„Seid ihr auch alle weltoffen gewesen?“, ist eine Frage, die wir Schachspieler uns heute vom Nikolaus gefallen lassen müssen. Wer dabei an die nach oben offene DWZ-Skala denkt, bekommt die Rute zu spüren. Für die anderen habe ich unseren berühmten Heimatdichter gebeten, ein Gedicht zu verfassen, das sich mit einem Problem unserer Zeit beschäftigt. Wer das Gedicht auswendig aufsagt, wenn der Nikolaus vor ihm steht, wird von Caissa mit einem Lächeln belohnt.
Dicke Luft
Die Straßen sind in Smog gehüllt.
Knecht Ruprecht atmet schwer.
Mit Sprüchen ist sein Sack gefüllt.
Einer stammt von Steinbrücks Peer.
„Was wolltest Du mit der Kette? Schweig!“
„Die Stadt von den Autos befreien.“
Vom ADFC gibt’s dafür ein Like.
„Das sollst Du am Wahltag bereuen!“
Ruprecht prüft derweil den Schlitten.
Es hilft dabei der Hackl Schorsch.
Die Umwelt hat enorm gelitten.
Feinstaub macht die Hirne morsch.
Die Engel sind total frustriert
Und woll‘n ‘ne Frauenquote.
Mit Brille wär‘ das nicht passiert.
Nun drohen Flugverbote.
Wer sind die schlimmsten Klimakiller?
Die Engel schau’n sich fragend an.
Das sind doch wohl die Auftragsgriller
Mit Holz und Kohle, Mannomann!
Hans, der Nervenarzt, lebt nicht mehr. Lange Haare sind rar geworden. Geflickte Jeans auch. Die Blöd-Zeitung ist indes noch immer blöd. Und was ist aus unseren Blitzturnieren geworden? Wehmut kommt auf. Nicht, dass ich die guten alten Zeiten beschwören möchte, aber ein Blick zurück dient nicht nur der Erheiterung. „Geht doch!“, war der Tenor dieser Geschichte. Dabei konnten wir uns nicht beklagen. Unsere Monats-blitzturniere waren meist gut besucht. Weniger als 10 Teilnehmer gab es selten. Obgleich wir verglichen mit der heutigen Ära nur der halbe Verein waren. Die Fusion mit der Schachvereinigung hatte noch nicht stattgefunden. Nach unserer Vereinigung mit der Vereinigung mussten meist Vorrunden mit A-, B- und C-Finals ausgetragen werden, weil die Teilnehmerzahl so hoch war (siehe Januar 2001). – Im Anschluss möchte ich euch aus der Zeit von 1995 bis 2001 einige Ergebnisse von Vereins-Blitzturnieren zeigen, an denen ich teilgenommen habe. Dabei geht es nicht um meine Person, sondern um die vielen anderen, die heute aus unterschiedlichen Gründen fernbleiben.
Die Moral dieses Rückblicks könnt ihr euch denken. Schaut auf meine Überschrift! Wir waren mal der „Zockerverein“ schlechthin in Niedersachsen. Im positiven Sinne, versteht sich. Mag sein, dass wir hierzulande sogar diejenigen waren, die Monatsblitzturniere erfunden haben; jedenfalls haben wir sie gefördert, spätestens als wir in den Achtzigerjahren dem HSK den Rang abgelaufen und viermal die niedersächsische Blitzmannschaftsmeisterschaft gewonnen hatten. Und nun? Sieben Teilnehmer beim Monatsblitzen im September, zwölf im Oktober und sechs im November 2015. Das ist frustrierend. Zocker wo seid ihr?
