Die Affäre Jordan

Was hat den DSB-Präsidenten Ullrich Krause bloß geritten, aus einem ehemaligen Erfolgsmodell eine Schlammschlacht zu machen? Selbst wenn es stimmt, dass eine rasche Aufklärung vonnöten war, ist diese seitens des amtierenden DSB-Präsidiums stillos in die Öffentlichkeit gezerrt worden. Da der Skandal in den einschlägigen Fachmagazinen sowie sozialen Medien rauf und runter diskutiert wurde und wird (allein 48 Kommentare bei den Schachperlen vom Bodensee), ist euch die Sachlage vermutlich bekannt. Eigentlich wollte ich mich aus dem Thema heraushalten. Der Artikel „Keine Zusammenarbeit mehr mit Dirk Jordan“ in der neuesten Ausgabe von Otto Boriks Schachmagazin 64 hat mich jedoch veranlasst, mit diesem Beitrag mein Befremden über die Präsidentschaft im Deutschen Schachbund auszudrücken.

Der zuvor genannte Artikel im Schachmagazin 64 stammt von Hartmut Metz. Der Artikel ist sachlich geschrieben, verschweigt indes die Rolle desjenigen, der den Skandal aufgedeckt hat: Dipl.-Ing. Ossi Weiner, seit Ende 2017 Geschäftsführer der DSB Wirtschaftsdienst GmbH. Dessen nassforschen Kommentare widerlegen unseren Werbespruch: Nette Leute spielen Schach.

Das Gegenteil von nett ist seine arrogante Antwort im Schachticker auf eine Stellungnahme vom ehemaligen Vizepräsidenten des DSB und amtierenden Präsidenten des Badener Schachverbands, Prof. Uwe Pfenning, u.a. mit folgenden Worten: „Offensichtlich hat der gute Mann keinerlei Sachkenntnis von der tatsächlichen Faktenlage.“

Dipl.-Ing. Ossi Weiner kenne ich nicht persönlich, aber ein Blick ins Netz zeigt, dass er bei der Wahl seiner Mittel nicht zimperlich ist. In einem Forum für Schachcomputer beschreibt ihn jemand mit diesen Worten: „Ein sehr harter Geschäftsmann, der ganz genau weiß was er will.“ Persönlich kennengelernt habe ich indes den amtierenden DSB-Präsidenten Ullrich Krause, seinen Vorgänger Herbert Bastian und Prof. Uwe Pfenning anlässlich der 1. Bundesvereinskonferenz 2017 in Berlin. Es blieb mir nicht verborgen, dass es zwischen dem damals amtierenden Präsidenten und dem Präsidenten in spe knisterte. Womöglich lösen sich jetzt die Spannungen. Den besten Eindruck auf mich hat Uwe Pfenning gemacht. Dass er von seinem Posten auf Bundesebene zurückgetreten ist, ist angesichts des derzeit rigiden Stils kein Wunder.

Wie geht’s weiter? Der Streit wird vermutlich juristisch ausgetragen. Er wird irgendwann mit einem Vergleich enden. Der DSB wird keinen adäquaten Ersatz für Dirk Jordan und sein ehemaliges Team finden. Die Schachszene in Deutschland wird ärmer. Ullrich Krause wird bei der nächsten Präsidentenwahl in seinem Amt nicht bestätigt. Sieht so eine bessere Zukunft aus?

16 Gedanken zu „Die Affäre Jordan“

  1. Das Modell „Jordan“ war intransparent, daran gibt es keinen Zweifel. Insofern muss Dirk Jordan „Asche auf sein Haupt streuen“. Dem Artikel von Hartmut Metz zufolge tut er das auch. Inwieweit in Vorstandskreisen des DSB dessen Praktiken bekannt waren und stillschweigend geduldet wurden, wird in der juristischen Auseinandersetzung eine Rolle spielen. Die hätte man indes verhindern können. Entweder fehlt es Ullrich Krause an diplomatischem Geschick, oder er hat sich von anderen treiben lassen. Womöglich war es eine Abrechnung mit dem ehemaligen Vorstand um Herbert Bastian. Dazu passt folgender Satz aus Ossi Weiners Antwort auf Prof. Uwe Pfenning vom 09.08.2018:

    Der Beitrag von Herrn Uwe Pfenning ist weder fundiert noch ausgewogen, ganz im Gegenteil scheint es sich hier um einen schwerwiegenden persönlichen Angriff auf die Integrität des amtierenden DSB Präsidenten Ullrich Krause sowie des Vizepräsidenten Klaus Deventer zu handeln.

