Die Straße lebt!

Seit 35 Jahren wohne ich dem Stadtteil, der sich neuerdings JAMIEL-Kiez nennt. Gestern durfte ich an einem außergewöhnlichen Ereignis teilhaben: dem allerersten Straßenfest fast ohne geparkte Autos, aber mit viel guter Laune, prächtigem Wetter und Schach zum Anfassen. Dort, wo sonst 250 Autos Stoßstange an Stoßstange stehen, und es ein Hingucker ist, wenn mal zwei Parkplätze hintereinander unbesetzt sind, vergnügten sich Jung und Alt auf vielfältige Weise.

Die Veranstaltung war der erste Höhepunkt in dem Bestreben, mehr Lebensqualität zu entfachen und die gute Nachbarschaft zu fördern. Plötzlich nehme ich Menschen wahr, die mir bislang fremd waren, grüße sie, plaudere mit ihnen und die mit mir. Es gibt viele nette und kreative Menschen in meiner Nachbarschaft, die sich zusammengetan haben, um mit der Idee vom KAMIEL-Kiez identitätsstiftend auf die Anwohner einzuwirken. Soll heißen: vor der Haustür soll es lebenswerter werden.

In der Mitte steht Hannovers Oberbürgermeister. Der wohnt auch in unserem Kiez und hat es sich nicht nehmen lassen, sich unter sein Volk zu mischen. Dabei kam er mit Sachverstand an meinen Schachstand. Wir plauderten eine Weile miteinander. Eine seiner Leidenschaften sei das Fotografieren. Er betrachtete fachkundig meine Kamera und kam von sich aus auf die Idee, von meiner Gattin und mir ein Foto zu schießen. Das Foto ist damit ein echter Schostok.

Auf dem Tisch seht ihr mein Go-Spiel liegen. Das hatte ich zusätzlich mitgebracht. Und siehe da, unter den Kiezgängern waren zwei, die das Go-Spiel gut beherrschen (hier mit gevierteltem Brett).

Und da wäre noch eine Dame, die 15 Jahre lang im Deutschen Bundestag saß und nun vor uns auf der Straße stand: Prof. Monika G. Sie zog anschließend mit den 60+ Jährigen durch den Kiez.

Echte Schachspieler waren rar. Karen war jedoch wie versprochen gekommen. Sie spielt für die SG Blau-Weiß Eilenriede. Nebenbei betreut sie ihren taubblinden Lebensgefährten, der trotz seiner Einschränkungen gern und gut Schach spielt.

Yoga auf Kopfsteinpflaster sieht man auch nicht alle Tage.

Auf eine junge Dame möchte ich euch aufmerksam machen, die mir gegenüber wohnt, etwas Kreatives studiert, Schlagzeug und Kontrabass spielt, leidenschaftlich Geschichten aus dem Stegreif schreibt und die auf ihrer eigenen Webseite präsentiert. Marilia heißt sie und ist gerade am Tippen. „Kreative Hirngespinste und Wortmalereien über das kunterbunte Leben“, sind ihr Credo. Damit trifft sie genau meinen Nerv. Guckt ihr hier: https://marillenbaererzaehlt.wordpress.com/

Gute Laune soweit der Kiez reicht:

Und wie wurde mein Schachstand angenommen? Großartig! Acht Stunden lang herrschte kaum Stillstand. Die großen Schachfiguren sind vor allem für Kinder ein Anreiz. Die Allerkleinsten haben damit die größte Freude. Wer weiß, vielleicht bleibt die Faszination bei ihnen im Hinterkopf gespeichert und entwickelt sich später zu einer Leidenschaft fürs Leben.

Deshalb kann ich euch nur empfehlen: Runter vom Sofa, rauf auf die Straße! Möbelt eure Wohngegend auf und freundet euch mit euren Nachbarn an. Dann macht das Schachspielen noch mehr Spaß. Ein paar Eindrücke bekommt ihr zum Schluss.

Noch ein Hinweis zur dämlichen DSGVO. Fotos von Personen, bei denen ich mir über das Einverständnis nicht sicher bin, habe ich ein wenig geschwärzt.

JAMIEL-Kiez

Drei Straßen. Ein Name. Ein Kiez: JAMIEL. Wer wissen möchte, was es damit auf sich hat, muss weiterlesen. So viel sei vorab gesagt: „Der Kiez soll Weltkulturerbe werden.“ Jawoll! Das berichten aktuell die Medien. Immer langsam mit den jungen Jamielianern. Erstmal ist das Freizeitheim Linden dran, dann St. Pauli und dann JAMIEL, das Tor zur Welt für unerfahrene Hannoveraner, die auf ihrem Weg gen Westen die Ihme überqueren.

