Über den Sinn von Wertungszahlen im Schach habe ich mich bereits in anderen Beiträgen und Kommentaren geäußert. Gleichwohl möchte ich die besinnliche Zeit dazu nutzen, meine Thesen – bevor das Lutherjahr zu Ende geht – noch einmal zu erläutern. Um es vorwegzunehmen: Ich bin dafür, dass die Spielstärke von Schachspielern durch ein Wertungssystem gemessen und dokumentiert wird. Ohne entsprechende Kriterien ist Leistungssport in der heutigen Zeit nicht möglich. Die Betonung liegt auf Leistungssport. Für diejenigen, die das Schachspiel „just for fun“ betreiben, sind Wertungszahlen indes fragwürdig und führen dazu, dass die wahren Werte in den Hintergrund rücken.
Nichts ist in Stein gemeißelt. Die Deutschen Wertungszahlen (DWZ) wurden erst 1993 im Zuge der Deutschen Vereinigung eingeführt. Zuvor gab es im Westen das Ingo- und im Osten das NWZ-System. Das Rating-System (Elo) der FIDE gibt es bereits seit 1960. Dieses System hat sich durchgesetzt und mit zunehmender Internationalisierung auch in Deutschland an Bedeutung gewonnen. Ab den Landesligen gibt es nur wenige Schachspieler, die keine Elo-Zahl haben. Wozu benötigen diese Spieler parallel eine Deutsche Wertungszahl? Diese Wertungszahlen sind ja nicht deckungsgleich, sondern unterscheiden sich nicht selten um 200 Punkte. Meistens sind die DWZ niedriger. Einem Schachspieler, der eine Elo-Zahl hat, würde man also nicht wehtun, seine DWZ zu streichen. Was ist mit den Schachspielern ohne Elo-Zahl?
Ab einer DWZ >1900 gilt ein Schachspieler als „herausragender Vereinsspieler“. Das ist für mich die Schwelle zum Leistungssport, an der Wertungszahlen – und zwar Elo – zweckmäßig sind. Talentierte und ehrgeizige Schachspieler werden diese Schwelle früher oder später überschreiten, die anderen bleiben irgendwo hängen. Die Spielstärke dieser Schachspieler wäre nicht kategorisiert, wenn die Deutschen Wertungszahlen abgeschafft würden. Sie wären damit äußerlich gleich; niemand müsste sich schämen, ängstigen oder mit erhobener Nase durchs Spiellokal laufen. Plötzlich zählten die wahren Werte, nämlich die Schachpartie als Kunstwerk und nicht als sozialer Maßstab. Der Gegner wird als Mensch gewürdigt, nicht als potentielles Hindernis auf der Ratingleiter. Partie- und Turniererfolge erscheinen in einem anderen Licht. – Wie sehr dieses Ratingdenken jedoch verhaftet ist, zeigt ein Satz, der gebetsmühlenartig im Blog der Hamelner auftaucht: „Elo(DWZ)-Zahlen spielen kein Schach.“ Wie wahr! Aber wir beten die Zahlen an.
Dass ich mit meinem Beitrag die deutsche Schachwelt nicht verändern werde, ist mir bewusst. Aber ein bisschen zum Nachdenken anregen, möchte ich schon. Welche Auswüchse der Rating-Hype bereichsweise angenommen hat, möchte ich an einem Beispiel erläutern. Gegen die Auswertung bedeutender Turniere habe ich nichts, aber müssen es denn Vereinsmeisterschaften aus der Kreisklasse sein? Eine bemerkenswerte Dame ist mir besonders aufgefallen: Christa Elfers (SK Union Oldenburg). Sie hat sich kürzlich bei einem Turnier um drei Punkte auf DWZ 657 verschlechtert, weil sie sämtliche Partien (4) verloren hatte. Bei einem Turnier zuvor hatte sie auch sämtliche Partien (7) verloren. Die rüstige Dame hat im hohen Alter ihre Liebe zum Schachspiel entdeckt. Das ist bravourös. Dass sie keine Meisterspielerin mehr werden kann, weiß sie selbst. Aber weder ihr noch der Schachwelt tut man einen Gefallen, ihre Spielstärke in einem System zu erfassen. 24 Mal wurde sie inzwischen ausgewertet! Wofür? Schachspielerinnen und Schachspieler unter DWZ 1000 gelten als Anfänger. Anfänger sind Anfänger und keine Zielgruppe für Zahlenjunkies.