Es gibt sie noch. Nicht nur die unentwegten, die regelmäßig den kleinen Haufen angehören. Nein, diejenigen, die sich abgewandt haben und diejenigen, die das „Zocken“ lernen wollen, müssen motiviert werden. Nicht mit Schuldgefühlen, sondern mit neuen Ideen. Oder mit alten: „Solche Turniere sollte es wirklich öfter geben“, hieß es vor siebzehn Jahren. Der Anlass muss kein Geburtstag sein…
Wer hat’s erfunden? Ich spreche nicht von einem Schweizer Kräuterbonbon, sondern von Monatsblitzturnieren. Als Beleg mag dieser Artikel aus dem Jahr 1978 dienen. Er stammt aus der SFH-Zentrale:
Graphologen unter euch werden sofort die handschriftliche Überschrift im Fokus haben. Richtig, die kann nur von einem umtriebigen Schachfunktionär und Ehrenmitglied des DSB stammen. Gestern wurde er wieder ein Jahr älter. Herzlichen Glückwunsch! Guckt ihr hier: https://www.schachfreunde-hannover.de/nochn-70-geburtstag/
Die Attraktion zahlte sich aus: Im Verein sowie auf Bezirks- und Landesebene. Fast noch wertvoller: Wir hatten den großen HSK gestürzt. 1978 wurden wir durch das Triple belohnt:
Damals berichtete die HAZ regelmäßig über lokale Ereignisse im Schach. Unser Blitzerfolg wurde wie folgt gewürdigt:
Auch das gehört zur Geschichtsbewältigung: Ein paar Jahre später wechselte Heinz-Jürgen zu dem Verein, dessen Macht wir übernommen hatten. So etwas nennt man wohl eine Laune des Schicksals.
Goldfische sind aufmerksamer als Menschen des 21. Jahrhunderts. Das brachte eine Studie von Microsoft zutage. Goldfische haben eine Aufmerksamkeitsspanne von 9 Sekunden. Unser reizüberfluteter Nachwuchs braucht bereits nach 8 Sekunden eine Abwechslung. Und wir Schachspieler? Wir sind ständig unter Zeitdruck, selbst dann, wenn wir vermeintlich genug davon haben.
In der HAZ steht heute ein lesenswerter Artikel von Nina May mit der Überschrift: „Was ist schon Zeit?“ Hintergrund ist die Zeitumstellung, die uns heute Nacht die Stunde zurückgibt, die uns vor einem halben Jahr abhandenkam. Zeit sei vielleicht die rätselhafteste Erfahrung überhaupt, meint Nina May. Dieser Superlativ will etwas heißen angesichts der Rätsel, die uns der DFB derzeit in Märchenform präsentiert. Dass die ZEIT durchaus positiv belegt ist, wird uns Schachspielern bewusst, wenn dort Ilja Schneider und Dennes Abel ihren Gedanken freien Lauf lassen.
Drei Wochen sind eine verdammt lange Zeit. Diese Zeit hat unsere 1. Mannschaft bis zum Eintreffen der selbsternannten Walze (Hamelner SV). Die Zeit sollten wir nutzen, um unsere Aufmerksamkeit zu trainieren. „Innehalten“ ist ein probates Mittel. – Jahr für Jahr verzaubert uns der Oktober aufs Neue, indem er die Natur vergoldet. Wenn sich majestätische Bäume ihr güldenes Kleid anlegen, ist dies ein Schauspiel, das selbst abgeklärte Schachspieler anrührt. Hannovers Georgengarten bietet dafür den idealen Schauplatz. Zwölf Fotos, die ich dort gestern und vor drei Jahren aufgenommen habe, möchte ich euch zeigen. Ein güldener Hund ist auch zu sehen. Wenn es euch gelingt, jedes Foto mindestens 9 Sekunden zu betrachten, könnt ihr es mit Goldfischen aufnehmen.
Zum Kampf gegen Braunschweig Gliesmarode liefen unsere Gegner mit dem Stammachter auf, und auch wir konnten eine schlagkräftige Truppe aufbieten. Nach etwa 3 Stunden Spielzeit waren 3 Partien beendet: Gerds leichte Initiative versandete ins Remis, Tom vereinbarte in einer unübersichtlichen bis wechselhaften Partie das Unentschieden, und auch bei Bernd wurde nach wohl korrektem Verlauf der Punkt geteilt.
