Dem einen oder anderen meiner Altersklasse fallen jetzt sofort ein paar Reggae singende Kinder ein (Musical Youth). Mit Blick auf die aktuellen niedersächsischen Jugendmannschaftsmeisterschaften der Vereine habe ich mal ein wenig Statistik betrieben. Wo sind unsere Kids bloß geblieben???
Ich habe mich zuerst der spielstärkeren Gilde in Niedersachsen gewidmet: Top 100 (das heisst etwa DWZ 1600 aufwärts) im Alter bis 19.
Nordniedersachsen (Bezirke 4-6) dominiert mit 69%. Ebenso in den Top10 der Liste, in den Top20 gar mit 80%.
Hannover hat KEINEN Spieler in den Top 20, in den Top100 nur 17 Spieler.
Ich finde das ein schlappes Bild für die Landeshauptstadt…
Wenn schon nicht bei den Jugendlichen, vielleicht zehrt Hannover ja von vergangener Jugendarbeit?! Also schnell noch mal die 20-30-Jährigen ausgewertet. Hier geht die Liste ab DWZ 1800 los (lernen die denn heute so WENIG dazu???). Aber ohweh – ob der vielen inaktiven Spieler (passiv oder länger keine Auswertung) sah ich mich gezwungen, die Liste auf Top50 zu kürzen.
Nordniedersachsen hat hier „nur“ noch 44% der Spieler zu bieten, aber immerhin 50% in den Top10 und Top20.
Hannover stellt 28% dieser Junioren, jeweils 30% in den Top10 und Top20.
Da ist die Welt also statistisch noch etwa in Ordnung 🙂
Bemerkenswert ist übrigens der hannoversche Vereinsmix: Nicht die Großvereine dominieren mit Präsenz, sondern durchaus die tieferklassige Clubs.
Um die Eingangsfrage zu beantworten: Die hannoversche Jugendarbeit in den höherklassigen Vereinen scheint nicht in Erfolg (=Spielstärke) zu fruchten!!!
Alle Jahre wieder dreht sich im Sommer das große Karussell des Spielerwechselns. Für aberwitzige Millionenbeträge wechseln die Götzes dieser Welt, um noch mehr schnöden Mammon oder weitere Tattoos zu bekommen.
Was im Fußball üblich ist, gibt es na klar auch im Schach: Eine 1. und 2. Bundesliga und einen Transfermarkt. Nur leider (oder zum Glück!?) ohne, dass dabei größere Gelder verschoben werden. Ich habe mir – DWZ-Liste sei Dank! – mal angeschaut, wie die Top-Spieler Niedersachsens so gewechselt sind. DWZ 2000 war dabei so etwa mein Wahrnehmungshorizont. Und ich habe analog (mit Auge und Gedächtnis) gearbeitet. Wer noch was weiß schreibt bitteschön selbst einen Kommentar…
Der spektakulärste Wechsel ist wohl der von Dennes Abel (DWZ 2405) aus der 1.Liga in die Verbandsliga zum Nachbarn Ricklingen. Wer mag, darf selbst mit ihm diskutieren. Mammon (in kleineren Mengen) wäre mein Votum für den Grund.
Noch mehr „neue“ Spieler im Bezirk 1:
FM Martin Hörstmann (2283) beim Lister Turm
Attila Aba Virag (ELO 2256) beim Lister Turm
Martin Messmer (2205) bei H96
Christopher Alm (2092) bei H96
WIM Iris Mai (2028) beim SV Berenbostel
Wir sehen: Mal wieder keiner bei uns gelandet. Spielen in der Oberliga zieht die starken Spieler an – die Landesliga nicht – schade!!!
Bezirk II
Ex-SFHler Thomas Schulz (2195) beim SV Helmstedt
Sebastian Kaphle (2152) bei Wolfsburg
Ferenc Samm (2143) bei Gifhorn
Mark Jeske (2080) bei Wolfsburg
Die südlichen Landesligavereine werden bestenfalls durch Sven Hagemann verstärkt. Gifhorn hat einen 8er beisammen, der nicht in die Verbandsliga gehört – und wird sich wohl dennoch mit Hameln II ernsthaft um den Aufstieg duellieren müsen.
