Vor einem Jahr war ich zu Ostern in Deizisau. Dort findet Jahr für Jahr Deutschlands größtes Open statt. Für mich war die Teilnahme eine Erfahrung, die ich nicht bereut habe, obwohl das Turnier mit 9 Partien an 5 Tagen knüppelhart ist. Dies Jahr betrachte ich das Turniergeschehen aus der Ferne. Wer es mir gleichtun möchte, sollte diesen Link aufrufen: http://www.neckar-open.de/index.php/de/
Im letzten Jahr war Ilja Schneider als Berichterstatter dabei; diesmal gehört er wieder zu den Aktiven. Über ihn und das Drumherum habe ich euch vor einem Jahr berichtet. Wer sich meine Beiträge in Erinnerung rufen möchte, guckt hier:
https://www.schachfreunde-hannover.de/18-neckar-open/
https://www.schachfreunde-hannover.de/ilja-schneider-in-deizisau/
Im Jahr 2014 fand Ostern zwei Wochen später statt. Dementsprechend war das Wetter dem diesjährigen um einiges voraus. Etwas von der 2014er-Stimmung möchte ich euch mit bislang unveröffentlichten Bildern (ganz ohne Schachspieler) zeigen.
Nach vier Runden haben sieben Spieler eine weiße Weste. Ilja Schneider ist nicht dabei. Mit 3:1 Punkten nach zwei Remis in den letzten zwei Runden liegt er in Lauerstellung. Noch sind die Favoriten nicht aufeinander getroffen. Das wird morgen der Fall sein. Derweil betätige ich mich als Stimmungskanone. Dafür habe ich mein Shanty um eine Strophe erweitert. Mitsingen und Mitschunkeln ist ausdrücklich erwünscht.
2. Strophe
Wo schmort der Koch den Karpfen blau?
in Deizisau, in Deizisau!
Wo kütt kein Kölner mit Helau?
in Deizisau, in Deizisau!
Wo erlebt dein ELO seinen GAU?
in Deizisau, in Deizisau!
Refrain: In Deizisau am Neckarstrand Caissa ihre Heimat fand. Zu Ostern gibt es Spiele satt, und manchmal enden die mit Matt. Hol-la-hi, hol-la-h
Das 19. Neckar-Open ist Geschichte. Ich fand sie prickelnd, auch wenn ich nicht mittendrin war. Die Berichterstattung im Internet war vorbildlich. Der Sieg des sympathischen Chinesen Chao Li (SK Schwäbisch Hall) mit 8,5 Punkten aus 9 Partien fand ungeteilten Beifall. Er gab nur ein Salonremis gegen Arkadij Naiditsch ab. Naiditsch patzte indes in der letzten Runde gegen seinen Vereinskameraden IM Andreas Heimann (Jahrgang 1992). Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass er die Partie mit Absicht verloren hat.
Die Chancen von Arkadij Naiditsch auf den 1. Platz waren gering, Zweiter oder Dritter war er jedoch so gut wie sicher unabhängig vom Ausgang seiner letzten Partie. Der Sieger erhielt 3.000 EUR, der Zweite 2.000 EUR und der Dritte 1.500 EUR. Hätte Heimann verloren, wäre er ungefähr Zwanzigster geworden und damit leer ausgegangen. Bei einem Remis wäre er vermutlich mit 100 EUR honoriert worden. Ob es tatsächlich monetäre oder freundschaftliche Gründe für Naiditsch‘ Blackout gab, will ich keinesfalls unterstellen, aber sein 14. Zug … exf4? mit Figurenverlust ist für einen Großmeister seines Kalibers erstaunlich. So oder so blieben damit die Plätze 2 bis 4 in der Hand von Helmut Reefschlägers Klub. IM Andreas Heimann spielt bei der OSG Baden Baden an Brett 1 der 2. Bundesliga Süd.
Gemäß Rangliste hätte Ilja Schneider auf dem 10. Platz landen sollen. Mit 6:3 Punkten belegte er am Ende den 42. Platz. Damit wird er vermutlich nicht zufrieden sein, zumal ihm 12 ELO-Punkte abhandenkamen.
Ein Detail, das mich geschockt hat, möchte ich noch zum Besten geben. In der vorletzten Runde gewann Chao Li mit Schwarz gegen den polnischen Großmeister Kacper Piorun. Nach dem 34. Zug gab der Pole auf, weil Materialverlust unvermeidbar war. Was macht der mitlaufende Schachcomputer? Er meldet ein Matt in 29 Zügen! Jetzt weiß ich endgültig, dass unsere menschlichen Gehirne nur für Emotionen gemacht sind.
Duplizität der Ereignisse in der Partie Arkadij Naiditsch (OSG Baden Baden) – Lubomir Ftacnik (Hamburger SK). Arkadij zog soeben 37. f4. Lubomir antwortete 37… exf4? und verlor prompt im 41. Zug. Bitter für den Slowakischen Großmeister: Er stand klar auf Gewinn (+4,31). Seit dem 20. Zug war die schwarze Stellung erheblich besser. Es sieht alles nach einer deutlichen Klatsche für den HSK aus. Ich tippe auf 0:8 gegen die OSG Baden Baden.
Die Klatsche hat gesessen. Nach dem 8:0 gegen den HSK hat die OSG Baden Baden bereits vor der letzten Runde ihren Titel verteidigt, weil der einzige Konkurrent, der SV Werder Bremen, gegen die abstiegsbedrohten Schachfreunde Berlin über ein 4:4 nicht hinauskam. Die Berliner um Ilja Schneider und Dennes Abel können nun aus eigener Kraft den Klassenerhalt schaffen und müssen sich nicht auf den Verzicht des SC Eppingen verlassen.