Vor zweieinhalb Jahren hat die Nordwest-Zeitung über diese sportliche Dame berichtet: https://www.nwzonline.de/oldenburg/sportliche-rentnerin-hat-den-bogen-raus_a_26,0,1271235957.html
Möglich, aber sinnlos ist ein Leben ohne Möpse. Ein Leben ohne DWZ ist wie eine Party ohne Drogen.
Dass Wertungszahlen eine Droge sind, habe ich nicht nur scherzhaft gemeint. Drogen sind per se nicht schlecht, nur wenn sie uns beherrschen, werden sie zu einem Problem. – In Deutschland gibt es rund 75.000 Schachspielerinnen und Schachspieler, die im Ratingsystem namens DWZ erfasst sind. Die mittlere Spielstärke liegt bei ca. DWZ 1600. Diese Schachspieler finden sich in der deutschen Ratingliste auf den Plätzen zwischen 30.000 und 35.000 wieder.
Erfahrene Schachspieler wissen, dass es mit der Spielstärke wellenartig bergab geht, wenn einmal der Zenit erreicht wurde. Wann der Zenit erreicht ist, hängt vom Einstiegsalter ab, endet aber meist nach einer Zeit von 7 Jahren. Für einen aktiven Vereinsspieler, der nach 7 Jahren eine DWZ von 1600 erreicht hat, wird eine DWZ von 2000 unerreichbar sein (Ausnahmen bestätigen die Regel). Das heißt, die meisten Turnierauswertungen, die landauf, landab stattfinden, haben marginale Verschiebungen von hinteren Plätzen zufolge, für die sich normalerweise kein Mensch interessiert. Ob z.B. ein Teilnehmer der diesjährigen Vereinsmeisterschaft des SK Rulle von Platz 48.886 auf 49.222 abrutscht, ist so wichtig wie der sprichwörtliche Sack Reis in China.
Wenn man die individuelle Wertungszahl eines Schachspielers in die gesamte Ratingliste einordnet, wird deutlich, dass die Sucht eine andere Ursache haben muss, denn niemand kann mir erzählen, dass er stolz darauf ist, nach 7 aktiven Jahren in Deutschland der 35.000stärkste Schachspieler zu sein. Wenn man die Wertungszahlen jedoch auf kleinere soziale Gruppen reduziert, z.B. den eigenen Schachverein, verschwinden die anderen auf dem Kopf, und ich kann auf jemand herabsehen, der auf Platz 36.000 steht. Diese Denkweise macht uns – wie übermäßiger Drogenkonsum – abhängig und rückt damit die hehren Ziele des Schachspiels in den Hintergrund. Ich will damit sagen, dass der Gegner in einer Schachpartie als Mensch im Vordergrund stehen sollte und nicht dessen Wertungszahl. Leider drängen sich die Wertungszahlen mittlerweile derart penetrant auf, dass sie unser Sozialverhalten negativ beeinflussen.
Anders sieht es aus, wenn es um echten Leistungssport geht. Ich hatte eine Schwelle von DWZ 1900 genannt. Darunter fallen ca. 10.000 Schachspieler. Aus unterschiedlichen Gründen machen Wertungszahlen für diese Gruppe Sinn. Der wichtigste ist der, dass aufstrebenden Schachspielern die Gelegenheit gegeben werden muss, sich nachweisbar zu etablieren. Auch spielt das Selbstwertgefühl eine Rolle, das mit Verbesserung der Wertungszahl einhergeht. Ein elitäres Gefühl kann sich aber erst dann einstellen, wenn es einem Schachspieler gelingt – das gilt auch für andere Sportarten – sich unter den besten 2 % von allen zu platzieren. Das sind in Deutschland rund 1.500 Schachspieler.