In Südniedersachen….
5 der Top 10 sind passive Mitglieder – ein neuer Trend???
Neu sind…
FM Florian Armbrust (2255) bei Tempo Gö
Andre Wiege (2084) bei Hildesheim – endlich 😉
Frank Gerstmann (2069) bei Hameln
Der Norden Niedersachsens:
Lüneburg verliert den Spitzenspieler Bindrich, behält aber offenbar den Rest des Teams beisammen.
MTV Tostedt gönnt sich einen GM und einen IM! (vgl. Mammon)
SV Esens probiert es mal wieder mit der holländischen Invasion inkl. einer Großfamilie (zur Fahrtkostenminimierung!?), 1xIM, 2xFM. Bei insgesamt 14 Mitgliedern ein gefährlich ungesund schlingerndes Schiff!!!!
Gar nicht so weit, aber zu Werder Bremen hat es den frischgebackenen Deutschen Meister Spartak Grigorian verschlagen. Er folgt damit dem Ex-A-Jugend-Meister Sven Joachim. Viel Glück dort!
Apropos Trend: 8 der 10 besten Niedersachsen sind passive Mitglieder – schade auch!!!
Am 20. September geht der Ligabetrieb endlich wieder los.
Dann können die Neuen zeigen, was sie wirklich drauf haben 😀
Für Kernlindener ist Linden-Süd so etwas wie ein Appendix. Er gehört dazu, aber eigentlich braucht man ihn nicht. Dass dies ein Vorurteil ist, möchte ich euch anhand einiger Fotos zeigen, die ich gestern auf dem „Deisterkiez“ aufgenommen habe. Eine echte Kiezgröße, äh Schachgröße bekam ich auch zu Gesicht und unser Mitglied mit der längsten Vereinszugehörigkeit, die man ihm weiß Gott nicht ansieht.
„Wenn schon, denn schon“, sagte Thomas K. und erwartete, dass er in maximaler Größe auf dem Bildschirm erscheint. Womöglich hat er einen Werbevertrag mit einer bulgarischen Brauerei abgeschlossen. Den Deisterkiez gibt es wirklich. Was der Verein so treibt, erfahrt ihr hier: http://www.deisterkiez-ev.de/de/
Das hat sich gestern vorm Deister abgespielt. Hinterm Deister wird heute Nachmittag gefeiert. Unser Gruß geht nach Hameln! Zwischen spanischem Omelett, russischem Salat und Kaisers-Spezial-Knoblauch-Soße werden die Sommermeister und -Meisterinnen ermittelt. Hoffentlich bringen die Hamelner Schachmeisterinnen genügend Regenschirme mit.
Hannover gehört zu Linden. Oder umgekehrt. Egal. Gefeiert wird hüben wie drüben. 900 Jahre hier, 486. Schützenfest dort. Früher hätte ich über Schützenfeste die Nase gerümpft. Mittlerweile bin ich altersmilde. Schützen wollen auch ihren Spaß. Den sollen sie haben.
Es gibt drei Gründe, weshalb ich über das weltgrößte* Schützenfest berichte: 1. Ein ehemaliges Mitglied ist auf dem Schützenplatz zum Parteichef gewählt worden. 2. Das Rätsel um die Mengenlehre. 3. Ein Bilderreigen wider das Sommerloch.
*weltgrößte in Bezug auf Schützenfest stimmt, als Volksfest gehört es nicht zu den Top Ten in Deutschland
1. Einen Parteitag auf einem Rummelplatz abzuhalten ist außergewöhnlich. Die hannoversche SPD ist Rummel gewohnt, und so war es folgerichtig, dass sich die Delegierten in einem Festzelt trafen. Dabei wurde ihr Vorsitzender mit 84,3 Prozent im Amt bestätigt. Er heißt Alptekin Kirci. Mitte der achtziger Jahre war er zusammen mit seinem jüngeren Bruder Gültekin Mitglied bei uns Schachfreunden. Er hatte Talent. Im zarten Alter von zwölf Jahren konnte er u.a. ein Jugendturnier in Isernhagen gewinnen.