    Im Umkehrschluss kann man mutmaßen, dass es sich bei der Skandalisierung durch den amtierenden Vorstand um einen schwerwiegenden persönlichen Angriff auf den ehemaligen Vorstand handelt, da dieser jahrelang untätig war.

    So oder so haben solche Töne in einer Familie, die wir Schachspieler sein wollen, nichts zu suchen. Dem Vorstand des Deutschen Schachbunds obliegt die „Pflege und Förderung des Schachspiels als sportliche Disziplin, die in besonderem Maße geeignet ist, der geistigen und charakterlichen Entfaltung der Persönlichkeit zu dienen“ (§ 2 (1) Satzung des DSB). Pustekuchen. „Der Skandal, der keiner sein müsste“ (O-Ton Schachperlen vom Bodensee) fördert Charakterschwächen und macht den DSB zum Pflegefall.

  2. Ja, Bilanzbuchhalter sollten Ordnung halten, Torsten. Fangen wir damit an, dass du Bastian mit Krause verwechselt hast und fälschlicherweise behauptest, Gerhard wolle die Sache unter den Teppich kehren. Hättest du jemals einen meiner Beiträge in diesem Blog verstanden, wäre dir aufgefallen, dass Gerhard mitnichten irgendetwas unter den Teppich kehrt, sondern Themen anspricht, bei denen andere mangels Zivilcourage schweigen.

    Es geht um Stilfragen. Stelle ich jemand an den Pranger, dessen Einsatz zuvor in höchsten Tönen gelobt wurde, oder versuche ich, mit dieser Person eine würdevolle Lösung zu finden? Ullrich Krause hat in dieser Frage versagt.

    Apropos Ordnung: Es gibt keinen Grund, Torsten, dass du nach deinem Vereinsaustritt hier als multiple Persönlichkeit auftrittst. Deinen Duktus erkennt jeder mit verbundenen Augen. Bilanzbuchhalter, Dr. Google, Dr. Psycho oder Klugscheißer machen keinen Unterschied.

    1. Ich bin durchaus ein Fan von mulipler Berichterstattung, Meinung und Presse!
      🙂

      ..und wenn die ganzen Torstens hier den Laden bunt mit Leben füllen, freue ich mich 😉

  3. Die Affäre Jordan hat ihren Ursprung im antiquierten Denken der meisten Schachspieler, dass Schach nichts kosten darf. Folglich ist alles, was sich nicht ehrenamtlich abspielt, anrüchig. Jedoch lassen sich bestimmte Aufgaben heutzutage ehrenamtlich nicht mehr bewerkstelligen. Deshalb ist es vernünftig, wenn diese Aufgaben von Profis übernommen werden, die dafür angemessen bezahlt werden. Beispiel: https://www.eichels-event.com/

    Das Team um Stefanie Eichel veranstaltet schwerpunktmäßig in Hannover diverse Sport-Events, wie Jedermann-Radrennen und Marathonläufe. Die damit verbundenen Kosten werden durch Sponsoren und Startgelder generiert. Darüber hinaus werden bei all diesen Veranstaltungen ehrenamtliche Helfer (z.B. Streckenposten/Sanitäter) benötigt, die entweder unentgeltlich oder für ein kleines Salär tätig sind.

    Hätte man dieses Verfahren rechtzeitig auf die Tätigkeit von Dirk Jordan angewandt, würde man ihm heute die Füße küssen, statt ihn vom Hof zu jagen. Mal unterstellt, Dirk Jordan hat tatsächlich den Großteil der Einnahmen, z.B. die Kick-Back-Zahlungen der Hotels, in die eigene Tasche gesteckt, so ist anzunehmen, dass er damit kaum den gesetzlichen Mindestlohn für seinen tatsächlichen Aufwand erzielt hat. Eine Bereicherung sieht anders aus. Sein Fehler war, dass er dies klammheimlich gemacht hat, wobei derzeit nicht bekannt ist, ob es dafür Gründe gibt, die auf ehemalige Vorstandsmitglieder des DSB zurückzuführen sind.