Die Entscheidung fiel dann innerhalb kürzester Zeit an den Bretter 6 und 7, wo wir zwei eher bedenkliche Partien gewannen. Arthur geriet nach ausgeglichener Eröffnung immer mehr ins Hintertreffen, konnte aber nach einem unbedachten Zug des Gegners die Lage komplett drehen. Nach wechselhaften Verlauf und mit 8 Zügen in einer Minute konnte ich mit Hilfe der furchtbaren Läuferzange schließlich einen Mattangriff inszenieren.
Jetzt lief es wie geschmiert. Kurz darauf setzte Dennie in beiderseitiger Zeitnot die entscheidende Springergabel – der Kampf war gewonnen. Inzwischen hatte auch Dieter in ein gewonnenes Endspiel mit Mehrfigur abgewickelt, das er nach der Zeitkontrolle sicher nach Hause brachte. Den Schlusspunkt setzte Uwe, der den zähen Widerstand seines Gegners überwand. Unterm Strich steht ein klarer 6,5–1,5-Erfolg, den in dieser Höhe wohl keiner von uns gegen diese starke Mannschaft erwartet hatte.
Für Kernlindener ist Linden-Süd so etwas wie ein Appendix. Er gehört dazu, aber eigentlich braucht man ihn nicht. Dass dies ein Vorurteil ist, möchte ich euch anhand einiger Fotos zeigen, die ich gestern auf dem „Deisterkiez“ aufgenommen habe. Eine echte Kiezgröße, äh Schachgröße bekam ich auch zu Gesicht und unser Mitglied mit der längsten Vereinszugehörigkeit, die man ihm weiß Gott nicht ansieht.
„Wenn schon, denn schon“, sagte Thomas K. und erwartete, dass er in maximaler Größe auf dem Bildschirm erscheint. Womöglich hat er einen Werbevertrag mit einer bulgarischen Brauerei abgeschlossen. Den Deisterkiez gibt es wirklich. Was der Verein so treibt, erfahrt ihr hier: http://www.deisterkiez-ev.de/de/
Das hat sich gestern vorm Deister abgespielt. Hinterm Deister wird heute Nachmittag gefeiert. Unser Gruß geht nach Hameln! Zwischen spanischem Omelett, russischem Salat und Kaisers-Spezial-Knoblauch-Soße werden die Sommermeister und -Meisterinnen ermittelt. Hoffentlich bringen die Hamelner Schachmeisterinnen genügend Regenschirme mit.
Hannover gehört zu Linden. Oder umgekehrt. Egal. Gefeiert wird hüben wie drüben. 900 Jahre hier, 486. Schützenfest dort. Früher hätte ich über Schützenfeste die Nase gerümpft. Mittlerweile bin ich altersmilde. Schützen wollen auch ihren Spaß. Den sollen sie haben.
Es gibt drei Gründe, weshalb ich über das weltgrößte* Schützenfest berichte: 1. Ein ehemaliges Mitglied ist auf dem Schützenplatz zum Parteichef gewählt worden. 2. Das Rätsel um die Mengenlehre. 3. Ein Bilderreigen wider das Sommerloch.
*weltgrößte in Bezug auf Schützenfest stimmt, als Volksfest gehört es nicht zu den Top Ten in Deutschland
1. Einen Parteitag auf einem Rummelplatz abzuhalten ist außergewöhnlich. Die hannoversche SPD ist Rummel gewohnt, und so war es folgerichtig, dass sich die Delegierten in einem Festzelt trafen. Dabei wurde ihr Vorsitzender mit 84,3 Prozent im Amt bestätigt. Er heißt Alptekin Kirci. Mitte der achtziger Jahre war er zusammen mit seinem jüngeren Bruder Gültekin Mitglied bei uns Schachfreunden. Er hatte Talent. Im zarten Alter von zwölf Jahren konnte er u.a. ein Jugendturnier in Isernhagen gewinnen.