JAMIEL gibt es erst seit Anfang dieses Jahres. Und schon wird gefeiert:

Am kommenden Samstag ist es soweit. Dann sind Autos im Kiez tabu. Das wird für manche Anwohner ein Kulturschock werden. Etwa so, als würde jemand aus dem Maschsee den Stöpsel ziehen. Dabei ist das nur ein Vorgriff auf Lindens Tausend-Jahr-Feier. Dann gibt es sowie keine Autos mehr. Sind das nicht herrliche Aussichten? Wolfsburg wird renaturiert. Lokführer können aufatmen.

Archivbild mit Thomas L.

Wir Schachspieler nutzen die Gunst der Stunde. Mitten auf der Straße wird mit großen Figuren Schach gespielt. Dem Schachbezirk Hannover sei für die Leihgabe und Thomas E. für den Transport ausdrücklich gedankt. Das Schach-Set habe ich frostfrei gelagert. Am Samstagmittag wird es aufgebaut. Das Szenario habe ich schon vor meinen Augen: Gedankenversunkene Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer schieben die weißen und schwarzen Klötze hin und her, halbwissend was sie tun, begeisterte Nachbarn stehen links und rechts Fähnchen schwenkend auf dem Trottoir; und Alexander Gerst grüßt aus dem All.

„So lang‘ man Träume noch leben kann“ (Münchener Freiheit), klappt’s auch mit dem Nachbarn. Die Kiez-Macher sind frohen Mutes. Ich auch. Was tatsächlich aus dem Straßenfest und den Plänen darüber hinaus wird, werden wir sehen. Ihr könnt zum Erfolg beitragen. Über den Besuch netter Schachfreunde würden sich die Jamielianer freuen. Es gibt ein vielseitiges Unterhaltungsprogramm. Echte Schachspieler können sich auch mit echten Schachfiguren messen. Ein Schachspiel in Original-Größe und eine Schachuhr werde ich beisteuern. Wenn’s ein Blitzturnier im Freien werden soll, müsst ihr entsprechendes Equipment mitbringen. Für die Einstimmung lohnt sich ein Rückblick auf den „Wahnsinn“ aus dem Oktober 2014: https://www.schachfreunde-hannover.de/wahnsinn/

Was hat es nun mit JAMIEL auf sich? Die Antwort findet ihr hier: http://www.jamiel-kiez.de/

Die wichtigste Botschaft: Jamielianer sind dynamisch, visionär, vielseitig, konstruktiv, friedlich, optimistisch, energievoll, intelligent, freundschaftlich miteinander verbunden.“

Im Grunde wie Schachspieler. Mit der kleinen Einschränkung: sofern sie nicht gerade eine Schachpartie verloren haben…

Autofrei

„Raymond Angelo Belliotti war sehr jung, als er geboren wurde.“ – Seit 1998 findet jährlich der Europäische Tag des Fahrrades am 3. Juni statt. Auf den heutigen Tag habe ich mich vorbereitet, indem ich wieder ein bestimmtes Buch zur Hand genommen habe, das mir vor ein paar Jahren geschenkt wurde. Es trägt den Titel „Die Philosophie des Radfahrens“ und ist im Mairisch-Verlag erschienen. Das Buch ist wirklich lesenswert, weil internationale Autoren aus unterschiedlichen Disziplinen – vom Philosophieprofessor bis zum Radprofi – ihre Sicht aufs Radfahren unterhaltsam darlegen. Belliotti hat über das Schicksal von Marco Pantani geschrieben. Eine Kurzbiographie über Belliotti gibt es am Ende seiner Analyse. Die Biographie beginnt mit dem eingangs zitierten Satz.

Nun weiß ich nicht, ob es sich um einen Fehler der Übersetzerin handelt oder so gewollt ist. Mit gefällt der Satz. Ich weiß nicht, ob ich sehr jung war, als ich geboren wurde, aber ich weiß, dass es nie zu spät ist, jung zu denken; d.h. nicht in verkrusteten Strukturen. Schach kann dabei helfen. Wenn, ja wenn wir uns nebenbei körperlich fit halten (Mens sana in corpore sano) und dazu beitragen, dass die Umwelt geschützt wird. Hannover hat zur Umwelt ein ambivalentes Verhältnis. Dank einiger Aktivisten tut sich etwas zum Guten. Wie schlimm die Auswirkungen des Autoverkehrs – vor allem an Ausfallstraßen – sind, zeigt dieses Beispiel aus Limmer:

Hannover ist heute positiv gestimmt. In der für Autos gesperrten Innenstadt ist jede Menge los. Es ist unglaublich, wie viele Möglichkeiten es gibt, sich sinnvoll zu beschäftigen, ohne dass dabei Schadstoffe in die Luft geblasen werden. Schachspielen gehört dazu; von Auswärtskämpfen im Emsland einmal abgesehen. Hannover 96 zeigte, wie’s geht:

Die Gesichter einiger Personen habe ich ein bisschen geschwärzt. Ihr wisst schon, wegen der DSGVO. Einen berühmten Schachfreund nebst Tochter darf ich euch jedoch ungeschwärzt zeigen:

Wer kein Risiko eingehen will, sollte Menschen künftig nur noch unter Wasser ablichten. Dazu habe ich folgendes Beispiel:

Wasserstadt-Triathlon am 2. Juni 2018

Wenn ich euch jetzt erzähle, dass diese Personen wenige Minuten später auf dem Rennrad saßen, wisst ihr das Fahrradfahren umso mehr zu schätzen. Wobei ich euch noch die Schlussworte aus der Biographie über Belliotti schuldig bin:

„Er lief einige Marathons, heiratete, schrieb ein paar Bücher, bekam zwei Kinder, lehrte sehr viel Baseball, verlor den Großteil seiner Haare und war beleidigt, als die restlichen dann auch noch grau wurden. Er besaß nie ein Fahrrad.“

 

Showdown im LA8

LA8 Kulturhaus in Baden-Baden

CR7 kennt jedes Kind (Cristiano Ronaldo). Aber wer kennt LA8? LA8 ist die Adresse in Deutschlands Schachszene. Es handelt sich um das Kulturhaus in Baden-Baden. Heute Nachmittag findet dort „der ganz besondere Höhepunkt des Denksports“ statt (Zitat von der Webseite der OSG Baden-Baden). Die OSG Baden-Baden trifft im Stichkampf um die Deutsche Schachmannschaftsmeisterschaft auf die SG Solingen. Die Spannung steigt. Um 15:00 Uhr geht’s los. Mal sehen, wie viele Topstars aufgeboten werden. Die GRENKE AG wird sich auf Seiten der OSG bestimmt nicht lumpen lassen. Können die Solinger dagegenhalten? Deren Einsatz wird durch den plötzlichen Tod ihres Urgesteins, Herbert Scheidt, überschattet.

Ab 14:30 Uhr ist das Spiellokal geöffnet. Der Eintritt ist frei. Es gibt Getränke, Kaffee, Kuchen und belegte Brötchen. Wer will, kann auf den Geburtstag von Peter Heine Nielsen anstoßen. Er wird heute 45 Jahre alt. Es ist allerdings kaum damit zu rechnen, dass er spielen wird. Das Privileg ist der Weltklasse vorbehalten.

Vor dem Kurhaus ist ein Public Viewing vorgesehen. Ich habe schon mal die Stühle rausgestellt. Wer nicht vor Ort ist, kann sich die Übertragung im Internet angucken. Es kommentiert GM Klaus Bischoff. Für gute Unterhaltung ist also gesorgt.

Schach als Investition

Walter Rädler, Vizepräsident für Verbandsentwicklung im DSB, hat gestern Unterlagen von der 2. Bundesvereinskonferenz mit einer E-Mail verschickt. Einige von euch werden diese ebenfalls erhalten haben. In seinem Begleittext hat Walter Rädler folgende rhetorische Frage gestellt und gleich selbst beantwortet:

Ein Freund hat mich gefragt: Warum investierst Du so viel Geld und Zeit, damit dein Sohn Schach lernen und spielen kann? Meine Antwort: Nun, ich habe ein Geständnis zu machen: Ich bezahle nicht, damit mein Sohn Schach spielt. Weißt du, warum ich bezahle?

• Ich zahle, damit mein Sohn lernen kann, diszipliniert zu sein.
• Ich zahle, damit mein Sohn seinen Verstand pflegen und so seine Kreativität entwickeln kann.
• Ich zahle, damit mein Sohn lernt, mit Enttäuschungen umzugehen, wenn er nicht bekommt, was er erwartet hat.
• Ich zahle, damit mein Sohn lernt, seine Ziele zu erreichen.
• Ich zahle, damit mein Kind versteht, dass es Stunden um Stunden harter Arbeit und Training kostet, eine Meisterschaft zu erreichen und dass der Erfolg nicht über Nacht geschieht.
• Ich zahle für die Chance, die mein Sohn hat, Freundschaften fürs Leben zu schließen.
• Ich bezahle dafür, dass mein Sohn Turniere spielt und nicht vor dem Fernseher, Tablet, elektronischen Spielen und mehr sitzt.
• Meine Bezahlung dient für alles, was dieser wunderschöne Sport ihm gibt: „Verantwortung, Demut, Freundschaft, Geduld, Respekt, Konzentrationsfähigkeit, usw.“
• Ich könnte weitere Dinge aufzählen, aber um mich kurz zu fassen:
• Ich zahle nicht für Schach, sondern für die Chancen, die dieser Sport meinem Sohn bietet, für die Entwicklung von Attributen und Fähigkeiten, die Ihm nützlich für sein Leben sein werden.
• Ich glaube, es ist meine beste Investition – es ist eine Universität des Lebens!