    Meine Sichtweise wird durch diese Anmerkung von Thorsten Chmiel in dessen Kommentar bestätigt, der am 07.08.2018 auf ChessBase veröffentlicht wurde:

    Der Kardinalfehler war es aus heutiger Sicht, dass der Deutsche Schachbund eine ehrliche Abrechnung zugunsten eines Turnierorganisators, der Geld mit Schach verdienen will und aus meiner Sicht auch sollte, nicht offen zugelassen hat.

  4. Die Zeitschrift „Schach“ hat sich in ihrer September-Ausgabe des Themas angenommen. In seiner Kolumne stellt GM Raj Tischbierek berechtigte Fragen; z.B. die, ob tatsächlich ein Schaden fürs deutsche Schach entstanden ist, wie der amtierende DSB-Präsident Ullrich Krause behauptet. Ausführlich geht Prof. Dr. Friedbert Prüfer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Mathematischen Institut der Uni Leipzig und Teilnehmer an den DSAM, mit seinen persönlichen Anmerkungen auf die gleiche Frage ein und kommt zu der Überzeugung, dass die Teilnehmer bezüglich des Zimmerpreises nicht wirklich geschädigt seien. Das heißt nicht, dass das Modell Jordan statthaft war, es ist aber ein Unterschied, ob ich jemand geschädigt oder sogar zu dessen Wohl gehandelt habe, denn hätte Jordan diese Nebeneinnahmen nicht gehabt, hätte es diese seit 2001 äußerst erfolgreichen Turniere nicht gegeben. Damit wollen weder Friedbert Prüfer noch ich die Praktiken des Herrn Jordan rechtfertigen, aber die Affäre erscheint damit in einem anderen Licht. – Nachdem ich einige Kommentare aus dem Krause-Lager gelesen habe, komme ich mehr und mehr zu der Erkenntnis, dass es hierbei um eine Abrechnung des neuen mit dem alten DSB-Vorstand geht.

  5. § 667 BGB passt perfekt: Der Beauftragte (Dr. Jorden) ist verpflichtet, dem Auftraggeber (Deutscher Schachbund e.V.) alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, (Provisionszahlungen der Hotels) herauszugeben. Ob Herr Krause die Rückerstattung der Provisionen an die Hotelgäste veranlassen durfte oder ob es sich um eine das Vermögen des DSB schädigende, nicht gerechtfertigte Schenkung handelt, ist indes eine sehr gute Frage.

  6. Fakt ist, dass Ullrich Krause die Zukunft darin sieht, neben dem Ehrenamt bestimmte Aufgaben an externe Partner zu vergeben, die damit Geld verdienen. Das wird z.B. in seinem Interview deutlich, welches er Olaf Steffens (Schachwelt) vor seiner Wahl zum DSB-Präsidenten im Mai 2017 gegeben hat:

    Ganz allgemein gesprochen sehe ich die Hauptaufgabe des Deutschen Schachbundes darin, unseren Sport noch populärer und erfolgreicher zu machen und die dazu erforderlichen bundesweiten Aktivitäten der Landesverbände und der Vereine zu koordinieren. Kontakte zu externen Partnern sind dabei existentiell, denn das Ehrenamt alleine wird die vielfältigen Aufgaben nicht mehr erledigen können. Diese Kontakte können naturgemäß „von oben“ am besten initiiert werden, und hier sehe ich einen weiteren Schwerpunkt der DSB-Arbeit.