Seine Beweggründe, mit dem organisierten Schachspielen aufzuhören, kenne ich nicht. Über mangelnde Beschäftigung als Rechtsanwalt und Parteichef wird er sich freilich nicht beklagen. Wir gratulieren zur Wiederwahl! Seit Franz Müntefering vor elf Jahren das Geheimnis lüftete, wissen wir, dass Parteivorsitzender der SPD das schönste Amt neben dem Papst ist.
2. Aktive Journalisten müssen die Mengenlehre falsch verstanden haben. Anders kann ich mir nicht erklären, dass sie offenbar keinen blassen Schimmer haben, wie groß die Menge von 200.000 Menschen ist. Ich erkläre die Zahl mal so: 200.000 Menschen sind sämtliche Einwohner Hildesheims und Salzgitters zusammen oder rund fünfmal sämtliche Einwohner Lindens jeweils vom Säugling bis zum Greis, vom Kranken bis zum Urlauber oder rund viermal ein ausverkauftes Niedersachsenstadion.
Nun sollen 200.000 Besucher am vergangenen Sonntag an der Strecke in Hannovers Innenstadt gestanden haben, um sich das Spektakel des Schützenausmarsches anzusehen. Das berichten übereinstimmend HAZ und NDR. Warum? Weil es ihnen der Veranstalter in Person von Schützenfest-Geschäftsführer Klaus Timaeus so gesagt hat. Die Strecke war genau 3 km lang. – Wir rechnen: Auf einem Kilometer wären das rund 67.000 Besucher, auf 100 Meter im Schnitt 6.700, auf 10 Meter 670 und auf jedem Meter 67 Besucher!! Ihr könnt euch schon denken: eine Null weg und die Sache stimmt. Wenn jemand 50.000 Besucher geschätzt hätte, hätte ich mich nicht mokiert, aber die aberwitzige Wunschzahl des Veranstalters kritiklos zu verbreiten widerspricht dem Pressekodex: „Ziffer 2 – Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen […] sind mit der gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen.“
Trotzdem war die Stimmung gut, wenn auch nicht so ausgelassen wie beim Karneval in Rio. Die Temperaturen waren indes brasilianisch. Vom ersten bis zum letzten Meter habe ich mich davon überzeugt.
3. Auf den Webseiten der HAZ und des NDR gibt es zahlreiche Fotos vom Schützenausmarsch. Für diejenigen, die nicht unter den 20.000 Besuchern waren, habe ich 15 eigene Fotos ausgesucht. Am besten gefällt mir Foto Nr. 08.
Bevor ihr euch meine Bildergalerie anguckt, habe ich noch einen Veranstaltungstipp für heute Abend. Meine Freunde von Marquess geben auf dem Schützenfest im Auftrag von NDR 1 ein Gute-Laune-Konzert. Um 20:45 Uhr geht’s los.
Die Feierlichkeiten sind noch nicht vorbei. Darauf komme ich am Ende meines Beitrags zurück. Lindens Bezirksvertreter Jörg Schimke hatte in seinem Blog zu einer Blog-Parade aufgerufen. „Wie sieht Linden in 900 Jahren aus?“, war seine Aufgabenstellung. Niemand hat sich getraut. Ich auch nicht. Dabei habe ich es versucht. Nachdem ich Albträume bekam, habe ich das Unterfangen aufgegeben.
Mein letzter Albtraum lief etwa so ab: Nach 900 Jahren glaubte sich die Üstra am Ziel. Der letzte Schwarzfahrer war umzingelt. Er war versehentlich mit seinem Ticket in der Cardzone gelandet. In seiner Not flüchtete der Schwarzfahrer auf den Lindener Berg. Auf die Ergreifung des letzten Übeltäters war eine Fangprämie von 1 Mio. Drachmen (neue deutsche Währung) ausgesetzt. Eine Hundestaffel hatte die Fährte aufgenommen. Der Schwarzfahrer kletterte aufs Dach des Wasserbehälters und wollte seine Spuren durch einen Sprung ins Wasser verwischen, als er das Unheil sah: Wasser gab es nicht, stattdessen eine Chlorbrühe, in der lauter Hühnchen schwammen.
Schweißgebadet wachte ich auf. Nein, lieber nicht in die Zukunft schauen. Früher war alles besser. – Wie es der Zufall wollte, fiel mir ein paar Tage später ein 37 Jahre altes Foto in die Hand, und zwar dieses:
Im Laufe der Zeit hatte ich mir das Foto vielleicht fünfmal angeschaut. Es hat mich jedes Mal aufs Neue fasziniert, und jedes Mal habe ich mich gefragt, was wohl aus dem Mädchen geworden ist. Ich kannte es nicht. Es stand am Ende des Tisches, als ich 1978 eine Simultanveranstaltung im Raschplatz-Pavillon gab. Dieser Blick! „Forever Young!“ Wehmut übermannt mich. – Heute müsste das Mädchen von damals eine Frau von Anfang vierzig sein. Konnte ich das Mädchen fürs Schachspielen begeistern? Wurde aus ihm eine Frau, die selbst Kinder hat? Ist sie Veganerin und hat die EMMA abonniert? Hat sie Philosophie studiert und fährt jetzt Taxi? Fragen über Fragen. Keine kann ich beantworten.
Dann fiel mir auf dem Foto ein Detail auf, das mir vorher entgangen war. Das „Lindener Spezial“ stand auf den Tischen! Es ist 37 Jahre her, und das Lindener Spezial gibt’s noch immer. Wow! Ein Blick auf mein Schachbrett mit dem Limerick und die heile Welt ist gegenwärtig. Zugegeben, heute wird das Kultgetränk von Globalplayern gebraut. Schaum drüber! Wenn man bedenkt, was in den letzten 37 Jahren von der Bildfläche verschwunden ist: Der Opel-Manta, die Deutsche Mark, der Brockhaus und vieles mehr. Was wäre Linden ohne seine unverfälschten Spezialitäten?
Der Bezirksrat Linden-Limmer möge beschließen, dass das FZH Linden im Ensemble mit dem Arbeitermilieu in Linden-Limmer 2018 das Prädikat „Weltkulturerbe“ erhalten soll.
Der Bezirksrat hat beschlossen, und jetzt ist Hannovers Stadtverwaltung dran, die erforderlichen Schritte einzuleiten. Resthannover ist bereits neidisch. Das entnehme ich einem Kommentar von Gunnar Menkens in der heutigen Ausgabe der HAZ. Ganz Hannover soll Weltkulturerbe werden, schließlich hätte Hannover ein neues, altes Rathaus mit dem einzigen Schrägaufzug der Welt und das größte Schützenfest der Welt mit den wenigsten Besuchern der Welt.
Das ficht die Lindener nicht an. Und uns Schachspieler schon gar nicht. Schließlich ist das FZH unser Spiellokal. Für den Fall, dass dies 2018 zum Weltkulturerbe erklärt wird, hat unser Vorstand bereits einen Plan in der Schublade: Die beiden letzten aktiven Schachspieler werden ausgestopft und samt Schachbrett den Touristenströmen als besonders sehenswert zur Show gestellt. Über einen geeigneten Raum im Keller wird noch mit der Heimleitung verhandelt.
Am 30. November 2014 hat Uwe vergeblich den 100.000sten Besucher unseres Blogs gesucht. Genau sieben Monate später, zur legendären High-Noon-Zeit, hat sich die Besucherzahl bereits verdoppelt. Diesmal habe ich aufgepasst. Der Jubiläumsbesucher war der NSA*. Tusch!! „Ausspähen unter Schachfreunden geht prima!“, hat sich bis nach Bad Bederkesa herumgesprochen. Es geht auch ohne Pro-Spy-Abkommen. Mit dem NSA waren es im Schnitt rund 500 Besucher pro Tag, die wissen wollten, warum die Schachfreunde Hannover anders ticken. Die wollen wir weiterhin auf dem Laufenden halten. Was ihr schon immer über Schach und das Drumherum wissen wolltet, aber zu fragen nie gewagt habt, hier gibt’s die Antworten. Satire inbegriffen.
Mit seinem satirischen Rückblick auf die vergangene Woche bläst HAZ-Redakteur Michael B. Berger ins gleiche Horn: „Vorsicht, Freund hört (guckt) mit!“ Unsere Kanzlerin sei ein „Soufflé im Blazer“, soll der französische Präsident Monsieur Hollande gelästert haben. Mag sein. Aber für den Gatten gibt’s als Hauptspeise einen halben Gummiadler (Wessi-Deutsch):
Den Fotowitz habe ich bereits vor zwei Jahren in meinem Radsportforum veröffentlicht. Er hat nichts von seiner Aktualität verloren. Bespitzelung trotz Busserl in Elmau!? Es lebe die Heuchelei, äh Freundschaft! Darauf einen Ouzo. Bevor die Quellen versiegen.
Dass unser Jubiläumsbesuch ausgerechnet auf den Asteroiden-Tag fällt, ist womöglich ein Zeichen aus der Tiefe des Raums. Diesen Hinweis verdanken wir unserem Udo Harms in der heutigen Ausgabe der HAZ. Seid gewappnet! Behaltet euren Fahrradhelm auf, wenn ihr mit euren Flip-Flops durch die Fußgängerzone schlendert. Wer weiß, was heute alles vom Himmel fällt!? – Am 30. Juni 1908 mussten in Sibirien 60 Mio. Bäume dran glauben, als ein besonders dicker Brocken unseren Planeten traf. Mit Asteroidchen ist auch nicht zu spaßen. Folglich heißt die Devise: Helm auf, Augen auf und Handy-Kamera nach oben richten! Und natürlich zwischendurch einen Blick in unser Blog werfen. Über Neuigkeiten werden wir euch unverzüglich informieren.
Wie Ihr gewiss auf der Homepage gesehen habt, ist unser langjähriger Vereinskamerad und ehemaliger Vorsitzender Jürgen Schulz verstorben. Während die Homepage unsere offizielle Traueranzeige ist, möchte ich hier auf das schachliche Wirken von Jürgen eingehen. Er war schließlich nicht nur ein guter Funktionär sondern auch am Brett umtriebig und spielstark. Rund 500 Gewinnpartien aus meinen Datenbanken lassen sich eindeutig unserem Jürgen zuordnen (Anm.: Der Name „Jürgen Schulz“ ist – auch in den Schachdatenbanken – nicht ganz einmalig)
Als Intro könnte ich die gleichen Worte wie Michael verwenden. Während Michael bereits von Beginn seiner Laufbahn an bei der Schachvereinigung spielte, bin ich zeitgleich mit Jürgen im Jahre 1985 in einen (erneut) aufstrebenden Verein dazugestoßen. Jürgen war ein sehr erfahrener Spieler, der sein Eröffnungsrepertoire selten variierte. Seine Liebe in Weißpartien galt ganz klar dem Zug 1.d4. Er folgte schnell der in den 80ern aufkommenden Mode, den Zug c2-c4 zurückzuhalten oder gar nicht zu spielen. Das passte ganz gut in seine Idee vom Schachspiel: Erst sichern, dann kleine Vorteile sammeln und schließlich mit scharfem Schwert die Beute erlegen.
Bei Vereinsturnieren hat Jürgen sowohl in Neustadt als auch bei uns zahlreiche Titel und gute Platzierungen errungen. Ein schönes Beispiel ist seine Partie gegen Reinhard Brodhuhn, die letztlich als Hängepartie gewonnen wurde.
In Mannschaften hat Jürgen stets gern gespielt. Das betraf nicht nur den Ligabetrieb, sondern auch die NSV-Pokale. In den 80ern gab es zudem den Hannover-Cup für Vereinsmannschaften, hernach aufgeteilt in den Hohlfeld-Pokal (höhere Ligen) und den Pinnel-Pokal (tiefere Ligen). Die Schachfreunde haben sich an den lokalen Pokalen schon lange nicht mehr beteiligt. Dass die Teilnahme in anderen Zeiten Ehrensache war, belegt die Partie gegen Frank Naumann.
Eine weitere von Jürgen praktizierte Disziplin ist das Fernschach. Ebenso wie bei mir folgte auf eine Deutsche Jugendfernschachmeisterschaft eine längere Pause. Diese wurde beendet, als sich in der Schachvereinigung vier Spieler zusammenrotteten, sich für die neu geschaffene Fernschachbundesliga zu qualifizieren: Neben Jürgen waren dies noch Gerd Branding, Heiko Willke und meine Wenigkeit. Diese Pionierzeit war gekennzeichnet durch dauerhafte Telefonate um Varianten und Pläne, das Spielen per Postkarte (der Postweg galt jedem Berufstätigen als Erholungszeit!) und Computerprogramme, die zwar kurzfristige Einsteller vermeiden konnten, vom Schachspiel an sich aber noch nicht so viel verstanden. Jürgen hat sich in der Gemeinschaft der Fernschächer stets wohlgefühlt und auch an zahlreichen Fernschachtreffen teilgenommen. Die Partie gegen Erik Blosze – gegen den er auch bei den Fernschachtreffen am Brett die Klingen kreuzte – zeigt beständige dynamische Scharmützel beider Spieler. Eine solche Fernpartie wäre heute kaum mehr möglich. Zu sehr prägt die Gnadenlosigkeit der Rechenknechte und der Anti-Strategien das Geschäft. Der erzielte Fortschritt ist im Fernschach prägend.
In den Kommentaren findet Ihr die drei genannten Partien.
„Der Mann mit der Cordhose“ – Jürgen pflegte ein geregeltes Leben mit Konstanten. Cordhose und ein häufig kariertes Hemd gehörte für ihn im Privatleben dazu, ein Eigenheim (erst in der Döhrener Wolle, später in Berenbostel) ebenso. Der zunächst sichere Job bei einer Bank (hier: im Anzug!) rundete dieses Bild gut ab. In der heutigen schnelllebigen und konformen Zeit findet man immer weniger authentische Persönlichkeiten, die an scheinbaren Anachronismen festhalten. Dazu gehört eine gewisse persönliche Stärke. Leider hatte sich Jürgen in den letzten Jahren persönlich sehr zurückgezogen. Zuletzt gestaltete auch seine fortschreitende Krankheit mögliche Gemeinsamkeiten schwierig. Ich werde ihn – und das gilt gewiss für all seine Weggefährten – jedoch vermissen und stets in bester Erinnerung behalten!
Seid willkommen, hier im Blog zu kondolieren und zu kommentieren!
„Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist es nur ein Schritt“, sprach einst Napoleon Bonaparte. Das ist der, den sie jetzt wegen unserer Waterloosäule aus dem Schrank geholt haben. Für uns Schachspieler hat Napoleons Zitat folgende Bedeutung: „Vom Meisterspieler zum Patzer ist es nur ein Zug.“ Als Beweis sollen zwei Niederlagen dienen, die ich 1998 und 2001 beim Sportland Open in Senden kassiert habe. Der Patzer war und bin ich wohlgemerkt.
Senden kann vieles heißen. In diesem Fall handelt es sich um den idyllischen Ort im ebenso idyllischen Münsterland. Zweimal habe ich dort jeweils im Oktober am Open teilgenommen. Damals hießen die Open „Sportland“, heute „Münsterland“. In den Anfangsjahren war das Niveau außerordentlich hoch. Im Jahr 1998 waren 13 Großmeister und 7 Internationale Meister dabei. Es gewann Daniel Friedmann mit 7,0 Punkten aus 9 Partien. Mit am Start war der damals blutjunge Arkadij Naiditsch. Mit 5,0 Punkten belegte er am Ende den 20. Platz.
In der 6. Runde hatte ich mit Weiß den Bundesligaspieler FM Timo Sträter (ELO 2340) in einer sehenswerten Partie geschlagen (guckt ihr meinen allerersten Blog-Beitrag). In der folgenden 7. Runde konnte ich einen weiteren Sieg gegen einen Bundesligaspieler einfahren, und zwar gegen Lars Thiede (ELO 2355) von den Schachfreunden Berlin. Es war so leicht (hinterher).
Diese Stellung hatten wir nach dem 33. Zug auf dem Brett. Weiß hatte zuvor inkorrekt auf e5 eine Figur geopfert:
IM Lars Thiede – Gerhard Streich
Welcher Zug gewinnt? Ohne viel Federlesens hätte 33…Sxh3+! gewonnen. Ich entschloss mich zu 33…Sxd5?! und verlor später sogar im Endspiel, obwohl ich zwei Leichtfiguren gegen einen Turm hatte. Fairerweise zeigte mir Lars Thiede nach der Partie, dass 33…Sxh3 für ihn tödlich gewesen wäre. Ich hatte den Zug zwar auch gesehen, aber in der verbliebenen, knappen Bedenkzeit verworfen. Das ist halt der Unterschied zwischen einem Meister und einem Patzer. – Am Ende belegte Lars Thiede den 9. Platz mit 6,0 Punkten. Ich verpasste indessen ein ausgezeichnetes Turnierresultat.
Drei Jahre später (2001) war ich wieder in Senden. In der 2. Runde traf ich auf den Favoriten, GM Giorgi Kacheishvili (ELO 2583) aus Georgien. Er wurde seiner Favoritenrolle gerecht und gewann nicht nur gegen mich, sondern souverän das ganze Turnier. In der aktuellen Webseite des Veranstalters ist dazu folgendes zu lesen:
„Einen klareren Sieg kann man sich kaum vorstellen: GM Giorgi Kacheishvili erspielte sich sieben Siege bei zwei Remisen. Seine Partien wirkten dabei allesamt klar, geradezu einfach. Da zeigt sich wahres Können: scheinbar mühelos das zu erreichen, was anderen auch bei großer Anstrengung nicht gelingt. Der Georgier wirkt stets gut gelaunt. Ob ihm der Erfolg in Senden wichtig ist? Ja, schon. Aber in seiner großen Zeit hat er einmal in den USA von acht gespielten Turnieren sieben gewonnen. Und damit läßt sich das jetzt nicht vergleichen…“
In meiner Partie gegen ihn stand es allerdings Spitz auf Knopf. Für ein bisschen Angriff hatte ich eine Figur geopfert. Nach dem 31. Zug von Weiß war ich vor eine schwierige Frage gestellt:
GM Giorgi Kacheishvili – Gerhard Streich
Seinen letzten Zug hatte der Georgier ziemlich schnell ausgeführt. Natürlich habe ich sofort gesehen, dass der Turm auf b1 hängt. Ich war mir nicht sicher, ob es ein Versehen, ein Bluff oder ein genialer Zug war. Ich entschloss mich zu 31…Sh5. Der Zug versprach eine anhaltende Initiative, aber irgendwann gelang es meinem Gegner seinen König in Sicherheit zu bringen, und es war aus mit dem Großmeisterskalp. Heute würde ich zu 31…Sh3+ nebst Dxb1 greifen. Die Chancen, die Partie im Gleichgewicht zu halten, wären gut. – In diesem Open erkämpfte ich mir übrigens gegen die damals 16-Jährige Elisabeth Paehtz ein Remis. Diese Partie findet ihr ebenfalls in unserem Blog.
Die Partien gegen Lars Thiede und Giorgi Kacheishvili könnt ihr in meinem Kommentar in voller Länge nachspielen. – Das war’s mit dem Sendener Rückblick. Bezüglicher weiterer Open-Auftritte meinerseits sage ich: „See you later, Alligator!“
Schachspieler sind vielseitig, vor allem wenn es ums Denken geht. Deshalb habe ich einen Tipp für euch, wie ihr dasselbe verbessern könnt. Es geht um Philosophie. Kürzlich wurde ich auf ein Projekt aufmerksam, das Dr. Gerhard Stamer (Jahrgang 1939) ins Leben gerufen hat. Raus aus dem Elfenbeinturm, rein ins pralle Internetleben, war seine Vision. Inifinitum Mobile (unbegrenzte Bewegung) nennt er sein Projekt. Über zehn Themen soll in den kommenden zwei Jahren öffentlich diskutiert werden. Darwins Evolutionstheorie macht den Anfang. Stamers Credo: „Ich möchte keine Diskussion unter Experten, sondern Diskussionen mit Menschen.“ Zu den Letztgenannten zähle ich mich.
