereine „Schachfreunde Hannover“ und „Schachvereinigung Hannover“ im Jahre 2001 hat auch namentlich zu einer Verschmelzung geführt. Der Name „Schachvereinigung“, der aus dem „Arbeiter-Schachklub-Hannover“ hervorgegangen ist, wurde zugunsten der Schachfreunde getilgt, aber das Gründungsdatum 1919 blieb im offiziellen Vereinsnamen erhalten. Nun habe ich persönlich meine Wurzeln bei den Schachfreunden und kann deshalb wenig zur Geschichte des Arbeiter-Schachklubs beitragen. Es gibt jedoch Zeitgenossen, die unter Schachspielern großgeworden sind, die die Härte des Klassenkampfes erlebt haben. Dazu gehört Jürgen Juhnke.
Das Foto stammt aus einem verblichenen HAZ-Artikel. Jürgen war damals Vierter bei den offenen Niedersachsenmeisterschaften geworden. – Als die Schachvereinigung ihr 50jähriges Jubiläum feierte, war Jürgen Juhnke ein junger Spund und als solcher einer der besten Nachwuchs-Schachspieler Deutschlands. Unser Blog hat Jürgen dazu angeregt, Erinnerungsstücke hervorzuholen. Etwas davon werde ich gleich präsentieren. Zunächst möchte ich jedoch auf die Geschichte der Schachvereinigung im Besonderen und die des Arbeiterschachs im Allgemeinen eingehen.
Auf unserer Webseite findet ihr unter „Historie“ folgenden Artikel, den Jürgen Reschke anschaulich geschrieben hat: Historie
Ein epochales Werk über die „Geschichte des deutschen Arbeiterschachs“ hat Gerhard Willeke verfasst. Er verstarb kurz bevor sein Buch im Jahr 2002 veröffentlicht wurde. Auf 340 Seiten hat Gerhard Willeke akribisch das zusammengetragen, was heute auf den ersten Blick niemand interessiert. Deshalb habe ich das Buch zunächst belächelt, als ich davon erfuhr. Auf den zweiten Blick ist es hilfreich, unsere Geschichte zu verstehen. Nicht nur die Geschichte des Arbeiterschachs, sondern die Geschichte unserer Gesellschaft, die 1933 mit der Machtübernahme durch die Nazis eine grauenhafte Entwicklung nahm. Das Buch könnt ihr im Internet aufrufen: Arbeiterschach-neu.pdf wissenswertes über die Geschichte der Schachvereinigung. Auf den Seiten 259 und 260 erfahrt ihr etwas über den „Arbeiterschachklub Turm Anderten“. Am 11. Mai 1933 war Schluss mit dem Arbeiterschach in Deutschland. Diejenigen, die sich nicht fügten, wurden gnadenlos verfolgt (siehe z.B. Seite 300+301), die anderen verkauften ihre Seelen mit „Ergebenheitsbekundungen“.
Zurück zu Jürgen Juhnke. Zu den Erinnerungsstücken, die er mir geschickt hat, hat er folgendes geschrieben:
„In der SVH wurde zu meiner Zeit nicht über Politik gesprochen, zumindest bemerkte ich nichts dergleichen. Auch die Hintergründe des regelmäßig angewandten „Frei Schach!“ erfuhr ich nicht (fragte vielleicht auch nicht nach). Schachfreund – vielleicht darf ich auch sagen Schachgenosse – Karl Danne war zu meiner SVH-Zeit (Ende 60er) bereits recht alt und vermachte mir einige Hefte der Arbeiter-Schachzeitung aus den 20er/30er-Jahren. Ich hielt diese stets in Ehren und leitete sie viel später weiter an die Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Deckblätter kopierte ich – siehe Anhang – und verweise auf den Haupt-Artikel des Heftes vom März 1933 über Karl Marx und Wilhelm Liebknecht als Schachspieler. Vielleicht gaben solche Geschichten den Genossen Trost in schwerer Zeit, sind auch heute noch nett zu lesen.“
Das mit dem „netten Lesen“ sehe ich so wie Jürgen. Karl Marx war bereits 50 Jahre tot, und Wilhelm Liebknecht starb 1926. Der Sohn von Wilhelm, Karl Liebknecht, wurde 1919 im Gründungsjahr des Arbeiter-Schachklubs-Hannover ermordet. Unabhängig von ideologischen Brillen zeigt diese Anekdote, dass es unter Schachspielern stets „gemenschelt“ hat und ewig „menscheln“ wird. Die Nummer 3 aus dem März 1933 war womöglich die letzte Ausgabe der Arbeiterschachzeitung DAS.
Angesichts der aktuellen Diskussionen um die Aberkennung der Fördermittel durch das BMI, das dem Schachspiel „sportspezifische eigenmotorische Bewegungen“ abspricht, ist der folgende Aufmacher „Sport- oder Kulturkartelle?“ aus dem Jahr 1932, Heft Nr. 9, geradezu prophetisch.