    Genau das traf auf das Modell Jordan zu allerdings mit dem Haken, dass es anscheinend illegal war. Dazu fällt mir der Sponti-Spruch ein: „Legal, illegal, scheißegal“, der dem Deutschen Schachbund womöglich besser bekommen wäre als zermürbende Auseinandersetzungen durch Rechthaberei. Als Herbert Bastian noch DSB-Präsident war, las sich die Illegalität in seiner Laudatio zum 60. Geburtstag von Dirk Jordan vor zwei Jahren noch so:

    Der promovierte Mathematiker Dr. Jordan hatte als einer der Ersten im Deutschen Schachbund erkannt, dass sich damit ein Mittel anbot, um die Leistungsfähigkeit und den Fortschritt junger Talente einigermaßen objektiv zu beurteilen und daraus Konsequenzen abzuleiten. Das ist eine seine herausragenden Eigenschaften: Dr. Dirk Jordan ist stets ganz vorne zu finden, wenn sich irgendwo ein neues Potential auftut, das man nutzen könnte.

  7. Am Samstag ging in Wernigerode das Schachturnier im Rahmen des Deutschland-Cups zu Ende. Der Abschlussbericht auf der Webseite des DSB (!) beginnt mit folgenden Worten:

    Beifall brandete auf, als Turnierdirektor Dr. Dirk Jordan vor Eröffnung der 7. Runde verkündete, dass der Deutschland-Cup auch im nächsten Jahr an bekannter Stelle und mit dem bewährten Team stattfinden wird.

    Ich bin verwirrt. Deutschland-Cup und DSAM sind Veranstaltungen, für die der DSB das Copyright hat. Bei den Amateurmeisterschaften ist Dr. Dirk Jordan in Ungnade gefallen, in Sachen Deutschland-Cup darf er munter weitermachen!? Einer, der in Wernigerode dabei war, berichtet, dass Dirk Jordan mit „donnerndem Applaus“ verabschiedet wurde, als dieser bekanntgab, dass sein Team zwar nicht mehr für die DSAM zuständig sei, aber alle anderen Turniere weiterhin betreuen würde. – Ist die Affäre Jordan nur ein Sturm im Wasserglas?

  8. Graue Panther

    Die Partei gibt’s nicht mehr. Gleichwohl tritt ein Schachspieler in die Fußstapfen von Trude Unruh. Er heißt Henning Geibel und ist Bundesbankdirektor im Ruhestand. Henning Geibel macht sich Sorgen um die Austragung der nächsten Deutschen Senioren-Meisterschaft, die 2019 in Radebeul stattfinden sollte. Er hat sich in Briefen, die auf der Webseite des Schach-Tickers veröffentlicht sind, an das Präsidium des Deutschen Schachbundes und an DSB-Präsident Ullrich Krause gewandt.

    Der Brief an Ullrich Krause beginnt mit folgenden Worten:

    Lieber Ullrich!
    Ich habe mir heute erlaubt, im Namen der deutschen Schach-Senioren einen Brief an das Präsidium zu richten, in dem ich eindringlich darum bitte, die Vorbereitung und Durchführung der Deutschen Senioren-Meisterschaft 2019 in Radebeul nicht länger zu behindern […]

    … und endet wie folgt:

    In der zuversichtlichen Hoffnung, keine Fehlbitte für uns Senioren geleistet zu haben,
    verbleibe ich mit den besten Grüßen
    gez. Ihr Henning Geibel

    Der Mann hat Stil, der ein wenig an die Kaiserzeit erinnert. Gleichwohl ist damit ein Weckruf verbunden. Bezüglich des Präsidiums habe ich wenig Hoffnung, bezüglich der schweigenden Mehrheit schon eher.

    1. Wenn es Ullrich Krause ernst meint mit seiner Aufgabe, wird er seine Gesichtswahrung in den Hintergrund stellen. Es ist allerdings zu befürchten, dass ihm die Geister, die er rief, jetzt im Wege stehen. Das amtierende Präsidium ist sich keiner Schuld bewusst und hat Zweiflern in den eigenen Reihen einen Maulkorb verpasst. Das geht aus einer Erklärung hervor, die am 20. August veröffentlicht wurde:

      […] Veröffentlichungen in öffentlichen Foren, in denen die Arbeit des jetzigen Präsidiums in Frage gestellt wird, schaden nicht nur dem aktuellen DSB-Präsidium, sondern auch den Vorgängern und vor allem dem Ansehen des Deutschen Schachbundes (das sind wir alle!) insgesamt.
      Mit freundlichen Grüßen
      Peter Eberl (AKLV Sprecher und Präsident des Bayerischen Schachbundes), Ralf Niederhäuser (Präsident SB NRW)

      Das ist ein Demokratieverständnis der besonderen Art. Die jetzige Arbeit darf nicht in Frage gestellt werden, die Arbeit der Vorgänger schon. Bingo!