Fazit: Wertungszahlen ja, wenn es um Spitzensport geht, Wertungszahlen nein, wenn es um Breitensport geht. Elo-Zahlen ja, weil sie international gelten, DWZ nein, weil es Elo-Zahlen gibt und deren Verwendung für die Allgemeinheit kontraproduktiv ist. Eine parallele Verwendung beider Systeme stiftet lediglich Verwirrung. Man stelle sich vor, wir könnten heute in Geschäften sowohl mit Euro als auch mit Deutscher Mark bezahlen, wobei die Mark den Umrechnungskurs der Jahrtausendwende hätte.
„Ich kann schnell Fahrrad fahren.“
„Wie schnell denn?“
„Keine Ahnung, ich stoppe nie die Zeit“
„Wie weit denn?“
„Keine Ahnung, ich messe nicht die Entfernung“
„Aber du bist schnell?“
„Sehr schnell sogar!!“
Der furiose Fahrradfahrer Gerhard wird sicherlich schnell verstehen, worauf ich hinaus möchte.
Was hier am Ende verglichen wird, ist „Mit Bewertungssystem“ und „Ohne Bewertungssystem“. Ich kann mir beim besten Willen kein Argument vorstellen, durch das „Mit Bewertungssystem“ einen Nachteil erzeugt. Wenn sich jemand etwas auf seine/ihre DWZ einbildet, ist das ein menschlicher Fehler, kein schachlicher. Wenn jemand sich oder jemand anderen ob seiner/ihrer DWZ grämt, ebenso. Und die DWZ -minimiert- ja die Anzahl der menschlichen Fehler! Sie ist ein ungeschönter und objektiver Ausdruck deiner Spielstärke. Vorbei also mit Aussagen wie:
– ich hab 1800 dwz, aber eigentlich spiel ich viel besser
– ich hatte ein paar schlechte ergebnisse in letzter Zeit, aber eigentlich spiel ich viel besser
– ich kann mich gegen schlechtere gegner nicht motivieren, eigentlich spiel ich viel besser
– mir fehlt auf Dauer die konzentration, eigentlich bin ich viel besser
– ich verliere manchmal aufgrund von Fingerfehlern, eigentlich bin ich viel besser
Der Witz ist: Das Abschneiden gegen vermeintlich „schlechtere“ Gegner, Konzentration, „““Fingerfehler“““ (so etwas gibt es im Schach einfach nicht) und all derartiges SIND Bestandteil der Spielstärke. Das Gehirn ist nun einmal so wundervoll, Misserfolge (ein herrliches Wort) im Nachhinein so zu verschieben, dass wir besser mit leben können. Ich habe gewonnen, meine DWZ wird höher, ich muss ein stärkerer Spieler geworden sein. Ich habe verloren, meine DWZ wird niedriger – das war ein Ausrutscher, die DWZ hol ich mir sofort wieder zurück!
Der großartige Erfolg des Elo-Systems zeigt sich ja u.a. daran, dass es mittlerweile Einzug in allerlei andere Wettkampfarten gefunden hat. Ich kenne jemanden mit einer Krökelelo (Für nichthannoveraner: Tischfußball) von 2200, jemanden mit einer Age-of-Empires II Elo von 1700, usw. usf. – Schach kann also stolz darauf sein, ein Vorreiter dieses großartigen Systems zu sein.
Die Unterscheidung zwischen Leistungs- und Breitensport leuchtet mir auch nicht ganz ein. Genausowenig übrigens wie die willkürlich gewählte Grenze von 1900, die beide Bereiche trennen soll. Ich weiß nicht genau wo die Einschätzung von Kasparov dazu war – war es 2550 Elo, unterhalb dessen alles nur Klötzchenschieben ist? In meinen Augen bin z.B. ich selbst ganz weit weg davon entfernt, ein Leistungssportler zu sein.
Ich verstehe aber auch nicht, warum ein 1500er kein Anrecht mehr auf seine/ihre Zahl haben soll. Im schlimmsten Fall ist sie ihm/ihr unwichtig, im besten Fall bietet sie einen Ansporn zur Verbesserung, und in -jedem- Fall dient sie zur objektiven Darstellung der Spielstärke. Und auch schlechte Schachspieler dürfen Zahlenjunkies sein – das eine hat mit dem anderen ja nichts zu tun.
(und ob die Zahl DWZ oder Elo heißt, ist egal.)
Die DWZ ist dank Entwicklungsfaktor nicht objektiv (sprich: unvereingenommen, nicht von Vorurteilen bestimmt). Beispiel: Spieler A (19 Jahre, DWZ 1000) und Spieler B (26 Jahre, DWZ 1000) trainieren drei Monate zusammen und steigern ihre Spielstärke um 300 Punkte. Sie nehmen an einem siebenrundigen Turnier teil und erzielen jeweils eine Performance von 1300. Dann kommt die Auswertung: Spieler A hat jetzt eine DWZ von fast 1200, Spieler B liegt dagegen noch deutlich unter 1100. Es gibt dabei keinen objektiven Grund, warum Spieler A stärker sein sollte als Spieler B. Es fließen Vorannahmen in die DWZ-Berechnung ein, die auf die Menge aller Schachspieler gesehen möglicherweise Sinn ergeben, im Einzelfall aber zu erheblichen Verzerrungen führen.
Genau aus diesem Grund müssen Differenzen zwischen der subjektive Wahrnehmungen von Spielstärke und der DWZ-Zahl auch keineswegs auf Verblendung beruhen sondern können auf der Tatsache beruhen, dass die DWZ eben nur Turnierperformance messen kann. Wer nur selten gewertete Partien spielt und dazu noch starken Formschwankungen unterliegt, dessen DWZ hat nur eine geringe Aussagekraft.
Dein Einwand ist berechtigt und zeigt, dass die Rangliste beim Nachwuchs fragwürdig ist. Bei etablierten Spielern mit vielen Auswertungen spielen solche Ungerechtigkeiten eine untergeordnete Rolle. Grundsätzlich halte ich beide Wertungssysteme – DWZ und Elo – in der Aussagekraft für gleichwertig. Nur zwei unterschiedliche Systeme parallel anzuwenden, halte ich für bedenklich.
Bevor ich dir im Einzelnen antworte, Torben, möchte ich das Motto der Krennwurzn voranstellen: „Erfreue Dich am Spiel, nicht an der Ratingzahl!“
Dein Vergleich mit dem Radsport zeigt, dass es viele Missverständnisse gibt. Der sportliche Wettkampf setzt in beiden Fällen voraus, dass es Methoden gibt, mit denen sich Unterschiede messen und Ergebnisse festschreiben lassen. Wenn es beim Radsport um Zeitfahren geht, wird eine Stoppuhr eingesetzt, wenn es um Radrennen geht, wird der Zieleinlauf gewertet. Fußballer und Handballer zählen Tore. Schachspieler zählen Siege, Unentschieden und Niederlagen. So weit, so gut. Problematisch wird es, wenn jeder – ob er will oder nicht – einen Stempel seiner vermeintlichen Leistungsfähigkeit aufgedrückt bekommt.
Im Radsport gibt es auch eine Rangliste, in der jedoch nur lizensierte Radrennfahrer (Amateure und Profis) geführt werden. Das große Heer der Hobbyfahrer erfreut sich dennoch des Lebens, auch ohne Wertungssystem. Ehrgeizig sind die trotzdem. Bei Radtouren kannst du z.B. Punkte sammeln, die sich nach der Streckenlänge richten. Die Punkte sammelt jeder für sich selbst, nicht um jemand anders zu übertrumpfen. Wobei es auch Wanderfahrer gibt, die gar nichts sammeln, außer Glücksmomente. Die Wahl hast du als Schachspieler in Deutschland nicht, wenn du einem Schachverein angehörst.
Du kannst dir kein Argument vorstellen, wodurch ein Wertungssystem einen Nachteil erzeugt. Stell dir bitte vor, jeder deiner Kommilitonen hätte eine für alle sichtbare Wertungszahl. Oder die Schüler einer Klasse. Oder die Kollegen am Arbeitsplatz. Oder die eigene Familie. Es wäre furchtbar, jedenfalls für diejenigen, die am Ende der Rangliste stehen. Jetzt wirst du einwenden, dass es ja Noten und Titel gebe, wodurch Leistungsunterschiede dokumentiert werden. Richtig, aber die werden nicht zu Lasten anderer erworben. Die breite Masse der Sozialen Gruppe wird sich auf Augenhöhe befinden und sich nicht auf einer Karriere- bzw. Ratingleiter abheben wollen.
Warum soll ein 1500er kein Anrecht auf eine Wertungszahl haben? Antwort: Weil er sie nicht allein haben kann. Alle anderen werden dazu verdonnert. Wenn es ein 1500er ist, der seinen Weg nach oben geht, wird er sowieso bald eine Wertungszahl bekommen. Wenn es ein 1500er ist, der seinen Leistungszenit erreicht hat oder sich auf dem absteigenden Ast befindet, ist eine solche Zahl eher eine Bürde als eine Freude.
Nun will ich nicht damit kommen, dass früher alles besser war, aber den Ansporn sich zu verbessern, gab es auch schon vor vierzig Jahren, als ich Bezirksmeister von Hannover geworden bin. Glaubst du, ich hätte irgendeinen meiner Gegner im Meisterturnier durch die Brille der Ingo-Zahlen betrachtet? Die Wertungen waren weder mir noch meinen Gegnern bewusst, obwohl es die bereits gab. Auf die Listen wurde höchstens einmal am Saisonende geguckt, und niemand hat etwas gefehlt.
Ich habe die Sucht nach Wertungszahlen mit Drogen verglichen. Das ist natürlich überspitzt. Die Erfolgsaussichten für einen Entzug sind jedoch in beiden Fällen gleich: die Einsicht der Patienten (Schachspieler) muss vorhanden sein. Und weil diese Einsicht verständlicherweise gerade beim Nachwuchs fehlt, sind erfahrene Führungskräfte gefragt, den ausufernden Stellenwert eines an sich guten Wertungssystems einzudämmen. Warnende Worte gibt es genug; siehe Krennwurzn oder Arno Nickel.
Hallo Gerhard,
Ich finde deine Thesen zum Thema sehr lesenwert.
Ich möchte allerdings noch einen Punkt aufgreifen, der in der bisherigen Diskussion nicht genannt wurde.
Das die Grenze zum Leistungssport mit DWZ 1900 willkürlich gewählt ist, wurde bereits angesprochen. Für Erwachsene mag eine solche DWZ 1900 Abgrenzung zwischen Breitensport und Leistungssport noch möglich sein.
Wie sieht es allerdings mit Jugendlichen aus?
Du führst an, dass wenn die Jugendlichen Schach leistungssportorientiert betreiben wollen, dann werden sie langfristig auch die DWZ Grenze erreichen und eine DWZ erhalten. Das ist natürlich korrekt.
Allerdings sind für Jugendliche z. B. Nominierungen zum Kader, für Auswahlturniere des Verbandes und Freiplätze für BJEM, LJEM, DJEM usw. zu vergeben.