Seine Beweggründe, mit dem organisierten Schachspielen aufzuhören, kenne ich nicht. Über mangelnde Beschäftigung als Rechtsanwalt und Parteichef wird er sich freilich nicht beklagen. Wir gratulieren zur Wiederwahl! Seit Franz Müntefering vor elf Jahren das Geheimnis lüftete, wissen wir, dass Parteivorsitzender der SPD das schönste Amt neben dem Papst ist.
2. Aktive Journalisten müssen die Mengenlehre falsch verstanden haben. Anders kann ich mir nicht erklären, dass sie offenbar keinen blassen Schimmer haben, wie groß die Menge von 200.000 Menschen ist. Ich erkläre die Zahl mal so: 200.000 Menschen sind sämtliche Einwohner Hildesheims und Salzgitters zusammen oder rund fünfmal sämtliche Einwohner Lindens jeweils vom Säugling bis zum Greis, vom Kranken bis zum Urlauber oder rund viermal ein ausverkauftes Niedersachsenstadion.
Nun sollen 200.000 Besucher am vergangenen Sonntag an der Strecke in Hannovers Innenstadt gestanden haben, um sich das Spektakel des Schützenausmarsches anzusehen. Das berichten übereinstimmend HAZ und NDR. Warum? Weil es ihnen der Veranstalter in Person von Schützenfest-Geschäftsführer Klaus Timaeus so gesagt hat. Die Strecke war genau 3 km lang. – Wir rechnen: Auf einem Kilometer wären das rund 67.000 Besucher, auf 100 Meter im Schnitt 6.700, auf 10 Meter 670 und auf jedem Meter 67 Besucher!! Ihr könnt euch schon denken: eine Null weg und die Sache stimmt. Wenn jemand 50.000 Besucher geschätzt hätte, hätte ich mich nicht mokiert, aber die aberwitzige Wunschzahl des Veranstalters kritiklos zu verbreiten widerspricht dem Pressekodex: „Ziffer 2 – Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen […] sind mit der gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen.“
Trotzdem war die Stimmung gut, wenn auch nicht so ausgelassen wie beim Karneval in Rio. Die Temperaturen waren indes brasilianisch. Vom ersten bis zum letzten Meter habe ich mich davon überzeugt.
3. Auf den Webseiten der HAZ und des NDR gibt es zahlreiche Fotos vom Schützenausmarsch. Für diejenigen, die nicht unter den 20.000 Besuchern waren, habe ich 15 eigene Fotos ausgesucht. Am besten gefällt mir Foto Nr. 08.
Bevor ihr euch meine Bildergalerie anguckt, habe ich noch einen Veranstaltungstipp für heute Abend. Meine Freunde von Marquess geben auf dem Schützenfest im Auftrag von NDR 1 ein Gute-Laune-Konzert. Um 20:45 Uhr geht’s los.
Meine Mini-Diskussion mit Torsten hat mich dazu angeregt, das Thema „alte Zöpfe“ aufzugreifen. – Zweck einer Schachorganisation ist es, das wettkampfmäßige Schachspielen zu organisieren und dabei zu fördern. Dafür bedarf es Strukturen. Diese Strukturen sind Mittel zum Zweck und dürfen sich nicht zum Selbstzweck entwickeln. Diese Struktur ist aber aus meiner Sicht – zumindest in Niedersachsen – aus dem Ruder gelaufen bzw. nicht mehr zeitgemäß. Ihr kennt sicher die Parkinsonschen Gesetze, wonach ein Bürokratiewachstum mit der wachsenden Tiefe hierarchischer Ordnungen einhergeht. Im Niedersächsischen Schachverband sieht die hierarchische Ordnung folgendermaßen aus:
Schachbezirk 1 Hannover / 39 Vereine / 1.394 Mitglieder
Schachkreis Region Hannover
Schachkreis Schaumburg
Ob meine Auflistung hundertprozentig stimmt, kann ich nicht garantieren. Die Informationen der Bezirke im Internet sind von unterschiedlicher Qualität. Ob Bezirk, Unterbezirk oder Schachkreis, alle benötigen einen Vorstand, der aus bis zu 10 Personen besteht. Schaut man hinter die Kulissen, wird deutlich, dass viele Posten vakant und selbst die gewählten Vertreter häufig desinteressiert sind. Als Beispiel zitiere ich aus dem Protokoll vom 59. Kongress des Schachbezirks Oldenburg-Ostfriesland, der am 22. Juni 2014 stattfand:
„TOP 7 Berichte aus den Unterbezirken
Aus dem Unterbezirk (UB) Ammerland-Oldenburg(Stadt)-Wesermarsch ist kein Vorstandsmitglied anwesend. Der 2. Vorsitzende Hans-Werner Pump fehlt entschuldigt.
