HP steht nicht etwa für einen führenden Druckerhersteller, sondern für Heidelberg-Paderborn. Bekanntlich hängt auf unserer Mutter Erde alles irgendwie zusammen. Räumlich, zeitlich und sonst wie. Hätte sich der Homo heidelbergensis einen anderen Wohnort gesucht, hätte es am Neckar im Jahr 1979 kein Jubiläumsschachturnier gegeben, und der SC Paderborn wäre jetzt nicht in die 1. Fußballbundesliga aufgestiegen. Aber der Reihe nach.
Die beginnt mit Rugby. Genauer gesagt mit der Deutschen U 14 Meisterschaft, die am vergangenen Wochenende in Heidelberg ausgetragen wurde. Uwe war dort mit seinem Sohn. Ein vierter Platz sprang dabei heraus. Immerhin vor dem Lokalrivalen Germania List. Alle Achtung! Als mir Uwe davon erzählte, hat es bei mir Klick gemacht. Heidelberg?! Da war doch was!? Ja, vor 35 Jahren wurde der Heidelberger Schachklub 100 Jahre alt. Es gab ein hochdotiertes, internationales Open über 9 Runden mit normaler Bedenkzeit. Ich war dabei. Und beeindruckt. Der Heidelberger SK gehörte damals zu den renommiertesten und stärksten Schachklubs in Deutschland. Alle waren voll des Lobes angesichts dessen traditionsreicher Geschichte: Reinhold Zundel, der Oberbürgermeister, Alfred Kinzel, der Präsident des Deutschen Schachverbands, Alfred Weber, der 1. Vorsitzende des Badischen Schachverbands und Prof. Dr. Till Kirsten, der 1. Vorsitzende des Heidelberger SK. Dieser Till Kirsten hat „ein persönliches Wort“ verfasst. Es hebt sich ab von den zu solchen Anlässen üblichen Floskeln:
Habt ihr auch das Gedicht gelesen? Ihr kennt es bereits. Ich habe in meinem Kommentar vom 30. Mai danach gefragt. Noch immer streiten Experten darüber, ob sich hinter Sigurd Kalbfisch nicht Prof. Till versteckt; und was uns der Künstler mit dem Gedicht sagen will. Deutungen jedweder Art sind auch nach 35 Jahren willkommen.
Für Touristen ist Heidelberg ein Muss. Das liegt vor allem an Deutschlands berühmtester Ruine: dem Heidelberger Schloss. Das Schloss liegt am Nordhang 80 m über der Stadt. Es ist gigantisch. Wer das komplette Panorama genießen möchte, sollte am gegenüber-liegenden Berghang spazieren gehen. Das tat ich auch. Seitdem nennt man die 2 km lange Strecke „Philosophenweg“. – „Was hat das mit Paderborn zu tun?“, werdet ihr fragen. Die Antwort lautet: Mich hatte es damals beruflich nach Paderborn verschlagen. Ich war an der Realisierung der Stadthalle (Paderhalle) beteiligt.
Der Rohbau der Stadthalle ähnelte irgendwie der Schlossruine, nur, dass die Ausmaße der Ruine viel größer sind. Dennoch war mein Bauwerk in Paderborn nicht von Pappe. Rechtwinklige Wände waren eine Seltenheit, gleiche Wandhöhen auch. Im Keller mussten wir eine Quelle einfangen und diese dauerhaft sprudeln lassen.
Ich gehörte damals zum dreiköpfigen Bauleitungsteam. Unser Chef war der Berliner Architekt Prof. Hardt-Waltherr Hämer, Spitzname: Gustav. Vor zwei Jahren ist er im Alter von 90 Jahren verstorben. Für seine Ideale wusste Gustav zu kämpfen. Das hat ihm einen Ehrenplatz in der „Bundeszentrale für politische Bildung“ eingebracht. Wer Interesse hat, möge sich das Interview mit ihm anhören, das er im hohen Alter gegeben hat. Es ist von aktueller Bedeutung. Stichwort: Gentrifizierung.