Am hehren Ziel dieser Antworten gibt es keinen Zweifel. Etwas stört mich indes. Geht es um den Sohn (Tochter?), oder geht es um den, der bezahlt? Bezahlen heißt, eine Schuld zu begleichen. Sind wir unseren Kindern etwas schuldig? Oder wollen wir ihnen eine bestmögliche Zukunft bereiten? Ohne Eigennutz!? Eine Investition ist eine Kapitalanlage. Früher waren Kinder als Altersvorsorge unverzichtbar. In vielen Teilen unserer Welt gilt das noch heute. Aber gilt es das auch für unser Land in der heutigen Zeit?

Mit diesem Beitrag möchte ich keinesfalls an der Wortwahl von Walter Rädler herummäkeln, sondern diese zum Anlass nehmen, unsere wahren Beweggründe auf den Prüfstand zu stellen. Dazu passt diese wahre Begebenheit:

Um die Ecke meiner Straße gab es einen Kiosk. Das ist rund dreißig Jahre her. Betrieben wurde dieser von einem Mann mit türkischen Wurzeln. Immer, wenn jemand bei ihm etwas kaufen wollte, antwortete er: „Geb‘ ich gerne!“ Dieser Satz ist meiner Frau und mir als geflügeltes Wort bis heute in Erinnerung geblieben. „Gerne geben!“ Die Bezahlung wird dabei zur Nebensache.

Karl Marx der Schachspieler

Lasst euch nicht verwirren, das nachfolgende Briefmarkenset ist 50 Jahre alt. Heute geht es um Marx‘ 200. Geburtstag.

Die Beurteilung seines Lebenswerks ist nicht mein Ansinnen. Es geht um eine seiner Leidenschaften: das Schachspiel. Dazu möchte ich an einen Beitrag in unserem Blog erinnern, den ich dank Jürgen Juhnke vor 4 Jahren geschrieben habe:

https://www.schachfreunde-hannover.de/arbeiterschach/

Auch wenn die Schrift nicht leicht zu entziffern ist, solltet ihr euch die Mühe machen, nach unten zu scrollen und die Arbeiterschachzeitung aus dem Jahr 1933 lesen. – Im Internet habe ich eine Partie gefunden, die Marx 1867 gegen einen gewissen Meyer gespielt haben soll. Wenn das so stimmt, hatte Karl Marx durchaus Talent.

http://www.chessgames.com/perl/chessgame?gid=1278768

Auf Zeit-Online hat Helmut Pfleger vor drei Jahren einen kleinen Artikel über Marx als Schachspieler geschrieben:

https://www.zeit.de/2015/45/spiele-schach-45

Ansonsten könnt ihr über Karl Marx denken, was ihr wollt, aber diesen Satz werden wohl alle unterschreiben:

Tapetenwechsel

Ich brauch‘ Tapetenwechsel sprach der Schachfreund
Und macht‘ sich in der Sommerpause auf den Weg
Ich brauche frischen Wind um meine Krone…

Okay, Hildegard Knef sang einst von einer Birke, doch sind wir nicht alle ein bisschen Birke, Bluna oder neugierig auf ein anderes Umfeld? An diejenigen wollen wir uns mit diesem Aufruf wenden:

We want you!

Die Mannschaftssaison deutscher Schachvereine ist seit heute Nachmittag beendet. Fast. Um den Titel „Deutscher Mannschaftsmeister“ wird es einen Stichkampf zwischen der OSG Baden-Baden und der SG Solingen geben. Die Absteiger aller Klassen stehen indes fest. Gehört deine Mannschaft etwa dazu? Kein Problem. Für unsere Oberligamannschaft und für unsere Verbandsligamannschaft suchen wir nette Schachfreunde, die frischen Wind um ihre Krone brauchen. – Wir wollen ausdrücklich niemand abwerben. Wer sich in seinem Stammverein wohlfühlt, möge diesem die Treue halten. Für die anderen haben wir ein paar Plätze frei. Geld könnt ihr bei uns nicht verdienen; über Fahrtkosten lässt sich indes reden.