Nils Friedrichs berichtet als Vorsitzender aus dem UB Ostfriesland. Der Spielbetrieb fand ordnungsgemäß statt. Die Meldungen der Mannschaften sind rückläufig. Eventuell wird nächste Saison nur mit einer Liga gespielt.
UB-Turnierleiter Rainer Hellmann berichtet aus dem UB Südoldenburg. Es gibt 4 Mannschaften in der Kreisklasse und ein Schnellschachturnier am 3. Oktober. Ansonsten gibt es keinen Spielbetrieb.
UB-Turnierleiter Klaus Schumacher berichtet, dass der UB Wilhelmshaven-Friesland zusammen mit dem UB Ammerland-Oldenburg(Stadt)-Wesermarsch spielt und sich dies bewährt hat.“
Das klingt nicht gerade nach prallem Schachleben und führt unwillkürlich zu der Frage: „Wofür hat dieser Schachbezirk mit lediglich 875 Mitgliedern 4 Unterbezirke?“ Für diese Unterbezirke müssen folgende Vorstandsposten vorgehalten werden: http://schachbezirk-oldenburg-ostfriesland.de/unterbezirke
Nun beklagt bei demselben Kongress der als Gast eingeladene NSV-Präsident Michael S. Langer, dass es immer schwieriger werde, Funktionen durch Ehrenamtliche zu besetzen. Ist das angesichts der fragwürdigen Ämterflut ein Wunder?
Anderes Beispiel: Der Schachkreis Peine hatte am 17.01.2015 zur Kreisversammlung eingeladen. Gekommen waren 8 Personen, 7 davon haben sich gegenseitig selbst gewählt, die achte Person war Michael S. Langer.
Am 30.05.2015 findet die Versammlung unseres Schachbezirks statt. Im vergangenen Jahr waren von 39 Vereinen lediglich 17 gekommen. Die Mehrheit der Vereine (22) hielt es offenbar nicht für notwendig zu kommen. Vielleicht zu recht!?
Es ist überhaupt nicht meine Absicht, diejenigen verächtlich zu machen, die sich innerhalb dieser Ordnung engagieren. Ich weiß, dass Schachfunktionäre äußerst sensibel sind und jeden Verbesserungsvorschlag misstrauisch bewerten. Ein Fettnäpfchen trifft man garantiert. Gleichwohl darf bzw. muss die Sinnfrage gestellt werden. Es ist ja nicht mit den Vorstandsposten in den Bezirken, Unterbezirken und Kreisen getan, dazu kommen die Posten bei den Senioren, bei den Jugendlichen und letztlich in den Vereinen. Dabei wollen wir doch eigentlich nur Schachspielen!
Wir können nicht auf Knopfdruck schwindende Mitgliederzahlen und schwindendes Interesse an bestimmten Turnieren beseitigen. Aber wir können den Trend umkehren, indem wir unsere Strukturen reformieren. Das wäre ein Baustein für eine bessere Zukunft. Bezogen auf den Niedersächsischen Schachverband besteht mein Vorschlag darin, in den Bezirken sämtliche Unterorganisationen abzuschaffen. Bezüglich der Region Hannover habe ich mich bereits an anderer Stelle positioniert: https://www.schachfreunde-hannover.de/schachregion-hannover-das-unbekannte-wesen/ Inwieweit die Bezirke selbst neu sortiert werden sollten, vermag ich nicht zu beurteilen.