In meinem langen Berufsleben habe ich an vielen Orten irgendetwas gebaut. Abgesehen von der Schaffensfreude habe ich mich stets gefragt, ob mit dem errichteten Bauwerk ein positiver Einfluss auf die Gesellschaft einhergeht. Im Falle von Paderborn bin ich mir ganz sicher. Der kulturelle Einfluss durch die vielfältigen Veranstaltungen in der Paderhalle hat im Laufe der drei Jahrzehnte dazu geführt, dass die Bürger Paderborns weltoffen geworden sind. Kirchgang hin oder her, wenn der schnöde Mammon schon sein muss, ist er im Profisport gut angelegt. Somit nahm der Aufstieg des SC Paderborn seinen Lauf. Nun gehört er zum Nonplusultra der bundesdeutschen Unterhaltungsbranche: der 1. Fußballbundesliga.
Den Heidelberger SK gibt’s indessen nicht mehr; jedenfalls nicht mehr in der Fassung von 1979. Wenn die 100-Jährigen in die Jahre kommen, wird’s kritisch; siehe HSK und SVgH. Offenbar gab’s eine Fusion mit den Handschuhsheimern, die zumindest sportlich für einen Höhenflug sorgte. In der Saison 2008/09 holte sich die 1. Mannschaft den Sieg in der 2. Bundesliga Süd. Eine Saison später bedeutete der 14. Platz den Abstieg aus der 1. Bundesliga. Danach ging’s bergab in die Niederungen des Badischen Schachverbands. Brauchbare, aktuelle Informationen über den SK 1879 HD-Handschuhsheim (die Domain könnt ihr kaufen) habe ich leider nicht gefunden.
Zurück zum Jubiläums-Open. Wer Turniersieger wurde, weiß ich nicht mehr, aber ich habe eine hübsche Partie gewonnen, die ich euch zeigen möchte. Mein Gegner war Dirk Paulsen (Lasker Steglitz). Er war 20, ich 30 Jahre alt. Dirk war damals einer der aufstrebenden Schachspieler Deutschlands. Anfang der 80er Jahre spielte er für die SG Bochum in der 1. Bundesliga. Mit 23 Punkten aus 30 Partien machte er die beste Ausbeute aller Bundesligaspieler. In der Partie gegen mich war er zu ungestüm. Seinen Angriff am Königsflügel konnte ich im Zentrum kontern. Wer Spaß an komplizierten Stellungen hat, möge sich die nach dem 32. Zug … Dxd4 anschauen, und zwar mit dem Folgezug 33. Sdf3!. Am besten macht ihr das ohne euren Rechner. Einige Varianten zeige ich euch. Am Brett hätte diese auch ein Super-Großmeister nicht alle sehen können. Die komplette Partie findet ihr in meinem Kommentar.
Paulsen, Dirk – Streich, Gerhard [D36]
Schwarz ist am Zug
32… Dxd4 [32…Txe1?? 33.Sf7+ Lxf7 34.Dxg7#] 33.Te4? Danach ist Weiß rettungslos verloren. Stattdessen wäre er mit 33.Sdf3! nicht chancenlos gewesen. Es ergeben sich einige abenteuerliche Varianten: [33.Sdf3!? Dxa4 (33…Df6?! 34.Txe7 Txe7 35.Dh2 Dh6 36.Sh4 Sxg5 37.Sg6+ Kh7 38.Sf8+ Kh8 39.Sg6+=) 34.Te4 (34.Sf7+ Txf7 35.Txe8 Tb7 36.Tb8 Te7 37.b4 Db3 38.Sh4 Sf4 39.Dg3 Dd5+ 40.Tg2 g5 41.fxg6 Sxg2 42.Sxg2 Sf6-+) 34…Db3 (34…Txe4?? 35.Sf7+ Lxf7 36.Dxg7#) 35.Sh4 Sf4 36.Txf4 Ld5 37.Sgf3 Tb7=+] 33…Txe4 34.Sgxe4 Se3 35.Df3 Ld5 36.f6 Sxf6 [36…Txe4! dazu gehört Mut oder einfach nur Rechenkunst. 37.fxg7+ Kg8 38.Sxe4 Lxe4 39.Lb3+ Sd5-+] 37.Tg3 Lxe4 [Noch schneller gewann 37…Txe4!, aber Dirk Paulsen hatte sowieso keinen Bock mehr, weiterzuspielen.] 38.Sxe4 Dxe4 0-1
Über den Verbleib von FM Dirk Paulsen (ELO 2289) habe ich mich auch sachkundig gemacht. In der Berliner Kaffeehausschachszene gehört er nach wie vor zu den Besten. Er hat sogar eine eigene Kolumne: http://www.fvschach.de/dp_kolumne.htm