Insider wissen, dass wir unseren Spielabend abgeschafft haben. Das ist weitgehend dem Zeitgeist geschuldet und stimmt uns nach knapp 100 Jahren Vereinsgeschichte wehmütig. Andererseits bietet das Vorteile. Niemand muss Gewissensbisse haben, wenn er einen Spielabend schwänzt. Die Mitgliedschaft in unserem Schachverein konzentriert sich auf die Mannschaftskämpfe. Ansonsten kommunizieren wir virtuell, u.a. über unseren deutschlandweit bekannten Blog. Die Ortszugehörigkeit spielt deshalb eine untergeordnete Rolle. Ob ich von Hannover oder von sonst wo zum Mannschaftskampf nach Hellern aufbreche, ist zweitrangig.

Wer sich angesprochen fühlt, wende sich bitte mit einer E-Mail vertrauensvoll an unseren Vorstand: vorstand@schachfreunde-hannover.de

Anfragen werden diskret behandelt. Sollte sich dein Interesse verflüchtigen, wird niemand etwas darüber erfahren. Die Tapeten kannst du dir aussuchen: Oberliga oder Verbandsliga.

Tapetenwechsel auf dem Schachbrett:

Faites votre jeu bei den Schachfreunden Hannover!

Die besten Webseiten niedersächsischer Schachklubs

Am kommenden Wochenende findet in Berlin die 2. Bundesvereins-konferenz statt.

1. Bundesvereinskonferenz 2017

An der ersten habe ich bekanntlich teilgenommen. Die Herausforderungen an Schachvereine haben sich seitdem nicht geändert. Insofern ist es ein Jahr später hilfreich, uns die Einschätzung des Referenten Dirk Schröter (DS Sportmarketing) vom 29. April 2017 zu vergegenwärtigen. Die Herausforderungen sind:

Soziodemografischer Wandel
• Langtage an Schulen und Kindergärten
• Kommerzielle Konkurrenz
• Individualisierung/Selbstentfaltung
• Digitaler Wandel

11 Tipps gibt Dirk Schröter, diesen Herausforderungen zu begegnen. Tipp Nr. 7 ist die „Zeitgemäße Kommunikation“. Dazu gehört eine lebendige Homepage. Wie sieht es damit in Niedersachsen aus? Welche Schachvereine haben die besten Webseiten? Diese Frage beantworte ich hiermit selbst auf Grundlage einer semiwissenschaftlichen Fleißarbeit. Dafür habe ich mir sämtliche Internetdarstellungen der niedersächsischen Schachvereine, die auf der Webseite des NSV genannt sind, angesehen und ausgewertet.

Eine gelungene Homepage ist wie eine gelungene Darbietung im Zirkus. Die Zuschauer sollen begeistert werden. Konkurrenzkampf ist überall, und so gehört es dazu, dass diejenigen ausgezeichnet werden, die es am besten machen. Beginnen möchte ich mit der Preisverleihung. Dabei orientiere ich mich am berühmten Circus-Festival in Monte Carlo. Statt Clowns verteile ich Springer.

Ein Goldener Springer geht an:

Sportverein Hellern, Schachabteilung (Bezirk 6) https://schach-hellern.de/

Je ein Silberner Springer geht an:

SK Lehrte (Schachbezirk 1) http://sk-lehrte.de/home.php
Hamelner SV (Schachbezirk 3) https://www.hamelnerschachverein.de/

Je ein Bronzener Springer geht an:

SD Isernhagen (Schachbezirk 1) http://www.schachdrachen.de/
SV Winsen (Schachbezirk 4) https://sv-winsen.org/
SK Union Oldenburg (Schachbezirk 5) http://skunion.de/
SC Bad Zwischenahn (Schachbez. 5) http://www.schwarzer-springer.de/
SK Nordhorn-Blanke (Schachbezirk 6) http://sknb-online.de/joomla1/

Ehrende Erwähnungen gehen an:

KSV Rochade Göttingen (Bezirk 2) http://www.rochade-goettingen.de/
Blau-Weiß Buchholz (Bez. 4) https://www.blau-weiss-buchholz.de/schach
Post SV Uelzen (Schachbezirk 4) http://schach.post-sv-uelzen.de/

Die Preise sind immateriell. Das sage ich ausdrücklich, damit niemand auf die Idee kommt, wie Marcel Reich-Ranicki bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises 2008 zu sagen: „Ich nehme diesen Preis nicht an!“ Und da es kein „Echo“ ist, könnt ihr ihn auch nicht zurückgeben. Spaß beiseite. Meine Auszeichnungen sind ehrlich gemeint. Diejenigen, die ich nicht genannt habe, bitte ich um Verständnis. Es gibt über die Preisträger hinaus viele gute Internetauftritte, aber hier und da fehlt das gewisse Etwas. Für meine Bewertung habe ich 10 Kriterien herangezogen:

• Webdesign
• Aktualität der Berichte
• Kontinuität der Berichte
• Themenvielfalt
• Illustrationen (Fotos, Diagramme usw.)
• Blick über den eigenen Tellerrand
• Humor
• Interaktion (Blog, Gästebuch)
• Schreibkunst
• Gesamteindruck

Für jede Eigenschaft habe ich 0 bist 6 Punkte vergeben. Die Maximalausbeute hätte somit 60 Punkte betragen. Die hat kein Verein erzielt, aber der SV Hellern kommt dem am nächsten. Hervorheben möchte ich die fachlich und stilistisch hervorragenden sowie stets aktuellen Berichte der Osnabrücker. Es gibt ein Gästebuch, das ein bisschen genutzt wird. In den meisten anderen Vereinen ist die Interaktion gar nicht möglich. Diesbezüglich herausragend ist der Hamelner SV. Die Homepage lebt von den Kommentaren. Mitglieder und Gäste können sich gleichermaßen zu Wort melden.

Meine ehrenden Erwähnungen gehen an den KSV Rochade Göttingen wegen der speziellen Ausrichtung auf Kinder und Jugendliche. Blau-Weiß Buchholz und Post SV Uelzen ehre ich deshalb, weil sich beide Schachvereine als Sparten in Großvereinen nicht unterkriegen lassen. Deren Webseiten sind üppig und informativ. In der Regel ist es umgekehrt. Die Darstellung der meisten Schachvereine geht in Sportvereinen unter.

164 Schachvereine habe ich insgesamt ausgewertet. Die zuvor genannte Benotung habe ich in eine Excel-Liste eingetragen. – Meine Gesamtbeurteilung ist zwiespältig. Etwa die Hälfte der Internetauftritte ist sehr gut bis ausreichend. Die andere Hälfte der Vereine hat entweder keine Homepage oder dermaßen schlechte, dass sie besser aus dem Netz genommen werden sollten. Dabei gibt’s Kuriositäten. Zwei Vereine aus dem Schachbezirk 1 empfangen den geneigten Besucher mit:

„Frohe Weihnachten“

Dass ich die Schachfreunde Hannover nicht mitbewertet habe, bedarf keiner Erklärung. Wer mein Resümee von der 1. Bundesvereinskonferenz nicht mehr vollständig in Erinnerung hat, kann es sich hier noch einmal anschauen: https://www.schachfreunde-hannover.de/1-bundesvereinskonferenz-ein-resuemee/

Falls ein Offizieller des NSV mitliest, habe ich folgenden Hinweis zur Liste der Vereins-Websites. Die Webseiten der Vereine mit diesen Nummern funzen nicht mehr:

70158, 70235, 70328, 70338, 70347, 70403, 70451, 70507(?), 70516, 70527, 70529, 70560, 70610, 70615, 70618, 70620, 70627 und 70645.

Bei Nr. 70477 (FG Wohlde) ist Vorsicht geboten! Wer den Link anklickt, riskiert einen Virenbefall.

Darüber hinaus sind in der Liste noch Vereine enthalten, die sich mittlerweile vom Spielbetrieb abgemeldet haben. Ein Frühjahrsputz wäre nicht schlecht.

Gelungene Partien in Lingen

Knapp war’s am vergangenen Sonntag beim Aufsteiger in die 2. Bundesliga. Das habe ich bereits berichtet. Wie knapp es war, könnt ihr euch anhand der Partien ausmalen, die ich im Anschluss zeige. Die interessantesten Momente zeige ich in chronologischer Reihenfolge. Wobei ich auf die Bretter Nummer 7 und 8 verzichte. Am 7. Brett spielte Jörg ein Salonremis, und meine total ausgeglichene Schlussstellung kennt ihr schon. Los geht’s mit Dennie Ackermann am 1. Brett gegen Großmeister Milos Perunovic aus Serbien.

Ackermann, Dennie (SFH) – GM Perunovic, Milos (SV Lingen)
Oberliga Nord-West (9) Brett 1
15.04.2018
Schwarz am Zug setzt in 8 Zügen matt

Dennie und die Zigarette danach

Dennie hatte nach guter Eröffnungsbehandlung – immerhin verfügte er über einen Mehrbauern – den Faden verloren. Im 25. Zug hätte er nach 24… Da1+ mittels Db1 (da stand sein Springer noch auf d2) das Eindringen der schwarzen Dame auf der 1. Reihe verhindern können. GM Perunovic hätte danach keine zwingende Fortsetzung gehabt. Jetzt gibt’s indes kein Halten mehr. Das sehenswerte Matt in 8 Zügen lässt sich nicht mehr verhindern.