Unser NSV-Präsident Michael S. Langer hat bekanntlich auf Bundesebene das Handtuch geworfen. Ich habe eine gute Meinung von ihm gewonnen und würde ihm zutrauen, dass er die Strukturreformen in Niedersachsen anpackt. Solche einschneidenden Änderungen haben nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn der oberste Chef dahintersteht. „Aller Guten Dinge sind Drei!“, ist die aktuelle, positive Botschaft auf der NSV-Seite. Ein Ding besteht darin, dass Michael S. Langer ab sofort den Großteil seiner freigesetzten Kapazitäten dem Niedersächsischen Schach widmen wird. Ich würde mich freuen, wenn er meine Anregungen aufgreift.
Dass früher nicht alles besser war, möchte ich euch anhand eines Briefes zeigen, den mir der allseits geschätzte und leider viel zu früh verstorbene Gerhard Willeke im November 1988 geschrieben hat, als ich Vereinsvorsitzender war. Reibungsverluste, mangelnde Resonanz und lahme Arbeit in Schachorganisationen sind also nichts Neues.
Hannover besteht aus 51 Stadtteilen. Drei davon bilden Linden: Nord, Süd und Mitte. Dort leben derzeit rund 38.000 Menschen. Als Linden im Jahr 1920 der Stadt Hannover zugeschlagen wurde, waren es doppelt so viele. Achtzig Jahre zuvor hatte das „Dorf Linden“ gerade mal 3.200 Einwohner. Das lässt auf eine bewegte Vergangenheit schließen, die ihren Ursprung im Jahr 1115 haben soll. Das sind 900 Jahre leben und sterben.
Sterben ist für alle gleich, aber wie verhält es sich mit dem Leben? Lindener waren schon immer anders als die Anderen. Das hat sich bis heute bewahrt. Und so wundert es nicht, dass wir uns den „etwas anderen Schachverein“ nennen, denn wir haben in Linden unseren Standort, hier wohnen die meisten Mitglieder, hier befinden sich unsere Wurzeln.
Unser Verein hat zwei Wurzeln. Die ältere Wurzel hat ihren Ursprung im Jahr 1919. Unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg wurde der „Arbeiter-Schachklub Hannover“ gegründet, der sich nach Ende des 2. Weltkriegs „Schachvereinigung Hannover“ nennen durfte und sich im Jahr 2000 mit der zweiten Wurzel, aus der ich entsprang, vereinigte. Die zweite Wurzel hieß ursprünglich „Schachfreunde Badenstedt“ (Gründungsjahr 1949). Bad Enstedt, wie Spötter zu sagen pflegen (Bad Endorf gibt es wirklich), ist sozusagen der vorgelagerte Kurort von Linden. Wir Badenstedter brauchten eine Odyssee durch Kneipen und Klubräume bis wir zur Jahrtausendwende unsere Heimat im Freizeitheim Linden fanden. Die ehemaligen Arbeiterschachfreunde waren schon eher in Linden präsent. Deren Neuanfang nach dem 2. Weltkrieg begann 1946 in der Gaststätte Mertens mit selbstgebastelten Brettern und selbstgeschnitzten Figuren.
So wie es unserer Badenstedter Wurzel erging, erging es auch mir persönlich. Über Umwege fand ich vor 33 Jahren meine Heimat in Linden-Mitte. Gleichwohl hat mich Linden schon in meiner Jugend geprägt. Hier bin ich zur Schule gegangen; im Fössebad habe ich das Schwimmen und im Keller des 1961 eröffneten Freizeitheims das Tischtennisspielen gelernt; meine Kröten trug ich zur Lindener Volksbank. Ohne Linden wäre mein Leben anders verlaufen. Viele sehnen sich nach der eigenen Scholle. Oft landen sie dabei an der gesichts- und geschichtslosen Peripherie. Tauschen möchte ich mit denen nicht. Ich gucke tagtäglich auf über 100 Jahre alte Häuser und alternde Bäume, die immer dann, wenn sie neu erblühen, ein Häuflein ewig gurrender Ringeltauben anlocken, die ihre Notdurft schamlos über geparkten Autos verrichten.
Über Linden gibt es viele gute Internetseiten, über die ihr euch bestens über diesen außergewöhnlichen Stadtteil informieren könnt. Diese möchte ich euch aus aktuellem Anlass besonders ans Herz legen:
Wer tiefer in die Lindener Seele einsteigen möchte, möge sich den Film „Linden-Ein Arbeiterlied“ aus dem Jahr 1991 ansehen. Autoren des Films sind Wilfried Wallat und Wolfgang Jost. Mit dem langjährigen Kameramann des NDR, Wolfgang Jost, verbindet mich ein halbes Jahr meines Lebens. Während unserer Bundeswehrzeit in Rotenburg (Wümme) (hieß damals noch „Rotenburg in Hannover“) habe ich ihn auf den Hin- und Rückfahrten stets in meinem Ford 12M mitgenommen. Die lustigsten Momente erlebten wir auf dem Exerzierplatz, wenn übereifrige Rekruten in den Passgang verfielen. Das war zum Brüllen komisch. So ähnlich schauen echte Lindener auf den Rest der Welt. Für diejenigen, die sich der Obrigkeit anbiedern, haben sie nur ein mildes Lächeln übrig.
Guckt ihr hier 80 Minuten für 6 €, den Trailer gibt’s umsonst:
Linden hat nicht nur weltweit die größte Kioskdichte, nein, dass Lindener wirklich anders ticken, seht ihr an diesem Kommunal-Wahlergebnis aus dem Jahr 2011. Die bundesweit führende CDU lag zwar in Linden mit 10,2% der Stimmen vor den Piraten 6,4%, aber hinter den Linken 11,6%, hinter der SPD 29,6% und hinter den Grünen 37,6%. Die FDP holte 1,1%. Yuppies gehören demnach nicht zum Straßenbild. Die leben vermutlich alle in der List. Kleiner Scherz. – Einen Scherz erlaubte sich auch Stefanie Kaune (HAZ-Lokalredakteurin). Im LindenLimmerBuch (Ausgabe 1998) empfahl sie uns Lindenern: „Haltet die Klappe!“ Wir sollten vorsichtiger sein mit dem, was wir über unseren Stadtteil sagen. Schluss mit dem entrückten Schwärmen über Lindens Liebens- und Lebenswürdigkeit. Erst würden Schaulustige unsere Straßen verstopfen, dann kämen womöglich Menschen aus den spießigen Stadtteilen Hannovers mit der Absicht, hier zu wohnen. Nicht auszudenken! Der Bezirksrat müsste für Linden notgedrungen einen Einwanderungsstopp erlassen. Spaß beiseite. Hat Stefanie Kaune vor 17 Jahren bereits an die Gentrifizierung gedacht?
Das große Festwochenende steht unmittelbar bevor. Vom 1. bis zum 3. Mai 2015 gibt es zahlreiche Veranstaltungen. Das traditionelle Radrennen am Lindener Berg gehört ebenso dazu wie die 1.Mai-Demo, die im Anschluss auf dem Faust-Gelände zum gemütlichen Teil übergeht. Am 3. Mai steppt der Schwarze Bär auf dem Lindener Markt. Beteiligt sind viele Lindener Vereine. Schachspieler, die sich mit ihrem Spielgerät outen, sind meines Wissens nicht dabei. Nichtsdestotrotz wird eine Menge geboten. Auch Nichtlindener werden ihre Freude daran haben. Dieser Flyer hilft euch bei Auswahl:
Mein Beitrag zu Lindens Jubiläum besteht in zwei Gedichten. Das eine (ein Frühwerk aus dem Jahr 2007) handelt vom Radrennen am Lindener Berg, an dem ich selbst einige Male teilgenommen habe. Das Rennen ist knüppelhart. Genießen kann man es nur mit der entsprechenden Einstellung:
Ereilt hat uns der Monat Mai,
wir prüfen das Befinden,
die Form ist uns nicht einerlei,
so sehr wir uns auch winden.
Das Ego wählt die Quälerei,
drum startest du in Linden,
am Berge heißt’s: „Dawai, dawai!“
Wohl auf, zum frohen Schinden!
Das zweite Gedicht ist eine Erstausgabe. Es handelt von einem armen Wicht, dessen bedauernswertes Schicksal sich am besten in einem Limerick ausdrücken lässt:
Es war ein Schachfreund aus Linden,
der konnte seine Figuren nie finden.
Drum blieb sein Schachbrett stets leer
in Nord, Süd, Mitte und am Schwarzen Bär.
Mit Gerstensaft musst‘ er den Schmerz überwinden.
Seid ihr jetzt in der richtigen Stimmung? Okay, dann habe ich noch ein paar Lindener Impressionen für euch. Die Auswahl ist mir nicht leichtgefallen, weil Linden unglaublich viele Facetten hat. Hier geht’s lang zu meiner Galerie.
Drei Internationale Meister lagen am Ende mit 7,5 Punkten aus 9 Partien vorn: Die etwas bessere Buchholzwertung gab den Ausschlag für Dennes Abel (SF 1903 Berlin) vor seinem Vereinskameraden aus der Bundesligamannschaft Ilja Schneider. Beide blieben ungeschlagen. Dritter im Bunde war Rekordteilnehmer Carsten Lingnau (SV Hellern). Er verlor in der 8. Runde gegen Ilja Schneider.
Weitere drei Internationale Meister und drei FIDE-Meister waren an die Leine gekommen. Insgesamt waren 67 Schachfreundinnen und Schachfreunde am Start. Das ist eine erfreuliche Steigerung gegenüber den Vorjahren. Vorjahressieger Davor Maric war allerdings nicht dabei. Die Turnierleitung hatte unser Vorstand wie gewohnt professionell im Griff. Ernste Probleme soll es nicht gegeben haben. Die Stimmung war gut. Sämtliche Platzierungen könnt ihr wie gewohnt auf dieser Seite nachlesen:
Die Teilnehmer aus unserem Verein schlugen sich wacker. Herausragend sind die 6,0:3,0 Punkte von Torsten Gans, der damit den Ratingpreis DWZ <2.000 gewann. Dahinter platzierte sich mit 5,5 Punkten Lara Schulze (SK Lehrte). Sie gehört in der Altersklasse U14 zu Deutschlands größten Talenten. Ich konnte ihre Spielweise einige Male beobachten. Die ist für ein junges Mädchen erstaunlich abgezockt. – Das war mein Beitrag in wenigen Worten. Jetzt lasse ich nur noch Bilder sprechen.
Vor einem Jahr war ich zu Ostern in Deizisau. Dort findet Jahr für Jahr Deutschlands größtes Open statt. Für mich war die Teilnahme eine Erfahrung, die ich nicht bereut habe, obwohl das Turnier mit 9 Partien an 5 Tagen knüppelhart ist. Dies Jahr betrachte ich das Turniergeschehen aus der Ferne. Wer es mir gleichtun möchte, sollte diesen Link aufrufen: http://www.neckar-open.de/index.php/de/
Im letzten Jahr war Ilja Schneider als Berichterstatter dabei; diesmal gehört er wieder zu den Aktiven. Über ihn und das Drumherum habe ich euch vor einem Jahr berichtet. Wer sich meine Beiträge in Erinnerung rufen möchte, guckt hier:
Im Jahr 2014 fand Ostern zwei Wochen später statt. Dementsprechend war das Wetter dem diesjährigen um einiges voraus. Etwas von der 2014er-Stimmung möchte ich euch mit bislang unveröffentlichten Bildern (ganz ohne Schachspieler) zeigen.