Fußball und Schach unter einem Hut. Wie wird das in der Öffentlichkeit wahrgenommen? Die Bilanz der Schachspieler ist ernüchternd. Seit Beginn der Saison 18/19 schnitten sie in Mannschaftskämpfen wie folgt ab:
1. Mannschaft Saison 18/19 Oberliga Nord West => 0 : 18 Punkte Abstieg
1. Mannschaft Saison 19/20 Landesliga Süd => 0 : 4 Punkte
2. Mannschaft Saison 18/19 Kreisliga Ost => 7 : 11 Punkte 6. Platz
2. Mannschaft Saison 19/20 Kreisliga Ost => 0 : 4 Punkte
3. Mannschaft Saison 18/19 Kreisklasse Ost => 0 : 18 Punkte Abstieg
3. Mannschaft Saison 19/20 Kreisklasse Mitte => 2 : 2 Punkte
4. Mannschaft Saison 18/19 Kreisklasse West => 0 : 16 Punkte Abstieg
4. Mannschaft Saison 19/20 Kreisklasse Ost => 0 : 4 Punkte
Drei der vier Mannschaften stiegen in der vergangenen Saison mit 0 Mannschaftspunkten ab. Lediglich die 2. Mannschaft konnte sich mit 7 Mannschaftspunkten in der Kreisliga Ost halten. Nach zwei Spieltagen der Saison 19/20 hält der Trend an. Die 4 Mannschaften holten in der Summe 2 : 16 Mannschaftspunkte, wobei die zwei Punkte nur deshalb zustande kamen, weil die 3. Mannschaft 3 Brettpunkte kampflos erwarb.
Woran diese gruselige Bilanz liegt, vermag ich nicht zu beurteilen. Vielleicht tut das der guten Stimmung im Verein keinen Abbruch. Schön wär’s. Anders sieht das bekanntlich bei den Profikickern aus. Mirko Slomka hat eine Bilanz von 14 : 18 Punkten in der 2. Bundesliga. Zu wenig für die hohen Ansprüche. Sofort stellt sich die Schuldfrage:
Slomka trifft nicht alle Schuld, doch seine Entlassung ist alternativlos
So überschreibt der Sportredakteur Tobias Manzke seinen Artikel in meiner Tageszeitung. Welch eine Anmaßung! Mit einer mittelmäßigen Mannschaft kannst du keine Bäume ausreißen, das gilt gleichermaßen für Fußballer und Schachspieler. Wenn eine Liga aus 18 Mannschaften besteht, ist vor der Saison klar, dass am Ende jeder dieser Plätze einmal belegt wird. Wie kann man dann von Schuld reden? Das gehört zum Sport, liebe Sportreporter und liebe Schlaumeier, die jetzt den Trainer mit Häme überschütten. Schuld hatte offenbar auch Niko Kovač. Als die Fernsehkamera während der Übertragung der Partie Eintracht Frankfurt gegen FC Bayern München das unschuldige Gesicht von Uli Hoeneß auf der Tribüne einfing, wusste ich sofort, welche Pressemitteilung einen Tag später fällig war.
Stellt euch vor, die selbsternannten Experten würden nun in der Presse nach Schuldigen in der Schachabteilung von Hannover 96 suchen. Nicht auszudenken! Zum Glück interessiert sich dafür kein Schwein. Nichtsdestotrotz wünsche ich der Schachabteilung eine Trendwende ohne Schuldgefühle.
Mirko Slomka und all den anderen Trainern, denen eine Schuld angelastet wird, wünsche ich starke Nerven. 10 Jahre nach dem Tod von Robert Enke hat sich trotz aller Lippenbekenntnisse in der Fußballwelt und der restlichen Gesellschaft nichts gebessert. Es ist eher schlimmer geworden. – Bauen wir auf die glücklichen Momente im Sport. Deshalb zeige ich euch den freigestellten Trainer von Hannover 96, als er voller Zuversicht seine Mannschaft präsentierte. Es ist erst wenige Wochen her.