  9. Der DSB hat offenbar ein großes Problem. Jedes Problem hat als Ursache einen Mangel.

    Beim DSB ist das u.a. ein Mangel an geeignetem Führungspersonal, wobei °der Fisch vom Kopf her stinkt°.
    Die meisten involvierten Personen kenne ich persönlich. Ich nehme schon lange nicht meht an Turnieren teil, die vom DSB °organisiert° werden, da die Teilnehmergebühren eher als Schmerzensgeld zu bezeichnen sind.

    Ossi Weiner ist trotz charakterlicher Mängel eher ein °guter Mann°. wenn ich mich der Trumpschen Diktion bedienen wollte. Der DSB-Präsident ist intellektuell unzumutbar, und hauptverantwortlich für das nun entstandene Chaos.

    Conclusio:

    Statt sich das Chaos in der Trump-Administration als Vorbild anzueignen, sollte sich der DSB darauf beschränken. allen seinen Mitgliedern die bestmögliche Dienstleistung zu bieten. Man findet allerdings nur Negativ-Beispiele, siehe z.B. die Deutsche Einzelmeisterschaft 2018. Die deutschen Spitzengroßmeister haben erst gar nicht teilgenommen. Das DSB-Präsidium solle sich doch einmal das Teilnehmerfeld der französischen oder englischen Meisterschaften 2018 ansehen

    Fritz Sämisch hat vor vielen Jahren den Unterschied beschrieben zwischen Schachspielern und (Schach)Funktionären, mit einem einzigen deutschen Hauptsatz. Bitte heute ist dieser Satz gültig.
    Due meisten Mitglider des Präsidiums werden Sämisch nicht kennen, was u.a. deren Ignoranz offenbart.

    1. Bei aller berechtigten Kritik an Schachfunktionären dürfen wir diese nicht über einen Kamm scheren. Es gibt viele, die eine ausgezeichnete Arbeit machen. Aber es gibt auch die Betonköpfe. Von denen können wir nicht erwarten, dass sie sich flexibel auf Veränderungen in unserer Gesellschaft einstellen. – In die Wahl von Ullrich Krause zum neuen DSB-Präsidenten hatte ich gewisse Hoffnungen gesetzt. Bislang wurden diese enttäuscht.

      Von einem modernen Präsidenten erwarte ich eine Ruck-Rede nach dem Motto: „Willkommen im 21. Jahrhundert! Weg mit überkommenen Regeln und Hemmnissen. Genießt das Schachspiel als Kunst. Paragrafenhengste sind fehl am Platze. Das Leben ist schön!“

      Wer sich zwischen zwei Niederlagen mit überflüssigen Formalien herumschlagen muss, wird zwangsläufig ein Misanthrop. Davon haben wir unter Schachspielern und Funktionären leider viel zu viele.

  10. Ullrich Krause und sein Stellvertreter haben nach langem Schweigen im Schachticker eine Stellungnahme abgegeben. Sie hoffen, damit „viele Unklarheiten beseitigt zu haben“. Mitnichten! Weiterer Schaden solle vom DSB abgewendet werden, heißt es in der Begründung. Welcher Schaden? Den Teilnehmern an den DSAM ist kein Schaden entstanden, denn sie haben die günstigen Hotelrechnungen bezahlt, die ihnen vorher genannt wurden. Dass Dirk Jordan davon Beträge für eigene Zwecke abzweigt hat, ist insofern zu beanstanden, dass er dies anscheinend heimlich (abgesehen von damaligen Mitwissern) getan hat. Diese Heimlichtuerei missbillige ich. Gleichwohl hat Dirk Jordan eine Erfolgsstory initiiert, für die er von Ullrich Krauses Vorgänger in höchsten Tönen gelobt wurde.

  11. Interessant ist in der Stellungnahme des Präsidiums der Nebenkriegsschauplatz, der durch das VERHALTEN DES SENIOREN-REFERENTEN entstanden ist. Gerhard Meiwald hat Mitglieder des Präsidiums scharf kritisiert und das Präsidium zum Rücktritt aufgefordert. Dafür wird er triftige Gründe gehabt haben. Ob er diese unangemessen vorgetragen hat, kann ich nicht beurteilen. Nichtsdestotrotz wurde sein einstimmig beschlossener Antrag, die DSEM 2019 in Radebeul durch den Verein Schachfestival Dresden e.V. auszurichten, durch das Veto des Vizepräsidenten Klaus Deventer gekippt. Dieses Veto wurde durch das DSB-Präsidium, dem Klaus Deventer angehört, am 13./14. Oktober bestätigt.

    Diese Vorgehensweise erinnert mich an den Rechtsstreit, den unser Verein vor 30 Jahren wegen eines Vorfalls in der Regionalliga Nord hatte. Unser Rechtsanwalt Dr. K. R. schrieb an den damaligen Präsidenten des Niedersächsischen Schachverbandes (kleiner Auszug):

    Um einen ordnungsgemäßen Spielbetrieb zu gewährleisten und zu vermeiden, daß Vereine ihr Recht vor ordentlichen Gerichten suchen müssen, haben die meisten Sportverbände ihr internes Rechtssystem an den rechtsstaatlichen Grundsätzen unseres Gemeinwesens orientiert. Nur der Schachverband Niedersachsen scheint eine Ausnahme zu bilden. In eklatanter Weise ist gegen elementare Grundsätze eines unabhängigen Schiedsverfahrens verstoßen worden. […] Die Sportgerichtsbarkeit des Nds. Schachverbandes verdient diesen Namen offenbar nicht.

    Der Vizepräsident beruft sich bei seinem Veto auf § 40 (3) der Satzung, das durch das Präsidium gemäß § 40 (4) bestätigt wurde. Auch einem juristischen Laien dürfte einleuchten, dass diese Bestätigung wegen Befangenheit des Präsidiums zweifelhaft ist.

  12. Zu den Grundsätzen unserer Gesellschaft gehört die Gewaltenteilung. Es kann nicht sein, dass dieselben Leute über ihre eigenen Entscheidungen urteilen. Das war bei unserem Rechtsstreit vor 30 Jahren so. Mehr möchte ich nicht dazu sagen. Der Fall ist Geschichte, was nicht heißt, dass heute die gleichen Verfahrensfehler tolerabel sind.

    Das DSB-Präsidium ist befangen, weil es sich um ein Bündnis handelt, bei dem Loyalität gefragt ist. Wer es wagt, sich innerhalb dieses Bündnisses gegen die eigenen Funktionäre zu stellen, wird ausgegrenzt. Vor allem in Krisenzeiten, die wir derzeit im Präsidium haben. Insofern ist der § 40 (4) eine Farce.

    Inwieweit der Vizepräsident berechtigt war, sein Veto einzulegen, ist eine berechtigte Frage. Die hat auf der DSB-Seite auch der pensionierte Richter Rolf Bachmann gestellt. Für mich ist die moralische Frage wichtiger. Der Senioren-Referent Gerhard Meiwald wird sozusagen als Querulant dargestellt, wobei er mit seiner Rücktrittsforderung vermutlich recht hat. Was ist bloß aus den hehren Zielen geworden, eine Schachfamilie zu sein?

    Nachdem sich in diversen Foren überwiegend die Selbstgerechten zu Wort gemeldet hatten, gibt es jetzt auch kritische Stimmen, die dem amtierenden Präsidium nicht blindlings vertrauen. Der Kommentar von Achim Nowack (SK Kaltenkirchen) auf der DSB-Webseite trifft den Nagel auf den Kopf. Die Anschuldigungen gegen Dirk Jordan sind juristisch nicht haltbar. Achim Nowak, der nach meinen Erkenntnissen Rechtsanwalt ist, hat dabei die ominösen Rückzahlungen bei der DSEM in Bergedorf beleuchtet. Achim Nowack sieht den Fall so, wie ich ihn spontan gesehen habe, als ich davon zum ersten Mal hörte: „Das ist richtig lustig!“ Leider gehen die Lacher auf Kosten des sozialen Friedens.

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