Auf Landesebene sind mir die Meisten Jugendliche bekannt, spätestens aber auf deutscher Ebene ist eine Vergabe fast nur noch strikt nach DWZ möglich, damit es einerseits fair, andererseits nachvollziehbar ist.
Mit besten Grüßen,
Daniel
Hallo Daniel,
Jugendliche sollen sich über Turniere qualifizieren: Stadtmeisterschaften, Landesmeisterschaften, Deutsche Meisterschaften und dergleichen sowie über Freiplätze. Dadurch werden solche Turniere aufgewertet. Das hat früher wunderbar funktioniert. Wenn ein Jugendlicher national und international zu den Besten gehört, bekommt er automatisch eine Wertungszahl; aber bitte in der Währung Elo.
Die Grenze von Elo 1900 sehe ich nicht so verbissen, die könnte auch niedriger angesetzt werden. Früher lag die Grenze übrigens bei 2200. Darunter gab’s international nichts. Da mittlerweile viele Schachfreunde eine Elo-Zahl haben, die unter 1900 liegt, dürfen sie diese natürlich behalten, wenn Deutsche Wertungszahlen abgeschafft würden. Dass für die Elo-Auswertung im Gegensatz zur DWZ-Auswertung ein Entgelt entrichtet werden muss, stört mich nicht. Wenn diese Arbeit von hauptamtlichen Kräften verrichtet werden, sollen diese angemessen bezahlt werden. Ansonsten entfällt sehr viel Arbeit, die ich nicht nur für überflüssig halte, sondern auch für schädlich bezogen auf die Wertschätzung in unserer Gesellschaft.
An Dennes Abels Abschneiden im A-Open der Niedersachsenmeisterschaften 2018 möchte ich einen Nachteil von Ratingzahlen erläutern, den ich anderer Stelle schon einmal thematisiert hatte:
IM Dennes Abel hat das A-Open mit 6:1 Punkten (2 Remis) souverän gewonnen. Trotzdem verschlechtern sich seine Ratingzahlen. Die vorläufigen sehen folgendermaßen aus:
DWZ 2422, Gegnerschnitt DWZ 1980, Erwartete Punkte 6,53, neue DWZ 2411, Differenz -11
Elo 2473, Gegnerschnitt Elo 2076, Erwartete Punkte 6,44, neue Elo 2464, Differenz -8,8
Dennes hätte sowohl unter Elo- als auch unter DWZ-Gesichtspunkten jeweils 6,5:0,5 Punkte holen müssen, um sein Niveau zu halten. Nur bei einer hundertprozentigen Ausbeute hätte er sich geringfügig verbessert. Das heißt, starke Spieler können eigentlich nur verlieren, wenn sie an einem Turnier teilnehmen, bei dem der erwartete Gegnerschnitt deutlich niedriger ist. Dabei sind Dennes Ratingzahlen nicht einmal außergewöhnlich hoch. Was sollen erst Großmeister jenseits von DWZ/Elo 2500 sagen?
Dass Dennes trotz dieser Ausgangslage an diesem Turnier teilgenommen hat, ist aller Ehren wert. Auch wenn die Deutschen Wertungszahlen abgeschafft würden, würde sich an der Problematik wenig ändern. Wobei ich für eine untere Kappungsgrenze wäre, wodurch sich die zu erwartenden Punkte in Grenzen hielten. Dennes hat sich freiwillig dem Risiko gestellt. Viele andere Schachfreunde scheuen indes das Risiko und nehmen nicht an Turnieren teil, bei denen sie sich nur verschlechtern können. Dadurch sinkt sowohl das Niveau als auch die Teilnehmerzahl bei ganz normalen Turnieren wie Vereinsmeisterschaften. – Misserfolge im Schach tun weh. Wenn diese aber doppelt zu spüren sind – durch Partieverlust und Ratingabstieg – tun sie richtig weh und so mancher Schachfreund, der sich auf dem absteigenden Ast befindet, zieht sich eher zurück, als sich von hungrigen Nachwuchsspielern den einmal erworbenen Status verderben zu lassen.
Zu meinen täglichen Ritualen gehört ein Blick in den Spam-Ordner. Binnen 24 Stunden befinden sich dort im Schnitt 10 Spams. Bevorzugte Sprache: Englisch. Bevorzugte Zielgruppe: testosterongesteuerte Zeitgenossen. Nicht selten wird das kyrillische Alphabet verwendet. Ein kurzer Kontrollblick von mir und die Spams werden en bloc gelöscht. Manchmal landen dort aber auch seriöse Kommentare; sogar von Vorstandsmitgliedern unseres Vereins. Die werden dann von mir aus dem Sumpf gezogen.
Heute habe ich im Spam-Ordner einen Kommentar gefunden, von dem ich nicht weiß, ob er seriös gemeint ist. Deshalb habe ich ihn vorsichtshalber gelöscht. Gleichwohl kann ich am Inhalt nichts Anstößiges finden. Hier ist er:
Noch ein Hinweis an die Schachfreundinnen und Schachfreunde, die ihre Schwellenangst überwinden und erstmalig einen Kommentar schreiben: Ihr landet in der Regel nicht im Spam-Ordner, sondern in der Warteschleife. Dort müsst ihr freigeschaltet werden. Meistens mache ich das. Da ich nicht ständig am Rechner sitze, kann das manchmal dauern. Also nicht verzagen. Wenn ihr einmal freigeschaltet worden seid, werden eure folgenden Kommentare unmittelbar veröffentlicht.
@Gerhard:
Auf ein paar andere Punkte gehe ich später ein, insbesondere scheinen ein paar Punkte bzgl. grundlegender Statistik nicht klar. Ich hebe nur kurz zwei Punkte hervor:
1) Als jemand, der mit Dennes sehr gut befreundet ist, hat mich sein -sehr schlechtes- Abschneiden erstaunt. Das passt auch zu seiner eigenen Aussage über die Qualität seines Spiels in Verden.
2) Es ist immer wieder erquickend zu lesen, wie du, Gerhard, den Blog hier quasi eigenhändig lebendig und interessant gestaltest. Weiter so im neuen Jahr! 🙂
Danke für das Kompliment, Torben. – Schach allein macht nicht glücklich. Deshalb versuche ich das Schachspiel mit anderen Themen zu kombinieren. Es kann uns ja nicht gleichgültig sein, ob morgen die Welt untergeht. Ich betrachte unser Blog als einen Stammtisch. Dazu gehören Diskussionen über Gott und die Schachwelt. Webseiten, die ausschließlich mit Berichten aus der Schachwelt aufwarten, gibt es zu Genüge. Einige sind vorzüglich gemacht. Die müssen wir nicht kopieren. Bislang ist in unserem Blog keine Langeweile aufgekommen. Dazu leisten auch andere Schachfreunde ihre Beiträge und schreiben Kommentare. Sofern die geistreich sind – und das sind die allermeisten – freue ich mich darüber und eine Fan-Gemeinde in ganz Deutschland offenbar auch.
Harte Zeiten für DWZ-Junkies
Der DSB informiert: DWZ-Abfragen weiter nicht möglich. Ich liebe solche Sätze:
Ein harmloses Verb (Infinitiv: sein) und acht Substantive. Spötter nennen das Substantivitis. Ostfriesen greifen in solchen Fällen zu einem Kaltgetränk (am 1. Februar in Norden).
Ihr könnt wieder DWZ gucken. Anscheinend funzen die Zahlen richtig. Allerdings hakt es bei der Zuordnung der Vereine zu den Landesverbänden, denn auf den ersten Blick gehören alle zum Thüringer Schachbund. Auch der SK Ricklingen.