Experten im Sinne von Winston Churchill
Gute Nachricht für die Fußballfans von Hannover 96: Mirko Slomka bleibt Trainer der „Roten“.
Heiko Rehberg
Wie!? Bleibt er doch? Nein. Die Schlagzeile stammt vom 04.12.2012. Ein Jahr später: Mirko Slomka fired, Tayfun Korkut hired.
Korkut darf bleiben und genießt weiter das „Vertrauen aller Beteiligten“.
Jörg Grußendorf am 24.03.2015
April 2015: Tayfun Korkut fired, Michael Frontzeck hired.
96 blickt in den Abgrund
Heiko Rehberg am 24.12.2015
Dezember 2015: Michael Frontzeck fired, Thomas Schaaf hired.
Kommentar zur Trainerverpflichtung: Schaaf ist die richtige Wahl
Christian Purbs am 31.12.2015
1 Sieg, 9 Niederlagen, schlechteste Bilanz ever, April 2016: Thomas Schaaf fired, Daniel Stendel hired.
Das neue Wir-Gefühl mit Daniel Stendel
N.N. am 13.05.2016
März 2017: Daniel Stendel fired, André Breitenreiter hired.
Martin Kind zu 96-Trainerdiskussion: „Auch Klopp würde es nicht besser machen“
Andreas Willeke am 06.12.2018
Januar 2019: André Breitenreiter fired, Thomas Doll hired.
Lieber Thomas Doll, langsam ist es auch mal gut mit der Jammerei!
Uwe von Holt am 21.04.2019
Juni 2019: Thomas Doll fired, Mirko Slomka hired.
Slomka trifft nicht alle Schuld, doch seine Entlassung ist alternativlos
Tobias Manzke am 03.11.2019
November 2019: Mirko Slomka fired.
Mit Mirko Slomka schließt sich der Kreis. Vorerst. Ich bewundere die Experten meiner Tageszeitung. „Ein Experte ist ein Mann, der hinterher genau sagen kann, warum seine Prognose nicht gestimmt hat.“ (Winston Churchill) Nicht auszudenken, dieselben Experten würden über Schachwettkämpfe berichten.
Ein Wunder ist geschehen: Hannover 96 hat gewonnen!
Nach 11 Niederlagen in Folge hat die 1. Mannschaft von Hannover 96 in der Landesliga Süd mit 4,5 : 3,5 gegen den Hildesheimer SV gewonnen. Gratulation! Die Nullnummern der Mannschaften zwei bis vier gehen allerdings weiter. Die kassierten allesamt Niederlagen.
Da wären noch die Kicker von Hannover 96. Die vergaßen gestern Abend schon nach 45 Sekunden, was der neue Trainer von ihnen erwartet hatte. Hendrik Weydandt (96-Stürmer): „Gerade die ersten 45 Sekunden zeigen, was wir machen wollten. Aber wir haben keine Konstanz.“ (HAZ vom 26.11.2019)
Dabei war die neue Idee des neuen Trainers alternativlos:
Er stellte den Linksfuß Edgar Prib auf die für ihn ungewohnte rechte offensive Seite. Prib sollte wohl den Arjen Robben machen und wie der Ex-Bayernstar von außen nach innen ziehen und mit links aufs Tor schießen. Die Idee verpuffte. (Andreas Willeke – HAZ/Neue Presse am 26.11.2019)
Alternativlos. Diese Experten.
Schöner lästern
Mein Beitrag vom 9. November hat bei Hannover 96 offenbar Kräfte freigesetzt. Die 1. Mannschaft hat das zweite Mal hintereinander gewonnen! Am vergangenen Sonntag gab es in der Landesliga Süd ein sattes 6,5 : 1,5 gegen den SV Laatzen. Die Mannschaften Nummer 2, 3 und 4 mussten derweil wieder Niederlagen einstecken.
„Da gibt es nichts schönzureden“, sagt wer? Antwort: Kenan Kocak nach der Niederlage seiner Kicker gestern Abend in Bochum im Sportteil meiner Tageszeitung. „Wir dürfen die Situation weiterhin nicht schönreden“, sagte wer? Antwort: Kenan Kocak vor dem Spiel seiner Kicker gestern Abend in Bochum im Sportteil meiner Tageszeitung. „Du bist keine Schönheit vor Arbeit ganz grau“, sang wer? Antwort: Herbert Grönemeyer. „Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her“, verifizierte welcher gottverlassene Querdenker? Antwort: „Himself!“ Pappnasen hin oder her. Guckt ihr oben.
Kocak – Einsatz in Hangover
Telly Savalas alias Kojak kam 1973 bis 1978 zu 118 Einsätzen in Manhattan. Wie viele Einsätze schafft Kocak in Hannover alias Hangover? Das hängt von den Experten meiner Tageszeitung ab. „Ich bin kein Trainer, der Aktionismus betreibt. Aber ich bin auch keiner, der irgendwas schönredet. Erfolge sind schön. Aber noch schöner ist es, mit Erfolgen richtig umzugehen“, darf Kocak in der heutigen Ausgabe meiner Tageszeitung verkünden. Schön, schöner, am schönsten wird es, wenn „noch eine Schippe draufgelegt“ und „alle Steine noch mal umgedreht werden“. Bis es dann heißt: „Lieber Kenan Kocak, langsam ist es auch mal gut mit der Jammerei!“
„Augen auf bei der Berufswahl!“, kommt es dem geneigten Leser über die Lippen. Lautet nicht eine uralte Fußballweisheit, dass man nur so schön spielt, wie es der Gegner zulässt? Wir Schachspieler können davon ein Lied singen. Ohne Mithilfe eines Gegners habe ich noch nie schön gewonnen. Am beliebtesten sind die „dreckigen“ Siege. Darin sind sich Fußballer und Schachspieler einig. Wie pflegte der Lolly lutschende Kojak stets zu sagen? „Entzückend, Baby!“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Kocak entging nichts
„Ein Satz mit nur drei Wörtern? Auf Deutsch? Und spannungsverheißend?“ Lauteten die rhetorischen Fragen bei der Verleihung zum „schönsten ersten Satz“ in der deutschsprachigen Literatur. Ihr erinnert euch: Ilsebill salzte nach. Der Satz: „Kocak entging nichts“, hat das Zeug dazu, zum „schönsten Satz inmitten schöner Sätze“ gewählt zu werden. Der Autor heißt nicht Günter Grass, sondern Dirk Tietenberg in der heutigen Ausgabe meiner Tageszeitung.
Kohfeldt entglitt alles
Dennoch steht er 10.000prozentig (O-Ton Florian Kohfeldt in einem NDR-Interview) hinter seiner Mannschaft. Und der Werder-Vorstand hinter ihm. Dank Marco Bode. Schachspieler sind halt weise. Die Galligkeit hätte beim 0:5 von Werder Bremen gegen Mainz 05 gefehlt, meinte der NDR-Reporter. Was lernen wir daraus? Seid gallig, wenn ihr in der Oberliga Nord West gegen den SK Kirchweyhe spielt. Mitleid ist fehl am Platze, auch wenn eure Gegner für ihren Einsatz keinen Cent erhalten!
Die KO-Regel
Ein GO-Spiel könnte ohne die KO-Regel in einer Endlosschleife münden. Sofortiges Zurückschlagen wird durch die KO-Regel verhindert. Ein Zwischenzug muss her. Lässt sich diese Regel auch für Fahrten mit dem Trainerkarussell anwenden? Diese Frage können nur Experten beantworten. Dafür habe ich diese aktuelle Liste erstellt. Mit einer Ausnahme…
KOvac (fired by Bayern München)
KOcak (hired by Hannover 96)
KOschinat (Darling by Underdog Sandhausen)
KOhfeldt (Wackelkandidat by Werder Bremen)
KOhlstädt (Dauerbrenner by DSB)
Kollage
Offenbar habe ich die Experten meiner Tageszeitung verwirrt. „Florian Kohlfeldt sehnt die Winterpause herbei“, lese ich in der heutigen Printausgabe. Das überschüssige l gehört dem Dauerbrenner des DSB. Ich will nicht kleinlich sein angesichts meiner gecoverten Aussage zum geilen Leben: „Ich will Spieler, die geil darauf sind, jedes Spiel für Hannover zu gewinnen“, wird Kenan Kocak zitiert. – Oberaffengeil wird es, wenn Mario Gomez heute sein 6. Abseitstor schießt und der Videoschiedsrichter feststellt, dass dessen Schniedelwutz die kalibrierte Abseitslinie überschritten hatte.
Was ist paradox?
Wenn’s in Regensburg schneit. Hannover 96 hatte mit Regen gerechnet, und plötzlich schneit es. Ohne Schneeketten gerieten die Pläne ins Schlittern. Schachspieler kennen das. Für den nächsten Mannschaftskampf bereitest du dich auf deinen Gegner vor, und der rutscht kackfrech ein Brett nach oben. „Die Umstellung von Dreierkette auf Viererabwehr mit einer Mittelfeldraute davor“ (O-Ton Dirk Tietenberg/HAZ), ist für Fußballprofis so hilfreich wie für Schachspieler: „Die Umstellung von Königsgambit auf Stonewall in der holländischen Verteidigung“, während der laufenden Partie.
Fazit der Experten meiner Tageszeitung: Es wurde nicht besser, eher immer schlechter. In solchen Fällen denken wir an die Weisheit indigener Völker: „Erst wenn der letzte Stein umgedreht, der letzte Trainer entlassen, der letzte Manager vor die Tür gesetzt, der letzte Tabellenplatz erreicht ist, werdet ihr merken, dass Geld keine Tore schießt.“
Weitblick gibt es indes im Deutschen Schachbund. Die Schiedsrichterkommission sei sehr froh, dass Ralph Alt zum ersten Anti-Cheating-Officer der neu geschaffenen Anti-Cheating-Kommission gewählt wurde. Wow! Wenn ihr mich fragt: Eine Anti-Aging-Kommission gehört unbedingt auf die Prioritätenliste.
Ein Horrorspieltag für Hannover 96
Ergebnisse vom Spieltag am 1. März 2020
1. Mannschaft Landesliga Süd 3,5 : 4,5 gegen SV Berenbostel
2. Mannschaft Kreisliga Ost 2,5 : 5,5 gegen SF FB Wedemark 2
3. Mannschaft Kreisklasse Ost Platzierung 0:8 gegen SV Lehrte 7
4. Mannschaft Kreisklasse Ost Platzierung 0:8 gegen SG BW Eilenriede 4
Bilanz:
0 : 8 Mannschaftspunkte (4 Punkte kampflos), 6,0 : 26,0 Brettpunkte (18,0 Punkte kampflos),
15 von 32 Spielern nicht angetreten, Geldbuße insgesamt: 225,00 €
Wenn 15 eigene Schachspieler nicht angetreten sind, heißt das, dass 15 gegnerische Schachspieler vergeblich gewartet haben. Woran liegt das? Ich vermag mir kein Urteil zu bilden, aber sportlich ist das Verhalten nicht. Es ist besser, nicht zu melden, als falsche Erwartungen zu wecken.
Geht der Horror heute Abend weiter? Die Kicker von Hannover 96 spielen gegen die Störche aus Kiel. 1300 Fans werden die Störche begleiten, meldet die shz und verbreitet Zuversicht. Immerhin haben die Kieler von den letzten 9 Auswärtsspielen nur eins verloren. Anders sehen das die Experten meiner Tageszeitung: „Das Feld ist bereitet, der Samen ausgebracht – aber nun ist Erntezeit.“ „Warmes Wetter lässt Stangen wachsen“, heißt es wortwörtlich an anderer Stelle. Ist das jugendfrei? Ja. Es geht um Spargel!