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Gegen einen Großmeister mit Schwarz ein Remis herauszuholen ist für uns Amateure ein beachtliches Erlebnis. Bernd durfte sich nach starker Leistung zu recht darüber freuen. Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass in dieser Stellung mehr für ihn drin war. Die Partie endete durch Zugwiederholung. Die Engines halten die Stellung tatsächlich für ausgeglichen. Aber die verstehen nichts von unseren menschlichen Schwächen.

GM Milanovic, Danilo (SV Lingen) – Fritze, Bernd (SFH)
Oberliga Nord-West (9) Brett 2
15.04.2018
Weiß am Zug


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Kaimer, Thomas (SFH) – GM Gutman, Lev (SV Lingen)
Oberliga Nord-West (9) Brett 3
15.04.2018
Weiß am Zug

Tom grübelt über seinen 43. Zug

Mit der Berichterstattung steige ich im 51. Zug ein. Es war ein Duell auf Augenhöhe. In dieser komplizierten Stellung leistete sich Tom seinen einzigen echten Fehler, der zum Glück ungeahndet blieb. Nach 51. Kf3? hätte Lev Gutman einen Offizier gewinnen können (guckt ihr im Anschluss). Auch ein Großmeister sieht nicht alles. Danach hätte Tom die Partie halten können, wenn er nicht unerwartet zum Läufertausch gezwungen gewesen wäre. Der Mehrbauer im Turmendspiel entschied nach über 6 Stunden die Partie. Trotzdem eine starke Leistung von Tom.


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Den Skalp eines Internationalen Meisters holte sich Andreas Herrmann auf beeindruckende Weise. Den weißen Angriff auf dem Königsflügel neutralisierte Andreas mit Druck auf das Feld c2, hinter dem sich der weiße König versteckt hatte. Guckt euch zunächst die Schlussstellung an. Zwei Türme gegen zwei Damen! Das sieht man nicht alle Tage. Wie es dazu kam, könnt ihr euch im Anschluss angucken.

IM Milenkovic, Mladen (SV Lingen) – Herrmann, Andreas (SFH)
Oberliga Nord-West (9) Brett 4
15.04.2018
Weiß zieht 55. Td7-g7+ und gibt auf


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Unspektakulär ging es am 5. Brett zu. Martin stand stets ein Hauch besser. Für einen vollen Punkt genügte das nicht, und so endete die Partie folgerichtig mit einem Remis durch Zugwiederholung.

Ploog, Dr. Martin (SFH) – FM Kollen, Zyon (SV Lingen)
Oberliga Nord-West (9) Brett 5
15.04.2018
Schwarz am Zug


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Tragisch war der Partieausgang für Uwe am 6. Brett. Unser ewiger Schwarzspieler stand die ganze Partie über gut und hatte in diesem Moment eine gewonnene Stellung:

FM Gazic, Josip (SV Lingen) – Gabriel, Uwe (SFH)
Oberliga Nord-West (9) Brett 6
15.04.2018
Schwarz am Zug nach 41. gxf6+

Nach 41… Kf7! hätte der weiße Turm in der h-Linie für den Rest der Partie dumm aus der Wäsche geguckt. Leider übersah Uwe dessen Befreiungstrick nach 41… Kxf6?. Danach war die schwarze Stellung noch längst nicht verloren. Erst als Uwe seinen letzten Turm im 59. Zug zum Tausch anbot, war die Partie nicht mehr zu halten. Das war jammerschade. – Ihr seht, ein bis anderthalb Brettpunkte waren für uns in Lingen zusätzlich möglich.

Ein Punktgewinn in Lingen war möglich

Der SV Lingen ist die überragende Mannschaft in der Oberliga Nord-West. Der Aufstieg in die 2. Bundesliga Nord stand bereits vor der letzten Runde fest. Die meisten Gegner wurden haushoch geschlagen. So wäre gestern für uns alles andere als eine hohe Niederlage eine Überraschung gewesen, sofern die Lingener mit ihren Titelträgern antreten würden. Das taten sie bis auf GM Vladimir Epishin, der diesmal fehlte. Wir mussten hingegen im letzten Moment improvisieren. Unser Mannschaftsführer, Thomas Edel, war von mehreren Viren befallen worden. So sprang ich virenfrei ein und musste mich am 8. Brett mit einer jungen Dame auseinandersetzen.