Neugierig – wie ich nun einmal bin – habe ich mir die ersten Kommentare angeguckt. Ich war entsetzt! Es sollte ein Blog für Menschen sein, stattdessen präsentieren dort eine Handvoll Experten ihre Fabulierkunst, die bis an die Schmerzgrenze geht. Als Hobby-Philosoph kenne ich diese Sprache, aber jeder normale Mensch wird sich kopfschüttelnd abwenden. Die Wahrscheinlichkeit, dass solche Texte von Nichtexperten zu Ende gelesen und verstanden werden, ist gleich Null.
Als unerschütterlicher Optimist habe ich mir nach ein paar Tagen des Entsetzens ein Herz gefasst, mich dort angemeldet und auf meine Weise losgelegt. Womöglich ist das Entsetzen jetzt auf der anderen Seite. So oder so, die Diskussion hat Fahrt aufgenommen. Uncool ist die Sache nicht. Ich bin gespannt, ob ich eine Antwort auf meine Frage nach den Krähen bekomme. – Wenn ihr Lust und den Mut habt, eure eigenen Gedanken online schweifen zu lassen, solltet ihr meinem Beispiel folgen. Meine Kommentare sind unschwer auszumachen.
Der Appell von St. Gerhard und Gerhard St. lautet: „Die Diskussion ist eröffnet. Nehmen Sie teil!“ Der Eintritt war frei: die Website existiert nicht mehr…
Über Pfingsten finden traditionell die deutschen Jugendeinzelmeisterschaften statt. Nachdem man letztes Jahr ein Gastspiel in Magdeburg gab, kehrte man dieses Jahr in den Sauerlandstern nach Willingen zurück. Ein Mammut-Event bei dem die Meisterschaften von der U10 bis zur U18 komplett an einem Ort gespielt werden. Zusätzlich noch einige Sonderturniere für Begleiter und junge Menschen bis 25.
Und dieses Jahr konnten die Jugendlichen aus Niedersachsen und Bremen groß abräumen. 4(!) deutsche Meister und zwei weitere Podestplätze sind kaum zu toppen.
Beginnen wir bei den ganz Kleinen: In der U10w sicherte sich Lena Reichelt aus Hameln mit 6 aus 9 den dritten Platz. Bei den Jungen kam Jan Pubantz vom SK Ricklingen auf Platz 6.
In der U14w dann der erste Titel, Lara Schulze vom SK Lehrte, vor wenigen Wochen noch zu Gast beim Leine-Open, siegte mit 7 Punkten aus 9 Partien. Gestartet war sie von Ranglistenplatz 4.
In der U16W ging es dann gut weiter. Fiona Sieber vom ESV Göttingen schaffte es in der letzten Runde noch mit Ihrer Kontrahentin gleich zu ziehen und siegte mit 8 aus 9 und einem halben Wertungspunkt. Fiona siegte in 8 Partien und verlor nur eine Partie durch einen Figureneinsteller. Bei den Jungen der U16 dann der nächste Titel, dieses Mal für unsere Nachbarn aus Bremen: Dimitrij Kollars vom Delmenhorster SK (demnächst Hamburger SK) siegte mit 7 aus 9. Fiona und Dimitrij waren jeweils als Mitfavoriten von Ranglistenplatz 2 gestartet.
Bei der U18W erreichte Jana Böhm vom SV Hellern den Bronze-Platz. Gesetzt war sie auf Platz 8. Und bei den Jungen U18 der Titel für Spartak Griogorian vom SK Wildeshausen, auch ein Altbekannter bei Turnieren der SFH. Er siegt nach Wertung mit 6,5 aus 9, ungeschlagen mit 4 Siegen und 5 Remis. Die Besetzung des Turnier war sehr gut: 3 Spieler über 2400 ELO, weitere 3 über 2300, insgesamt 12 Spieler über 2200 ELO.