Bevor ich mit meiner Berichterstattung über unsere 3:5 Niederlage fortfahre, zeige ich euch dieses Bild unserer Mannschaft, das kurz vor unserer Abfahrt aufgenommen wurde:

So sehen Verlierer aus, wenn sie trotzdem zufrieden sind. Sogar unser Tom war zu Späßchen aufgelegt, obwohl er gerade nach über 6 Stunden zähen Ringens gegen GM Lev Gutman verloren hatte. Ich bin davon überzeugt, dass er die Partie zumindest remis halten konnte. Aber das ist im Nachhinein leicht gesagt. Das gilt auch für den einen oder anderen halben Punkt, den wir womöglich liegengelassen haben. Nachdem Jörg und ich zeitgleich remisiert hatten, war auf den anderen Brettern noch alles offen:

Bretter 4-1
Bretter 5-6

Derweil analysierte Jörg seine Partie mit seinem Gegner:

FM Aleksandar Milosovic mit Schwarz gegen Jörg

Ich zog es vor, Lingen zu erkunden. Noch nie zuvor in meinem Leben war ich in dieser Stadt, die schließlich auch zu Niedersachsen gehört. Aber es ist halt das Emsland. Auf Mallorca kennen wir Hannoveraner uns besser aus. Dabei kann sich Lingen wirklich sehen lassen. Ein paar Schnappschüsse von meinem Rundgang zeige ich euch in der Bildergalerie. Dabei ist die Nähe zu Holland anhand der Bauweise für Reihenhäuser auszumachen. Irgendwie praktisch, andererseits komisch. Das Auto wird kurzerhand unter dem Schlafzimmer geparkt. Fehlt nur noch eine Stange wie bei der Feuerwehr, an der man schnellstmöglich nach unten rutschen kann.

Auf die Bewertung der Partien werde ich in einem gesonderten Beitrag eingehen, sobald mir die Notationen vorliegen. Dennies Niederlage am 1. Brett und mein Remis am 8. Brett möchte ich vorab kommentieren. Dennie hatte es mit Großmeister Milos Perunovic aus Serbien (Elo 2596) zu tun. Dennie hatte sich wie immer gut vorbereitet, aber nicht gut genug. Sein Gegner kannte sich in der Benoni-Verteidigung besser aus und just in dem Moment, als Dennie von einem Remis träumte, setzte dieser zu einem Mattangriff in 7 Zügen an. Dennies König wurde zu einer Wanderung nach g6 gezwungen. Dort stand er Tête-à-Tête dem schwarzen König auf g8 gegenüber. Das Matt mit Dame h7 wollte sich Dennie nicht mehr zeigen lassen.

Ich hatte mit einer jungen Dame namens Hannah Möller die vermeintlich leichteste Aufgabe. Pustekuchen. Es wurde die ausgeglichenste Partie meines Lebens. Logische Folge: Remis. Guckt ihr hier nach 32 Zügen:

Hannah Möller (SV Lingen) 1/2 – 1/2 Gerhard Streich (SF Hannover)

Das kommt dabei raus, wenn niemand einen schwachen Zug macht. Die ersten 10 Züge waren in der Theorie kein Neuland; der Rest war auf beiden Seiten immer folgerichtig. Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich eine andere Eröffnung gewählt. Hätte, hätte, … ihr wisst schon. Aber meine junge Gegnerin (U 18) ist keine blutige Anfängerin. Im Gegenteil. In der Lingener Tagespost gab es im vergangenen Jahr einen Artikel über sie mit der Überschrift:

Lingenerin Hannah Möller spielte schon mit drei Jahren Schach

Als ich drei Jahre alt war, kannte ich nur Drogen, Alkohol und Sex. Kleiner Scherz. Nee, die Hannah spielt richtig gut, u.a. in der 2. Frauenbundesliga beim SC Steinfurt.

Der schönste Moment bei meinem Aufenthalt in Lingen war das Wiedersehen mit einem Schachfreund, der Hannover und damit unseren Verein vor 44 Jahren verlassen hatte und aus beruflichen Gründen nach Lingen gezogen war: Manfred Rockel.

Ich habe ihn sofort wiedererkannt. Er hat nichts von seiner Ausstrahlung verloren. Immer positiv gestimmt, immer geistreich, immer umtriebig. Manfred hatte Geschichte und Englisch an der TU in Hannover und in Bristol studiert, bevor es ihn als Pädagoge ins Emsland verschlug. Dort hat er bis heute ein ambivalentes Verhältnis zu seiner Wahlheimat, wie ich seinem Gedichtband „Emsiges Land“ entnommen habe, das er mir geschenkt hat. Wer mehr über Manfred erfahren möchte, sollte auf seiner Webseite stöbern: http://www.manfredrockel.de/

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Auszug aus dem SCHACHKURIER der Schachfreunde Badenstedt, veröffentlicht im Mai 1970; siehe meinen Kommentar vom 17. April 2018: